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Außenwirkung (Verwaltungsrecht)


Begriff und Bedeutung der Außenwirkung im Verwaltungsrecht

Die Außenwirkung ist ein zentrales Tatbestandsmerkmal im Verwaltungsrecht und beschreibt die rechtliche Wirkung eines hoheitlichen Handelns einer Behörde oder Verwaltung gegenüber einer außerhalb der Verwaltung stehenden Person oder Institution. Sie stellt eines der konstitutiven Merkmale für den Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar und ist zudem für die Abgrenzung zwischen innerdienstlichen Maßnahmen und justiziablen Eingriffen maßgeblich. Die Außenwirkung ist einer der wichtigsten Begriffe, wenn es um die Anwendbarkeit verwaltungsrechtlicher Vorschriften, insbesondere im Bereich des Rechtsschutzes, geht.


Definition und gesetzliche Grundlagen

Begriffliche Einordnung

Außenwirkung liegt vor, wenn eine verwaltungsrechtliche Maßnahme eine unmittelbare Rechtsfolge gegenüber einer außerhalb der Verwaltung stehenden natürlichen oder juristischen Person, also einem sogenannten „Verwaltungsaußenstehenden“, entfaltet. Nicht unter die Außenwirkung fallen Maßnahmen, die sich ausschließlich gegen Angehörige derselben Verwaltungsebene oder innerhalb der Behördenstruktur richten (sogenannte Innenwirkung).

Gesetzliche Regelungen

Die Definition der Außenwirkung findet sich insbesondere bei der Legaldefinition des Verwaltungsakts in § 35 Satz 1 VwVfG:
„Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.“

Zusätzliche Bedeutung erlangt das Kriterium der Außenwirkung in den Prozessordnungen (z. B. Verwaltungsgerichtsordnung, VwGO) sowie im Bereich der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Verwaltungsentscheidungen.


Abgrenzung: Außenwirkung und Innenwirkung

Innenwirkung

Maßnahmen mit reiner Innenwirkung sind solche, die ausschließlich im Verhältnis zu Behördenangehörigen, etwa Beamten oder anderen Bediensteten, innerhalb der Verwaltung ergehen. Typische Beispiele sind innerdienstliche Weisungen, organisatorische Maßnahmen (z. B. Büroanweisungen) und dienstliche Beurteilungen.

Für Maßnahmen mit reiner Innenwirkung besteht in der Regel kein Anspruch auf verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz, da sie keine subjektiv-öffentlichen Rechte außerhalb der Verwaltung begründen oder berühren.

Außenwirkung

Eine Maßnahme entfaltet Außenwirkung, wenn sie geeignet ist, die Rechtsstellung eines externen Rechtsträgers unmittelbar zu beeinflussen. Exemplarische Fälle sind:

  • Erlass eines Verwaltungsaktes (z. B. Baugenehmigung, Ordnungsverfügung)
  • Allgemeinverfügungen (z. B. Verkehrsschilder, Demonstrationsverbote)
  • Vollstreckungsmaßnahmen gegen Private

Die Außenwirkung ist maßgeblich dafür, ob ein Verwaltungsakt vorliegt und ob ein Verfahren des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes eröffnet ist.


Bedeutung der Außenwirkung für den Verwaltungsakt

Nach § 35 Satz 1 VwVfG ist die Außenwirkung unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes. Ein behördliches Handeln, dem es an der Außenwirkung fehlt, gilt rechtlich nicht als Verwaltungsakt und ist daher nicht mit Anfechtungsklage nach § 42 VwGO angreifbar.

Unmittelbare Rechtswirkung nach außen

Eine Maßnahme entfaltet nach herrschender Auffassung dann Außenwirkung, wenn die Verfügung von einer Behörde gegenüber Bürgerinnen und Bürgern oder Dritten getroffen wird und die rechtliche Situation dieser Personen verändert. Betroffen sein können sowohl Verpflichtungen als auch Berechtigungen.

Personen- und Institutionenkreis

Nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen des Privatrechts (wie Gesellschaften oder Vereine) und des öffentlichen Rechts (soweit sie außerhalb der Verwaltung stehen, wie Hochschulen oder Kammern) können Adressaten von Maßnahmen mit Außenwirkung sein. Behörden oder andere Verwaltungseinheiten gehören nur dann zum Kreis der außenstehenden, wenn sie in einer anderen Verwaltungsebene handeln.


Außenwirkung im Rahmen des Rechtsschutzes

Klageberechtigung und Klagemöglichkeiten

Der Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten ist im deutschen Verwaltungsrecht grundsätzlich auf Maßnahmen mit Außenwirkung beschränkt. Nach § 42 Abs. 1 VwGO ist Voraussetzung für die Erhebung einer Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage das Vorliegen eines Verwaltungsakts, mithin einer Maßnahme mit Außenwirkung. Rein innerdienstliche Maßnahmen oder Verwaltungsinternes sind hingegen keiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle im Klagewege zugänglich.

Drittwirkung

Außenwirkung kann nicht nur gegenüber dem primären Adressaten, sondern auch gegenüber Dritten bestehen, wenn diese durch die Verfügung in subjektiven öffentlichen Rechten betroffen werden (Drittanfechtungsklagen, z. B. Nachbarn im Baurecht).


Besonderheiten und Zweifelsfälle

Maßnahmen mit gemischter Wirkung

In der Praxis können einzelne Maßnahmen zugleich Innen- und Außenwirkung aufweisen. Ein Beispiel ist die dienstliche Beurteilung eines Beamten, die rein innenwirksam ist, aber dann außenwirksam werden kann, wenn damit eine Beförderungsentscheidung verbunden wird.

Hoheitliche Weisungen bei Verwaltungsverflechtung

Im Rahmen von Auftragsverwaltungen, § 85 GG, oder im kooperativen Verwaltungshandeln (z. B. Weisungen zwischen Bund und Ländern) können Weisungen Außenwirkung entfalten, sofern sie nicht lediglich organisationsintern wirken, sondern andere Verwaltungsträger oder gar Private unmittelbar betreffen.


Abgrenzung zu anderen Rechtsgebieten und Begriffen

Öffentliches Recht und Zivilrecht

Das Kriterium der Außenwirkung dient auch der Abgrenzung verwaltungsrechtlicher Maßnahmen vom Zivilrecht. Rechtliche Maßnahmen der Verwaltung mit Außenwirkung betreffen klassisch ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger, wohingegen im Zivilrecht grundsätzlich ein Gleichordnungsverhältnis besteht.

Verwaltungsinternes und informationsrechtliche Aspekte

Verwaltungsinterne Maßnahmen, wie behördliche Schreiben ohne Regelungscharakter, unterliegen nicht den strengen Formen und dem Rechtsschutzregime von Maßnahmen mit Außenwirkung. Dennoch können auch verwaltungsinterne Akte informationsrechtliche Relevanz erlangen, etwa im Rahmen des Akteneinsichtsrechtes nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG).


Zusammenfassung

Die Außenwirkung ist ein fundamentales Erfordernis des Verwaltungsakts und ein grundlegendes Konzept für die Anwendbarkeit des Verwaltungsrechts. Sie grenzt justiziable hoheitliche Einwirkungen der Verwaltung auf die Rechtssphäre von Privaten von bloß internen Vorgängen ab und ist für die Gewährleistung effektiven rechtlichen Gehörs und gerichtlichen Rechtsschutzes unverzichtbar.

Eine zutreffende Beurteilung der Außenwirkung ist in der verwaltungsrechtlichen Praxis sowohl für Behörden als auch Betroffene von entscheidender Bedeutung für die Frage, ob und in welcher Form gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann.

Häufig gestellte Fragen

Welche Bedeutung hat die Außenwirkung im Verwaltungsrecht für die Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten?

Die Außenwirkung ist ein zentrales Kriterium für die Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten im Verwaltungsrecht. Nur Verwaltungsakte, die nach außen wirken, das heißt, eine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber einer außerhalb der Verwaltung stehenden natürlichen oder juristischen Person entfalten, sind grundsätzlich anfechtbar. Innere Verwaltungsakte, die lediglich verwaltungsinterne Anweisungen enthalten und keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten, sind von der gerichtlichen Kontrolle im Rahmen der Anfechtungsklage regelmäßig ausgenommen. Die Klagebefugnis setzt somit voraus, dass durch einen Verwaltungsakt in Rechte des Klägers eingegriffen wird, was ohne Außenwirkung grundsätzlich nicht möglich ist. Die Einschätzung der Außenwirkung hat daher erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Zulässigkeit als auch auf die Erfolgsaussichten von Rechtsbehelfen im Verwaltungsprozess.

Wie wird festgestellt, ob ein behördliches Handeln Außenwirkung besitzt?

Ob ein behördliches Handeln Außenwirkung besitzt, ergibt sich aus der Auslegung des betreffenden Verwaltungsakts oder der Maßnahme anhand objektiver Kriterien. Relevant ist, ob die Maßnahme auf die unmittelbare Setzung von Rechtsfolgen gegenüber einer außerhalb der Verwaltung stehenden Person gerichtet ist. Dabei wird insbesondere geprüft, ob diegestaltete Regelung, Verfügung oder Maßnahme in bestehende Rechte des Betroffenen eingreift, sie begründet, aufhebt oder verändert. Verwaltungsvorgänge, die lediglich dem innerdienstlichen Bereich der Verwaltung angehören – wie Dienstanweisungen, Organisatorisches, interne Stellungnahmen oder Weisungen – entfalten lediglich sogenannte Innenwirkung. Sobald aber eine behördliche Maßnahme nach außen tritt und eine unmittelbare Konsequenz für einen Bürger hat, ist von Außenwirkung auszugehen.

Welche Rolle spielt die Außenwirkung bei der Rechtsmittelbelehrung?

Die Außenwirkung eines Verwaltungsakts ist auch für die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung von wesentlicher Bedeutung. Nach § 37 Absatz 6 VwVfG muss ein schriftlicher Verwaltungsakt, der gegenüber einem Bürger oder sonstigen Dritten (außerhalb der Verwaltung) erlassen wird – also Außenwirkung besitzt -, zwingend eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Fehlt eine solche Belehrung, so gilt gemäß § 58 Absatz 2 VwGO eine verlängerte Klagefrist von einem Jahr. Ein Verwaltungsakt ohne Außenwirkung kann keine Fristen für Rechtsbehelfe auslösen, so dass die Vorschriften über die Rechtsbehelfsbelehrung und die daran geknüpften Fristen insoweit nicht anwendbar sind.

Kann eine behördliche Maßnahme gleichzeitig Innen- und Außenwirkung haben?

Grundsätzlich ist zwischen der Innenwirkung und der Außenwirkung einer Maßnahme zu differenzieren. Es ist jedoch möglich, dass eine Maßnahme sowohl innenwirksame Teile (zum Beispiel organisatorische Anordnungen innerhalb der Behörde) als auch außenwirksame Bestandteile (zum Beispiel Anweisungen, die unmittelbar Rechte und Pflichten eines Bürgers berühren) enthält. In diesen Fällen ist eine getrennte Beurteilung der einzelnen Regelungsbestandteile vorzunehmen. Für den rechtlichen Außenbezug und die daraus resultierenden Rechtsfolgen, etwa rund um die Anfechtbarkeit, ist ausschließlich auf den außenwirksamen Teil der Maßnahme abzustellen.

Welche Bedeutung hat Außenwirkung für Beteiligte im Verwaltungsverfahren?

Außenwirkung ist die zwingende Voraussetzung für eine Verfahrensbeteiligung nach §§ 13 ff. VwVfG. Beteiligter ist, wer durch eine Maßnahme in eigenen Rechten betroffen ist, was nur bei außenwirksamen Verwaltungsakten der Fall sein kann. Maßnahmen ohne Außenwirkung betreffen nur das Binnenverhältnis innerhalb der Verwaltung und lösen daher keine Beteiligtenstellung und die daraus abgeleiteten Beteiligungsrechte aus. Nur bei Vorliegen von Außenwirkung besteht also etwa ein Anspruch auf Anhörung, Akteneinsicht oder Nachbesserung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens.

Wie unterscheidet sich Außenwirkung von Drittwirkung im Verwaltungsrecht?

Außenwirkung liegt bereits dann vor, wenn eine Maßnahme der Verwaltung Rechtswirkungen gegenüber einer Person außerhalb der Verwaltung entfaltet; dies betrifft in erster Linie das Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürger (Adressat). Drittwirkung hingegen liegt zusätzlich vor, wenn die Maßnahme nicht nur für den direkten Adressaten Rechtswirkungen entfaltet, sondern auch Rechte oder Pflichten Dritter (zum Beispiel Nachbarn bei Baugenehmigungen) unmittelbar beeinflusst. Drittwirkung ist also ein spezieller Unterfall der Außenwirkung mit weiterreichenden Konsequenzen, etwa in Bezug auf Klagerechte Dritter und die Reichweite der gerichtlichen Überprüfung.

Welche praktischen Beispiele verdeutlichen das Erfordernis der Außenwirkung?

Typische Beispiele für Maßnahmen mit Außenwirkung sind: die Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung, die Ausstellung eines Personalausweises, ordnungsrechtliche Verfügungen (z. B. Abrissverfügung), Steuerbescheide, die Festsetzung eines Bußgeldes oder Rücknahme von Sozialleistungen. Demgegenüber sind rein verwaltungsinterne Vorgänge, wie Umorganisationen innerhalb einer Behörde, die Zuweisung von Dienstaufgaben oder dienstinterne Weisungen, Beispiele für Maßnahmen ohne Außenwirkung. Anhand dieser Beispiele lässt sich abgrenzen, bei welchen Konstellationen Außenwirkung vorliegt und damit eine (gerichtliche) Überprüfbarkeit besteht.