Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Auskunfterteilung, Auskunftshaftung

Auskunfterteilung, Auskunftshaftung


Auskunfterteilung und Auskunftshaftung

Definition und Bedeutung

Die Auskunfterteilung bezeichnet die Erteilung von Auskünften, also wahrheitsgemäßen oder auf Wissen beruhenden Informationen, durch eine Person oder Institution an eine andere Partei. Im rechtlichen Kontext spielt die Erteilung von Auskünften insbesondere im Schuldrecht, im Gesellschaftsrecht sowie im Datenschutzrecht eine wesentliche Rolle. Die Auskunftshaftung hingegen umfasst die rechtlichen Konsequenzen, die entstehen, wenn durch die Erteilung einer falschen, unvollständigen oder irreführenden Auskunft ein Schaden verursacht wird.

Rechtsgrundlagen der Auskunfterteilung

Vertragliche und gesetzliche Auskunftspflichten

Die Verpflichtung zur Auskunfterteilung kann sich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen ergeben:

  • Vertragliche Auskunftspflicht: Parteien können sich vertraglich zur Erteilung bestimmter Auskünfte verpflichten. Dies geschieht häufig im Rahmen von Geschäftsbesorgungs-, Dienstleistungs- oder Maklerverträgen.
  • Gesetzliche Auskunftspflicht: Das Gesetz sieht in zahlreichen Bereichen explizite Auskunftspflichten vor. Beispielsweise verpflichtet § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) in Verbindung mit Nebenpflichten zur Auskunft, sofern es für die Durchsetzung oder Wahrung der Rechte des Berechtigten erforderlich ist.
  • Sondervorschriften: Spezifische Gesetze sehen für bestimmte Personengruppen oder Situationen Auskunftspflichten vor, z. B. § 384 HGB (Handelsgesetzbuch), § 666 BGB (Beauftragter muss dem Auftraggeber Auskunft erteilen), oder § 1605 BGB (gegenseitige Auskunftspflicht von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltspflichtigen).

Keine allgemeine Auskunftspflicht

Eine allgemeine und unbeschränkte Auskunftspflicht besteht im deutschen Recht nicht. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bedarf stets einer besonderen, gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage. Ohne diese Grundlage kann eine Partei nicht zur Erteilung von Auskünften gezwungen werden.

Umfang der Auskunft

Der Umfang der Auskunfterteilung richtet sich nach dem jeweiligen Rechtsverhältnis und der konkreten Verpflichtung. Die Auskunft muss vollständig, richtig und aktuell sein. Teil- oder Falschangaben können haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Die betroffene Partei muss die verlangten Informationen in zumutbarem Rahmen offenlegen, wobei unverhältnismäßige Belastungen vermieden werden sollen.

Grenzen der Auskunfterteilung

Es existieren rechtliche Schranken für die Erteilung von Auskünften, insbesondere durch Datenschutzrechte, Geschäftsgeheimnisse und Persönlichkeitsrechte. Die Interessen des Auskunftspflichtigen sind stets zu wahren und gegen das berechtigte Interesse des Auskunftsberechtigten abzuwägen.

Auskunftshaftung

Grundsatz der Auskunftshaftung

Die Auskunftshaftung regelt die Verantwortlichkeit einer Person oder Institution für Schäden, die aufgrund einer fehlerhaften, unvollständigen oder irreführenden Auskunft entstehen. Die Haftungsgrundlagen ergeben sich aus dem allgemeinen Zivilrecht, insbesondere aus den Vorschriften der §§ 280 ff. BGB (Vertragliche Haftung) und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen (Deliktische Haftung).

Haftungstatbestände

Eine Haftung kommt grundsätzlich in folgenden Konstellationen in Betracht:

  • Vertragliche Auskunftspflichtverletzung: Wird eine vertraglich vereinbarte Auskunft unrichtig, unvollständig oder verspätet erteilt, haftet der Auskunftspflichtige auf Schadensersatz nach den allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechts.
  • Vorvertragliche Haftung (culpa in contrahendo, § 311 Abs. 2 BGB): Bereits im Vorfeld eines Vertragsschlusses können im Rahmen von Vertragsverhandlungen relevante Auskünfte geschuldet sein. Fehlerhafte Angaben können Ersatzansprüche begründen.
  • Deliktische Haftung: Erteilt eine Partei im Rechtsverkehr eine Auskunft, ohne dazu verpflichtet zu sein, und vertraut der Empfänger berechtigterweise darauf, kann im Falle eines Schadens eine Haftung nach § 823 BGB begründet sein, etwa bei einer Täuschung (§ 826 BGB) oder der Verletzung eines Schutzgesetzes.
  • Organ- und Amtshaftung: Besonders für Organmitglieder von Gesellschaften, Notare, Wirtschaftsprüfer oder Beamte bestehen besondere Haftungsregeln bezüglich der Erteilung von Auskünften.

Verschulden und Schaden

Voraussetzung für die Auskunftshaftung ist in der Regel ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) sowie ein adäquat-kausaler Schaden infolge der falschen Auskunft. Eine Haftung kann ausgeschlossen sein, wenn der Auskunftserteilende nachweisen kann, die Auskunft nach bestem Wissen und Gewissen sowie auf Grundlage sorgfältiger Prüfung erteilt zu haben.

Rechtsfolgen der Auskunftshaftung

Schadensersatzanspruch

Wer durch eine schuldhafte und pflichtwidrige Auskunft einen Vermögensschaden erleidet, kann diesen nach Maßgabe des § 249 BGB ersetzt verlangen. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs richtet sich nach dem Differenzschaden, also der Differenz zwischen der Vermögenslage mit und ohne die fehlerhafte Auskunft.

Kausalitätsprüfung

Für einen erfolgreichen Schadensersatzanspruch ist es erforderlich, dass der Schaden ursächlich auf der fehlerhaften Auskunft beruht. Der Geschädigte muss darlegen und beweisen, dass er bei richtiger Auskunfterteilung eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Mögliche Haftungsbegrenzung und Ausschluss

Die Haftung kann durch vertragliche Regelungen begrenzt oder eingeschlossen sein, soweit dies rechtlich zulässig ist. Klassische Beispiele sind Haftungsfreizeichnungsklauseln oder vertraglich vereinbarte Haftungshöchstgrenzen. Im Rahmen zwingender gesetzlicher Vorschriften ist eine solche Beschränkung jedoch ausgeschlossen.

Besondere Auskunftstatbestände im deutschen Recht

Handels- und Gesellschaftsrecht

Im Handels- und Gesellschaftsrecht bestehen vielfältige spezielle Auskunftsrechte und -pflichten, etwa Auskunftsansprüche von Gesellschaftern gegenüber der Gesellschaft oder deren Organen (§ 51a GmbHG, § 716 BGB für die GbR). Die Verletzung dieser Rechte kann zur Haftung der Auskunftsverpflichteten führen.

Familien- und Unterhaltsrecht

Im Bereich des Unterhaltsrechts besteht eine weitreichende Auskunftspflicht zwischen Verpflichteten und Berechtigten (§ 1605 BGB). Auskünfte sind hier Grundlage für die Bemessung der Unterhaltshöhe. Falsche oder unterlassene Auskünfte können gravierende Folgen für die Beteiligten haben und Schadenersatzansprüche auslösen.

Datenschutzrecht

Nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haben betroffene Personen Anspruch auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten (Art. 15 DSGVO). Bei fehlerhafter oder verweigerter Auskunftserteilung können Schadensersatzforderungen auftreten.

Praxisrelevanz und Hinweise

Sorgfalt und Dokumentation

Die Erteilung von Auskünften sollte stets mit der gebotenen Sorgfalt erfolgen, insbesondere wenn rechtliche oder wirtschaftliche Entscheidungen darauf beruhen. Eine umfassende Dokumentation der Informationsgrundlagen dient dem Nachweis ordnungsgemäßen Handelns und kann haftungsrechtliche Risiken verringern.

Beweislast

Im Streitfall trägt in der Regel der Auskunftsberechtigte bzw. Geschädigte die Beweislast für falsche oder fahrlässige Auskunfterteilung, dem Schaden sowie der konkreten Kausalität. Allerdings können im Einzelfall Beweiserleichterungen oder Beweislastumkehr greifen.


Zusammenfassung:
Die Auskunfterteilung und die daran anknüpfende Auskunftshaftung sind zentrale Elemente des deutschen Zivilrechts. Sie regeln die Informationsverpflichtungen und die Verantwortlichkeit für Schäden infolge falscher Auskünfte. Umfang und Grenzen richten sich nach den jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen. Der Schutz der betroffenen Interessen und die sorgfältige Erfüllung von Auskunftspflichten sind entscheidend, um das Haftungsrisiko zu minimieren.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame Auskunfterteilung vorliegen?

Für eine rechtlich wirksame Auskunfterteilung ist zunächst erforderlich, dass ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht. Dieser kann sich aus Gesetz (z. B. §§ 242, 259, 666 BGB, § 34 BDSG, Art. 15 DSGVO), aus vertraglichen Vereinbarungen oder Treu und Glauben ergeben. Die auskunftspflichtige Person muss im Rahmen ihrer Möglichkeit in der Lage sein, die geforderte Auskunft zu erteilen. Ebenfalls muss die Auskunftserteilung vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen; eine Auskunft, die lückenhaft oder ersichtlich unrichtig ist, erfüllt die gesetzlichen Anforderungen nicht. Je nach Rechtsgrundlage können besondere Formvorschriften oder Fristen bestehen, wie etwa die Schriftform oder eine Auskunftserteilung innerhalb bestimmter Fristen. Der Umfang der Auskunft darf grundsätzlich nicht über das zur Rechtsdurchsetzung erforderliche Maß hinausgehen, um datenschutzrechtliche und persönliche Rechte Dritter nicht zu verletzen.

Wann und in welchem Umfang haftet der Auskunftspflichtige für fehlerhafte Auskünfte?

Der Auskunftspflichtige haftet, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig eine unzutreffende, unvollständige oder verspätete Auskunft erteilt und dadurch dem Auskunftsberechtigten ein Schaden entsteht. Die Haftung kann sich aus vertraglichen (c.i.c., §§ 280, 282, 286 BGB) oder deliktischen (§§ 823 ff. BGB) Vorschriften ergeben. Die Anforderungen an den Verschuldensnachweis richten sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles; jedoch genügt in der Regel eine simple Fahrlässigkeit für die Begründung der Haftung. Bei bewusst wahrheitswidriger Information besteht häufig sogar neben der zivilrechtlichen auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit, insbesondere bei arglistigem Verhalten (§ 263 StGB – Betrug). Die Schadensersatzpflicht bezieht sich sowohl auf den unmittelbaren Vermögensschaden als auch auf etwaige Folgeschäden, die durch die fehlerhafte Auskunft verursacht wurden. Insbesondere im unternehmerischen Bereich kann dies zu weitreichenden Haftungsfolgen führen.

Ist eine Haftungsbegrenzung oder ein Haftungsausschluss für die Auskunft möglich?

Eine vertragliche Haftungsbegrenzung oder ein Haftungsausschluss für Auskunfterteilungen ist grundsätzlich im Rahmen des dispositiven Rechts zulässig. Jedoch dürfen solche Regelungen nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, insbesondere § 276 Abs. 3 BGB (Haftung für Vorsatz), verstoßen. Soweit eine Haftungsfreizeichnung für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vereinbart wird, wäre diese nicht wirksam. Zudem sind im Verhältnis zu Verbrauchern und nach AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) enge Grenzen gesetzt; unzulässige Klauseln sind sodann unwirksam. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Haftung wirksam reduziert werden kann, etwa durch genaue Definition des Auskunftsumfangs oder durch ausdrückliche Klarstellung, worauf sich die Information stützt (z. B. „nach bestem Wissen und Gewissen“).

Welche Anforderungen gelten hinsichtlich der Sorgfaltspflichten bei der Auskunfterteilung?

Die Sorgfaltspflichten bei der Auskunfterteilung richten sich nach dem Verkehrs- und Interessenbedarf des Einzelfalls. Grundsätzlich ist vom Auskunftspflichtigen eine sorgfältige und gewissenhafte Ermittlung und Mitteilung der relevanten Informationen zu verlangen. Die Sorgfalt richtet sich nach der Bedeutung und Tragweite der Auskunft. So sind bei Auskünften mit weitreichenden wirtschaftlichen Konsequenzen, wie bspw. bei Auskünften über Bonität oder Vermögensverhältnisse, besonders hohe Maßstäbe anzusetzen. Entsprechende Prüfungen und Nachforschungen müssen vom Auskunftspflichtigen nachgewiesen werden; Unterlassungen oder oberflächliche Angaben begründen regelmäßig eine Haftung. In Zweifelsfällen ist anzuraten, konkrete Nachweise über die Richtigkeit und Vollständigkeit beizufügen.

Wie kann der Auskunftsberechtigte Schadensersatz bei fehlerhafter Auskunft geltend machen?

Kommt der Auskunftsverpflichtete seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nach und entsteht daraus ein Schaden, kann der Auskunftsberechtigte Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen. Dazu muss er darlegen und beweisen, dass die Auskunft objektiv falsch oder unvollständig war, ein Schaden entstanden ist und ein Kausalzusammenhang zwischen der fehlerhaften Auskunft und dem eingetretenen Schaden besteht (sog. Kausalitätsnachweis). Die Geltendmachung erfolgt in der Regel außergerichtlich durch schriftliche Aufforderung, im Streitfall kann Klage vor dem zuständigen Zivilgericht erhoben werden. In manchen Fällen greift zu Gunsten des Auskunftsberechtigten eine Beweislastumkehr oder -erleichterung, etwa wenn die Auskunftspflicht nicht erfüllt wurde und die Informationen ausschließlich in der Sphäre des Auskunftserteilenden liegen.

Gilt die Auskunftshaftung auch gegenüber Dritten, die nicht unmittelbare Vertragspartner sind?

Eine Haftung für fehlerhafte Auskunft kann auch gegenüber Dritten bestehen, wenn sogenannte Schutzwirkungen zugunsten Dritter vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Auskunft ersichtlich im Interesse und mit Bezug auf eine dritte Person erteilt wird und diese schutzwürdig ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Auskunftserteilende den Dritten bestimmungsgemäß in den Schutzbereich der Auskunft einbezieht. In Fällen der Nebenpflichtverletzungen aus Vertrags-, vorvertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen können somit auch Dritte als Anspruchsberechtigte in Betracht kommen, sofern die weiteren Voraussetzungen (Schaden, Verschulden, Kausalität) erfüllt sind.

Welche Auswirkungen hat eine verspätete Auskunftserteilung auf die Haftung?

Eine verspätete Auskunftserteilung kann zu einer Haftung führen, wenn dem Auskunftsberechtigten durch die Verzögerung ein Vermögensnachteil oder anderweitiger Schaden entsteht. Besonders relevant ist dies bei Fristgebundenheit, etwa im Zusammenhang mit Klagefristen, Geschäftsmöglichkeiten oder Ausschlussfristen. Die Haftung knüpft an dieselben Voraussetzungen wie bei einer inhaltlich unrichtigen Auskunft an: Es muss ein schuldhaftes Verhalten (mindestens Fahrlässigkeit) vorliegen und die verspätete Auskunftserteilung muss kausal für den eingetretenen Schaden sein. In manchen Fällen kann durch die Verspätung ein Anspruch auf Schadensersatz neben der reinen Auskunftspflicht entstehen.