Legal Lexikon

Berichterstatter

Begriff und Einordnung des Berichterstatters

Der Begriff Berichterstatter bezeichnet im Rechtswesen die Person, die in einem gerichtlichen oder behördlichen Kollegialgremium die inhaltliche Vorbereitung eines Verfahrens übernimmt, den wesentlichen Sach- und Streitstand für die Beratung aufbereitet und häufig den Entwurf der Entscheidung erarbeitet. In Gerichten ist der Berichterstatter in der Regel ein Mitglied des Spruchkörpers (z. B. Richterin oder Richter in Kammer oder Senat). In Ausschüssen, Kommissionen oder Parlamenten kann der Begriff ebenfalls verwendet werden; dort bezieht er sich auf die Person, die ein Thema betreut und dem Gremium Bericht erstattet. Die weibliche Form ist Berichterstatterin; üblich sind geschlechtergerechte Bezeichnungen.

Aufgaben und Befugnisse

Vorbereitende Aufgaben

  • Sichtung und Strukturierung der Akten, einschließlich der Anträge, Erwiderungen und Beweismittel.
  • Erstellung eines internen Berichts für die übrigen Mitglieder des Spruchkörpers mit Sachverhalt, Prozessgeschichte, Kernfragen und möglichen Lösungswegen.
  • Vorbereitung von Terminen, Ladungen und der Tagesordnung, meist in Abstimmung mit dem Vorsitz.
  • Formulierung von Hinweisen an die Beteiligten, etwa zur Eingrenzung der Streitpunkte, zur Beweisführung oder zur Fristenplanung.

In der mündlichen Verhandlung

  • Darstellung des wesentlichen Inhalts der Akten und der bisherigen Verfahrensentwicklung zu Beginn der Verhandlung.
  • Gezielte Nachfrage und Strukturierung des Vortrags der Beteiligten, soweit dies der Aufklärung dient.
  • Mitwirkung an der Beweisaufnahme; je nach Verfahrensart kann der Berichterstatter Zeugen oder Sachverständige befragen.

Beratung und Entscheidungsfindung

  • Einbringung eines Entscheidungsvorschlags in die Beratung, inklusive Begründungsstruktur und Ergebnisvarianten.
  • Diskussion mit den weiteren Mitgliedern des Spruchkörpers; die Entscheidung wird kollegial getroffen oder durch die gesetzlich vorgesehene Entscheidungsform (z. B. Einpersonenentscheidung).
  • Wahrung des Beratungsgeheimnisses und der Unabhängigkeit.

Abfassung und Veröffentlichung der Entscheidung

  • Entwurf der Entscheidungsgründe, Einarbeitung der Abstimmungsergebnisse und Gegenauffassungen innerhalb des Gremiums.
  • Redaktionelle Abstimmung, Unterzeichnung und Übergabe zur Zustellung.
  • Mitwirkung an Anonymisierung und Veröffentlichung, soweit vorgesehen.

Kommunikation und Verfahrenslenkung

  • Koordination mit der Geschäftsstelle, z. B. zu Zustellungen, Fristen und Terminsorganisation.
  • Ausarbeitung verfahrensleitender Verfügungen in Abstimmung mit dem Vorsitz.

Bestellung und Stellung im Spruchkörper

Bestellung und Geschäftsverteilung

Die Zuweisung als Berichterstatter erfolgt nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts oder Gremiums. Zuständig ist in der Regel der Vorsitz, der die Aufgaben verteilt. Die Zuweisung orientiert sich am Eingang des Verfahrens, an Zuständigkeiten und an internen Rotations- oder Arbeitsbelastungsmodellen.

Verhältnis zum Vorsitzenden und zu Beisitzern

Der Berichterstatter arbeitet eng mit dem Vorsitz zusammen. Während der Vorsitz die Sitzung leitet und die formelle Ordnung wahrt, trägt der Berichterstatter maßgeblich die inhaltliche Vorbereitung und Erstabfassung. Die übrigen Mitglieder beteiligen sich gleichberechtigt an Beratung und Entscheidung. Die Stimme des Berichterstatters zählt wie jede andere.

Nebenberichterstatter und Einzelrichtermodelle

In komplexen Verfahren kann ein Nebenberichterstatter bestellt werden, der bestimmte Teilaspekte betreut oder den Hauptentwurf gegenliest. In Verfahrensordnungen mit Einzelrichtermodell kann die Funktion des Berichterstatters mit der entscheidenden Person identisch sein.

Unabhängigkeit, Neutralität und Ablehnung

Unabhängigkeit und Verschwiegenheit

Berichterstatter sind unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet. Sie unterliegen dem Beratungsgeheimnis und dürfen weder interne Willensbildungsprozesse noch Entwurfsstände offenlegen. Dies dient der freien und unbeeinflussten kollegialen Beratung.

Gründe für Befangenheit

Die allgemeinen Regeln zur Unvoreingenommenheit gelten auch für Berichterstatter. Ablehnungsgründe können sich aus persönlicher Nähe oder Gegnerschaft, wirtschaftlicher Betroffenheit oder Vorbefassung in einer Weise ergeben, die Zweifel an der Neutralität begründen. Über einen Ablehnungsantrag entscheidet das zuständige Gremium ohne Mitwirkung der betroffenen Person.

Folgen eines Wechsels des Berichterstatters

Wechselt der Berichterstatter, werden Akten und Entwürfe übergeben; die neue Zuweisung führt nicht zu einer Änderung der Entscheidungsmaßstäbe. Termine können aus organisatorischen Gründen angepasst werden.

Berichterstatter in verschiedenen Verfahrensarten

Zivil- und Familiensachen

In Kammern und Senaten bereitet der Berichterstatter den Streitstoff auf, entwirft Beschlüsse und Urteile und berichtet in der mündlichen Verhandlung. In Berufungs- und Revisionsinstanzen umfasst die Aufgabe häufig auch die Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und die Strukturierung der Rechtsfragen.

Strafsachen

In Strafkammern und Strafsenaten fasst der Berichterstatter zu Beginn der Hauptverhandlung die Anklage, den bisherigen Verlauf und die wesentlichen Akteninhalte zusammen. Er wirkt an der Beweisaufnahme mit und entwirft das Urteil oder den Beschluss. In Rechtsmittelinstanzen konzentriert sich die Tätigkeit stark auf Rechtsfragen und Verfahrensrügen.

Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit

Die Berichterstattung umfasst hier besonders die Strukturierung komplexer Sachverhalte, die Einordnung von Verwaltungsvorgängen und die Klärung der maßgeblichen Normen. In bestimmten Konstellationen kann der Berichterstatter mit Einverständnis des Gremiums Teile der Beweisaufnahme selbst durchführen.

Verfassungsgerichtsbarkeit

In Verfassungsgerichten wird für jedes Verfahren eine zuständige Person als Berichterstatter bestimmt. Sie steuert die inhaltliche Vorbereitung, erstellt umfangreiche Vorlagen mit Entscheidungsoptionen und entwirft die Beschluss- oder Urteilsgründe. Häufig wird die Berichterstattung bei Veröffentlichung kenntlich gemacht.

Europäische und internationale Gerichte

An supranationalen Gerichten wird ein Richter oder eine Richterin als Berichterstatter bestimmt, der oder die die Sache aufbereitet und einen Entwurf erstellt. In einigen Systemen besteht eine besondere Rolle für die Vorprüfung der Zulässigkeit oder für Berichte an das Plenum.

Berichterstatter in Gremien außerhalb der Gerichte

Gesetzgebungs- und Parlamentsausschüsse

In Ausschüssen übernehmen Berichterstatter die thematische Federführung, erarbeiten Berichte und Beschlussempfehlungen und präsentieren diese im Gremium. Die Rolle ist dem gerichtlichen Verständnis verwandt, jedoch auf politische Willensbildung ausgerichtet.

Behörden- und Regulierungsverfahren

In Kollegialbehörden und Kommissionen bereiten Berichterstatter Entscheidungsentwürfe vor, koordinieren Anhörungen und strukturieren die Sach- und Rechtsfragen für Beschlusskammern.

Schieds- und Verbandsgerichte

Auch in schiedsgerichtlichen oder verbandlichen Ordnungen kann eine Person mit der Berichterstattung betraut werden, die die Sache strukturiert, Anhörungen vorbereitet und Entwürfe formuliert.

Rechte der Verfahrensbeteiligten im Umgang mit der Berichterstattung

Akteneinsicht und rechtliches Gehör

Die Beteiligten haben Anspruch darauf, den entscheidungserheblichen Stoff zur Kenntnis zu erhalten und sich dazu zu äußern. Der Bericht des Berichterstatters in der Verhandlung dient der Transparenz über den bisher erfassten Sach- und Streitstand.

Anträge, Hinweise und Fristen

Verfahrensleitende Hinweise des Berichterstatters geben Gelegenheit zur Präzisierung von Anträgen, Beweisantritten und Fristabsprachen. Die inhaltliche Entscheidung bleibt dem gesamten Spruchkörper vorbehalten.

Öffentlichkeit und Transparenz

Die Berichterstattung in öffentlicher Sitzung ist Teil der öffentlichen Verhandlung, soweit keine Ausschlussgründe bestehen. Interne Beratungen und Entwürfe unterliegen der Vertraulichkeit.

Terminologie und Praxis

Geschlechtergerechte Bezeichnung

Gebräuchlich sind Berichterstatterin, Berichterstatter sowie geschlechtsneutrale Formulierungen.

Abgrenzungen zu ähnlichen Rollen

Die Berichterstattung ist von der Tätigkeit eines Sachverständigen abzugrenzen, der Fachwissen beisteuert. Ebenfalls zu unterscheiden sind Vertreter von Staatsanwaltschaft oder Behörden, die eigene Anträge stellen können, aber nicht die interne Aufbereitung der Entscheidung übernehmen.

Dokumentation und Aktenführung

Der strukturierte Bericht, Entwürfe und Beratungsergebnisse werden in der Akte dokumentiert, soweit sie nicht dem Beratungsgeheimnis unterfallen. Protokolle der öffentlichen Sitzung sind hiervon getrennt.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Berichterstatter vor Gericht?

Eine Person innerhalb eines Spruchkörpers, die die Sache inhaltlich vorbereitet, in der Verhandlung den Akteninhalt darstellt und regelmäßig den Entwurf der Entscheidung erarbeitet. Die Entscheidung selbst trifft das zuständige Gremium oder die zuständige Einzelperson.

Wie wird der Berichterstatter bestimmt?

Die Zuweisung erfolgt nach dem Geschäftsverteilungsplan und wird üblicherweise vom Vorsitz vorgenommen. Maßgeblich sind Zuständigkeit, Eingang der Sache und eine gleichmäßige Verteilung der Arbeit.

Welche Aufgaben hat der Berichterstatter in der mündlichen Verhandlung?

Er oder sie fasst den wesentlichen Akteninhalt zusammen, strukturiert den Vortrag, stellt klärende Fragen und wirkt an der Beweisaufnahme mit. Ziel ist eine geordnete und vollständige Sachverhaltsaufklärung.

Kann ein Berichterstatter wegen Befangenheit abgelehnt werden?

Ja. Die allgemeinen Regeln zur Ablehnung gelten auch für Berichterstatter. Über den Antrag wird ohne Mitwirkung der betroffenen Person durch das zuständige Gremium entschieden.

Unterscheidet sich die Rolle in Straf- und Zivilsachen?

Die Grundfunktion ist vergleichbar. In Strafsachen steht die Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme im Vordergrund; in Zivilsachen prägen häufig die Strukturierung des Streitstoffs und die rechtliche Einordnung die Berichterstattung.

Wird der Name des Berichterstatters veröffentlicht?

Das hängt von Gericht und Veröffentlichungsform ab. In einigen Bereichen ist die Berichterstattung in der Entscheidung kenntlich, in anderen bleibt sie intern. Das Beratungsgeheimnis bleibt gewahrt.

Was bedeutet Nebenberichterstatter?

Eine zusätzliche Person, die den Hauptberichterstatter unterstützt, etwa bei umfangreichen oder komplexen Verfahren, indem sie Teilfragen übernimmt oder Entwürfe mitprüft.