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Ausfuhrbürgschaft


Begriff und rechtliche Einordnung der Ausfuhrbürgschaft

Die Ausfuhrbürgschaft ist ein zentrales Instrument im internationalen Handel und im Exportfinanzierungswesen. Sie stellt eine besondere Form der Bürgschaft dar, bei der ein Bürge, regelmäßig eine Bank oder ein spezialisiertes Kreditinstitut, zugunsten eines Exporteurs oder des Käufers einer Ausfuhrware einsteht. Ziel ist es, das Ausfuhrgeschäft gegen wirtschaftliche oder politische Risiken abzusichern. Die rechtliche Ausgestaltung der Ausfuhrbürgschaft orientiert sich am allgemeinen Bürgschaftsrecht der §§ 765 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und wird durch spezielle öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere im Zusammenhang mit Exportkreditgarantien und staatlichen Förderinstrumenten, ergänzt.

Rechtsgrundlagen der Ausfuhrbürgschaft

Zivilrechtliche Grundlagen

Die Ausfuhrbürgschaft unterliegt primär den Vorschriften über die Bürgschaft gemäß § 765 BGB. Nach dieser gesetzlichen Regelung verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaft ist regelmäßig schriftlich zu erklären (§ 766 BGB) und typischerweise akzessorisch, das heißt eng mit der gesicherten Hauptverbindlichkeit (in diesem Fall dem Ausfuhrgeschäft) verbunden.

Öffentliche und internationale Regelungen

Im Kontext von Exportgeschäften kommen zusätzlich besondere Regelwerke zur Anwendung. Dazu zählen insbesondere die Richtlinien für Hermesdeckungen (Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland), die durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Zusammenarbeit mit Mandataren, vor allem dem Kreditversicherer Euler Hermes, ausgegeben werden. Diese Regelwerke definieren Voraussetzungen, Umfang und Verfahren zur Beantragung und Besicherung von Ausfuhrbürgschaften.

Neben den nationalen Regelungen existieren internationale Rahmenwerke, etwa die Richtlinien der OECD für Exportkreditgarantien, die die Bedingungen für die Gewährung von Bürgschaften im Auslandsgeschäft beeinflussen.

Funktion und Zweck der Ausfuhrbürgschaft

Die Ausfuhrbürgschaft dient der Absicherung von Ausfuhrgeschäften gegen Ausfallrisiken. Solche Risiken können wirtschaftlicher Natur sein (Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des ausländischen Käufers) oder politischer Art (z.B. Transferrisiko, Krieg, Enteignung, Zahlungsverbote). Durch die Übernahme einer Ausfuhrbürgschaft erhält der Anspruchsberechtigte, meist der Exporteur, die Gewissheit, im Schadensfall durch den Bürgen entschädigt zu werden.

Vertragsparteien und Vertragsgestaltung

Beteiligte Parteien

Bei einer Ausfuhrbürgschaft sind in der Regel folgende Parteien beteiligt:

  • Bürge: Meist eine Bank, Versicherung oder ein darauf spezialisiertes Institut.
  • Gläubiger: Exporteuer oder der Finanzierer des Exporteuers.
  • Hauptschuldner: Käufer der Ausfuhrware im Ausland oder der Kreditnehmer bei Exportfinanzierungen.

Vertragsinhalte

Der Bürgschaftsvertrag enthält die spezifische Sicherungsabrede hinsichtlich der zugrundeliegenden Forderung, den Umfang der Haftung, Bedingungen für die Inanspruchnahme des Bürgen, eventuelle Befristungen sowie Regelungen zur Freigabe und Rückgabe der Bürgschaft. Teilweise werden auch Sicherheiten zu Gunsten des Bürgen vereinbart.

Ausgestaltung und Arten der Ausfuhrbürgschaft

Selbstschuldnerische Ausfuhrbürgschaft

Die häufig verbreitete Form ist die selbstschuldnerische Bürgschaft gemäß § 773 BGB, bei der der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet. Der Gläubiger darf den Bürgen somit unmittelbar und ohne vorherige Inanspruchnahme des Hauptschuldners belangen.

Ausfallbürgschaft

Alternativ existiert die Ausfallbürgschaft, bei der der Bürge erst in Anspruch genommen werden kann, wenn beim Hauptschuldner erfolglos vollstreckt wurde.

Unbefristete und befristete Ausfuhrbürgschaft

Je nach Ausgestaltung kann die Ausfuhrbürgschaft zeitlich befristet oder unbefristet vereinbart werden. In der Praxis werden häufig Befristungen gewählt, die auf die Laufzeit des Exportgeschäfts abgestimmt sind.

Haftung und Umfang der Ausfuhrbürgschaft

Die Haftung des Bürgen umfasst regelmäßig die Hauptforderung sowie Nebenforderungen wie Zinsen, Kosten und Vertragsstrafen, soweit der Umfang im Bürgschaftsvertrag entsprechend vereinbart wird. Die Haftung kann auf einen Höchstbetrag beschränkt werden.

Inanspruchnahme der Ausfuhrbürgschaft

Die Auslösung des Bürgschaftsfalls setzt ein vertragswidriges Verhalten des Hauptschuldners voraus, insbesondere den Ausfall der gesicherten Forderung aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen. Die Geltendmachung bedarf in der Regel der Vorlage entsprechender Nachweise und Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich bestimmten Formerfordernisse.

Beendigung der Ausfuhrbürgschaft

Eine Ausfuhrbürgschaft endet grundsätzlich mit der vollständigen Erfüllung der gesicherten Hauptforderung oder mit Ablauf der vereinbarten Befristung. Sie kann ebenfalls durch Rückgabe der Bürgschaftsurkunde oder durch ausdrückliche Freigabeerklärung des Gläubigers beendet werden.

Staatliche Ausfuhrbürgschaften und Exportförderung

Im Rahmen der Exportförderung übernimmt der Staat oftmals Bürgschaften für Ausfuhrgeschäfte als Exportkredit- oder Investitionsgarantie. In Deutschland werden diese von sogenannten Mandataren im Auftrag des Bundes abgewickelt. Die staatlichen Ausfuhrbürgschaften kommen insbesondere bei Großprojekten oder bei politisch und wirtschaftlich unsicheren Auslandsmärkten zum Einsatz und ergänzen private Absicherungsangebote.

Steuer- und Kostenaspekte

Für Ausfuhrbürgschaften fallen regelmäßig Gebühren oder Prämien an, die vertraglich festgelegt werden. Die steuerliche Behandlung richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen der Betriebsausgaben bzw. Einkünftequalifikation. Die Kosten sind vom Exporteur zu tragen, sofern nicht vertraglich eine Umlage vereinbart wird.

Abgrenzung zu anderen Sicherheiten im Außenhandel

Die Ausfuhrbürgschaft ist abzugrenzen von anderen Finanzierungssicherheiten wie Avalkredit, Bankgarantie, Patronatserklärung oder Akkreditiv. Während das Akkreditiv primär Zahlungsabwicklung sichert, dient die Ausfuhrbürgschaft explizit der Sicherstellung der Verbindlichkeitserfüllung aus Liefer- und Kreditverträgen im Auslandsgeschäft.

Zusammenfassung

Die Ausfuhrbürgschaft ist ein rechtlich anspruchsvolles Sicherungsinstrument, das essenziell zur Risikominimierung im internationalen Geschäft beiträgt. Sie basiert auf den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wird jedoch durch öffentlich-rechtliche und internationale Regelwerke maßgeblich geprägt. Ihre korrekte Gestaltung und Handhabung setzt eine differenzierte Beachtung der zivilrechtlichen, öffentlich-rechtlichen und vertraglichen Anforderungen voraus. Im Zuge der weltweiten Handelsverflechtungen hat das Instrument weiter an Bedeutung gewonnen und bleibt ein zentrales Element der Exportabsicherung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Beantragung einer Ausfuhrbürgschaft erfüllt sein?

Für die Beantragung einer Ausfuhrbürgschaft ist in erster Linie die Geschäftsfähigkeit des Antragstellers nachzuweisen, da Rechtsgeschäfte im Bürgschaftsrecht nur von voll geschäftsfähigen Personen abgeschlossen werden können (§ 104 ff. BGB). Darüber hinaus muss regelmäßig ein konkretes, rechtsverbindliches Exportgeschäft vorliegen, das durch entsprechende Unterlagen – zum Beispiel Exportverträge oder Auftragsbestätigungen – nachgewiesen werden muss. Der Antragsteller muss ferner darlegen, dass das betreffende Auslandsgeschäft deutschem Recht oder einer anderen für die Bürgschaft akzeptierten Jurisdiktion unterliegt und keine rechtlichen Hindernisse bezüglich Embargos oder Sanktionslisten bestehen. Gegebenenfalls ist die Einhaltung außenwirtschaftsrechtlicher Bestimmungen wie etwa nach § 4 und § 5 AWG (Außenwirtschaftsgesetz) zu belegen. Schließlich ist der Antragsteller verpflichtet, sämtliche zur Beurteilung der rechtlichen Situation und der Bonität relevanten Informationen offen zu legen, da eine verschuldensunabhängige Informationsobliegenheit gegenüber dem Bürgen besteht.

In welchem Umfang haften Bürge und Schuldner jeweils aus der Ausfuhrbürgschaft rechtlich?

Im Rahmen der Ausfuhrbürgschaft gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsgrundsätze des deutschen BGB, insbesondere §§ 765 ff. BGB. Der Bürge haftet grundsätzlich subsidiär, das heißt, erst im Falle der Nichterfüllung durch den Hauptschuldner kann der Begünstigte (Exporteur, Bank, Staat) die Bürgschaft in Anspruch nehmen (sog. Einrede der Vorausklage, sofern vertraglich nicht ausgeschlossen). Die Haftung des Bürgen ist in der Regel auf den in der Bürgschaftserklärung genannten Betrag beschränkt. Der Bürge darf die Bürgschaft nach § 767 BGB auf alle Einreden stützen, die dem Hauptschuldner gegen den Gläubiger zustehen, es sei denn, diese Einreden sind ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen. Der Hauptschuldner bleibt neben dem Bürgen originär verpflichtet. Des Weiteren können im Rahmen internationaler Geschäfte davon abweichende Vereinbarungen getroffen werden, etwa im Rahmen von „first demand“-Garantien, die eine Haftung des Bürgen auf erstes Anfordern und unabhängig vom Bestehen der Hauptschuld vorsehen.

Welche Formen und Inhalte sind bei der Ausfuhrbürgschaft rechtlich bindend?

Die Ausfuhrbürgschaft unterliegt gemäß § 766 BGB dem gesetzlichen Schriftformerfordernis, das heißt, die Erklärung des Bürgen muss schriftlich abgegeben werden. Eine elektronische oder mündliche Bürgschaftserklärung ist in der Regel unwirksam, es sei denn, Handelsbräuche oder internationale Gepflogenheiten erlauben im Einzelfall eine abweichende Form – beispielsweise bei bestimmten bankmäßigen Garantien (vgl. Art. 2 URDG 758). Inhaltlich muss die Bürgschaftserklärung klar den Bürgschaftsbetrag, den Bürgen, den Gläubiger, die Hauptforderung und im internationalen Kontext möglicherweise auch Angaben zum zu Grunde liegenden Kaufvertrag oder zur Lieferbedingung enthalten. Ferner sollte die Laufzeit sowie etwaige Bedingungen für die Inanspruchnahme (z. B. Vorlage bestimmter Dokumente, Fristen) eindeutig geregelt sein. Unklare oder unvollständige Bürgschaftserklärungen können im Streitfall zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Bürgschaftsvertrags führen.

Welche rechtlichen Folgen ergeben sich bei Verstößen gegen Übernahme- oder Mitteilungspflichten im Rahmen einer Ausfuhrbürgschaft?

Verletzt der Bürge oder der Hauptschuldner im Zusammenhang mit der Ausfuhrbürgschaft rechtliche Übernahme- oder Mitteilungspflichten – beispielsweise das Verschweigen wesentlicher Bonitätsverschlechterungen oder das Unterlassen der Meldung von Vertragsänderungen im Exportgeschäft – können hieraus vielfältige Rechtsfolgen erwachsen. Nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 280, 241, 311 BGB) kann ein solcher Verstoß zu Schadensersatzansprüchen führen. Bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen kann der Bürge ferner berechtigt sein, die Übernahme der Bürgschaft zu verweigern oder eine bereits erklärte Bürgschaft ggf. aus wichtigem Grund zu kündigen. In schwerwiegenden Fällen ist auch eine Anfechtung der Bürgschaft wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) denkbar. Im Kontext staatlicher Ausfuhrbürgschaften können Verstöße gegen spezifische Melde- oder Mitwirkungspflichten auch zur Entziehung oder nachträglichen Rückforderung der Bürgschaft durch die öffentlich-rechtliche Bürgschaftsübernahmebehörde führen.

Wie ist die Ausfuhrbürgschaft im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners rechtlich zu behandeln?

Bei Insolvenz des Hauptschuldners bleibt die Ausfuhrbürgschaft als akzessorisches Sicherungsinstrument grundsätzlich bestehen. Gemäß § 774 BGB und im Rahmen der §§ 37, 38 InsO tritt der Bürge in die Gläubigerstellung ein, sobald er Ersatz geleistet hat (Legalzession). Der Bürge kann sodann seine Forderung im Insolvenzverfahren des Hauptschuldners zur Insolvenztabelle anmelden und wird quotal aus der Masse befriedigt. In besonderen Fällen, etwa bei globalen Liefer- und Leistungszusagen im Ausland, sind länderspezifische Vorschriften der Insolvenzordnung des betroffenen Landes zusätzlich zu beachten. Für Bürgen besteht im deutschen Recht regelmäßig keine Verpflichtung, aus der Bürgschaft vor Durchführung der Insolvenzquote zu leisten, es sei denn, dies ist ausdrücklich im Bürgschaftsvertrag vereinbart oder durch internationale Garantiebestimmungen bestimmt.

Welche Verjährungsfristen gelten für Ansprüche aus Ausfuhrbürgschaften?

Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus Ausfuhrbürgschaften richtet sich grundsätzlich nach § 195 BGB und beträgt regelmäßig drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen erfahren hat (§ 199 BGB). Bei staatlichen Exportkreditgarantien oder Spezialfällen (z. B. im Rahmen der Hermesdeckung) können abweichende, vertraglich vereinbarte oder gesetzlich vorgegebene Fristen bestehen. Darüber hinaus sind im internationalen Kontext auch die Verjährungsregeln des auf die Hauptverbindlichkeit anwendbaren Rechts sowie die exakten Vertragsbedingungen der Bürgschaft zu beachten (etwa Fälligkeit auf „first demand“ oder im Zeitpunkt des Verzugs des Hauptschuldners). Wird die Ausfuhrbürgschaft im Rahmen eines abstrakten Schuldversprechens erteilt, können sich Abweichungen zu den Standardverjährungsfristen ergeben, sofern diese individualvertraglich vereinbart sind.

Unter welchen rechtlichen Bedingungen ist eine Rückgabe oder Freigabe der Ausfuhrbürgschaft möglich?

Eine Ausfuhrbürgschaft ist rechtlich freizugeben, wenn der zu sichernde Anspruch vollständig erfüllt wurde oder der Bürge wirksam von seiner Haftung entbunden ist. Dies kann durch Erfüllung der Hauptschuld, Erlass der Forderung, Aufrechnung oder Untergang der gesicherten Forderung (§§ 364 ff. BGB, §§ 114, 115 InsO) erfolgen. Die Rückgabe erfolgt regelmäßig durch Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen und eine ausdrückliche Freigabeerklärung des Gläubigers. Ferner besteht ein Anspruch auf Rückgabe, wenn die Bürgschaftsverpflichtung befristet war und die vereinbarte Frist abgelaufen ist, ohne dass der Bürgschaftsfall eingetreten ist. Im internationalen Geschäft ist darauf zu achten, ob das Recht der Freigabe besonderen Formerfordernissen, etwa notarieller Beglaubigung, unterliegt oder eine Registrierung der Entlassung nötig ist. Bei Streit über die Berechtigung der Rückgabe kann die Feststellungsklage (§ 256 ZPO) Abhilfe schaffen.