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Ausreise


Begriff und rechtliche Definition der Ausreise

Die Ausreise bezeichnet im rechtlichen Kontext das Verlassen des Hoheitsgebiets eines Staates durch eine Person, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus. Der Vorgang der Ausreise unterliegt in nahezu allen Staaten bestimmten gesetzlichen Regelungen, die sowohl Individualrechte als auch hoheitliche Kontrollinteressen umfassen. Die rechtlichen Grundlagen finden sich insbesondere im Passrecht, Aufenthaltsrecht, Ausländerrecht, Migrationsrecht sowie in völkerrechtlichen Verträgen.


Rechtliche Grundlagen der Ausreise

Nationales Recht

Passrechtliche Bestimmungen

In Deutschland bestimmt das Passgesetz (PassG), dass deutsche Staatsangehörige das Recht besitzen, den Geltungsbereich des Gesetzes jederzeit zu verlassen (§ 1 Abs. 1 PassG i.V.m. Art. 11 Abs. 2 GG). Einschränkungen ergeben sich aus § 7 PassG, insbesondere im Falle eines Passversagungs- oder Entziehungsgrundes, der unter bestimmten Voraussetzungen das Verlassen des Bundesgebiets verhindern kann.

Aufenthaltsrechtliche Regelungen

Für ausländische Staatsangehörige regelt das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sowohl die Bedingungen der Ausreise als auch die Folgen. Gemäß § 50 AufenthG ist ein Ausländer verpflichtet, bei Beendigung seines erlaubten Aufenthalts das Bundesgebiet zu verlassen (Ausreisepflicht). Die Pflicht zur Ausreise kann insbesondere nach Ablauf eines Visums, mit der Ablehnung eines Asylantrags, bei Widerruf oder Rücknahme des Aufenthaltstitels sowie im Rahmen einer Ausweisung entstehen.

Polizeirechtliche Maßnahmen

Zur Durchsetzung der Ausreise können zwangsweise Maßnahmen (z. B. Abschiebung, Zurückschiebung, Zurückweisung) gemäß §§ 58 ff. AufenthG angeordnet werden, wenn der Ausreisepflicht nicht freiwillig Folge geleistet wird.

Europarechtliche Vorgaben

Innerhalb der Europäischen Union gelten die Regelungen des Schengener Grenzkodex (VO [EU] 2016/399), der unter anderem die Voraussetzungen für das Überschreiten der Binnengrenzen und Außengrenzen regelt. Die Ausreise von Unionsbürgern ist grundsätzlich frei, sofern keine Sicherheitsinteressen entgegenstehen (Art. 45 EU-Grundrechtecharta). Für Drittstaatsangehörige gelten besondere Kontroll- und Nachweispflichten an den Außengrenzen (Art. 8 Schengener Grenzkodex).

Völkerrechtliche Aspekte

Das Recht auf Ausreise gehört zu den international anerkannten Menschenrechten (Art. 12 Abs. 2 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte [IPbpR]). Es besteht jedoch kein allgemeines Recht auf Einreise in einen fremden Staat; die Ausreise ist daher strikt von der Einreise zu unterscheiden.


Einschränkungen und Verbote der Ausreise

Gründe für eine Ausreisesperre

Die Ausreise kann eingeschränkt oder verhindert werden, etwa durch:

  • Strafjustizielle Maßnahmen, z. B. Untersuchungshaft, Bewährungsauflagen, Meldeauflagen,
  • Passversagung und Passentziehung aus Gründen der nationalen Sicherheit oder zur Abwehr erheblicher Rechtsverstöße (§ 7 PassG),
  • Verwaltungsrechtliche Ausreisesperren, etwa zur Durchsetzung von Unterhaltsforderungen oder wegen laufender Steuerverfahren,
  • Ausreiseverbote beim Verdacht auf Vorbereitung einer Straftat.

Rechtsmittel bei Ausreiseverboten

Betroffene erhalten in der Regel einen rechtsmittelfähigen Bescheid und können gegen Ausreiseverbote oder -beschränkungen den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten beschreiten. Zudem besteht in eiligen Fällen die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen.


Folgen und Bedeutung der Ausreise

Beendigung des Aufenthaltsstatus

Die Ausreise aus dem Bundesgebiet führt regelmäßig zur Beendigung eines Aufenthaltstitels (§ 51 AufenthG). Je nach Aufenthaltsstatus kann sich die Möglichkeit zur Wiedereinreise ändern. Besonders wichtig ist dies bei zeitlich befristeten Aufenthaltserlaubnissen und für schutzsuchende Personen.

Auswirkungen auf sozialrechtliche Ansprüche

Bestimmte Sozialleistungen enden mit der Ausreise oder können bei lediglich kurzfristiger Ausreise unterbrochen werden. Das betrifft unter anderem Arbeitslosengeld II oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Reisedokumente und Visumkontrolle

Bei der Ausreise sind die erforderlichen Reisedokumente (Pass, Identitätskarte, ggf. Visum) bei der Grenzabfertigung vorzulegen. Das Fehlen gültiger Dokumente kann zur Zurückweisung an der Grenze oder zu weiteren Sanktionen führen.


Besonderheiten bei einzelnen Personengruppen

Minderjährige und Ausreise

Für die Ausreise von Minderjährigen bestehen besondere Sorgfaltspflichten:

  • Minderjährige dürfen grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Sorgeberechtigten das Land verlassen.
  • Bei internationaler Kindesentziehung stehen bestimmte rechtliche Schutzmechanismen zur Verfügung, etwa nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung.

Schutzbedürftige Personen

Bei asylsuchenden Personen und Schutzberechtigten werden individuelle Prüfungen im Rahmen des Dublin-Verfahrens oder nach dem Aufenthaltsgesetz vorgenommen. Eine Ausreise während laufender Verfahren kann rechtlich problematisch sein.


Statistik und Praxis der Ausreise

Die Bundespolizei dokumentiert jährlich hunderttausende Ausreisen über deutsche Außengrenzen. Der überwiegende Teil erfolgt freiwillig und legal. Die zwangsweise Durchsetzung der Ausreise (insbesondere Abschiebungen) betrifft einen deutlich geringeren Personenkreis und unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben und Kontrollen.


Abgrenzung zu Einreise und weiteren Begriffen

Die Ausreise ist begrifflich von folgenden Vorgängen zu unterscheiden:

  • Einreise: Das Betreten des Staatsgebietes.
  • Abschiebung: Zwangsweise Durchsetzung der Ausreise.
  • Zurückweisung: Verweigerung der Einreise an der Grenze.
  • Rückübernahme: Rückführung auf Grundlage internationaler Abkommen.

Literatur

  • Gesetzestexte: Aufenthaltsgesetz, Passgesetz, Schengener Grenzkodex, IPbpR
  • Rechtsprechung: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Ausreisefreiheit
  • Kommentare und Monographien zum Aufenthalts- und Passrecht

Weblinks


Letzte Aktualisierung: Juni 2024

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Ausreise aus Deutschland erfüllt sein?

Für die Ausreise aus Deutschland besteht grundsätzlich Reisefreiheit für deutsche Staatsangehörige, das heißt, es gibt keine generelle Ausreisegenehmigungspflicht. Rechtlich erforderlich ist jedoch das Mitführen eines gültigen Identitätsdokuments, in der Regel eines Reisepasses oder Personalausweises. Kinder benötigen einen eigenen Kinderreisepass oder einen biometrischen Reisepass bzw. Personalausweis. Besondere rechtliche Einschränkungen der Ausreisefreiheit können sich aus individuellen gerichtlichen Anordnungen (z.B. bei Fluchtgefahr im Strafverfahren), aus staatsrechtlichen Gründen (wie bei laufenden Ermittlungsverfahren) oder auf Grundlage des Passgesetzes (§ 7 PassG, z.B. bei Gefahr für die innere oder äußere Sicherheit Deutschlands) ergeben. Zudem können Personen mit bestimmten Aufenthaltsstatus (z. B. Flüchtlinge, Asylbewerber) Auflagen unterliegen, die ihre Ausreisemöglichkeiten einschränken. Des Weiteren ist beim Verlassen des Schengen-Raums zu beachten, dass Ausreise- und Einreisevorschriften des Ziellandes maßgeblich sind, wie beispielsweise Visa- und Einreisebestimmungen.

Welche Dokumente sind bei der Ausreise zwingend mitzuführen?

Die gesetzlichen Vorgaben setzen voraus, dass bei Ausreise aus Deutschland ein gültiger Reisepass oder Personalausweis mitgeführt wird. Bei der Ausreise in Länder außerhalb der Europäischen Union ist zwingend ein Reisepass erforderlich, dessen Gültigkeitsdauer meist über das Rückreisedatum hinausreichen muss. Manche Länder verlangen zusätzlich ein Visum, eine Aufenthaltserlaubnis oder bestimmte Nachweise wie Einladungsbriefe. Für Kinder und Jugendliche gelten gesonderte Anforderungen bezüglich der Dokumente, insbesondere wenn sie nur mit einem Elternteil oder nicht mit den Sorgeberechtigten reisen. In bestimmten Fällen ist eine amtlich bestätigte Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten erforderlich. Für Drittstaatsangehörige gelten die Bedingungen ihrer jeweiligen Aufenthaltstitel, Kurzaufenthaltstitel oder Transitregeln.

Kann die Ausreise verweigert oder untersagt werden?

Die rechtliche Grundlage für eine Versagung der Ausreise findet sich insbesondere im Passgesetz (§ 7 PassG). Eine Ausreise kann verweigert bzw. ein Pass eingezogen oder nicht ausgehändigt werden, wenn gegen die Person konkrete strafrechtliche Ermittlungen laufen und Fluchtgefahr besteht, bei drohender Gefährdung erheblicher deutscher Interessen, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder wenn die Ausreise gesetzlichen Verboten (z.B. aufgrund einer Entscheidung des Familiengerichts im Falle von Kindesentziehung) unterliegt. Bei ausländischen Staatsangehörigen können auch ausländerrechtliche Auflagen (wie eine Ausreiseverpflichtung oder Ausreiseuntersagung während eines laufenden Asylverfahrens) relevant sein. Behörden können insbesondere im Rahmen von Gerichtsverfahren, bei Steuerschulden oder Unterhaltspflichten sogenannte Sicherungsmaßnahmen (wie das Hinterlegen einer Sicherheitsleistung) anordnen, um eine Ausreise zu verhindern.

Welche Meldepflichten bestehen bei dauerhaftem Auslandsaufenthalt?

Wer seinen Wohnsitz in Deutschland dauerhaft aufgibt und ins Ausland verzieht, ist gemäß Bundesmeldegesetz (§ 17 BMG) verpflichtet, sich innerhalb von zwei Wochen nach Auszug bei der zuständigen Meldebehörde abzumelden. Dabei muss die neue Adresse im Ausland angegeben werden. Das Versäumnis kann mit einem Bußgeld belegt werden. Es entfällt allerdings die Verpflichtung zur Anmeldung in Deutschland, sofern keine neue Wohnung bezogen wird. Bei Rückkehr ist eine erneute Anmeldung innerhalb von zwei Wochen erforderlich.

Gibt es Besonderheiten für Minderjährige bei der Ausreise?

Minderjährige deutsche Staatsangehörige benötigen für die Ausreise grundsätzlich einen eigenen Reisepass oder Personalausweis. Reisen sie allein oder nur mit einem Elternteil, können zusätzliche Nachweise erforderlich sein, etwa eine schriftliche Einverständniserklärung beider Sorgeberechtigten und/oder eine amtlich beglaubigte Vollmacht. Diese dienen insbesondere dem Schutz vor Entführung oder Kindesentziehung. Grenzbeamte anderer Staaten können das Vorzeigen dieser Dokumente verlangen. Für minderjährige ausländische Staatsbürger gelten die Aus- und Einreisebestimmungen ihres Heimatstaates. Sonderregelungen können vorliegen, wenn das Sorgerecht einem Elternteil allein zusteht oder bei Pflegekindern.

Welche steuerrechtlichen Konsequenzen kann eine Ausreise haben?

Die Abmeldung des Wohnsitzes aus Deutschland ist steuerrechtlich relevant, da damit regelmäßig die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland endet, sofern keine weiteren inländischen Einkünfte oder Wohnsitze bestehen. Bei dauerhaftem Auslandsaufenthalt tritt in vielen Fällen die beschränkte Steuerpflicht ein. Es gibt jedoch Sonderregelungen, etwa beim Wegzugsbesteuerungstatbestand (§ 6 AStG) für bestimmte natürliche Personen, die wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften halten. Ein vorheriger steuerlicher Beratungstermin ist dringend empfohlen, da die genaue Rechtsfolge im Einzelfall von verschiedenen Faktoren abhängt.

Ist eine Ausreise trotz offener Geldstrafen oder Schulden möglich?

Grundsätzlich besteht kein generelles rechtliches Hindernis für die Ausreise aus Deutschland bei bestehenden privaten Schulden oder offenen Geldforderungen. Eine Ausreise kann aber eingeschränkt sein, wenn ein Vollstreckungstitel vorliegt und die Staatsanwaltschaft oder das Gericht eine sogenannte Untersagung zur Sicherung der Vollstreckung ausspricht. Im Fall von öffentlich-rechtlichen Schulden (z.B. Steuerschulden gegenüber dem Finanzamt) können bei extrem hohen Rückständen und Fluchtgefahr Maßnahmen zur Passentziehung oder eine Ausreisesperre angeordnet werden. Solche Maßnahmen sind jedoch an strenge rechtliche Voraussetzungen geknüpft und werden nur in Ausnahmefällen angewendet.