Legal Lexikon

Bergarbeiterwohnung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Bergarbeiterwohnung

Der Begriff Bergarbeiterwohnung bezeichnet eine zu Wohnzwecken bestimmten Unterkunft, die Arbeitgeber im Bergbau ihren Beschäftigten oder deren Familien mittelbar oder unmittelbar bereitstellen. Die rechtliche Ausgestaltung, die Anforderungen an die Ausstattung und die Bedeutung der Bergarbeiterwohnungen sind im historischen wie im aktuellen Kontext von erheblicher arbeits-, miet- und sozialrechtlicher Relevanz.

Definition der Bergarbeiterwohnung

Bergarbeiterwohnungen sind typischerweise Wohnungen, die entweder vom Bergbauunternehmen selbst oder von mit dem Bergbau verbundenen Wohnungsbaugesellschaften errichtet, unterhalten und zum Gebrauch überlassen werden. Solche Wohnungen dienten und dienen primär dazu, Arbeitskräfte am Standort zu binden und eine angemessene Versorgung mit Wohnraum in oft strukturschwachen oder abgeschiedenen Bergbauregionen sicherzustellen.

Der Begriff ist nicht explizit gesetzlich geregelt, jedoch lassen sich Bergarbeiterwohnungen funktional an ihren Zweck, ihren Ursprung sowie an die einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen bestimmen.

Rechtliche Stellung der Bergarbeiterwohnung

Mietrechtliche Einordnung

Bergarbeiterwohnungen unterliegen grundsätzlich den Bestimmungen des Mietrechts, insbesondere den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Wohnraummietrecht. Soweit die Überlassung in der Vergangenheit oft eine enge Kopplung an das Arbeitsverhältnis vorsah, gilt heute insbesondere § 565 BGB (Wohnraum überlassen aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses). Hieraus ergibt sich, dass auf Bergarbeiterwohnungen das allgemeine Mietrecht Anwendung findet, soweit keine arbeits- oder sozialrechtlichen Sonderregelungen bestehen.

Überlassung der Wohnung: Dienst- und Werkwohnungen

Im Rahmen der arbeitsrechtlichen Beziehung zwischen Bergbauunternehmen und Arbeitnehmer kann die Bergarbeiterwohnung als Dienst- oder Werkwohnung qualifiziert werden. Eine Dienstwohnung wird regelmäßig „aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses“ überlassen (§ 576 BGB). Dies hat u. a. Auswirkungen auf die Beendigung des Mietverhältnisses, die im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 576 BGB einer besonderen Kündigungsfrist unterliegt.

Kündigungsschutz und Räumungsschutz

Das Mietverhältnis über eine Bergarbeiterwohnung kann auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Bergbaubetrieb grundsätzlich weiter fortbestehen, unterliegt aber besonderen kündigungsrechtlichen Regelungen. Die Kündigung kann erleichtert ermöglicht werden (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB), wenn der Vermieter die Wohnung für einen anderen Arbeitnehmer benötigt. Zudem ist bei der Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig ein besonderer sozialrechtlicher Räumungsschutz nach § 721 Zivilprozessordnung (ZPO) zu beachten.

Mietpreisbindung

Viele historische und auch einige moderne Bergarbeiterwohnungen unterliegen oder unterlagen der Mietpreisbindung gemäß den Vorschriften des sozialen Wohnungsbaus. Dies bedeutet, dass die Höhe der Miete an gesetzliche Vorgaben gebunden ist. Die genauen Voraussetzungen ergeben sich aus landesrechtlichen Vorschriften zur sozialen Wohnraumförderung.

Arbeitsrechtliche Aspekte

Die Überlassung einer Bergarbeiterwohnung ist häufig Bestandteil des Arbeitsvertrages. Sie kann als Sachbezug gewertet werden (§ 107 Abs. 2 Gewerbeordnung – GewO), und wird damit Teil des Arbeitslohns. Die Bewertung des geldwerten Vorteils aus der kostenlosen oder verbilligten Überlassung ist nach den einschlägigen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu bemessen.

Darüber hinaus können aus der Wohnungsüberlassung Nebenpflichten sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer entstehen, wie etwa die Pflicht zur Instandhaltung durch den Vermieter oder Pflichten zur Rückgabe der Wohnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Sozialrechtliche und steuerliche Behandlung

Sozialversicherungsrecht

Die Gewährung einer verbilligten oder kostenlosen Bergarbeiterwohnung zählt im Sozialversicherungsrecht als Sachbezug. Der Wohnwert ist nach der Sachbezugsverordnung zu ermitteln und den beitragspflichtigen Einnahmen zuzurechnen.

Steuerrechtliche Bewertung

Im Steuerrecht wird die verbilligte Überlassung als geldwerter Vorteil behandelt. Maßgeblich sind die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG), insbesondere § 8 EStG über die Bewertung von Sachbezügen. Die Ermittlungen richten sich nach den vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Tabellenwerten.

Persönliche Bindungen und Sonderregelungen

In bestimmten Fällen ist die Nutzung einer Bergarbeiterwohnung an die fortbestehende Beschäftigung in einem bestimmten Unternehmen oder bei einem bestimmten Konzern gebunden. Es können daher vertraglich oder tarifvertraglich besondere Vorgaben zur Nutzung, zum Wechsel oder sonstigen Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit der Wohnung bestehen.

Gleichzeitig wurden im Bergbau – etwa im Ruhrgebiet – durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Förderprogramme zusätzliche Schutzrechte und Fördermöglichkeiten für Bewohner von Bergarbeiterwohnungen normiert.

Historische Entwicklung und Bedeutung

Bergarbeiterwohnungen im 19. und 20. Jahrhundert

Mit dem Beginn der industriellen Förderung von Kohle und anderen Bodenschätzen ab dem 19. Jahrhundert wurden in Deutschland zahlreiche Bergarbeiterkolonien errichtet. Diese Siedlungen waren oft exklusiv den Beschäftigten vorbehalten und zählten zu den ersten großflächigen sozialen Wohnungsbauprojekten der deutschen Industriegeschichte.

Die rechtliche Beziehung war meist geprägt durch eine starke Abhängigkeit vom Arbeitgeber („Werkswohnungsbindung“). Mit der allmählichen Liberalisierung des Mietrechts und den Veränderungen am Arbeitsmarkt traten jedoch die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften in den Vordergrund.

Privatisierung und aktuelle Rechtslage

Seit dem Rückgang des Bergbaus und der Privatisierung ehemaliger Zechensiedlungen sind viele Bergarbeiterwohnungen in den allgemeinen Wohnungsmarkt integriert worden. Damit gelten heute überwiegend die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften für ehemalige Bergarbeiterwohnungen.

Besondere mietrechtliche oder soziale Schutzrechte können sich jedoch aus Bestandsregelungen, Denkmalschutz oder landesrechtlichen Vorschriften ergeben, etwa wenn Siedlungen als Kulturgut erhalten werden oder weiterhin soziale Bindungen an Standort und Nutzergruppe bestehen.

Zusammenfassung

Bergarbeiterwohnungen sind rechtlich als Mischung aus Werkswohnung, sozial gefördertem Wohnraum und dienstlichen Wohnräumen einzuordnen. Die maßgeblichen rechtlichen Regelungen betreffen insbesondere das Mietrecht, das Arbeitsrecht, das Sozialversicherungsrecht sowie das Steuerrecht. Die Überlassung einer Bergarbeiterwohnung erfolgt häufig anlässlich eines Arbeitsverhältnisses und ist mit besonderen Kündigungsschutzregelungen sowie Anforderungen an Mietpreisbindung und Nutzung verbunden. Historisch spielten Bergarbeiterwohnungen eine zentrale Rolle für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in Bergbauregionen. Heutige Regelungen stützen sich überwiegend auf das allgemeine Recht, wobei je nach Bestandsschutz, Denkmalschutz oder sozialer Bindung Besonderheiten zu beachten sind.

Häufig gestellte Fragen

Welche speziellen gesetzlichen Regelungen gelten für Mietverhältnisse von Bergarbeiterwohnungen?

Mietverhältnisse über Bergarbeiterwohnungen unterliegen in Deutschland speziellen gesetzlichen Vorschriften, die sich aus historischen und sozialpolitischen Gründen entwickelt haben. Die rechtlichen Grundlagen finden sich vornehmlich im Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG), im Bergarbeiterwohnungsbaugesetz (BergArbWohnBauG) sowie in wohnungs- und mietrechtlichen Teilen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Ein zentraler Punkt ist das Belegungsrecht, welches vorsieht, dass bestimmte Wohnungen ausschließlich Bergarbeitern und ihren Familienangehörigen oder Ruheständlern zur Verfügung gestellt werden dürfen. Darüber hinaus bestehen Kündigungserschwernisse: Das bedeutet, Arbeitgeber oder Wohnungsunternehmen können das Mietverhältnis nicht ohne Weiteres kündigen, solange der Mieter die Voraussetzungen zur Nutzung als Bergarbeiterwohnung erfüllt. Ferner ist im Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses häufig ein besonderer Kündigungsschutz eingeräumt, und bei Umwandlung oder Sanierung gelten spezielle Mitbestimmungs- und Entschädigungsregelungen. Die Miethöhe sowie die zulässigen Mieterhöhungen sind oftmals an Vorgaben der Förderbedingungen oder der öffentlichen Zuweisung geknüpft.

Wer ist bei Bergarbeiterwohnungen zur Nutzung berechtigt, und wie erfolgt die Vergabe rechtlich?

Für Bergarbeiterwohnungen existieren gesetzliche Vorschriften bezüglich der Vergabeberechtigung, die in den einschlägigen Förderbescheiden und den Gesetzen der Länder geregelt sind. Grundsätzlich kommen als Berechtigte nur aktuell beschäftigte Bergleute sowie deren unmittelbare Angehörige in Betracht. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Bergbau kann ein Anspruch auf Weiternutzung bestehen, vor allem für Rentner des Bergbaus – dies regeln oft spezielle Sozialpläne oder Übergangsvorschriften. Die rechtlich einwandfreie Vergabe wird in Zusammenarbeit mit den früheren Werkswohnungsverwaltungen, Gewerkschaften sowie gegebenenfalls den zuständigen Förderstellen durchgeführt. Der Vermieter beziehungsweise Eigentümer ist dabei verpflichtet, die Wohnform zu dokumentieren und bei Änderungen der persönlichen oder beruflichen Situation der Mieter erneut zu prüfen, ob der Nutzungsanspruch noch besteht.

Welche Besonderheiten gelten im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Mietvertrag einer Bergarbeiterwohnung?

Im Gegensatz zu regulären Mietverhältnissen greift für Bergarbeiterwohnungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Mieter und dem Bergbauunternehmen häufig kein unmittelbarer Kündigungsgrund. Die spezialgesetzlichen Vorschriften schützen ehemalige Mitarbeiter des Bergbaus durch verlängerte Kündigungsfristen und besondere Härteklauseln, beispielsweise falls der Auszug für den Mieter eine unzumutbare Härte darstellen würde. In manchen Fällen, etwa bei Ruhestand aufgrund Alters oder Invalidität, wird das Wohnrecht vom Gesetzgeber ausdrücklich über den Zeitraum der Beschäftigung hinaus abgesichert. Kündigungen müssen zudem, sofern sie aus betrieblichen Gründen erfolgen, dem Sozialplan sowie den einschlägigen Überleitungsregelungen genügen, wobei teilweise gerichtliche Anfechtungsmöglichkeiten bestehen.

Gibt es einen besonderen Kündigungsschutz für Familienangehörige beim Tod des bergarbeitenden Mieters?

Das Mietrecht sichert Angehörigen im Todesfall des mietenden Bergarbeiters besondere Schutzrechte zu. Gemäß § 563 BGB treten Ehepartner, Lebenspartner oder Kinder unter denselben Bedingungen in das Mietverhältnis ein, wie dies bei allgemeinen Mietwohnungen der Fall ist. Bei Bergarbeiterwohnungen greift jedoch häufig ein erweiterter Schutz, indem das Belegungsrecht auch auf diese Personengruppen übergeht, sofern sie zum Haushalt gehörten und weiterhin den Kriterien – etwa der Einkommensgrenze oder der Beschäftigung im Bergbau – entsprechen. Genaueres kann in den Förderbestimmungen, Betriebsvereinbarungen oder Sozialplänen geregelt sein, sodass eine Prüfung der Einzelfallregelung unerlässlich ist.

Wie ist die Miethöhe bei Bergarbeiterwohnungen rechtlich geregelt und gibt es Einschränkungen bei Mieterhöhungen?

Für Bergarbeiterwohnungen gelten häufig Mietpreisbindungen, die aus öffentlichen Fördermitteln resultieren. Das bedeutet, die Kaltmiete darf bestimmte Höchstgrenzen nicht überschreiten, die sich aus Bauzeitpunkt, Förderprogramm oder regionalen Vorgaben ergeben. Mieterhöhungen sind grundsätzlich nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere nach den Vorgaben des WoBindG und des BGB, zulässig. Dabei dürfen ortsübliche Vergleichsmieten oftmals nur bis zu bestimmten Grenzen als Maßstab herangezogen werden. Teilweise bedarf jede Anpassung der Miethöhe einer behördlichen Genehmigung oder der Veröffentlichung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Bei laufender öffentlicher Förderung gelten darüber hinaus besondere Kappungsgrenzen und Genehmigungsvorbehalte.

Welche besonderen Pflichten und Rechte bestehen für Vermieter und Mieter einer Bergarbeiterwohnung?

Vermieter von Bergarbeiterwohnungen sind verpflichtet, die Belegungsbindung zu überprüfen und einzuhalten. Sie dürfen die Wohnung nur an Berechtigte vermieten und sind verpflichtet, entsprechende Nachweise regelmäßig einzuholen. Bei Verstößen drohen Rückforderungen von Fördermitteln oder Auflagen seitens der Behörde. Mieter müssen neben den allgemeinen mietrechtlichen Pflichten – insbesondere ordnungsgemäßer Gebrauch und Mietzahlung – auch Veränderungen in ihren persönlichen oder beruflichen Verhältnissen, etwa das Ausscheiden aus dem Bergbau, dem Vermieter anzeigen. In Konfliktfällen besteht häufig eine Schlichtungsmöglichkeit über Betriebsräte, Sozialpläne oder wohnungspolitische Gremien. Beim Übergang vom Status einer Werkswohnung zu einer allgemeinen Mietwohnung sind rechtliche Besonderheiten, etwa im Hinblick auf den Bestandsschutz und auf behördliche Genehmigungen, zu beachten.

Welche Rolle spielen öffentliche Fördermittel rechtlich bei der Nutzung von Bergarbeiterwohnungen?

Öffentliche Fördermittel, wie sie im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus oder spezifisch für Bergarbeiterwohnungen bereitgestellt wurden, bringen rechtliche Verpflichtungen mit sich. Hierzu gehören die Einhaltung von Belegungsbindungen, Preisbindungen und Berichtspflichten gegenüber den Förderstellen. Eine zweckfremde Überlassung oder der Wegfall des Status als Bergarbeiterwohnung löst Rückforderungsansprüche aus, die sich sowohl gegen den Vermieter als auch gegen den Mieter richten können. Die Förderbedingungen regeln zudem Mitteilungspflichten, Kontrollmechanismen und eventuelle Übertragbarkeiten des Mietverhältnisses auf Nachmieter. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird regelmäßig durch die zuständigen Behörden überprüft, Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Subventionsbetrug.