Ausschließung von Gesellschaftern
Die Ausschließung von Gesellschaftern bezeichnet im Gesellschaftsrecht die rechtliche Möglichkeit, einen Gesellschafter gegen seinen Willen aus einer Gesellschaft auszuschließen. Diese Maßnahme hat erheblichen Einfluss auf die Gesellschafterstruktur und das Rechtsverhältnis der Gesellschaft und betrifft sowohl die Personen- als auch teilrechtsfähige Gesellschaften in Deutschland. Die Ausschließung dient vornehmlich dem Schutz der Gesellschaft und der anderen Gesellschafter vor schädigendem Verhalten oder schwerem Vertrauensbruch.
1. Rechtsgrundlagen
1.1 Gesetzliche Regeln
Die Ausschließung von Gesellschaftern ist nicht ausdrücklich für alle Gesellschaftsformen gesetzlich geregelt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gibt es für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach §§ 737-738 BGB entsprechende Vorschriften. Im Handelsgesetzbuch (HGB) finden sich für offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG) in den §§ 140, 161 Abs. 2 HGB Regelungen. Für die GmbH ist die Ausschließung zwar gesetzlich nicht ausdrücklich normiert, sie ergibt sich jedoch aus dem allgemeinen Recht der Gesellschafterstellung und kann durch Gesellschaftsvertrag vereinbart werden.
1.2 Vertragliche Grundlagen
Die meisten Gesellschaftsverträge enthalten spezifische Regelungen zur Ausschließung, um Klarheit über Voraussetzungen und Vorgehen zu schaffen. Neben gesetzlichen Vorgaben bestimmen die Gesellschaftsverträge oftmals nähere Einzelheiten zu Ausschlussgründen, Verfahren und Rechtsfolgen.
2. Voraussetzungen der Ausschließung
2.1 Wichtige Gründe
Der Ausschluss eines Gesellschafters ist ein schwerwiegender Eingriff, der in der Regel das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt. Zu den wichtigsten Ausschlussgründen zählen insbesondere:
- Erhebliche Pflichtverletzungen: Verstoß gegen Treuepflichten, Geheimhaltungspflichten oder Obliegenheiten gegenüber der Gesellschaft.
- Schädigung der Gesellschaft: Handlungen, die der Vermögens- oder Rechtslage der Gesellschaft erheblich schaden.
- Unzumutbare Zusammenarbeit: Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses, meist durch andauernde Konflikte oder illoyales Verhalten.
- Insolvenz des Gesellschafters: In vielen Gesellschaften gilt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als möglicher Ausschlussgrund.
Diese Gründe können gesetzlich vorgegeben oder vertraglich geregelt sein.
2.2 Abmahnung, Abhilfe und Verhältnismäßigkeit
Vor einer Ausschließung sollte dem betroffenen Gesellschafter meist Gelegenheit zur Stellungnahme oder Abhilfe gegeben werden, sofern das Verhalten nicht so gravierend ist, dass eine sofortige Ausschließung unumgänglich erscheint. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten.
3. Das Ausschließungsverfahren
3.1 Initiierung des Ausschlusses
Das Ausschlussverfahren wird in aller Regel von den übrigen Gesellschaftern beschlossen. Die erforderliche Mehrheit kann im Gesellschaftsvertrag geregelt sein. Mangels Regelung ist in Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich Einstimmigkeit (ohne Stimme des auszuschließenden Gesellschafters) erforderlich.
3.2 Ablauf und Durchführung
- Beschlussfassung: Die Gesellschafter müssen den Ausschluss durch Beschluss herbeiführen. Der betroffene Gesellschafter ist in der Regel von der Abstimmung ausgeschlossen.
- Protokollierung: Der Beschluss muss ordnungsgemäß protokolliert werden.
- Kündigung/Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses: Die Ausschließung bewirkt das Ausscheiden des Gesellschafters. Es handelt sich rechtlich um eine Kündigung oder einen Vertragsaufhebungsakt.
3.3 Gerichtliche Ausschließung
Ist eine einvernehmliche Lösung oder ein Gesellschafterbeschluss nicht möglich, kann die Gesellschaft beim zuständigen Gericht (meist Landgericht) den Ausschluss eines Gesellschafters beantragen. Dies gilt insbesondere für die GmbH (§ 140 HGB analog; auch sog. actio pro socio). Der gerichtliche Ausschluss ist in der Regel ultima ratio.
4. Folgen der Ausschließung
4.1 Ausscheiden des Gesellschafters
Mit rechtswirksamem Ausschluss endet das Gesellschaftsverhältnis des betroffenen Gesellschafters. In Personen- und Kapitalgesellschaften besteht zum Teil gesetzliche Nachhaftung für bereits begründete Verbindlichkeiten.
4.2 Abfindung
Dem ausgeschlossenen Gesellschafter steht ein Abfindungsanspruch zu, dessen Höhe sich nach den gesetzlichen Vorschriften oder den Regelungen im Gesellschaftsvertrag bemisst. Die Bewertung des Abfindungsguthabens erfolgt nach dem Verkehrswert der Gesellschaftsanteile zum Zeitpunkt des Ausscheidens.
4.3 Wirkung auf die Gesellschaft
Die Gesellschaft bleibt in der Regel fortbestehen. Unter Umständen kann – insbesondere bei nur zwei Gesellschaftern – die Gesellschaft durch den Ausschluss aufgelöst werden.
5. Besonderheiten nach Gesellschaftsform
5.1 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Bei der GbR sind die Ausschlussvorschriften in §§ 737-738 BGB verankert. Jeder Gesellschafter kann einen anderen Gesellschafter aus wichtigem Grund ausschließen. Das Verfahren ist in der Regel auf einstimmigen Beschluss, ohne Stimme des Betroffenen, ausgerichtet.
5.2 Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG)
Für die OHG normiert § 140 HGB die Möglichkeit des Ausschlusses aus wichtigem Grund durch Gesellschaftsbeschluss oder Urteil. Die Regelungen gelten für die KG nach § 161 Abs. 2 HGB entsprechend.
5.3 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Für die GmbH ergibt sich die Möglichkeit der Ausschließung aus § 34 GmbHG (Einziehung von Geschäftsanteilen) oder durch Ausschlussklagen. Voraussetzung ist ein im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss geregelter Ausschlussgrund. Die entsprechende Klausel im Gesellschaftsvertrag ist notwendig. Der ausgeschlossene Gesellschafter erhält eine Abfindung.
6. Rechtsmittel und Schutz des Ausgeschlossenen
Dem ausgeschlossenen Gesellschafter stehen Rechtsmittel gegen den Ausschluss zur Verfügung. Er kann Beschlussanfechtungsklage oder, bei streitigen Verfahren, Feststellungsklage auf Unwirksamkeit des Ausschlusses beim zuständigen Gericht erheben.
7. Steuerliche und wirtschaftliche Aspekte
Die Ausschließung eines Gesellschafters kann steuerliche Konsequenzen sowohl für den Ausgeschlossenen als auch für die verbleibenden Gesellschafter und die Gesellschaft selbst nach sich ziehen, insbesondere bei der Abfindungszahlung, der Veräußerung von Anteilen oder einer gegebenenfalls verbundenen Betriebsaufgabe.
8. Zusammenfassung
Die Ausschließung von Gesellschaftern ist ein zentrales Instrument zur Wahrung der Handlungsfähigkeit und Integrität einer Gesellschaft. Sie unterliegt strengen rechtlichen Voraussetzungen, bedarf eines gradlinigen Verfahrens und berücksichtigt stets die Rechte und Interessen aller Beteiligten. Gesellschaftsverträge sollten klare Regelungen zum Ausschlussverfahren und dessen Folgen enthalten, um Konflikte zu vermeiden und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Häufig gestellte Fragen
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ist die Ausschließung eines Gesellschafters möglich?
Die Ausschließung eines Gesellschafters ist grundsätzlich nur unter bestimmten gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen möglich. Im Gesellschaftsrecht – insbesondere bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) – regelt das Gesetz den Ausschluss durch Klage, z.B. § 737 BGB oder § 140 HGB. Darüber hinaus kann der Gesellschaftsvertrag eigene Ausschlussgründe vorsehen; diese dürfen jedoch nicht gegen zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen. Ein wichtiger Grund im Sinne der gesetzlichen Regelungen kann etwa eine schwerwiegende Pflichtverletzung, grobe Verletzung der Treuepflicht, nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses oder Insolvenz des Gesellschafters sein. Der Ausschluss einer GmbH-Gesellschafters ist in § 34 GmbHG geregelt und setzt einen wichtigen Grund sowie ein Ausschlussverfahren per Gerichtsbeschluss voraus, sofern dies der Gesellschaftsvertrag zulässt oder zwingend rechtfertigt.
Wie läuft das rechtliche Verfahren zur Ausschließung ab?
Das Verfahren zur Ausschließung unterscheidet sich je nach Gesellschaftsform und den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags. In den meisten Fällen ist eine gerichtliche Entscheidung erforderlich, sofern der betroffene Gesellschafter der Ausschließung widerspricht. Bei Personengesellschaften erfolgt die Ausschließung in der Regel durch eine Ausschlussklage (sogenannte Exklusionsklage), bei der alle übrigen Gesellschafter gemeinsam gegen den auszuschließenden Gesellschafter im Klagewege vorgehen müssen. Im Falle einer GmbH kann, wenn der Gesellschaftsvertrag dies gestattet, der Ausschluss auch durch Gesellschafterbeschluss initiiert werden; endgültig bedarf es jedoch zumeist ebenfalls einer gerichtlichen Entscheidung. Während des Verfahrens bleibt der betroffene Gesellschafter grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Ausschluss Mitglied der Gesellschaft, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht eine sofortige Suspendierung vor.
Welche Rechte hat der auszuschließende Gesellschafter während des Verfahrens?
Der auszuschließende Gesellschafter hat während des Ausschlussverfahrens weitreichende Rechte. Er bleibt Mitglied der Gesellschaft und ist damit grundsätzlich weiterhin an Gesellschaftsprozessen beteiligt, soweit nicht ausnahmsweise ein Ruhen der Mitgliedschaft oder eine Suspendierung vorgesehen ist. Ihm stehen alle gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungs- und Informationsrechte zu. Zugleich hat er das Recht, sich gegen die Ausschließung zu verteidigen, also rechtliches Gehör zu erhalten und im Verfahren Beweise vorzulegen. Oft ist er von der Abstimmung über den eigenen Ausschluss aus Gründen des Stimmverbots (§ 47 Abs. 4 GmbHG analog) ausgeschlossen, etwa in der GmbH.
Gibt es einen Anspruch auf Abfindung bei Ausschluss?
Bei rechtswirksamer Ausschließung hat der Gesellschafter grundsätzlich einen Anspruch auf Abfindung. Die Höhe richtet sich nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder, wenn dort keine Regelungen getroffen sind, nach dem Verkehrswert des Anteils zum Zeitpunkt des Ausscheidens. Im Handelsrecht besteht mitunter die Möglichkeit, die Abfindung im Vertrag auf den Buchwert oder einen niedrigeren Wert zu begrenzen, dies stößt jedoch insbesondere bei Personengesellschaften und der GmbH an die Grenzen der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung können zu gesonderten Gerichtsverfahren führen.
Welche Rechtsmittel stehen dem ausgeschlossenen Gesellschafter zur Verfügung?
Gegen die Ausschließung kann sich der betroffene Gesellschafter mit verschiedenen Rechtsmitteln wehren, abhängig vom Typ und Stadium des Verfahrens. Wurde die Ausschließung etwa durch einen Gesellschafterbeschluss herbeigeführt (beispielsweise bei der GmbH), kann der Gesellschafter Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erheben (§§ 246, 249 AktG analog). Im Rahmen der gerichtlichen Ausschlussklage kann das Urteil mit Berufung und Revision angegriffen werden. Zu beachten ist, dass während laufender Verfahren der Gesellschafter weiterhin Mitglied bleibt und somit in der Regel nicht vorläufig von seinen Rechten ausgeschlossen wird, außer es besteht eine dringende gesellschaftliche Notwendigkeit (z.B. wegen Gefahr im Verzug).
Muss der Grund für den Ausschluss im Gesellschaftsvertrag geregelt sein?
Nicht zwingend; gesetzlich vorgesehene schwere Pflichtverletzungen begründen auch dann einen Ausschluss, wenn der Gesellschaftsvertrag dazu schweigt. Allerdings empfiehlt es sich zur Rechtssicherheit, im Gesellschaftsvertrag Ausschlussgründe und das genaue Verfahren zur Ausschließung zu regeln. Je genauer dies ausgestaltet ist, desto geringer ist später das Risiko, dass der Ausschluss an formellen oder materiell-rechtlichen Fehlern scheitert. Fehlen Regelungen, kommt ausschließlich das Gesetz zur Anwendung, was die praktische Durchsetzung des Ausschlusses erschweren kann.
Welche Besonderheiten gibt es beim Ausschluss eines Gesellschafters bei der GmbH im Vergleich zu Personengesellschaften?
Bei der GmbH ist der Ausschluss eines Gesellschafters durch gerichtlichen Beschluss der Gesellschaft möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und entweder der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht oder das Gesetz ausdrücklich eingreift (§ 34 GmbHG). Der maßgebliche Unterschied zur Personengesellschaft liegt darin, dass die Möglichkeit zur Ausschließung enger geregelt ist, das Verfahren rechtlich komplexer ist und häufiger die Gerichte involviert werden. Bei Personengesellschaften bestehen häufig mehr vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten und ein höheres Maß richterlicher Kontrolle der gesellschaftsinternen Mehrheiten. Außerdem gibt es bei denen häufig ein Stimmverbot bei eigener Betroffenheit, das prozessual zu berücksichtigen ist.
Kann der Ausschluss auch aus steuerrechtlichen Gründen problematisch sein?
Die Ausschließung eines Gesellschafters kann steuerliche Konsequenzen haben, insbesondere im Hinblick auf die Besteuerung der Abfindung und mögliche stille Reserven. Die Höhe der Abfindung kann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb oder zu Veräußerungsgewinnen führen, die versteuert werden müssen. Bei Personengesellschaften besteht die Gefahr der sogenannten „quotalen Realteilung“, die wiederum steuerliche Folgen in Bezug auf die Aufdeckung stiller Reserven haben kann. Steuerliche Beratung vor einem Ausschluss ist daher dringend zu empfehlen.