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Bauvertrag


Begriff und Wesen des Bauvertrags

Ein Bauvertrag ist eine besondere Vertragsform des Werkvertrags im deutschen Zivilrecht, die der Errichtung, Instandsetzung oder Veränderung eines Bauwerks oder eines Teils davon dient. Die rechtlichen Grundlagen für den Bauvertrag finden sich einerseits im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) insbesondere in § 650a ff., andererseits in den einschlägigen Normen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) sowie im europäischen und nationalen Vergaberecht, sofern öffentliche Aufträge betroffen sind.

Ein Bauvertrag verpflichtet den Unternehmer, das Bauwerk mangelfrei herzustellen und kann sowohl zwischen privaten als auch öffentlichen Auftraggebern und ausführenden Unternehmen oder einzelnen Bauhandwerkern abgeschlossen werden.


Rechtsgrundlagen des Bauvertrags

Bauvertragsrecht im BGB

Mit Einführung des Bauvertragsrechtsreformgesetzes zum 01. Januar 2018 wurde das Werkvertragsrecht um besondere Vorschriften für Bauverträge erweitert (§ 650a bis § 650h BGB). Wesentliche Merkmale des Bauvertrags gegenüber dem klassischen Werkvertrag sind:

  • Verpflichtung zur Errichtung/Veränderung eines Bauwerks
  • Erweiterte Rechte zur Leistungsänderung (§ 650b BGB)
  • Sonderregelungen für Abschlagszahlungen (§ 650m BGB)
  • Schriftformerfordernisse bei Kündigung (§ 650h BGB)
  • Regelungen zu Sicherheiten (§ 650f BGB)

Anwendungsbereich

Die speziellen Regelungen für Bauverträge gelten für Bauwerke jeder Art, also sowohl für Gebäude als auch für Außenanlagen, Brücken, Straßen oder ähnliche Projekte.

Die VOB/B als Vertragsgrundlage

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B), ist ein wesentlicher Maßstab für Bauverträge, sofern sie explizit vereinbart wird. Sie konkretisiert und ergänzt die gesetzlichen Vorschriften und enthält zusätzliche Regelungen zu Fristen, Abnahme, Haftung, Gewährleistung und zur Vertragskündigung. Die VOB/B kommt häufig im Zusammenhang mit öffentlichen Bauaufträgen zur Anwendung, kann aber auch zwischen privaten Vertragspartnern vereinbart werden.


Inhalt und typische Regelungen eines Bauvertrags

Vertragsparteien

Die Parteien eines Bauvertrags sind auf der einen Seite der Auftraggeber (Besteller des Bauwerks) und auf der anderen Seite der Auftragnehmer (das ausführende Bauunternehmen oder der Handwerksbetrieb).

Vertragsgegenstand

Im Mittelpunkt steht die Verpflichtung zur Errichtung eines Bauwerks oder eines werkähnlichen Objekts nach den vereinbarten Plänen und Spezifikationen. Gegenstand können sowohl Neubauten als auch Umbauten, Sanierungen oder Reparaturen sein.

Leistungsbeschreibung und Planung

Eine präzise Leistungsbeschreibung ist Voraussetzung für die reibungslose Vertragsdurchführung. Sie regelt Umfang, Qualität und Beschaffenheit der auszuführenden Arbeiten und wird oftmals durch Pläne, Zeichnungen oder Leistungsverzeichnisse ergänzt.

Vergütung

Im Bauvertrag sind insbesondere folgende Vergütungsarten verbreitet:

  • Festpreis: Ein vorher fest vereinbarter Preis für die vereinbarte Gesamtleistung.
  • Einheitspreis: Abrechnung der Teilleistungen nach tatsächlich ausgeführten Mengen.
  • Kostenanschlag/Kostenvoranschlag: Schätzung der zu erwartenden Kosten, wobei der tatsächliche Rechnungsbetrag abweichen kann.

Abschlagszahlungen während der Bauphase sind im Bauvertragsrecht ausdrücklich geregelt.

Fristen und Termine

Vertragliche Regelungen zu Ausführungsfristen und Fertigstellungsterminen sind essentiell. Verzugsregelungen und Vertragsstrafen (Konventionalstrafen für nicht fristgerechte Fertigstellung) sind im Bauvertrag zulässig.

Sicherheiten

Zur Absicherung etwaiger Ansprüche sieht das Gesetz verschiedene Sicherheiten vor, etwa die Bauhandwerkersicherungshypothek (§ 650e BGB) oder Bürgschaften (§ 650f BGB).


Rechte und Pflichten der Vertragspartner

Pflichten des Auftragnehmers

  • Mangelfreie Erstellung des Werkes nach den anerkannten Regeln der Technik und den vertraglichen Vorgaben
  • Zusammenarbeit mit anderen Gewerken und Koordination der Baumaßnahmen, soweit im Vertrag vorgesehen
  • Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zu Arbeitssicherheit und Baustellenordnung

Pflichten des Auftraggebers

  • Zahlung der vereinbarten Vergütung nach Abnahme bzw. gemäß Abschlagszahlungsplan
  • Bereitstellung notwendiger Unterlagen, Pläne und etwaige Vorleistungen
  • Abnahme des fertiggestellten Werkes, sofern dieses vertragsgemäß erstellt wurde

Abnahme, Mängelrechte und Gewährleistung

Abnahme

Die Abnahme stellt einen zentralen Meilenstein im Bauvertrag dar (§ 640 BGB). Sie ist Voraussetzung für den Fälligkeitszeitpunkt der Schlusszahlung und markiert zugleich den Gefahrübergang auf den Auftraggeber. Mit der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist.

Mängelrechte

Zeigt das Werk bei Abnahme oder innerhalb der Gewährleistungsfrist Mängel, stehen dem Auftraggeber folgende Ansprüche zu:

  • Nacherfüllung (Nachbesserung oder, wenn dies unmöglich ist, Neuherstellung (§ 635 BGB))
  • Minderung der Vergütung
  • Rücktritt vom Vertrag
  • Schadensersatz

Im Bauvertragsrecht ist die (regelmäßig) fünfjährige Gewährleistungsfrist (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) zu beachten.


Änderungen, Nachträge und Zusatzleistungen

Im Laufe eines Bauprojekts ergeben sich häufig Änderungen oder Erweiterungen des vereinbarten Leistungsumfangs. § 650b BGB räumt dem Auftraggeber ein Anordnungsrecht ein, das unter bestimmten Bedingungen zur einseitigen Leistungsänderung berechtigt. Für solche Nachträge ist eine angepasste Vergütung zu vereinbaren; das Bauvertragsrecht sieht dazu ein eigenes Verfahren vor.


Kündigungsmöglichkeiten des Bauvertrags

Ordentliche Kündigung

Sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer können den Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Daneben steht dem Auftraggeber das Recht zur jederzeitigen freien Kündigung zu (§ 648 BGB). In diesem Fall ist der Auftragnehmer für bereits erbrachte Leistungen zu vergüten, darüber hinaus kann unter Umständen ein Anspruch auf entgangenen Gewinn bestehen.

Außerordentliche Kündigung

Bei erheblichen Vertragsverstößen ist eine fristlose Kündigung des Bauvertrags möglich (§ 648a BGB).


Schlichtungsverfahren und Streitbeilegung

Streitigkeiten aus Bauverträgen werden vielfach außergerichtlich durch Schlichtungskommissionen oder Mediationsverfahren beigelegt. Ist keine Einigung möglich, steht der Rechtsweg vor den staatlichen Gerichten offen. Für Bauprozesse gelten zum Teil spezielle Verfahrensregeln im Zivilprozessrecht.


Fazit

Der Bauvertrag bildet das rechtliche Fundament für die Durchführung von Bauprojekten und ist durch zahlreiche Regelungen im BGB und in der VOB/B geprägt. Die komplexe Interessenlage zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern spiegelt sich in detaillierten Vorschriften zu Leistungsumfang, Vergütung, Sicherheiten, Mängelrechten und Vertragsbeendigung wider. Eine sorgfältige Vertragsgestaltung und die präzise Definition der Rechte und Pflichten tragen maßgeblich zur Vermeidung von Konflikten während der Bauausführung bei.

Häufig gestellte Fragen

Was sind die rechtlichen Folgen einer mangelhaften Bauausführung durch den Auftragnehmer?

Im rechtlichen Kontext führt eine mangelhafte Bauausführung durch den Auftragnehmer dazu, dass der Auftraggeber Ansprüche auf Nacherfüllung, Minderung, Schadensersatz oder Rücktritt vom Vertrag nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts (§§ 631 ff. BGB) geltend machen kann. Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer in der Regel zunächst eine angemessene Nachfrist zur Beseitigung der Mängel setzen. Bleibt die Nacherfüllung aus oder schlägt sie fehl, kann der Auftraggeber den Mangel auf Kosten des Auftragnehmers selbst beseitigen lassen. Minderung des Werklohns ist möglich, wenn die Mängel nicht oder nicht vollständig beseitigt werden. Ein Rücktritt vom Vertrag ist nur bei erheblichen Mängeln zulässig. Ferner kann der Auftraggeber Schadensersatz verlangen, wenn ihm durch die mangelhafte Leistung ein zusätzlicher Schaden entstanden ist, beispielsweise durch Folgeschäden oder Mietausfall. Anspruchsvoraussetzung ist in diesem Zusammenhang regelmäßig ein Verschulden des Auftragnehmers. Die Rechte können im Einzelfall durch vertragliche Vereinbarungen oder Allgemeine Geschäftsbedingungen beschränkt sein, soweit diese rechtlich zulässig sind.

Welche rechtlichen Fristen gelten für die Gewährleistung bei Bauverträgen?

Die gesetzliche Gewährleistungsfrist für Bauleistungen beträgt gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich fünf Jahre ab Abnahme des Werks, wenn es sich um ein Bauwerk oder eine daran erbrachte wesentliche Bauleistung handelt. Bei anderen werkvertraglichen Leistungen beträgt die Verjährungsfrist in der Regel zwei Jahre. Die Frist beginnt mit der Abnahme des Bauwerks, unabhängig davon, ob diese ausdrücklich oder konkludent erfolgt. Bestimmte Umstände, wie beispielsweise arglistiges Verschweigen von Mängeln durch den Auftragnehmer, können eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist bewirken. Hier beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre ab Kenntnis des Mangels (§ 634a Abs. 3 BGB). Vertragliche Verkürzungen der Fristen zu Lasten des Auftraggebers sind bei Bauverträgen nur eingeschränkt möglich und im Bereich des Verbraucherschutzes oft unwirksam. Auch besondere Fristen gelten, falls Mängelansprüche durch rechtskräftiges Urteil festgestellt oder durch Anerkenntnis des Unternehmers neu begonnen werden.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei der Bauabnahme beachtet werden?

Die Bauabnahme ist der zentrale rechtliche Schritt, mit dem der Auftraggeber das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht anerkennt. Rechtlich setzt die Bauabnahme voraus, dass das Bauwerk fertiggestellt und zur Abnahme bereitgestellt wurde. Sie kann ausdrücklich, stillschweigend (konkludent) oder durch eine sogenannte fiktive Abnahme (§ 640 Abs. 2 BGB) erfolgen, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber das fertiggestellte Werk anbietet und dieser die Abnahme binnen einer angemessenen Frist nicht verweigert. Im Rahmen der Abnahme prüft der Auftraggeber das Werk auf vertragliche und technische Mängel. Mit der Abnahme gehen die Gefahrtragung, die Beweislastumkehr für Mängel auf den Auftraggeber über und die Vergütung wird grundsätzlich fällig. Bestehen wesentliche Mängel, kann der Auftraggeber die Abnahme verweigern, bis diese beseitigt sind. Eine dokumentierte Abnahme (Abnahmeprotokoll) ist aus Beweisgründen dringend zu empfehlen. Die rechtliche Wirksamkeit der Abnahme ist unabhängig von einer vollständigen Bezahlung der Vergütung.

In welchen Fällen ist eine Vertragsstrafe im Bauvertrag rechtlich zulässig?

Eine Vertragsstrafe (Konventionalstrafe) ist rechtlich zulässig, wenn sie im Bauvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, wobei die Regelungen den gesetzlichen oder nach der Rechtsprechung entwickelten Grenzen genügen müssen. Die Vertragsstrafe sichert die ordnungsgemäße und termingerechte Erfüllung der Hauptleistungspflichten, wie insbesondere die rechtzeitige Fertigstellung eines Bauwerks. Die Höhe der Vertragsstrafe muss angemessen sein und darf den Auftragnehmer nicht unangemessen benachteiligen, da sie ansonsten nach § 307 Abs. 1 BGB (bei Verwendung von AGB) oder § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) unwirksam ist. Eine Klausel zur Vertragsstrafe muss transparent und eindeutig sein. Die Vertragsstrafe kann unabhängig von einem konkreten Verzugsschaden verlangt werden, kommt jedoch nur zum Tragen, wenn der Verzug vom Auftragnehmer schuldhaft verursacht wurde. Die Geltendmachung der Vertragsstrafe setzt zudem meist eine besondere Vorbehaltserklärung bei der Abnahme voraus (§ 341 Abs. 3 BGB).

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für Nachtragsleistungen im Bauvertrag?

Nachtragsleistungen liegen vor, wenn während der Bauausführung zusätzliche oder geänderte Leistungen notwendig werden, die im ursprünglichen Bauvertrag nicht enthalten sind. Rechtlich ist hierfür eine klare Nachtragsvereinbarung erforderlich, die Art, Umfang und Vergütung der Zusatzleistung festhält. Nach § 650c BGB („Vergütungsanpassung“) kann der Unternehmer eine zusätzliche Vergütung beanspruchen, wenn der Auftraggeber eine Änderung des Werkerfolgs wünscht. Ansonsten bleibt der Auftragnehmer grundsätzlich zur Erbringung der vertraglichen Leistungen zum vereinbarten Pauschal- oder Einheitspreis verpflichtet. Nachtragsleistungen dürfen nur gegen Entgelt ausgeführt werden, wenn sie ausdrücklich beauftragt und dokumentiert wurden. Streitigkeiten über Nachträge entstehen häufig dann, wenn keine schriftliche Ergänzungsvereinbarung getroffen wurde; dann kann im Streitfall auf das gesetzliche Preisrecht oder eine übliche Vergütung zurückgegriffen werden. Einseitige Anordnungen durch den Auftraggeber sind nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und gegen Erstattung der Mehrkosten zulässig und müssen dem Auftragnehmer zumutbar sein.

Wie wirkt sich eine Bauzeitverzögerung rechtlich auf die Vertragsbeziehung aus?

Kommt es zu einer Bauzeitverzögerung, sind deren Ursachen und Verantwortlichkeiten rechtlich entscheidend. Ist die Verzögerung vom Auftragnehmer schuldhaft verursacht, gerät er in Verzug und der Auftraggeber kann Ersatz des Verzögerungsschadens verlangen (§ 286 BGB). Zudem können in der Regel vereinbarte Vertragsstrafen oder Schadenspauschalen geltend gemacht werden. Die Geltendmachung eines daraus resultierenden Schadens setzt voraus, dass dem Auftraggeber tatsächlich ein finanzieller oder wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist. Verzögerungen durch höhere Gewalt, Materialengpässe ohne Verschulden des Unternehmers oder durch Änderungen bzw. Zusatzwünsche des Auftraggebers führen hingegen regelmäßig zu einer Anpassung des Bauzeitenplans, sofern dies rechtzeitig angezeigt und dokumentiert wird. In solchen Fällen haften die Parteien nicht für die entstandene Verzögerung, es sei denn, sie haben dies vertraglich anders geregelt. Wesentliche Verzögerungen können zudem ein Grund für eine Kündigung aus wichtigem Grund sein, wenn dem Auftraggeber ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist.

Welche rechtlichen Vorschriften gelten für die Sicherung von Bauleistungen?

Zur Sicherung der vertraglichen Ansprüche kann der Auftraggeber nach § 650m BGB von dem Unternehmer eine Sicherheit für die rechtzeitige und vertragsgemäße Fertigstellung des Bauwerks verlangen, etwa in Form einer Bürgschaft eines Kreditinstituts. Mit dem § 632a BGB („Abschlagszahlung“) hat der Unternehmer ein Recht auf Abschlagszahlungen während der Bauphase. Umgekehrt können zur Absicherung gegen nicht oder mangelhaft erbrachte Leistungen Sicherheiten wie Einbehalte oder Bürgschaften im Bauvertrag vereinbart werden. Nach § 650f BGB kann der Unternehmer eine Bauhandwerkersicherungshypothek oder eine entsprechende Sicherheit für seine Vergütungsansprüche verlangen, insbesondere bei Bauvorhaben mit höheren Investitionssummen. Die maximale Höhe von Sicherheitseinbehalten ist gesetzlich reguliert und beträgt in der Regel fünf Prozent der Auftragssumme. Die praktische Umsetzung und Rückgabe von Sicherheiten müssen klar im Vertrag geregelt sein, da gesetzlichen Vorgaben und Rechtsprechung strenge Maßstäbe an Transparenz und Angemessenheit anlegen.