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Ausschreibung zur Fahndung


Ausschreibung zur Fahndung – Definition und rechtliche Grundlagen

Die Ausschreibung zur Fahndung ist eine polizeiliche Maßnahme, bei der nach bestimmten Personen, Sachen oder Fahrzeugen öffentlich oder innerhalb der Polizei und anderen Behörden gezielt gesucht wird. Sie stellt einen Kernbestandteil der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dar und fußt auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen des deutschen Rechts.

Begriffserklärung und Abgrenzung

Der Begriff „Ausschreibung zur Fahndung“ bezeichnet die Eintragung von Personen oder Sachen in zentrale polizeiliche Informationssysteme mit dem Ziel, diese im Rahmen von Kontrollen oder Ermittlungen aufzufinden oder festzusetzen. Die Ausschreibung erfolgt vorwiegend im Polizeilichen Informationssystem INPOL sowie im Schengener Informationssystem (SIS), kann aber auch internationale Instrumente wie Interpol-Fahndungen umfassen.

Die Ausschreibung zur Fahndung unterscheidet sich von der allgemeinen Öffentlichkeitsfahndung, bei der gezielt Medien und Öffentlichkeit in die Suche einbezogen werden.

Rechtsgrundlagen der Ausschreibung zur Fahndung

Die Ausschreibung zur Fahndung ist rechtlich mehrschichtig geregelt und basiert auf verschiedenen Normen des Bundes- und Landesrechts sowie internationalen Abkommen.

Nationale Rechtsgrundlagen (Deutschland)

Strafprozessordnung (StPO)

Maßgeblich für die Fahndung im Zusammenhang mit Strafverfahren ist § 131a StPO (Fahndungsausschreibung zur Festnahme). Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Fahndungsausschreibung zur Festnahme möglich ist, insbesondere, wenn der Aufenthalt einer Person unbekannt ist und ein Haftbefehl oder ein Unterbringungsbefehl vorliegt.

Weitere relevante Vorschriften sind § 98c StPO (Identitätsfeststellung im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung) sowie § 163e StPO (Fahndung zur Ermittlung des Aufenthaltsorts).

Polizeirecht der Länder

Für präventiv-polizeiliche Fahndungen, also außerhalb konkreter Strafverfahren, sind die Polizeigesetze der jeweiligen Länder maßgeblich. Diese sehen im Rahmen der Gefahrenabwehr Ausschreibungen zur Identitätsfeststellung, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Sicherstellung von Sachen vor.

Bundespolizeigesetz (BPolG) und Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG)

Zusätzlich zum allgemeinen Polizeirecht regeln Bundesgesetze wie das BPolG (insbesondere §§ 18, 24ff.) und das ZFdG für die jeweiligen Behörden die rechtlichen Voraussetzungen für Fahndungsausschreibungen.

Internationale und supranationale Rechtsgrundlagen

Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) und Schengener Informationssystem (SIS)

Mit dem Beitritt Deutschlands zum Schengener Übereinkommen wurden mit dem SIS europaweite technische und rechtliche Grundlagen für die grenzüberschreitende Fahndung geschaffen. Das SDÜ enthält Regelungen zur europaweiten Ausschreibung zur Fahndung (Artikel 95 ff. SDÜ).

INTERPOL

INTERPOL ermöglicht auf Basis internationaler Fahndungsersuchen die weltweite Ausschreibung von Personen und Sachen durch sogenannte „Red Notices“ und andere Fahndungsausschreibungen.

Arten und Zwecke der Ausschreibung zur Fahndung

Ausschreibungen zur Fahndung werden nach dem Zweck und der gesuchten Person oder Sache differenziert.

Ausschreibung zur Personenfahndung

Diese erfolgt meist zum Zweck der:

  • Festnahme (bei nationalem oder internationalem Haftbefehl)
  • Aufenthaltsermittlung (zur Ladung als Beschuldigter, Zeuge o. Ä.)
  • Identitätsfeststellung
  • Überprüfung (z. B. bei Gefährdern)

Ausschreibung zur Sachenfahndung

Sie umfasst:

  • Sichergestellte oder entwendete Gegenstände (Kraftfahrzeuge, Wertgegenstände etc.)
  • Dokumente (Ausweise, Pässe)

Ausschreibung im Rahmen grenzpolizeilicher Kontrolle

Im Bereich der Schleierfahndung und bei Grenzkontrollen werden zusätzlich spezifische Ausschreibungen vorgenommen, um illegale Einreisen, gesuchte Personen oder Fahrzeuge zu identifizieren.

Verfahren der Ausschreibung

Ablauf der Ausschreibung

  1. Antragstellung: Die ausschreibende Behörde übermittelt die zur Fahndung erforderlichen Daten an das zentrale Informationssystem (z.B. INPOL, SIS).
  2. Prüfung der Voraussetzungen: Die rechtlichen Voraussetzungen für die jeweilige Fahndungsmaßnahme werden innerhalb der Behörde geprüft.
  3. Einspeicherung der Daten: Die Daten werden in das System eingestellt und sind für berechtigte Behörden zugänglich.
  4. Abgleich: Bei Kontrollen erfolgt ein Datenabgleich anhand von Identifizierungsmerkmalen (z. B. Personendaten, Fahrzeugnummer).
  5. Maßnahmen im Fundfall: Bei positivem Treffer veranlasst die kontrollierende Behörde die im Ausschreibungsersuchen festgelegten Maßnahmen (Festnahme, Sicherstellung, Ermittlung).

Datenerhebung und Datenschutz

Ausschreibungen unterliegen den Vorgaben des Datenschutzes (u. a. Datenschutz-Grundverordnung, BDSG sowie bereichsspezifische Gesetze). Automatisierte Speicherungen erfolgen mit Protokollierung und Zugriffsbeschränkungen. Betroffene haben gesetzlich verankerte Rechte auf Auskunft, Berichtigung und im Falle unrechtmäßiger Speicherung auf Löschung ihrer Daten. Die Speicherfristen variieren je nach Zweck der Ausschreibung.

Rechtsschutz und Kontrolle

Betroffene Personen haben verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Ausschreibungen zur Fahndung. Hierzu zählt insbesondere das Recht auf Auskunft über gespeicherte Daten (§ 57 BDSG, Art. 15 DSGVO). Zudem können Maßnahmen durch Antrag auf gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit überprüft werden (z. B. nach § 101 StPO oder im Wege der Klage vor den Verwaltungsgerichten).

Die Ausschreibungen unterliegen zudem der Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte auf Landes- und Bundesebene sowie der richterlichen Kontrolle bei bestimmten Maßnahmen (z. B. Ausschreibung zur Festnahme auf Grundlage eines Haftbefehls).

Löschung und Einschränkung der Fahndungsausschreibung

Die Speicherfrist endet mit Wegfall des Fahndungsgrundes oder Ablauf gesetzlicher Fristen. Darüber hinaus bestehen Möglichkeiten der Einschränkung oder Löschung auf behördlichen Antrag oder gerichtliche Entscheidung. Die Löschung erfolgt unverzüglich, sobald der Zweck der Ausschreibung entfallen ist.

Grenzen und Probleme der Ausschreibung zur Fahndung

Grenzen ergeben sich vor allem aus den Grundrechten, insbesondere dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Schutz personenbezogener Daten. Die Rechtmäßigkeit jeder Ausschreibung setzt eine gesetzliche Grundlage und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme voraus. Probleme in der Praxis entstehen etwa durch fehlerhafte Eintragungen, unzureichende Kontrollen oder Probleme im internationalen Datenaustausch.

Zusammenfassung

Die Ausschreibung zur Fahndung ist ein rechtlich komplexes und zentrales Instrument der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in Deutschland und Europa. Ihre rechtlichen Grundlagen und Verfahren unterliegen strengen gesetzlichen Regelungen und datenschutzrechtlichen Vorgaben, um einen effektiven Ausgleich zwischen Sicherheitsinteressen und Individualrechten zu gewährleisten. Die Maßnahme kann weitreichende Konsequenzen für die betroffene Person oder Sache haben und ist durch zahlreiche Kontroll- und Rechtsschutzmechanismen flankiert.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Anordnung einer Ausschreibung zur Fahndung nach deutschem Recht zuständig?

Die Anordnung einer Ausschreibung zur Fahndung obliegt in Deutschland grundsätzlich den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Gemäß § 131 StPO (Strafprozessordnung) kann eine solche Maßnahme ergriffen werden, wenn eine Person eines strafrechtlichen Delikts verdächtigt wird und ihr Aufenthalt unbekannt ist. Über die Modalitäten der Ausschreibung, beispielsweise den Umfang, die Art und Weise sowie das Ziel, entscheidet regelmäßig die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft. Besonders schwere Fälle oder besonders weitreichende Maßnahmen (z. B. europaweite oder internationale Fahndung durch Europol oder Interpol) bedürfen gesonderter staatsanwaltschaftlicher oder richterlicher Anordnungen; dafür sind dann speziell die Generalstaatsanwaltschaften oder das Bundeskriminalamt zuständig, und ein richterlicher Beschluss ist einzuholen, sofern Grundrechtseingriffe betroffen sind.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann eine Ausschreibung zur Fahndung erfolgen?

Rechtlich ist eine Ausschreibung zur Fahndung nur zulässig, sofern konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die gesuchte Person eines strafbaren Verhaltens verdächtig ist oder für ein Strafverfahren benötigt wird, beispielsweise als Zeugin oder Beschuldigte, und ihr Aufenthalt unbekannt ist. Weitere Voraussetzung ist, dass eine gesetzliche Grundlage für die Maßnahme vorliegt, etwa §§ 131, 163e, 163f StPO. Hierbei gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weshalb die Ausschreibung nicht erfolgen darf, wenn mildere Maßnahmen, wie Anschreiben an die zuletzt bekannte Adresse oder die Befragung von Angehörigen, ausreichend erscheinen. Der konkrete Verdacht, Art und Schwere der Straftat, mögliche Gefahren, aber auch der zu erwartende Fahndungserfolg sind im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stets zu berücksichtigen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen eine Ausschreibung zur Fahndung?

Gegen eine Ausschreibung zur Fahndung kann die betroffene Person grundsätzlich Rechtsmittel einlegen. Hierbei stehen insbesondere der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 StPO (soweit es sich um Maßnahmen im Ermittlungsverfahren handelt) sowie der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei den zuständigen Verwaltungsgerichten offen, falls Grundrechte betroffen sind. Zudem kann ein Antrag auf Löschung bzw. Berichtigung der Fahndungsmaßnahme direkt bei der anordnenden Behörde gestellt werden. Wird die Ausschreibung zur Fahndung als unverhältnismäßig oder rechtswidrig empfunden, ist zusätzlich eine Beschwerde beim Datenschutzbeauftragten möglich, da es sich um eine Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO und des BDSG handelt.

Wie lange dauert eine Ausschreibung zur Fahndung und wann wird sie gelöscht?

Die Dauer einer Ausschreibung zur Fahndung richtet sich nach dem jeweiligen Ermittlungs- oder Vollstreckungszweck. Sie endet automatisch, wenn der Fahndungszweck erreicht ist, beispielsweise wenn die Person aufgefunden oder festgenommen wurde. Abseits dessen sind die Behörden verpflichtet, in regelmäßigen Abständen die Erforderlichkeit der Maßnahme zu überprüfen und sie zu löschen, wenn ihr Zweck nicht mehr besteht. Nach § 489 StPO und den einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist die Löschung auch dann vorzunehmen, wenn sich herausstellt, dass die Daten unrichtig oder unrechtmäßig gespeichert wurden. Darüber hinaus regelt § 19 BDSG Fristen für die Löschung, wobei die Löschpflicht meist unmittelbar nach Fortfall des Zwecks der Speicherung greift.

Welche Rechte haben von einer Ausschreibung zur Fahndung betroffene Personen hinsichtlich Einsicht und Information?

Betroffene Personen haben grundsätzlich das Recht auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten nach Art. 15 DSGVO und § 34 BDSG. Allerdings kann die Behörde die Auskunft einschränken oder verweigern, sofern dies zur Verhinderung der Gefährdung von Ermittlungen oder zur Abwehr von Gefahren erforderlich ist (§ 34 Abs. 1 BDSG). Der Betroffene kann nach Abschluss des Fahndungsverfahrens oder im Rahmen von Akteneinsichtsrechten (§§ 147 ff. StPO, ggf. über den Verteidiger) auf seine Rechte pochen. Auch steht ihm im Falle falscher oder unrechtmäßiger Speicherung ein Berichtigungs- oder Löschungsanspruch zu.

In welchen Datenbanken werden Ausschreibungen zur Fahndung gespeichert?

Rechtlich vorgesehen ist die Speicherung von Ausschreibungen zur Fahndung primär im INPOL-System (Informationssystem der Polizei) auf Bundesebene. Bei europaweiten Fahndungen werden Daten zusätzlich im Schengener Informationssystem (SIS II) gespeichert. Internationale Fahndungen, etwa durch Interpol, erfolgen unter Nutzung des I-24/7-Kommunikationssystems und werden dort gespeichert. Welche Daten gespeichert werden, ist in den jeweiligen Polizeigesetzen, der Polizeidatenverordnung, im Schengener Durchführungsübereinkommen und in den Datenschutzgesetzen genau geregelt.

Welche Konsequenzen hat eine Ausschreibung zur Fahndung für die betroffene Person?

Eine nationale oder internationale Ausschreibung zur Fahndung kann weitreichende Konsequenzen für die betroffene Person haben, insbesondere durch die Gefahr der Festnahme bei einer Kontrolle, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit (z. B. Schwierigkeiten bei Grenzübertritten), Probleme bei behördlichen und privaten Vorgängen (z. B. Beantragung von Visa, Jobsuche). Je nach Art der Fahndung (z. B. öffentliche Fahndung mit Bild) kann außerdem ein erheblicher Reputationsschaden entstehen. Es besteht gleichwohl die Möglichkeit, bei unverhältnismäßigen oder unrechtmäßigen Ausschreibungen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend zu machen, sofern ein materieller oder immaterieller Schaden nachweisbar ist, etwa bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nach Art. 82 DSGVO.