Begriff und Definition des Auskunftsvertrags
Der Auskunftsvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertragstyp, bei dem sich eine Partei – der Auskunftsschuldner – verpflichtet, einer anderen Partei – dem Auskunftsberechtigten – Auskünfte bestimmter Art zu erteilen. Der Vertrag ist im deutschen Recht nicht ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, wird jedoch als Sonderform des Dienstvertrags (§§ 611 ff. BGB) oder des Werkvertrags (§§ 631 ff. BGB) anerkannt und ist in der Praxis von erheblicher Bedeutung, etwa im Handels- und Gesellschaftsrecht, im Bankwesen sowie im Datenschutz.
Rechtsnatur und Einordnung
Der Auskunftsvertrag ist ein Vertrag, der auf die Erteilung von Fakten, Bewertungen oder sonstigen Informationen gerichtet ist. Im Gegensatz zum klassischen Dienst- oder Werkvertrag steht beim Auskunftsvertrag nicht die physische Arbeitsleistung oder die Herstellung eines konkreten Arbeitsergebnisses, sondern die Vermittlung von Wissen oder das Erteilen von Information im Vordergrund.
Je nach Ausgestaltung kann es sich um einen Dienstvertrag handeln, sofern der Auskunftsschuldner eine Tätigkeit schuldet, oder um einen Werkvertrag, wenn der Erfolg – also die korrekte und vollständige Auskunft – geschuldet ist. Die Rechtsnatur bestimmt unter anderem das Haftungsregime sowie die Vorschriften über Vertragsbeendigung und Kündigung.
Zustandekommen des Auskunftsvertrags
Wie bei anderen zivilrechtlichen Verträgen, setzt das Zustandekommen eines Auskunftsvertrags zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus: Angebot und Annahme. Der Vertragsinhalt, insbesondere der Umfang und Gegenstand der geschuldeten Auskunft, sollte möglichst klar und eindeutig zwischen den Parteien festgelegt werden, um Streitigkeiten über Reichweite und Inhalt zu vermeiden.
Form
Für den Abschluss eines Auskunftsvertrags besteht grundsätzlich Formfreiheit. In bestimmten Bereichen, beispielsweise dem Datenschutz, können jedoch besondere Formvorschriften durch gesetzliche Spezialregelungen erforderlich sein.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Pflichten des Auskunftsschuldners
Der Auskunftsschuldner ist verpflichtet, dem Auskunftsberechtigten die vereinbarte Information vollständig, richtig und rechtzeitig zu erteilen. Die Pflicht kann, je nach Vertrag, zur Erhebung und Auswertung von Daten sowie zur mündlichen oder schriftlichen Bekanntgabe der relevanten Informationen reichen. Neben der eigentlichen Auskunft kann auch eine Beratungspflicht, eine Hinweispflicht oder die Verpflichtung zur Dokumentation bestehen.
Sorgfaltspflicht
Die Sorgfaltspflicht des Auskunftsschuldners richtet sich nach Art und Umfang der vereinbarten Auskünfte sowie ggf. seiner besonderen Fähigkeiten oder Kenntnisse. So kann beispielsweise im unternehmerischen Geschäftsverkehr ein strengerer Maßstab an die Sorgfalt des Auskunftsschuldners anzulegen sein.
Rechte des Auskunftsberechtigten
Der Auskunftsberechtigte erlangt durch den Auskunftsvertrag das subjektive Recht, die vereinbarte Auskunft vom Auskunftsschuldner zu verlangen. Daneben kann er Sekundärrechte ausüben, etwa auf Schadensersatz oder Rücktritt, sofern die Auskunft nicht vereinbarungsgemäß erteilt wird oder fehlerhaft ist.
Haftung beim Auskunftsvertrag
Die Haftung des Auskunftsschuldners richtet sich nach den für Dienst- und Werkverträge geltenden Vorschriften. Maßgeblich ist, ob die Auskunft falsch oder verspätet erteilt wird und ob dadurch dem Auskunftsberechtigten ein Schaden entsteht.
Verschuldensabhängige und verschuldensunabhängige Haftung
Grundsätzlich haftet der Auskunftsschuldner verschuldensabhängig, also nur bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Pflichtverletzung. In besonderen Fällen, insbesondere bei Garantieübernahmen, kann eine verschuldensunabhängige Haftung entstehen. Die Haftung kann vertraglich angepasst, jedoch gemäß §§ 309, 307 BGB nicht unangemessen beschränkt werden.
Haftung für fehlerhafte Auskunft
Eine zentrale Haftungsfrage betrifft die fehlerhafte oder unvollständige Auskunft. Wird dem Auskunftsberechtigten durch eine schuldhaft falsche Angabe ein Vermögensschaden zugefügt, steht ihm ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 ff., 823 Abs. 2 BGB zu.
Besonderheiten und Anwendungsbereiche
Handels- und Gesellschaftsrecht
Besondere Bedeutung hat der Auskunftsvertrag im Handelsrecht, etwa zwischen Geschäftspartnern, oder im Gesellschaftsrecht, etwa zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern. Zahlreiche gesetzliche Auskunftsansprüche flankieren oder ersetzen vertragliche Regelungen (z. B. § 51a GmbHG, § 166 HGB).
Datenschutz und Informationsansprüche
Auch im Datenschutzrecht kommt dem Auskunftsvertrag Bedeutung zu, soweit Individuen oder Unternehmen Auskunft über gespeicherte Daten verlangen (§ 34 BDSG, Art. 15 DSGVO). Diese Ansprüche können vertraglich geregelt oder durch Gesetz begründet sein.
Steuer- und Bankrecht
Banken und Steuerberater schließen häufig Auskunftsverträge mit ihren Kunden, um spezifische Informationen oder Bonitätsauskünfte bereitzustellen. Hier gelten zusätzliche besondere gesetzliche Vorschriften, etwa das Bankgeheimnis oder steuerrechtliche Verschwiegenheitspflichten.
Abgrenzung zu verwandten Vertragstypen
Der Auskunftsvertrag ist abzugrenzen insbesondere von:
- Dienstvertrag: Wenn die eigentliche Tätigkeit, nicht das Auskunftsergebnis, im Vordergrund steht.
- Werkvertrag: Wenn ein konkreter, messbarer Erfolg geschuldet ist.
- Geschäftsbesorgungsvertrag: Wenn umfangreichere Verwaltung oder Betreuung mit Auskunftspflichten kombiniert wird.
- Beratungsvertrag: Wenn die Ermittlung und Bewertung von Informationen eine Beratung im rechtlichen oder wirtschaftlichen Sinn umfasst.
Beendigung des Auskunftsvertrags
Der Auskunftsvertrag kann durch ordentliche Kündigung, außerordentliche Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, durch Zeitablauf (bei Befristung) oder durch Erfüllung (Erteilung der Auskunft) beendet werden. Für Form und Fristen gelten die allgemeinen Grundsätze des Dienst- oder Werkvertragsrechts.
Rechtsprechung und Literatur
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und zahlreicher Instanzgerichte hat verschiedene spezifische Fragen im Zusammenhang mit Auskunftsverträgen geklärt, insbesondere zur Haftung bei Beratung und Auskunft im geschäftlichen Verkehr. In der Literatur werden verschiedene Ansichten zur Einordnung und zu den Rechtsfolgen vertreten; die Praktikabilität des Auskunftsvertrags wird allgemein bestätigt.
Zusammenfassung
Der Auskunftsvertrag ist ein vielseitiger Vertragstyp des deutschen Zivilrechts mit großer Bedeutung für das Wirtschaftsleben, der Beratung und im Bereich der Information. Seine rechtliche Ausgestaltung richtet sich maßgeblich nach den Grundsätzen des Dienst- und Werkvertragsrechts und wird durch spezifische gesetzliche Regelungen in einzelnen Rechtsgebieten ergänzt. Die vertragliche Ausgestaltung, Haftungsfragen und praktische Handhabung sollten sorgfältig auf die jeweilige Situation und Branche angepasst werden.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist berechtigt, einen Auskunftsvertrag abzuschließen?
Einen Auskunftsvertrag können grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen abschließen, sofern sie geschäftsfähig sind. Im rechtlichen Kontext bedeutet dies, dass Vertragsparteien sowohl Privatpersonen, Unternehmen, Vereine als auch staatliche Institutionen sein können. Ein Auskunftsvertrag kommt regelmäßig zwischen einem Auskunftsberechtigten, der bestimmte Informationen benötigt, und einem Auskunftsverpflichteten, der diese Auskünfte erteilen kann oder muss, zustande. Dabei kann die Berechtigung zur Vertragsschließung auch auf einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer Beauftragung durch einen Dritten (z. B. einen gesetzlichen Vertreter) beruhen. Häufig erfolgt der Abschluss eines Auskunftsvertrags im Rahmen von Handelsgeschäften, bei Treuhandverhältnissen oder im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Auskunftspflichten (z. B. unter Gesellschaftern oder Aktionären).
Welche Pflichten ergeben sich für den Auskunftsverpflichteten aus einem Auskunftsvertrag?
Der Auskunftsverpflichtete ist durch den Vertrag zur wahrheitsgemäßen, vollständigen und rechtzeitigen Erteilung der vereinbarten Informationen verpflichtet. Diese Pflicht kann sich auf eine einmalige oder eine wiederkehrende Auskunft beziehen. Inhalt, Umfang, Form und Frist der Auskunft ergeben sich entweder aus dem Vertrag selbst oder – sofern nichts explizit geregelt wurde – aus dem Gesetz (§§ 242, 259 BGB). Der Auskunftsverpflichtete muss alle relevanten Tatsachen offenlegen, die zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs erforderlich sind, und auf Verlangen Unterlagen oder Belege vorlegen. Eine Verletzung dieser Pflichten kann zu Schadensersatzansprüchen oder zur gerichtlichen Durchsetzung des Auskunftsanspruchs führen.
Welche rechtlichen Ansprüche bestehen bei Nichterfüllung eines Auskunftsvertrages?
Kommt der Auskunftsverpflichtete seinen Pflichten aus dem Auskunftsvertrag nicht nach, hat der Auskunftsberechtigte verschiedene rechtliche Möglichkeiten. Zunächst kann er auf Erfüllung der Auskunftspflicht klagen, soweit dies gerichtlich durchsetzbar ist. Darüber hinaus kann, sofern dem Berechtigten durch die Nichterteilung der Auskunft oder durch eine verspätete beziehungsweise unvollständige Auskunft ein Schaden entsteht, ein Anspruch auf Schadensersatz entstehen (§ 280 BGB). Besteht ein besonderes Interesse an der rechtzeitigen Auskunft, kann der Auskunftsberechtigte zudem unter Umständen den Vertrag außerordentlich kündigen oder den Rücktritt erklären, abhängig von der Art des Auskunftsvertrags und der Vereinbarungen im konkreten Fall.
Inwieweit unterliegt die Auskunft aus einem Auskunftsvertrag datenschutzrechtlichen Regelungen?
Die Erteilung von Auskünften im Rahmen eines Auskunftsvertrages kann regelmäßig mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden sein. In solchen Fällen sind die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu beachten. Der Auskunftsverpflichtete muss sicherstellen, dass die Übermittlung von Daten an den Auskunftsberechtigten rechtmäßig erfolgt, insbesondere im Hinblick auf Zweckbindung und Datensicherheit. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften können zu aufsichtsbehördlichen Maßnahmen und zivilrechtlichen Ansprüchen der betroffenen Personen führen.
Wie ist das Verhältnis eines Auskunftsvertrags zu gesetzlichen Auskunftspflichten geregelt?
Ein vertraglicher Auskunftsanspruch besteht unabhängig von gesetzlichen Auskunftspflichten, sofern er nicht ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen ist. Gesetzliche Auskunftsansprüche finden sich beispielsweise im Gesellschaftsrecht (§ 716 BGB, § 51a GmbHG), im Arbeitsrecht oder im Familienrecht (§ 1605 BGB). Ein Auskunftsvertrag kann einen weitergehenden oder abweichenden Umfang der Auskunftspflicht festlegen oder als Ergänzung zu bestehenden gesetzlichen Pflichten dienen. Allerdings dürfen vertragliche Auskunftsregelungen nicht im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Bestimmungen stehen; ansonsten sind diese Regelungen nichtig oder an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen.
Kann für die Auskunftserteilung eine Vergütung oder Kostenerstattung verlangt werden?
Ob für die im Rahmen eines Auskunftsvertrags zu erteilende Auskunft eine Vergütung oder Kostenerstattung verlangt werden kann, richtet sich zunächst nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Sofern hierzu nichts geregelt ist, gilt grundsätzlich das unentgeltliche Auskunftsrecht, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich etwas anderes (§ 612 Abs. 1 BGB für Dienstverträge entsprechend anwendbar). Handelt es sich bei der Auskunftserteilung um eine Hauptleistung des Vertrages und ist diese mit einem erheblichen Aufwand verbunden, kann ein Vergütungsanspruch bestehen. Kosten für die Beschaffung und Übermittlung von Unterlagen oder Nachweisen sind regelmäßig erstattungsfähig, wenn diese für die Vertragserfüllung notwendig sind und deren Höhe angemessen ist.