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Ausschließungsbeschluss


Begriff und Bedeutung des Ausschließungsbeschlusses

Der Ausschließungsbeschluss ist ein rechtlich wirksamer Beschluss eines Organs einer Vereinigung (z. B. eines Vereins, einer Genossenschaft oder einer Gesellschaft), durch welchen einem Mitglied, Gesellschafter oder Aktionär die Mitgliedschaft oder Teilhabe entzogen wird. Er zählt zu den gravierendsten Vereins- bzw. Gesellschaftsmaßnahmen und ist regelmäßig an strenge gesetzliche oder satzungsmäßige Voraussetzungen gebunden. Das Hauptziel des Ausschließungsbeschlusses ist es, das geordnete Zusammenleben oder die Funktionsfähigkeit der Organisation durch die Entfernung eines Mitglieds zu schützen.


Rechtsgrundlagen des Ausschließungsbeschlusses

Vereinsrecht (§ 34 BGB, § 40 BGB)

Im deutschen Vereinsrecht bildet das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die Grundlage für Ausschließungsbeschlüsse. Maßgeblich sind insbesondere die §§ 34 und 40 BGB:

  • § 34 BGB: Stellt klar, dass der Ausschluss von Mitgliedern nur aus wichtigem Grund erfolgen darf, falls die Satzung nichts Abweichendes bestimmt. Stehen dem Mitglied aus der Satzung Ausschlussgründe oder Schutzvorschriften zu, dürfen diese nicht umgangen werden.
  • § 40 BGB: Erlaubt den Vereinen, die Modalitäten eines Ausschlusses in ihrer Satzung eigenständig zu gestalten, sofern gesetzliche Grenzen eingehalten werden.

Das deutsche Vereinsrecht gewährt den Mitgliedern weitreichenden Schutz vor willkürlichen Ausschlüssen durch strenge Anforderungen an Form, Begründung und Anhörung.

Genossenschaftsrecht (§ 68 GenG)

Im Genossenschaftsrecht findet sich der Ausschließungsbeschluss in § 68 Genossenschaftsgesetz (GenG). Dort ist festgelegt, dass Mitglieder einer Genossenschaft aus Gründen, die in der Satzung oder dem Gesetz genannt sein müssen, aufgrund eines Beschlusses ausgeschlossen werden können. Das betroffene Mitglied hat Anspruch auf rechtliches Gehör und kann innerhalb einer bestimmten Frist gegen den Beschluss Widerspruch einlegen.

Gesellschaftsrecht (GmbH, AG, Partnerschaftsgesellschaft)

Im Gesellschaftsrecht kommt der Ausschließungsbeschluss insbesondere bei Personengesellschaften (wie der GbR oder der OHG) sowie in Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG) vor. Für Gesellschaften gilt:

  • GmbH: Ein Gesellschafter kann gemäß GmbH-Gesetz (GmbHG) durch Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen werden, sofern ein wichtiger Grund vorliegt und die Satzung dies gestattet. Beschlüsse bedürfen hoher Mehrheiten, typischerweise Dreiviertel-Mehrheit, sowie der Einhaltung besonderer Verfahrensvorschriften.
  • Aktiengesellschaft (AG): Hier ist ein Ausschluss von Aktionären nur in engen Ausnahmefällen gesetzlich vorgesehen, etwa im Rahmen von Squeeze-out-Verfahren (§§ 327a ff. AktG).

Arbeitsrechtlicher Kontext

In betriebsverfassungsrechtlichen Gremien (z. B. Betriebsrat) können Ausschließungsbeschlüsse ebenfalls Bedeutung erlangen, etwa wenn ein Mitglied durch Beschluss des Gremiums aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden soll (§ 23 BetrVG).


Voraussetzungen für einen Ausschließungsbeschluss

Wichtiger Grund

Das zentrale Kriterium für einen Ausschluss ist typischerweise das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn dem Gremium die Fortsetzung der Mitgliedschaft bzw. des Gesellschaftsverhältnisses nach objektiven Maßstäben nicht mehr zugemutet werden kann. Typische Beispiele sind:

  • Schwere Satzungsverstöße
  • Grobe Pflichtverletzungen
  • Schädigung des Ansehens oder der Ziele der Organisation
  • Zahlungsrückstände (bei Vereinsbeiträgen oder Geschäftsanteilen)

Die Definition und Festlegung der Ausschlussgründe erfolgt zumeist in der jeweiligen Satzung oder im Gesellschaftsvertrag.

Verfahrensvorgaben

Für die Wirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses sind strenge formelle Vorschriften zu beachten:

  • Schriftliche Ankündigung und Mitteilung an das betroffene Mitglied
  • Gewährung des rechtlichen Gehörs (Anhörung/Recht zur Stellungnahme)
  • Einhaltung von Ladungs- und Beschlussfassungsfristen
  • Dokumentation der Beschlussfassung (Protokollierung)

Verstöße gegen diese Vorgaben führen regelmäßig zur Unwirksamkeit des Ausschlusses.

Entscheidungsgremium und Beschlussfassung

Welches Organ für den Ausschließungsbeschluss zuständig ist, richtet sich nach der Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag. Meist ist dies:

  • Bei Vereinen: Vorstand, manchmal auch die Mitgliederversammlung
  • Bei Genossenschaften: Vorstand, häufig auf Empfehlung des Aufsichtsrats
  • Bei Gesellschaften: Gesellschafterversammlung

Der Beschluss ist in der vorgeschriebenen Mehrheit zu fassen und zu protokollieren. Eine Abstimmung unter Mitwirkung des auszuschließenden Mitglieds ist in der Regel unzulässig.


Rechtsfolgen des Ausschließungsbeschlusses

Mit dem wirksamen Ausschließungsbeschluss endet das Mitgliedschafts- oder Gesellschaftsverhältnis zum entsprechenden Zeitpunkt; dies kann sofort oder nach Ablauf etwaiger Fristen geschehen. Das ausgeschlossene Mitglied verliert sämtliche Mitgliedschaftsrechte, namentlich das Stimmrecht, die Teilnahme an der Willensbildung und etwaige Ansprüche auf Leistungen der Organisation. Eventuelle Nachschusspflichten oder Rückzahlungsansprüche richten sich nach Satzung oder Gesellschaftsvertrag.


Rechtsschutz gegen Ausschließungsbeschlüsse

Anfechtung und gerichtlicher Rechtsschutz

Ausschlussbeschlüsse unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. Das betroffene Mitglied kann den Ausschließungsbeschluss anfechten, typischerweise unter Berufung auf formelle oder materielle Fehler (fehlender wichtiger Grund, Verletzung der Anhörung, Formverstöße). Im Vereinsrecht sind Anfechtungsklagen nach § 38 BGB möglich, im Gesellschaftsrecht richtet sich das Verfahren nach der Art der Gesellschaft und dem Gesellschaftsvertrag.

Einstweiliger Rechtsschutz

Zur Sicherung der Rechte des ausgeschlossenen Mitglieds kann in dringenden Fällen einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden (z. B. mittels einstweiliger Verfügung), solange das Hauptsacheverfahren läuft.


Besonderheiten und Abgrenzungen

Unterschied zum Austritt und dem Sonderkündigungsrecht

Während der Ausschließungsbeschluss eine einseitige Maßnahme der Organisation ist, erfolgt ein Austritt durch Erklärung des Mitglieds selbst. Auch das Sonderkündigungsrecht unterscheidet sich hinsichtlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundlegend vom Ausschluss.

Satzungsautonomie

Die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag kann teilweise von den gesetzlichen Vorgaben abweichen, darf aber keine willkürlichen oder unverhältnismäßigen Ausschlussregelungen enthalten. Die Regelungen unterliegen der Inhaltskontrolle durch die Gerichte.


Literatur und Rechtsprechung

Zahlreiche gerichtliche Entscheidungen und Kommentare widmen sich dem Ausschließungsbeschluss, insbesondere zur Auslegung des wichtigen Grundes und zu Verfahrensvorgaben. Wegweisende Urteile stammen aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sowie der Oberlandesgerichte.


Zusammenfassung

Der Ausschließungsbeschluss ist ein Mittel, mit welchem Vereinigungen auf schwerwiegende Pflichtverletzungen oder Unvereinbarkeiten von Mitgliedern oder Gesellschaftern reagieren können. Er erfordert einen gesetzlichen oder satzungsmäßigen wichtigen Grund, sorgfältige Beachtung der Formvorschriften sowie eine faire Anhörung des Betroffenen. Gegen fehlerhafte Beschlüsse besteht gerichtlicher Rechtsschutz. In allen Organisationsformen stellt der Ausschließungsbeschluss ein bedeutsames Instrument zur Wahrung des ordentlichen Zusammenlebens und dem Schutz kollektiver Interessen dar.

Häufig gestellte Fragen

Welche formalen Voraussetzungen müssen für einen wirksamen Ausschließungsbeschluss erfüllt sein?

Damit ein Ausschließungsbeschluss rechtlich wirksam ist, müssen die in den jeweiligen Statuten (z. B. Vereinssatzung, Geschäftsordnung) sowie in den dazugehörigen Gesetzen (wie dem Bürgerlichen Gesetzbuch für Vereine) festgelegten formalen Voraussetzungen eingehalten werden. Dies umfasst in der Regel die ordnungsgemäße Einberufung des zuständigen Beschlussorgans (z.B. Mitgliederversammlung, Vorstand), die Aufnahme des Tagesordnungspunktes „Ausschluss eines Mitglieds“, eine rechtzeitige und detaillierte Unterrichtung des auszuschließenden Mitglieds über die zum Ausschluss führenden Umstände sowie die Möglichkeit der Stellungnahme. Meist ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, welche in den Satzungen geregelt ist. Die Entscheidung ist zudem schriftlich zu fassen und dem betroffenen Mitglied mit Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen.

Muss der Betroffene vor dem Ausschließungsbeschluss angehört werden?

Ja, das rechtliche Gehör des Betroffenen ist zwingend zu wahren. Nach Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz und allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen muss dem Mitglied Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, bevor ein Ausschließungsbeschluss gefasst wird. Dies beinhaltet, dass dem Mitglied die gegen ihn erhobenen Vorwürfe sowie die für den Ausschluss maßgeblichen Tatsachen und Beweismittel mitgeteilt werden. Das Mitglied muss ausreichend Zeit und Gelegenheit erhalten, sich – gegebenenfalls auch persönlich in der Versammlung – zu äußern. Ein Verstoß gegen das Anhörungsrecht führt meist zur Unwirksamkeit des Ausschlusses.

Welche Rechtsmittel stehen gegen einen Ausschließungsbeschluss zur Verfügung?

Dem betroffenen Mitglied stehen gegen einen Ausschließungsbeschluss regelmäßig sowohl vereins- bzw. verbandsinterne als auch gerichtliche Rechtsbehelfe offen. Zumeist ist zunächst ein vereinsinternes Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren durchzuführen, sofern die Satzung dies vorsieht. Erst nach Ausschöpfung des Instanzenzuges kann das Mitglied dann vor den staatlichen Gerichten (z. B. dem zuständigen Amtsgericht) Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses erheben. Wesentlich ist dabei, dass Rechtsmittelfristen beachtet werden und das Vorgehen Dokumentation und Schriftlichkeit erfordert.

In welchen Fällen ist ein Ausschließungsbeschluss unwirksam?

Ein Ausschließungsbeschluss ist unwirksam, wenn wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt wurden, etwa wenn die Zuständigkeit des Beschlussorgans nicht gegeben war, Form- oder Fristvorgaben aus der Satzung nicht eingehalten wurden, das Mitglied nicht (ordnungsgemäß) angehört wurde oder die Ausschlussgründe nicht ausreichend nachgewiesen und dokumentiert sind. Auch liegt Unwirksamkeit vor, wenn der Ausschluss aus Gründen erfolgt, welche mit höherrangigem Recht, wie z.B. dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder dem Willkürverbot, unvereinbar sind. Jede dieser Fehler kann dazu führen, dass der Beschluss nachträglich für nichtig erklärt wird.

Welche inhaltlichen Anforderungen bestehen an die Begründung des Ausschließungsbeschlusses?

Die Begründung des Ausschließungsbeschlusses muss detailliert und nachvollziehbar darstellen, welche konkreten Umstände und Pflichtverletzungen dem Mitglied zur Last gelegt werden und inwiefern diese die Ausschließung rechtfertigen. Pauschale oder unzureichende Darlegungen genügen nicht. Es ist insbesondere erforderlich, dass sowohl der Sachverhalt als auch die Interessenabwägung nachvollziehbar ausgeführt sind, um dem betroffenen Mitglied eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen und eine spätere gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen.

Welche Auswirkungen hat ein Ausschließungsbeschluss auf das Mitglied und seine Rechte?

Mit dem rechtswirksamen Ausschließungsbeschluss verliert das Mitglied grundsätzlich sämtliche Mitgliedschaftsrechte und -pflichten ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Ausschlusses, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt. Dazu zählen insbesondere Stimm- und Teilnahmerechte an Mitgliederversammlungen sowie sämtliche sonstigen innerverbandlichen Privilegien. Zahlungsrückstände, die vor dem Ausschluss entstanden sind, bleiben jedoch in der Regel weiterhin bestehen und können noch eingefordert werden. Bei unwirksamen oder später aufgehobenen Beschlüssen sind die Rechte rückwirkend wiederherzustellen.

Kann ein einmal gefasster Ausschließungsbeschluss rückgängig gemacht werden?

Ein Ausschließungsbeschluss kann prinzipiell durch einen neuen Beschluss des zuständigen Organs aufgehoben oder abgeändert werden, sofern die Satzung dies vorsieht oder kein wichtiger Grund dagegen spricht. Daneben besteht die Möglichkeit, dass der Ausschließungsbeschluss durch ein erfolgreiches vereinsinternes oder gerichtliches Verfahren für unwirksam erklärt wird. In jedem Fall ist die jeweilige Verfahrensordnung sowie der Vertrauensschutz und der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Eine Wiederaufnahme des ausgeschlossenen Mitglieds setzt meist einen erneuten Aufnahmeprozess voraus, wenn die Satzung dies vorsieht.