Definition und rechtliche Grundlagen des Barunterhalts
Der Barunterhalt stellt eine Form der Unterhaltsleistung dar, bei der eine unterhaltspflichtige Person den Unterhalt in Form von Geldzahlungen an die unterhaltsberechtigte Person erbringt. Im deutschen Unterhaltsrecht bildet der Barunterhalt insbesondere im Rahmen des Kindesunterhalts sowie bei Trennung und Scheidung einen zentralen Begriff. Der Barunterhalt grenzt sich dabei vom sogenannten Naturalunterhalt ab, bei dem die Bedürfnisse – etwa durch Kost, Unterkunft und Versorgung – gedeckt werden. Rechtsgrundlagen finden sich unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 1601 ff., 1612 ff. BGB.
Systematik des Barunterhalts
Abgrenzung: Barunterhalt und Naturalunterhalt
Im Rahmen der Unterhaltspflicht unterscheidet das Gesetz zwischen dem Natural- und dem Barunterhalt. Während beim Naturalunterhalt die Verpflichtung durch tatsächliche Versorgung mit Nahrung, Unterkunft, Bekleidung und Fürsorge erfolgt, wird der Barunterhalt durch regelmäßige Geldzahlungen erfüllt. Der Barunterhalt kommt typischerweise dann zur Anwendung, wenn Eltern getrennt leben und nur ein Elternteil mit dem Kind im Haushalt wohnt (sog. Residenzmodell).
Anspruch auf Barunterhalt
Zu den Anspruchsberechtigten auf Barunterhalt gehören namentlich:
- Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder,
- Ehegatten nach Trennung und Scheidung sowie ggf. Lebenspartner,
- Verwandte in gerader Linie, beispielsweise Eltern, soweit sie unterhaltsbedürftig sind.
Anspruchsvoraussetzungen
Voraussetzung für einen Anspruch auf Barunterhalt ist stets die Bedürftigkeit des Berechtigten (§ 1602 BGB) sowie die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten (§ 1603 BGB). Die Bedürftigkeit bemisst sich danach, ob die unterhaltsberechtigte Person außerstande ist, ihren Lebensunterhalt selbst zu decken. Die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bezeichnet die Möglichkeit, aus seinem Einkommen und Vermögen Unterhalt zu leisten, ohne eigenen angemessenen Unterhalt zu gefährden.
Berechnung des Barunterhalts
Kindesunterhalt
Der Kindesunterhalt in Form des Barunterhalts wird in Deutschland anhand der sogenannten Düsseldorfer Tabelle bemessen. Der barunterhaltspflichtige Elternteil richtet seine regelmäßigen Zahlungen nach festgelegten Unterhaltssätzen, die sich nach dem Alter des Kindes und dem Einkommen des Pflichtigen staffeln. Der betreuende Elternteil erbringt in entsprechender Höhe den Naturalunterhalt.
Ehegattenunterhalt
Im Falle der Trennung und Scheidung kann ein Anspruch auf Barunterhalt zwischen Ehegatten bestehen. Der Barunterhalt für Ehegatten richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und wird unter Berücksichtigung von Einkommen und Bedürftigkeit festgesetzt (§§ 1361, 1569 ff. BGB).
Unterhalt unter Verwandten
Auch volljährige Kinder, Eltern sowie andere Verwandte in gerader Linie können im Rahmen ihrer Ansprüche Anspruch auf Barunterhalt geltend machen. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach dem Bedarf sowie der jeweiligen Leistungsfähigkeit der Beteiligten.
Art und Umfang der Barunterhaltsleistung
Fälligkeit und Zahlung
Der Barunterhalt wird regelmäßig monatlich im Voraus gezahlt (§ 1612 Abs. 3 BGB). Die Fälligkeit tritt jeweils zum Ersten eines Monats ein, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde. Neben der Geldzahlung zählt im Übrigen alles, was anstelle von Geld einen Geldwert besitzt (z. B. Übernahme von Miete oder Versicherungsbeiträgen), nicht als Erfüllung des Barunterhalts.
Anpassung und Dynamisierung
Der Barunterhalt unterliegt Anpassungen, etwa bei Veränderungen im Einkommensverhältnis, beim Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder bei Änderungen des Bedarfs. Bei Unterhaltsverpflichtungen gegenüber minderjährigen Kindern kann eine automatische Anpassung durch prozentuale Dynamisierung vertraglich vereinbart werden (§ 1612a Abs. 2 BGB).
Selbstbehalt
Das sogenannte Selbstbehalt stellt eine Grenze dar, die sicherstellt, dass dem Unterhaltspflichtigen ein angemessener Betrag zur eigenen Existenzsicherung verbleibt. Der Selbstbehalt ist abhängig vom Status des Unterhaltspflichtigen (z. B. erwerbstätig, nicht erwerbstätig) und wird regelmäßig von den Oberlandesgerichten überprüft und veröffentlicht.
Durchsetzung und Sicherung des Barunterhalts
Titulierung und Vollstreckung
Unterhaltsberechtigte können ihren Anspruch durch einen vollstreckbaren Titel sichern, beispielsweise in Form eines gerichtlichen Beschlusses, eines Vergleichs oder einer notariellen Urkunde. Kommt der Verpflichtete seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, kann der Barunterhalt zwangsweise durch Zwangsvollstreckung eingetrieben werden.
Vorschuss und staatliche Leistungen
Erhält der Berechtigte keinen oder zu wenig Barunterhalt, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Unterhaltsvorschuss vom Staat bezogen werden (Unterhaltsvorschussgesetz – UVG). Dieser Vorschuss dient als Überbrückung, wenn der eigentliche Unterhaltspflichtige nicht zahlt oder nicht ausreichend leistungsfähig ist.
Barunterhalt bei volljährigen Kindern
Mit Eintritt der Volljährigkeit entfällt der Vorrang des Naturalunterhalts, sodass beide Elternteile anteilig in Geld die Unterhaltspflicht erfüllen (sog. Barunterhaltsprinzip). Die Höhe richtet sich nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern und dem sich daraus ableitenden Bedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle bzw. den durchschnittlichen Bedarfen bei auswärts wohnenden Studierenden.
Sonderfälle und Besonderheiten
Unverheiratete Eltern
Im Falle unverheirateter Eltern gilt das gleiche Prinzip wie bei verheirateten oder geschiedenen Eltern. Der nicht betreuende Elternteil ist regelmäßig zum Barunterhalt verpflichtet; abweichende Betreuungsmodelle können die Höhe und Form des Barunterhalts beeinflussen.
Wechselmodell
Beim sogenannten Wechselmodell, in dem das Kind annähernd gleichwertig von beiden Elternteilen betreut wird, erfolgt die Unterhaltsberechnung nach besonderen Maßstäben. Der Barunterhalt beider Eltern bestimmt sich nach deren Einkommensverhältnissen sowie dem jeweiligen Betreuungsanteil.
Literatur und weiterführende Informationen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1601 ff., 1612 ff.
- Düsseldorfer Tabelle
- Unterhaltsvorschussgesetz (UVG)
Fazit
Der Barunterhalt ist ein zentrales Element des deutschen Unterhaltsrechts, dessen Höhe, Anspruchsvoraussetzungen und Durchsetzung gesetzlich klar geregelt sind. Die genaue Berechnung und Durchsetzung unterliegt zahlreichen Besonderheiten, die sich aus der individuellen Lebenssituation der Beteiligten ergeben. Regelmäßig überprüfte Richtwerte und die Möglichkeit der Titulierung sollen die Bedürftigkeit der Anspruchsberechtigten effektiv absichern.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird die Höhe des Barunterhalts ermittelt?
Die Höhe des Barunterhalts richtet sich in erster Linie nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie nach dem Alter und dem Bedarf des Kindes. In Deutschland wird hierzu regelmäßig die sogenannte Düsseldorfer Tabelle herangezogen, die als bundesweit anerkannte Leitlinie für die Bemessung von Kindesunterhalt dient. Die Tabelle teilt den Bedarf des Kindes nach Altersstufen und dem Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen auf. Zum anrechenbaren Einkommen gehören alle Einkünfte, wie Lohneinnahmen, Mieteinnahmen, Kapitaleinkünfte und bestimmte Sozialleistungen, abzüglich von berücksichtigungsfähigen Abzügen (z. B. berufsbedingte Aufwendungen, bestimmte Schulden, Unterhaltsverpflichtungen gegenüber weiteren Berechtigten). Zusätzlich wird ein sogenannter Selbstbehalt, also ein dem Unterhaltspflichtigen zu belassender Mindestsatz für den eigenen Lebensunterhalt, berücksichtigt. Erfüllt der Unterhaltspflichtige weitere Unterhaltspflichten, etwa gegenüber weiteren Kindern oder einem früheren Ehegatten, kann sich der zu zahlende Betrag reduzieren. Maßgeblich ist stets das bereinigte Nettoeinkommen, das einer Einzelfallprüfung unterliegt.
Wann besteht eine Unterhaltspflicht für volljährige Kinder?
Die Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern besteht grundsätzlich fort, sofern sich das Kind in der allgemeinen Schulausbildung, einer Berufsausbildung oder im Erststudium befindet und nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Entscheidend ist, dass das Kind eine Ausbildung zielstrebig und ohne unangemessene Verzögerungen durchläuft. Mit Eintritt der Volljährigkeit (18. Lebensjahr) sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig, unabhängig davon, bei wem das Kind lebt. Der Unterhaltsbedarf orientiert sich weiterhin an der Düsseldorfer Tabelle, wobei volljährige Kinder in der Regel höhere Selbstbehaltssätze zugestanden werden. Eigenes Einkommen des volljährigen Kindes, beispielsweise aus einer Ausbildungsvergütung, BAföG oder Nebenjob, wird auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Nach Abschluss einer angemessenen, erstmaligen Berufsausbildung bzw. eines Studiums entfällt in der Regel der Unterhaltsanspruch.
Können Unterhaltszahlungen rückwirkend verlangt werden?
Barunterhalt kann grundsätzlich nicht unbegrenzt rückwirkend gefordert werden. Ein Unterhaltsanspruch entsteht zwar mit tatsächlichem Bestehen der gesetzlichen Voraussetzungen (z. B. Bedürftigkeit des Kindes), kann aber nur für die Vergangenheit geltend gemacht werden, wenn der Unterhaltspflichtige zuvor zur Auskunft über sein Einkommen oder zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert wurde (sogenannte Inverzugsetzung). Ohne eine solche Aufforderung gibt es für den Unterhaltsgläubiger in der Regel keinen rückwirkenden Anspruch, mit Ausnahme von Zeiträumen, in denen sich der Verpflichtete in Verzug befand oder rechtshängiger Unterhaltsanspruch bestand. Die Geltendmachung vergangener Unterhaltspflichten unterliegt der gesetzlichen Verjährung, die in der Regel drei Jahre beträgt. Der Beginn der Verjährungsfrist ist jedoch von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt?
Wenn der Unterhaltspflichtige seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt, kann der Unterhaltsberechtigte verschiedene rechtliche Schritte einleiten. Zunächst ist es möglich, einen vollstreckbaren Unterhaltstitel (z. B. durch Jugendamt, Notar oder Gericht) zu erwirken. Liegt ein solcher Titel vor, kann daraus unmittelbar die Zwangsvollstreckung (z. B. Gehaltspfändung, Kontopfändung) betrieben werden. Darüber hinaus kann minderjährigen Kindern (bzw. deren betreuenden Elternteil) beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz beantragt werden, wenn der Unterhaltspflichtige entweder nicht zahlt oder weniger zahlt, als gesetzlich vorgesehen. Das Jugendamt kann anschließend versuchen, den gezahlten Vorschuss bei dem säumigen Unterhaltspflichtigen zurückzufordern.
Welche Rolle spielt das Wechselmodell beim Barunterhalt?
Beim sogenannten Wechselmodell handelt es sich um eine Betreuungsform, bei der das Kind zeitlich ungefähr gleichwertig von beiden Elternteilen betreut wird. In einem echten Wechselmodell besteht grundsätzlich keine automatische Barunterhaltspflicht eines Elternteils gegenüber dem anderen, da beide in etwa zu gleichen Teilen für Betreuung und Barunterhalt aufkommen. Es wird jedoch überprüft, ob einer der Eltern höhere Einkünfte erzielte und deshalb anteilig mehr zum baren Unterhalt beitragen muss. Das Kindergeld wird im Wechselmodell in der Regel hälftig auf beide Eltern verteilt oder bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Liegt trotz zeitlich gleicher Betreuung eine erhebliche Diskrepanz bei den Einkünften vor, kann eine Ausgleichszahlung zur Sicherstellung des Kindeswohls erforderlich werden.
Wie wird das Einkommen für den Barunterhalt berechnet und welche Abzüge werden anerkannt?
Für die Berechnung des für den Barunterhalt maßgeblichen Einkommens wird das gesamte regelmäßige und einmalige Einkommen (u. a. Gehalt, Weihnachtsgeld, Boni, Vermietungseinkünfte, Kapitalerträge) zusammengerechnet. Vom Bruttoeinkommen werden zunächst Steuern und Sozialabgaben abgezogen, anschließend auch angemessene berufsbedingte Aufwendungen (Fahrkosten zur Arbeit, Kosten für Arbeitskleidung), private Altersvorsorge (in gesetzlich begrenztem Umfang), berücksichtigungsfähige Schulden sowie Unterhaltsverpflichtungen gegenüber weiteren unterhaltsberechtigten Personen. Nicht berücksichtigt werden Luxusausgaben, freiwillige hohe Versicherungsbeiträge oder Aufwendungen, die allein dem persönlichen Lebensstil dienen. Das so ermittelte bereinigte Nettoeinkommen bildet die Basis für die Unterhaltsberechnung.
Was versteht man unter dem Selbstbehalt beim Barunterhalt?
Der Selbstbehalt bezeichnet den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen mindestens für den eigenen Lebensunterhalt verbleiben muss, bevor er zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet werden kann. Die Höhe des Selbstbehalts wird regelmäßig von den Oberlandesgerichten angepasst und unterscheidet sich je nach Status des Unterhaltsberechtigten (z. B. gegenüber minderjährigen oder volljährigen unverheirateten Kindern oder gegenüber Ehegatten). Stand Juni 2024 liegt der notwendige Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern bei 1.370 € (nicht erwerbstätig) bzw. 1.570 € (erwerbstätig), wobei Unterkunftskosten bereits enthalten sind. Dieser Betrag soll das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen sichern. Ist nach Abzug des Selbstbehalts vom Nettoeinkommen kein auskehrenbarer Betrag mehr vorhanden, kommt oft nur eine anteilige oder sogar gar keine Unterhaltszahlung in Betracht.