Legal Lexikon

Bereifung


Begriff und Bedeutung der Bereifung

Die Bereifung bezeichnet die Gesamtheit der auf den Rädern eines Fahrzeugs montierten Reifen einschließlich ihrer Ausgestaltung, Dimensionierung und Beschaffenheit. Sie stellt ein sicherheitsrelevantes Bauteil dar und unterliegt in Deutschland sowie der Europäischen Union spezifischen gesetzlichen Regelungen und technischen Anforderungen. Die Vorschriften zur Bereifung greifen insbesondere im Verkehrsrecht, im Haftungsrecht, im Ordnungswidrigkeitenrecht und im Zulassungsrecht.


Rechtliche Grundlagen der Bereifung

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)

Die rechtlichen Anforderungen an die Bereifung sind vor allem in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) verankert. Die maßgeblichen Paragraphen sind:

§ 36 StVZO – Reifen und Laufflächen

Dieser Paragraph regelt die Mindestanforderungen an Reifen, insbesondere in Bezug auf Profil, Tragfähigkeit, Geschwindigkeitsindex und Luftdruck. Bedeutende Vorgaben umfassen:

  • Profiltiefe: Die Profiltiefe von Reifen an Kraftfahrzeugen unterliegt Mindestanforderungen (1,6 mm bei Pkw, 1,0 mm bei Leichtkrafträdern und Motorrädern).
  • Bauartgenehmigung und Kennzeichnungspflicht: Auf den Reifen müssen bestimmte Kennzeichnungen ersichtlich sein, wie DOT-Nummer, Größe, Tragfähigkeitsindex und Geschwindigkeitsindex.
  • Montage und Zustand: Reifen müssen für die jeweilige Achse und das Fahrzeugmodell zulässig und frei von sichtbaren Beschädigungen (z. B. Rissen oder Beulen) sein.

§ 29 StVZO – Hauptuntersuchung

Im Rahmen der Hauptuntersuchung wird auch die Bereifung geprüft. Beanstandungen hinsichtlich Profiltiefe, Beschädigungen oder abweichender Dimensionen können zur Versagung der Plakette führen.

Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)

§ 2 Abs. 3a StVO – Winterreifenpflicht

Bestimmte Wetterverhältnisse (Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte) schreiben die Nutzung von Reifen mit wintertauglichem Profil (M+S Kennzeichnung, ab Baujahr 2018 Alpine-Symbol) zwingend vor. Verstöße können mit einem Verwarnungsgeld und Punkten im Fahreignungsregister geahndet werden.

EU-Rechtliche Regelungen

Europäische Richtlinien und Verordnungen, insbesondere die ECE-Regelungen, harmonisieren Anforderungen an die Herstellung und Zulassung von Reifen innerhalb der EU. Die ECE-Regelung Nr. 30 für Kraftfahrzeugreifen und Nr. 54 für Nutzfahrzeugreifen legen unter anderem Prüfverfahren, Bauvorschriften und Kennzeichnung fest.


Zulassungsrechtliche Anforderungen

Betriebserlaubnis und Einzelgenehmigung

Eine Änderung an der Bereifung (zum Beispiel Montage von nicht serienmäßigen Größen oder Bauarten) kann die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs beeinflussen. Ist die gewählte Bereifung nicht in den Fahrzeugpapieren oder in einer Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE) beziehungsweise einem Teilegutachten erfasst, droht das Erlöschen der Betriebserlaubnis (§ 19 Abs. 2 StVZO). Damit entsteht zudem der Verlust des Versicherungsschutzes im Schadensfall.

Eintragungspflicht bei Änderung

Werden abweichende Reifengrößen verwendet, verlangt das Gesetz in vielen Fällen eine Abnahme durch eine Technische Prüfstelle mit anschließender Eintragung in die Fahrzeugpapiere. Wird auf Felgen- oder Reifenkombinationen außerhalb der Herstellerfreigabe gewechselt, kann zudem eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ erforderlich sein.


Haftungsrechtliche Aspekte der Bereifung

Verkehrsrechtliche Haftung

Kommt es aufgrund mangelhafter oder nicht den Vorschriften entsprechender Bereifung zu einem Unfall, kann dies als Ordnungswidrigkeit nach § 49 StVZO oder sogar als Straftat gemäß § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) bewertet werden. Neben Bußgeldern und Punkten in Flensburg drohen zivilrechtliche Schadensersatzforderungen oder sogar strafrechtliche Konsequenzen.

Versicherungsrechtliche Relevanz

Fahrlässiger Betrieb eines Fahrzeugs mit unvorschriftsmäßiger Bereifung kann zum teilweisen oder vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führen, wenn zwischen Unfallgeschehen und dem Zustand der Reifen ein Kausalzusammenhang besteht. Dies betrifft sowohl die Kaskoversicherung als auch Haftpflichtversicherungen.


Technische Spezifikationen und Prüfpflichten

Kennzeichnungspflichten und Bauartgenehmigung

Reifen müssen mit bestimmten Kennzeichnungen wie Baujahr (DOT-Nummer), Tragfähigkeits- und Geschwindigkeitsindex, Reifenart, ECE-Prüfzeichen sowie – bei Winterreifen – M+S- oder Alpine-Symbol versehen sein. Dies erleichtert die Prüfung auf Konformität mit den Zulassungsvoraussetzungen und die Kontrolle durch Behörden.

Prüf- und Wartungspflichten

Fahrzeughalter sind gesetzlich verpflichtet, die Bereifung regelmäßig zu kontrollieren und bei erkennbaren Mängeln zu ersetzen. Dies gilt sowohl für den Reifenverschleiß als auch für Beschädigungen (wie Risse oder Beulen) und den korrekten Luftdruck. Ein Verstoß kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.


Ordnungswidrigkeiten- und Bußgeldregelungen

Verstöße gegen die Vorschriften zur Bereifung werden als Ordnungswidrigkeiten behandelt. Hierzu zählt beispielsweise das Fahren mit abgefahrenem Profil, falscher Reifendimension oder fehlender Winterbereifung bei entsprechenden Straßenverhältnissen. Die Höhe der Bußgelder ist im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog festgelegt und wird im Fahreignungsregister (Flensburg) dokumentiert.


Bereifung im Kontext von besonderen Fahrzeugarten

Nutzfahrzeuge und Busse

Für Nutzfahrzeuge gelten zusätzliche Vorgaben hinsichtlich Belastbarkeit, Reifendrucküberwachung und saisonaler Bereifungspflicht. Busse und Fahrzeuge mit gefährlichen Gütern unterliegen erhöhten Auflagen.

Motorräder und Zweiräder

Motorradreifen müssen speziell für den jeweiligen Fahrzeugtyp zugelassen sein. Montage von nicht freigegebenen Reifentypen oder Größen führt ebenfalls zur Erlöschung der Betriebserlaubnis.


Zusammenfassung

Die Bereifung ist ein zentrales Element für die Sicherheit und Zulässigkeit von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr. Zahlreiche rechtliche Vorschriften auf nationaler und europäischer Ebene regeln sowohl Ausgestaltung, Einsatzbedingungen und Kontrolle von Fahrzeugreifen. Mängel bei der Bereifung können gravierende rechtliche und haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Regelmäßige Kontrolle und Einhaltung der jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben sind daher verpflichtend für jeden Fahrzeughalter und -führer.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Anforderungen gelten für die Profiltiefe von Reifen?

Gemäß § 36 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) gilt für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger eine Mindestprofiltiefe. In Deutschland beträgt die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe 1,6 Millimeter für alle PKW-, Motorrad-, LKW- und Busreifen. Die Messung muss in den Hauptprofilrillen, also in der mittleren 75%-Breite der Lauffläche erfolgen. Es wird empfohlen, regelmäßig mehrere Stellen des Reifens zu messen, da sich der Abrieb ungleichmäßig verteilen kann. Das Unterschreiten der Mindestprofiltiefe stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld sowie einem Punkt in Flensburg geahndet werden. Zusätzlich kann im Falle eines Unfalls die Versicherung Regress nehmen oder die Haftung teilweise verweigern, da die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs nicht mehr gewährleistet ist. Eine genaue Kontrolle der Profiltiefe ist vor allem bei saisonalem Reifenwechsel sowie bei älteren oder oft genutzten Reifen unabdingbar.

Sind Sommerreifen im Winter oder Winterreifen im Sommer gesetzlich erlaubt?

Für die Bereifung schreibt § 2 Abs. 3a StVO in Deutschland die situative Winterreifenpflicht vor. Dies bedeutet, dass Kraftfahrzeuge bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte nur mit Reifen gefahren werden dürfen, die für winterliche Verhältnisse zugelassen sind. Diese erkennt man am Alpine-Symbol (Schneeflocke). Das Fahren mit Sommerreifen unter winterlichen Straßenbedingungen stellt einen Verstoß dar und kann mit einem Bußgeld, Punkten sowie einer Mithaftung bei Unfällen geahndet werden. Umgekehrt ist es grundsätzlich erlaubt, im Sommer mit Winterreifen zu fahren, jedoch wird dies aus sicherheits- und verschleißtechnischen Gründen nicht empfohlen. Für den Sommer gibt es keine explizite gesetzliche Pflicht für Sommerreifen, aber die Reifen müssen den allgemeinen Vorschriften wie Mindestprofiltiefe und intaktem Zustand entsprechen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für das Mitführen eines Reserverads oder Reparatursets?

Es besteht in Deutschland keine gesetzliche Pflicht, ein Reserverad oder ein Reifenreparaturset im Fahrzeug mitzuführen. Allerdings kann es in anderen Ländern, beispielsweise in einigen Nachbarstaaten, anders geregelt sein. Trotz fehlender Vorschrift in der StVZO ist ein intaktes Reserverad oder ein funktionierendes Pannenset jedoch empfehlenswert, da bei einer Panne ansonsten keine Weiterfahrt möglich ist. Fahrzeughalter sind jedoch verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug verkehrssicher ist; dazu zählt auch, dass im Falle eines Reifenschadens umgehend für Ersatz gesorgt werden muss, um eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu vermeiden.

Wie sind die rechtlichen Vorgaben zu Reifendruck und Reifenzustand?

Der Gesetzgeber schreibt in § 36 StVZO vor, dass Reifen in einem „verkehrssicheren Zustand“ sein müssen. Dazu gehört unter anderem ein angemessener Reifendruck entsprechend den Herstellerangaben, der regelmäßig kontrolliert werden sollte. Zu niedriger oder zu hoher Reifendruck kann die Betriebssicherheit gefährden und ist bei Verkehrskontrollen ein möglicher Beanstandungsgrund. Schäden wie Risse, Beulen, deutliche Verformungen oder sichtbare Karkassenlage führen i.d.R. dazu, dass das Fahrzeug als nicht verkehrssicher gilt. Das Benutzen solcher Reifen kann ein Bußgeld, Punkte sowie einen Verlust des Versicherungsschutzes nach sich ziehen.

Welche Vorgaben bestehen bei der Auswahl der Reifengröße?

Die zulässigen Reifengrößen ergeben sich aus der EG-Übereinstimmungsbescheinigung (COC-Papier) des Fahrzeugs oder aus den Eintragungen im Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I). Nur die darin vermerkten Größen sind ohne weitere technische Abnahmen und Eintragungen montierbar. Werden Reifen einer anderen als der genehmigten Größe verwendet, ist eine Einzelabnahme durch eine zugelassene Prüforganisation (z.B. TÜV, DEKRA) notwendig; anschließend ist die Eintragung in die Fahrzeugpapiere Pflicht. Das Fahren mit nicht zugelassenen Reifengrößen zieht rechtliche Konsequenzen nach sich, unter anderem erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs, es drohen Bußgelder und im Schadensfall der Verlust des Versicherungsschutzes.

Müssen alle vier Reifen die gleiche Bauart und das gleiche Profil aufweisen?

Nach § 36 StVZO müssen auf einer Achse immer Reifen gleichen Typs (Bauart) montiert sein. Das bedeutet, dass beispielsweise auf einer Achse nicht gleichzeitig Diagonal- und Radialreifen oder Reifen mit unterschiedlicher Profilausführung verwendet werden dürfen. Unterschiedliche Reifen zwischen Vorder- und Hinterachse sind grundsätzlich erlaubt, jedoch ist das aus fahrdynamischen Gründen nicht zu empfehlen und kann die Verkehrssicherheit negativ beeinflussen. In Einzelfällen können Hersteller oder Prüforganisationen bestimmte Vorgaben für Kombinationen machen, die zu beachten sind. Im Falle einer Missachtung dieser Vorschrift droht ein Bußgeld sowie der Verlust des Versicherungsschutzes im Schadensfall.

Welche rechtlichen Folgen haben Schäden oder Mängel an den Reifen?

Werden bei einer Verkehrskontrolle Schäden wie Schnitte, Risse, Beulen, Dellen oder beschädigte Felgen festgestellt, gelten solche Reifen als nicht verkehrssicher. Dies führt nicht nur zu einem Verwarn- oder Bußgeld, sondern kann auch ein Stilllegen des Fahrzeugs durch die Polizei nach sich ziehen. Im Falle eines Unfalls mit nachgewiesenen Reifenschäden kann die Kfz-Versicherung Leistungen kürzen oder vollständig verweigern. Auch bei der Hauptuntersuchung (HU) durch den TÜV kann das Fahrzeug wegen mangelhafter Reifen keine Plakette erhalten.

Dürfen runderneuerte Reifen verwendet werden?

Die Verwendung runderneuerter Reifen ist in Deutschland gesetzlich zugelassen, sofern die Reifen mit dem Prüfzeichen „E“ oder „e“ sowie der Kennzeichnung „Retreaded“ oder „R“ versehen sind und den geltenden EG-Richtlinien entsprechen. Für bestimmte Fahrzeugklassen wie LKW oder Busse gibt es zusätzliche Anforderungen, beispielsweise dürfen sogenannte „Kaltrunderneuerungen“ meist nur auf bestimmten Achsen eingesetzt werden. Reifen ohne gültige Zulassung oder Prüfzeichen sind nicht zulässig. Die Nutzung nicht zugelassener runderneuerter Reifen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann im Schadensfall zur Haftungsverweigerung durch die Versicherung führen.