Begriff und Bedeutung des ausgeschlossenen Richters
Ein ausgeschlossener Richter ist eine Person in richterlicher Funktion, die an einem bestimmten Verfahren nicht mitwirken darf, weil objektive, gesetzlich bestimmte Gründe einer unparteiischen Entscheidungsfindung entgegenstehen. Der Ausschluss greift unabhängig davon, ob tatsächlich Befangenheit vorliegt oder behauptet wird. Er dient dem Schutz des fairen Verfahrens und der richtigen Besetzung des Gerichts.
Abgrenzung: Ausschluss und Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit
Objektive Ausschlussgründe
Beim Ausschluss handelt es sich um objektive Unvereinbarkeiten zwischen der Person des Richters und der konkreten Sache. Diese liegen etwa vor, wenn der Richter in derselben Sache bereits in einer anderen Funktion tätig war oder in anderer Weise persönlich betroffen ist. Der Ausschluss wird vom Gericht von Amts wegen beachtet.
Subjektive Befangenheitsbesorgnis
Demgegenüber betrifft die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit den Eindruck mangelnder Unvoreingenommenheit in der konkreten Verfahrenssituation. Sie setzt in der Regel einen Antrag eines Beteiligten voraus und erfordert eine Einzelfallprüfung. Ausschluss und Befangenheit schließen einander nicht aus, folgen aber unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben.
Typische Gründe für den Ausschluss
Vorbefassung in derselben Sache
Ein Richter ist ausgeschlossen, wenn er in derselben Sache zuvor in anderer amtlicher Funktion tätig war, etwa in einer vorbereitenden oder vorentscheidenden Rolle. Die Gefahr besteht, dass frühere Bewertungen die spätere Entscheidung beeinflussen.
Eigene Beteiligung am Verfahren
Wer selbst Beteiligter, Vertreter, Beistand oder Bevollmächtigter in der Sache war oder ist, darf nicht als Richter hierüber entscheiden. Gleiches gilt, wenn die Person in eigener Sache betroffen wäre.
Familien- und Näheverhältnisse
Nahe persönliche Beziehungen zu Beteiligten oder deren Vertretung können zum Ausschluss führen. Hierzu zählen insbesondere enge familiäre Bindungen. Der Ausschluss schützt das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Gerichts.
Wirtschaftliche oder sonstige Eigeninteressen
Ein Richter ist ausgeschlossen, wenn er ein unmittelbares wirtschaftliches oder vergleichbares persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Gefahr einer Selbstbegünstigung soll ausgeschlossen werden.
Rolle als Zeuge oder Auskunftsperson
Wer als Richter zugleich Wissensträger über entscheidungserhebliche Tatsachen ist und hierfür als Zeuge oder Auskunftsperson in Betracht kommt, darf nicht in der richterlichen Funktion über dieselbe Sache entscheiden.
Verfahren und Zuständigkeiten
Prüfung von Amts wegen
Das Gericht hat die richtige Besetzung eigenständig zu prüfen. Liegen Ausschlussgründe vor, darf der betroffene Richter nicht mitwirken. Eine Antragstellung ist hierfür nicht erforderlich.
Hinweis- und Mitwirkungsverbote
Der betroffene Richter hat Gründe, die einen Ausschluss nahelegen, offen zu legen. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis eines möglichen Ausschlussgrundes besteht ein Mitwirkungsverbot in der Sache, bis über die Besetzung abschließend entschieden ist.
Entscheidung über den Ausschluss
Über den Ausschluss entscheidet nicht der betroffene Richter selbst. Die Entscheidung trifft das dafür zuständige Gericht in der für Besetzungsfragen vorgesehenen Zusammensetzung. So wird eine unabhängige Bewertung der Besetzungsfrage gewährleistet.
Dokumentation im Verfahren
Entscheidungen über den Ausschluss und die Gerichtsbesetzung werden im Verfahren dokumentiert. Dadurch ist nachvollziehbar, dass die gesetzlichen Anforderungen an die Besetzung beachtet worden sind.
Rechtsfolgen der Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters
Fehlerhafte Gerichtsbesetzung
Wirkt ein ausgeschlossener Richter an einer Entscheidung mit, liegt ein schwerwiegender Besetzungsfehler vor. Der Grundsatz des gesetzlichen Richters ist betroffen.
Auswirkungen auf Entscheidungen und Rechtsmittel
Eine Entscheidung, an der ein ausgeschlossener Richter mitgewirkt hat, ist in der Regel angreifbar. Je nach Verfahrensart kann dies zur Aufhebung und Zurückverweisung führen. Teilweise kann sich der Fehler auf das gesamte Verfahren auswirken.
Heilbarkeit und Grenzen
Die Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters ist regelmäßig nicht heilbar. Allerdings können Einwände gegen die Besetzung an bestimmte Zeitpunkte und Rügepflichten geknüpft sein. In einzelnen Konstellationen bleibt die Entscheidung trotz Fehlers bestehen, etwa wenn der Fehler sich nicht ausgewirkt hat und das Verfahrensrecht dies zulässt.
Geltung in verschiedenen Verfahrensarten
Zivilverfahren
Im Zivilverfahren steht die neutrale Entscheidungsfindung zwischen privaten Parteien im Vordergrund. Ausschlussgründe knüpfen vor allem an Vorbefassung, Näheverhältnisse und Interessenlagen an.
Strafverfahren
Im Strafverfahren sind Ausschlussgründe besonders strikt, wenn ein Richter zuvor in Ermittlungen eingebunden war oder in anderer verfahrensleitender Funktion tätig wurde. Ziel ist eine unvoreingenommene Beurteilung von Schuld und Strafe.
Verwaltungs- und Sozialverfahren
Auch in Verfahren mit Beteiligung von Behörden gilt der Grundsatz der Unvoreingenommenheit. Vorbefassung in derselben Sache, insbesondere bei früherer Mitwirkung an einer behördlichen Entscheidung, kann den Ausschluss auslösen.
Ehrenamtliche Richter und Schöffen
Die Regeln zum Ausschluss gelten entsprechend für ehrenamtliche Richter, Schöffen und Beisitzer. Näheverhältnisse, persönliche Betroffenheit oder Vorbefassung führen auch hier zur Unzulässigkeit der Mitwirkung.
Praxisnahe Beispiele
Vorbefassung als Ermittler
Ein Richter, der vor seiner richterlichen Tätigkeit in derselben Sache maßgeblich an Ermittlungen beteiligt war, darf später nicht über die Sache richten. Die frühere Rolle würde seine Unparteilichkeit in Frage stellen.
Ehe mit einer Verfahrensvertreterin
Ist der Richter mit der Prozessvertreterin einer Partei verheiratet, besteht ein Ausschluss, weil eine enge persönliche Verbindung zum Verfahrensgeschehen vorliegt.
Richter als Zeuge über Kerntatsachen
Hat ein Richter eigene Wahrnehmungen zum Streitgegenstand gemacht, die für die Entscheidung bedeutsam sind, darf er nicht zugleich als Richter und potenzieller Zeuge auftreten.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet „ausgeschlossener Richter“?
Damit ist eine Person in richterlicher Funktion gemeint, die an einem konkreten Verfahren nicht teilnehmen darf, weil festgelegte objektive Gründe einer Mitwirkung entgegenstehen. Diese Gründe sind unabhängig von der persönlichen Haltung des Richters.
Worin liegt der Unterschied zur Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit?
Der Ausschluss beruht auf objektiven, fest umrissenen Tatbeständen und wird von Amts wegen beachtet. Die Befangenheitsablehnung stützt sich auf konkrete Umstände, die Befürchtungen einer Parteilichkeit begründen können, und erfolgt regelmäßig auf Antrag eines Beteiligten.
Wer entscheidet über den Ausschluss?
Nicht der betroffene Richter selbst, sondern das hierfür zuständige Gericht in ordnungsgemäßer Besetzung trifft die Entscheidung über das Vorliegen eines Ausschlussgrundes.
Welche Folgen hat die Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters?
Die Entscheidung ist wegen fehlerhafter Besetzung angreifbar. Dies kann zur Aufhebung der Entscheidung führen und eine erneute Verhandlung in korrekter Besetzung erforderlich machen.
Gilt der Ausschluss auch für ehrenamtliche Richter?
Ja. Ehrenamtliche Richter, Schöffen und Beisitzer unterliegen denselben Grundsätzen. Vorbefassung, Näheverhältnisse oder Eigeninteressen schließen auch sie von der Mitwirkung aus.
Kann auf den Ausschluss verzichtet werden?
Ein Ausschluss dient der Sicherung der richtigen Gerichtsbesetzung und ist grundsätzlich nicht disponibel. Ein bloßes Einverständnis der Beteiligten hebt den Ausschluss nicht auf.
Muss der Ausschluss beantragt werden?
Nein. Er wird von Amts wegen beachtet. Gleichwohl können Beteiligte auf Umstände hinweisen, die einen Ausschluss begründen könnten, damit das Gericht die Besetzung prüft.
Spielt der Zeitpunkt der Kenntnis eine Rolle?
Ja. Wird ein möglicher Ausschlussgrund bekannt, darf der betroffene Richter bis zur Klärung nicht mitwirken. Im Rechtsmittelverfahren kann der zeitliche Ablauf für die Beurteilung des Besetzungsfehlers von Bedeutung sein.