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Ausschluss des Versorgungsausgleichs

Was bedeutet Ausschluss des Versorgungsausgleichs?

Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs bezeichnet die rechtliche Gestaltung, nach der bei einer Scheidung keine oder nur eingeschränkte Aufteilung der während der Ehezeit erworbenen Renten- und Versorgungsanwartschaften erfolgt. Statt eines automatischen Ausgleichs verbleiben die erworbenen Ansprüche ganz oder teilweise bei der Person, die sie aufgebaut hat. Der Ausschluss kann auf einer wirksamen Vereinbarung der Ehegatten beruhen oder durch gerichtliche Entscheidung erfolgen, wenn gesetzlich vorgesehene Ausnahmen oder besondere Gründe vorliegen.

Zweck und Einordnung des Versorgungsausgleichs

Der Versorgungsausgleich dient grundsätzlich dazu, die während der Ehezeit erzielten Rentenanrechte zwischen den Ehegatten so zu verteilen, dass beide an der gemeinsamen Lebensleistung teilhaben. Er umfasst gesetzliche Renten, betriebliche Altersversorgung, berufsständische Versorgungen sowie private Rentenformen, soweit sie ausgleichsfähig sind. Ein Ausschluss greift in dieses System ein und setzt eine rechtlich zulässige Begründung oder Vereinbarung voraus.

Formen des Ausschlusses

Vollständiger Ausschluss

Der vollständige Ausschluss bewirkt, dass der Versorgungsausgleich insgesamt unterbleibt. Beide Ehegatten behalten sämtliche während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte für sich.

Teilweiser Ausschluss

Beim teilweisen Ausschluss werden nur bestimmte Anrechte (zum Beispiel aus bestimmten Versorgungssystemen) oder nur ein Teil der Anrechte vom Ausgleich ausgenommen. Möglich ist auch eine wertmäßige Begrenzung.

Befristeter oder bedingter Ausschluss

Vereinbarungen können den Ausschluss an Bedingungen knüpfen oder zeitlich begrenzen, etwa durch Staffelungen oder Schwellenwerte.

Modifizierter Versorgungsausgleich

Hier wird der Versorgungsausgleich nicht vollständig ausgeschlossen, sondern in seiner Art oder Höhe angepasst, etwa durch Verrechnung mit Vermögenspositionen oder durch eine andere Aufteilungslogik als die gesetzliche Standardregel.

Voraussetzungen und Grenzen

Vertraglicher Ausschluss

  • Form: Ein wirksamer Ausschluss bedarf in der Regel einer notariellen Beurkundung oder einer gerichtlichen Protokollierung im Scheidungsverfahren.
  • Transparenz und Ausgewogenheit: Inhalt und Folgen müssen verständlich und überschaubar sein. Einseitig belastende Regelungen sind rechtlich angreifbar.
  • Wahrung einer Mindestabsicherung: Ein Ausschluss darf nicht zu einer evident unzureichenden Absicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung führen.
  • Ausgleich durch Gegenleistungen: Häufig wird ein Ausschluss durch andere vermögensrechtliche Regelungen begleitet (zum Beispiel Ausgleichszahlungen oder Vermögensübertragungen), um eine Gesamtbalance herzustellen.

Gerichtlicher Ausschluss oder Nichtdurchführung

  • Kurze Ehezeit: Bei sehr kurzer Ehezeit kann der Versorgungsausgleich entfallen.
  • Grobe Unangemessenheit: Der Ausgleich kann ganz oder teilweise unterbleiben, wenn sein Ergebnis unter den Umständen des Einzelfalls als grob unbillig anzusehen wäre.
  • Doppel- oder Fehlzuordnung: Bereits anderweitig ausgeglichene oder nicht der Ehe zuzuordnende Anrechte können ausgenommen werden.
  • Auslandsbezug: Bei ausländischen Anrechten oder international geprägten Ehen können Besonderheiten greifen, die eine abweichende Behandlung rechtfertigen.
  • Sonderfälle: Konstellationen wie der Tod einer Partei während des Verfahrens oder bereits gesicherte Versorgungslagen können die Durchführung entbehrlich machen.

Kontrollmaßstab

Vereinbarungen zum Ausschluss unterliegen einer gerichtlichen Angemessenheitskontrolle. Geprüft wird insbesondere, ob sie zum Zeitpunkt des Abschlusses ausgewogen waren und ob sich später keine gravierenden Entwicklungen ergeben haben, die die Grundlage der Regelung entfallen lassen.

Verfahren und Ablauf

Zeitpunkt der Vereinbarung

Ein Ausschluss kann vor der Ehe, während der Ehe oder im Rahmen des Scheidungsverfahrens vereinbart werden. Ohne wirksame Vereinbarung prüft und entscheidet das Gericht den Versorgungsausgleich von Amts wegen.

Rolle des Gerichts

Das Gericht klärt die ausgleichsfähigen Anrechte, holt Auskünfte bei Versorgungsträgern ein und entscheidet über Durchführung, Modifikation oder Ausschluss. Vorliegende Vereinbarungen werden auf Wirksamkeit und Angemessenheit überprüft.

Bewertung und Stichtage

Für die Berechnung ist die gesetzlich definierte Ehezeit maßgeblich. Die Anrechte werden zu den hierfür vorgesehenen Stichtagen bewertet, wobei systemabhängige Berechnungsregeln der Versorgungsträger gelten.

Umsetzung und Eintragung

Bei Ausschluss verbleiben die Anrechte unverändert bei den jeweiligen Personen. Bei teilweisem Ausschluss oder modifizierten Lösungen werden die entsprechenden Umsetzungsanordnungen getroffen, die die Versorgungsträger zu beachten haben.

Kosten und Dauer

Der Aufwand hängt von Anzahl und Art der Anrechte sowie von möglichen Vereinbarungen ab. Die Kostenverteilung erfolgt nach familienrechtlichen Grundsätzen.

Wirkungen des Ausschlusses

  • Verbleib der Anrechte: Ohne Ausgleich werden keine Rentenanteile übertragen; Anwartschaften und Ansprüche bleiben ungeteilt.
  • Systemweite Auswirkungen: Der Ausschluss kann gesetzliche, betriebliche und private Altersversorgungen betreffen, soweit dies wirksam vereinbart oder angeordnet ist.
  • Absicherung im Alter und bei Erwerbsminderung: Die künftige Versorgungslage richtet sich dann ausschließlich nach den eigenen erworbenen Anrechten.
  • Schnittstellen zu Unterhalt und Vermögensausgleich: Regelungen zum Versorgungsausgleich stehen häufig in einem Gesamtzusammenhang mit Unterhalt und Vermögensverteilung.
  • Intern wirkende Gleichgewichtslage: Ein Ausschluss sollte die Gesamtbalance der ehelichen Lebensverhältnisse widerspiegeln; andernfalls drohen gerichtliche Korrekturen.

Internationale und besondere Konstellationen

  • Internationales Privatrecht: Bei Auslandsbezug richtet sich das anwendbare Recht nach Kollisionsregeln; die Wirksamkeit eines Ausschlusses kann vom gewählten oder anwendbaren Recht abhängen.
  • Ausländische Versorgungsträger: Die praktische Umsetzbarkeit eines Ausschlusses oder einer Modifikation kann von Anerkennung und Mitwirkung ausländischer Träger abhängen.
  • Eingetragene Lebenspartnerschaften: Die Grundsätze gelten sinngemäß, soweit ein Ausgleichssystem vorgesehen ist.
  • Nichteheliche Lebensgemeinschaften: Ein Versorgungsausgleich findet dort nicht statt; ein Ausschluss erübrigt sich.

Abgrenzungen und typische Missverständnisse

  • Ausschluss vs. Nichtdurchführung: Die Nichtdurchführung bei kurzer Ehezeit ist keine vertragliche Abrede, sondern eine gesetzliche Ausnahme.
  • Ausschluss vs. Ruhendstellung: Ein Ausschluss beendet den Ausgleich; Ruhendstellung oder spätere Anpassung ist etwas anderes.
  • Formfreiheit: Eine bloß mündliche oder einfache schriftliche Abrede ist in der Regel unwirksam; es bedarf besonderer Form.
  • Endgültigkeit: Nach rechtskräftiger Scheidung sind nachträgliche Änderungen der Versorgungsausgleichsentscheidung nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen möglich.

Beispielhafte Szenarien

Kurze Ehezeit

Bei sehr kurzer Ehezeit kann das Gericht den Versorgungsausgleich nicht durchführen. Ein zusätzlicher vertraglicher Ausschluss ist hierfür nicht erforderlich.

Ausgleich durch Vermögensübertragung

Die Ehegatten vereinbaren notariell, dass der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, weil eine Person eine erhebliche Vermögensposition auf die andere überträgt. Das Gericht prüft die Ausgewogenheit und setzt die Vereinbarung um, sofern sie tragfähig ist.

Sehr ungleiche Erwerbsbiografien

Hat eine Person wegen Kinderbetreuung oder Pflege die Erwerbstätigkeit deutlich reduziert, kann ein vollständiger Ausschluss kritisch sein. Das Gericht kontrolliert, ob eine angemessene Absicherung gewahrt bleibt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet der Ausschluss des Versorgungsausgleichs konkret?

Er bewirkt, dass die während der Ehezeit erworbenen Renten- und Versorgungsanrechte ganz oder teilweise nicht zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden. Die Anrechte verbleiben bei der Person, die sie erworben hat.

In welchen Fällen kommt ein Ausschluss in Betracht?

Ein Ausschluss kann vertraglich vereinbart werden oder sich aus gesetzlichen Ausnahmen ergeben, etwa bei kurzer Ehezeit, grober Unangemessenheit eines Ausgleichs oder bei besonderen Auslandsbezügen. Die Entscheidung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Wie kann ein Ausschluss wirksam vereinbart werden?

Erfordert ist regelmäßig eine notarielle Beurkundung oder eine gerichtliche Protokollierung im Scheidungsverfahren. Die Vereinbarung muss transparent, ausgewogen und mit der Mindestabsicherung vereinbar sein.

Prüft das Gericht eine Vereinbarung zum Ausschluss?

Ja. Das Gericht kontrolliert, ob die Vereinbarung formwirksam, verständlich und angemessen ist und ob sie unter Berücksichtigung der damaligen und späteren Entwicklungen Bestand hat.

Gilt ein Ausschluss auch für betriebliche und private Renten?

Er kann sich auf gesetzliche, betriebliche, berufsständische und private Rentenanrechte erstrecken, soweit sie ausgleichsfähig sind und die Vereinbarung dies wirksam erfasst. Die konkrete Reichweite ergibt sich aus dem Inhalt der Regelung.

Kann ein bereits vereinbarter Ausschluss später geändert werden?

Änderungen sind nur unter engen Voraussetzungen möglich, etwa wenn sich die Grundlagen der Vereinbarung gravierend und unvorhersehbar verändert haben oder wenn die ursprüngliche Regelung evident unausgewogen war.

Welche Folgen hat der Ausschluss für die Altersabsicherung?

Die künftige Versorgung richtet sich ausschließlich nach den selbst erworbenen Anrechten. Ein Ausgleich der während der Ehezeit entstandenen Unterschiede findet dann nicht statt.