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Ausgeschlossener Richter


Definition und rechtliche Einordnung des Ausgeschlossenen Richters

Der Begriff ausgeschlossener Richter bezeichnet im deutschen Recht einen Richter, der aufgrund gesetzlicher Regelungen von der Ausübung des Richteramts in einem bestimmten Verfahren zwingend ausgeschlossen ist. Ein ausgeschlossener Richter ist von Amts wegen, das heißt unabhängig von einem Ablehnungsantrag der Parteien, von der Mitwirkung in dem betreffenden Verfahren abzusehen. Dies dient der Sicherung der Unparteilichkeit und der objektiven Wahrnehmung der richterlichen Aufgaben.

Der Ausschluss betrifft sowohl Richterinnen als auch Richter und bezieht sich ausschließlich auf das konkrete Verfahren, für das die Ausschlussgründe greifen. Die Vorschriften zum ausgeschlossenen Richter sind Ausdruck des rechtsstaatlichen Prinzips, dass niemand in eigener Sache richten oder befangen sein darf („nemo iudex in causa sua“).

Gesetzliche Regelungen

Ausschlussgründe nach Zivilprozessordnung (ZPO)

Gemäß § 41 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn bestimmte gesetzlich geregelte Gründe vorliegen. Dazu zählen etwa:

  • Eigene Beteiligung am Prozess: Wenn der Richter selbst Partei ist oder zu den Parteien in einem bestimmten Verhältnis steht, wie z. B. als gesetzlicher Vertreter.
  • Verwandtschaft: Bei Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit einer Partei.
  • Vorbefassung: Wenn der Richter in einem früheren Rechtszug in derselben Streitsache bereits mitgewirkt hat.
  • Sonstige Interessenverflechtungen: Wenn Tatsachen vorliegen, die seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit objektiv beeinträchtigen.

Diese Regelungen dienen der Sicherstellung, dass ein Richter unparteiisch und neutral über den Rechtsstreit entscheidet.

Weitere einschlägige Verfahrensordnungen

Auch in anderen Verfahrensordnungen sind Regelungen zum ausgeschlossenen Richter enthalten, u. a.:

  • Strafprozessordnung (StPO) (§ 22 ff. StPO)
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (§ 54 VwGO)
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG) (§ 60 SGG)
  • Finanzgerichtsordnung (FGO) (§ 51 FGO)
  • Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) (§ 48 ArbGG)

Die jeweiligen Vorschriften entsprechen inhaltlich weitgehend den Regelungen der ZPO und betonen ebenfalls die Bedeutung der richterlichen Unabhängigkeit.

Abgrenzung zu anderen Instrumenten

Der ausgeschlossene Richter ist vom abgelehnten Richter (Befangenheit) zu unterscheiden. Während der Ausschluss eines Richters automatisch und zwingend erfolgt, bedarf das Ablehnungsverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit eines entsprechenden Antrages durch eine Prozesspartei (§ 42 ZPO). Gleichzeitig ist auch keine Zustimmung der Parteien zum Tätigwerden eines ausgeschlossenen Richters möglich; der Ausschluss kann nicht „geheilt“ werden.

Rechtsfolge bei Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters

Verfahrensrechtliche Konsequenzen

Nimmt ein ausgeschlossener Richter dennoch an einer Entscheidung teil, so führt dies gemäß § 547 Nr. 1 ZPO zu einem absoluten Revisions- beziehungsweise Berufungsgrund. Die entsprechende Entscheidung ist in einem solchen Fall grundsätzlich nichtig beziehungsweise aufzuheben, da das Verfahren nicht ordnungsgemäß besetzt war. Das Mitwirken eines ausgeschlossenen Richters verletzt das grundgesetzlich verankerte Gebot des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

Heilung und Nachholung der Entscheidung

Da der Ausschluss dem Schutz der Objektivität der Rechtsprechung dient, ist eine Heilung nicht möglich. Eventuelle Verfahrensfehler können auch nicht durch spätere Zustimmung der Parteien geheilt werden.

Prüfungs- und Feststellungsverfahren

Das Gericht hat den Ausschlussgrund von Amts wegen zu prüfen. Ein Antrag der Parteien ist hierfür nicht erforderlich. Stelltdas Gericht fest, dass ein Richter ausgeschlossen ist, hat dieser unverzüglich aus dem Verfahren auszuscheiden. Eine Überprüfung des Ausschlussgrundes kann auch im Rahmen einer Verfahrensrüge oder im Rechtsmittelverfahren erfolgen.

Bedeutung im Kontext der Rechtsprechung

Die Vorschriften zum ausgeschlossenen Richter nehmen eine zentrale Stellung im deutschen Rechtssystem ein. Sie stellen sicher, dass das verfassungsrechtliche Prinzip der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung gewahrt bleibt. Mehrere höchstrichterliche Entscheidungen – insbesondere des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs – unterstreichen die hohe Bedeutung dieser Regelungen sowohl für die Verfahrensbeteiligten als auch für die Öffentlichkeit.

Zusammenfassung

Der Begriff „ausgeschlossener Richter“ beschreibt eine zentrale rechtsstaatliche Sicherung innerhalb des deutschen Gerichtsverfahrens. Ein gerichtlicher Entscheid ist zwingend aufzuheben, wenn ein Richter mitgewirkt hat, der nach den gesetzlichen Vorschriften ausgeschlossen war. Die gesetzlichen Grundlagen sowie die Rechtsprechung stellen klar, dass die Sicherung der Unparteilichkeit und der objektiven Wahrnehmung des Richteramts oberste Priorität hat und nicht zur Disposition der Beteiligten steht.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann die Ausschließung eines Richters beantragen?

Die Ausschließung eines Richters kann grundsätzlich von den Parteien eines Verfahrens beantragt werden. Dies gilt sowohl im Zivil- als auch im Strafprozessrecht (§ 42 ZPO, § 24 StPO). In manchen Konstellationen ist ein Richterausschluss sogar von Amts wegen möglich beziehungsweise erforderlich, wenn der Aus­schlusstatbestand offensichtlich vorliegt. Die betroffene Partei muss glaubhaft machen, dass ein Grund für die Ausschließung nach den gesetzlichen Vorgaben besteht. Ein solcher Antrag ist in der Regel unverzüglich nach Bekanntwerden des Ausschließungsgrundes zu stellen und bedarf einer schriftlichen Begründung, die auf konkrete Tatsachen gestützt sein muss. Der Antrag dient dem Schutz des Grundsatzes eines fairen und unparteiischen Verfahrens.

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es zum Ausgeschlossenen Richter?

Die gesetzlichen Regelungen zur Ausschließung bzw. Ablehnung eines Richters finden sich im Wesentlichen in den Prozessordnungen. Im Zivilverfahren sind die §§ 41 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) maßgeblich, im Strafverfahren die §§ 22 ff. der Strafprozessordnung (StPO). Die Vorschriften regeln sowohl die zwingenden Ausschließungsgründe (z.B. Verwandtschaft, frühere Beteiligung am Verfahren) als auch die sogenannten Ablehnungsgründe wegen Besorgnis der Befangenheit. Die Regelungen sind zwingend; ein von Gesetzes wegen ausgeschlossener Richter ist kraft Gesetzes von der Mitwirkung am Verfahren ausgeschlossen, während bei der Besorgnis der Befangenheit ein förmliches Ablehnungsverfahren notwendig ist.

Was passiert, wenn ein ausgeschlossener Richter dennoch an einem Verfahren mitwirkt?

Nimmt ein ausgeschlossener Richter gleichwohl an einem gerichtlichen Verfahren teil und trifft eine Entscheidung, liegt ein absoluter Revisionsgrund vor (§ 547 Nr. 1 ZPO, § 338 Nr. 2 StPO). Die Entscheidung ist dann von Anfang an unwirksam und kann mit den entsprechenden Rechtsmitteln angefochten werden. Das Verfahren muss in diesem Fall in der Instanz, in der der Fehler erfolgt ist, vor einem ordnungsgemäß besetzten Gericht wiederholt werden. Ein solch gravierender Verstoß gegen die Verfahrensordnung kann zur Aufhebung des Urteils führen, ohne dass überprüft werden muss, ob sich der Fehler auf die Entscheidung ausgewirkt hat.

Welche Rechte und Pflichten hat der ausgeschlossene Richter?

Ein ausgeschlossener Richter ist nach den gesetzlichen Vorgaben verpflichtet, jegliche Tätigkeit an dem betroffenen Verfahren zu unterlassen. Sobald der Grund für den Ausschluss vorliegt, darf der Richter insbesondere nicht an mündlichen Verhandlungen, Beweisaufnahmen oder Entscheidungen mitwirken. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann dies dienstrechtliche Konsequenzen für ihn bedeuten und das Vertrauen in die Unparteilichkeit der Justiz erheblich beschädigen. Es ist Aufgabe sowohl des Richters selbst als auch des Gerichts, auf die Einhaltung der Ausschlussvorschriften strikt zu achten.

Wie unterscheidet sich der Ausschluss wegen gesetzlicher Gründe von der Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit?

Der Ausschluss erfolgt bei Vorliegen gesetzlich ausdrücklich geregelter Gründe (z.B. verwandschaftliche Beziehung zu einer Partei, frühere Tätigkeit in derselben Sache), und der Richter ist in diesen Fällen „von Gesetzes wegen“ ausgeschlossen. Die Frage der Befangenheit hingegen betrifft die subjektive Besorgnis, der Richter könnte aus bestimmten Gründen voreingenommen sein. Während der gesetzliche Ausschluss zwingend wirkt, muss bei der Besorgnis der Befangenheit auf Antrag ein Ablehnungsverfahren durchgeführt werden, in dem das zuständige Gericht über die Ablehnung entscheidet (§ 44 ZPO, § 26 StPO). Die Anforderungen und das Prüfprogramm der Gerichte unterscheiden sich daher erheblich.

Welche Folgen hat ein erfolgreicher Antrag auf Richterausschluss für das laufende Verfahren?

Wird einem Antrag auf Richterausschluss stattgegeben, so scheidet der betreffende Richter mit sofortiger Wirkung aus der Mitwirkung am Verfahren aus. Das Verfahren wird sodann, sofern möglich, unter Mitwirkung eines anderen, gesetzlich zuständigen Richters oder einer Ersatzperson fortgesetzt. Bereits vorgenommene Prozesshandlungen des ausgeschlossenen Richters, die nach dessen Ausschluss erfolgen, sind nichtig. Im Falle von Entscheidungen, die allein oder unter maßgeblicher Beteiligung des Ausgeschlossenen ergangen sind, ist das Verfahren regelmäßig zu wiederholen, um den Anspruch der Parteien auf ein gesetzmäßiges Verfahren zu wahren.

Welche Fristen gelten bei der Geltendmachung der Ausschließungsgründe?

Ausschließungsgründe müssen, sobald sie einer Partei bekannt werden, unverzüglich gerichtlich geltend gemacht werden (§ 43 ZPO, § 25 StPO). Ein Zuwarten oder eine verspätete Anbringung kann zur Präklusion führen, das heißt, der Antrag wird als verspätet zurückgewiesen. Die Unverzüglichkeit dient der Verfahrensbeschleunigung und soll verhindern, dass Parteien taktisch mit Ablehnungsanträgen „spielen“. Bei einem zwingenden Ausschlussgrund nach § 41 ZPO oder § 22 StPO ist jedoch das Gericht selbst verpflichtet, den Ausschluss zu beachten, ungeachtet eines etwaigen Versäumnisses der Parteien.