Begriffserklärung und Ursprung der Auschwitz-Lüge
Die Auschwitz-Lüge bezeichnet die Leugnung oder erhebliche Verharmlosung der nationalsozialistischen Massenvernichtung insbesondere im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Der Begriff wurde ursprünglich durch Heinz Kuhn im Jahr 1973 geprägt und ist eng verbunden mit der Holocaustleugnung. Als zentrale Behauptung stellen Vertreter dieser Ansicht den systematischen Mord an Millionen von Juden und anderen Opfergruppen in den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern infrage oder leugnen diesen vollständig.
Die Verwendung und Verbreitung dieser Behauptungen erfolgt bewusst gegen gesicherte historische Fakten. Die Auschwitz-Lüge ist damit ein Synonym für Holocaustleugnung, wird aber im deutschsprachigen Raum oft spezifisch verwendet, um auf die Leugnung der Vorgänge im Lager Auschwitz abzuzielen.
Rechtliche Einordnung in Deutschland
Strafbarkeit der Auschwitz-Lüge
Das Verbreiten und öffentliche Behaupten der Auschwitz-Lüge ist in Deutschland nach mehreren Rechtsnormen strafbar. Diese Gesetzeslage spiegelt das Bestreben wider, den öffentlichen Frieden zu schützen und einer Verherrlichung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus entgegenzutreten.
§ 130 StGB – Volksverhetzung
Von zentraler Bedeutung ist § 130 Strafgesetzbuch (StGB), welcher sich mit der Volksverhetzung befasst. Demnach macht sich strafbar, wer öffentlich oder in einer Versammlung den Holocaust leugnet oder dessen Tatsachen billigt, verharmlost, leugnet oder rechtfertigt. Der eindeutige Tatbestand der Auschwitz-Lüge ist somit erfasst.
Seit der Änderung durch das Gesetz zur Ergänzung des Strafrechts (1994) ist Absatz 3 des § 130 StGB einschlägig:
„Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, welche geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.“
Auschwitz wird in diesem Sinne insbesondere mit dem Tatbestand des Völkermords (§ 6 VStGB) in Verbindung gebracht. Die öffentliche Leugnung oder „Lüge“ fällt folglich konkret und explizit unter diese Strafvorschrift.
Ergänzende Normen und weitere strafrechtliche Aspekte
- § 189 StGB (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener): Wird die Auschwitz-Lüge in der Weise geäußert, dass das Andenken an die Opfer des NS-Regimes herabgewürdigt wird, können Straftatbestände nach § 189 StGB erfüllt sein.
- § 186, § 187 StGB (Üble Nachrede, Verleumdung): Durch das Leugnen historischer Fakten in Bezug auf Individuen kann auch der Tatbestand der üblen Nachrede oder Verleumdung erfüllt werden.
Prozessuale Handhabung
Die Verfolgung solcher Taten geschieht in Deutschland durch die Strafverfolgungsbehörden mit besonderem Nachdruck. Anzeigen gegen Holocaustleugnerinnen und -leugner werden in den meisten Fällen sofort aufgegriffen. Die öffentliche Verbreitung – auch im Internet oder in sozialen Netzwerken – unterliegt ebenfalls der deutschen Strafgerichtsbarkeit, sofern ein Inlandsbezug besteht.
Verfassungsrechtliche Bewertung
Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG
Nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) besteht grundsätzlich das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht findet jedoch nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken insbesondere in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und dem Recht der persönlichen Ehre. Die Strafbarkeit der Auschwitz-Lüge ist laut ständiger Verfassungsrechtsprechung (BVerfG) mit diesen Schranken vereinbar, da es sich nicht um eine schützenswerte Meinungsäußerung, sondern um die vorsätzliche Verbreitung von unwahren Tatsachenbehauptungen handelt.
Verfassungsgerichtliche Entscheidungen
Das Bundesverfassungsgericht hat in Beschlüssen mehrfach klargestellt, dass die Leugnung des Holocaust und damit die Auschwitz-Lüge nicht vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist (BVerfGE 90, 241). Es handelt sich bei der Behauptung der Nicht-Existenz des Holocaust um eine nachweislich unwahre Tatsache; deren Verbreitung verletzt den öffentlichen Frieden und die Menschenwürde der Opfer sowie ihrer Nachkommen.
Internationale Rechtslage
Österreich
Auch in Österreich ist die Leugnung des Holocaust und insbesondere die „Auschwitz-Lüge“ nach dem Verbotsgesetz 1947 (§ 3h) strafbar. Die österreichischen Vorschriften sind in ihrer Formulierung vergleichbar mit den deutschen, zielen ebenfalls auf die Unterbindung von nationalsozialistischer Wiederbetätigung ab und sehen Freiheitsstrafen vor.
Schweiz
Die Schweiz behandelt die Auschwitz-Lüge als strafbare Diskriminierung nach Artikel 261bis Strafgesetzbuch. Wer die systematische Vernichtung der Juden in der Öffentlichkeit bestreitet, verharmlost oder zu rechtfertigen versucht, macht sich strafbar.
Europäische Und Internationale Dezidierung
- Rahmenbeschluss des Rates 2008/913/JI: Europäischer Rahmenbeschluss zur Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mittels Strafrecht verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, die Leugnung oder gröbliche Verharmlosung des Völkermords, auch hinsichtlich Auschwitz, unter Strafe zu stellen.
Rechtsprechung und Praxis
Wichtige Strafverfahren in Deutschland
Mehrere Strafverfahren gegen Holocaustleugner, unter anderem gegen Ernst Zündel und Ursula Haverbeck, machen deutlich, dass die Gerichte an der Anwendung der genannten Normen konsequent festhalten. Auch Veröffentlichungen im Internet wurden als öffentliches Verbreiten gewertet. Wiederholte Verstöße werden strafverschärfend bewertet.
Auswirkungen und Bedeutung
Die konsequente strafrechtliche Verfolgung der Auschwitz-Lüge dient neben dem Schutz des öffentlichen Friedens insbesondere dem Schutz der Würde der Opfer des Nationalsozialismus. Sie ist damit Bestandteil der deutschen Erinnerungs- und Rechtskultur.
Zusammenfassung
Die Auschwitz-Lüge ist eine Form der Holocaustleugnung mit spezifischer Bezugnahme auf das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Rechtlich ist ihre Billigung, Leugnung oder Verharmlosung in Deutschland nach § 130 Abs. 3 StGB strafbar. Die Rechtslage entspricht internationalen und europäischen Verpflichtungen. Die Meinungsfreiheit schützt die Verbreitung der Auschwitz-Lüge nicht. Die strafrechtliche Ahndung solcher Taten ist Teil der deutschen Verpflichtung zur historisch-politischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus und dient dem Schutz der Gesellschaft und der Erinnerung an die Opfer.
Häufig gestellte Fragen
Ist die Verbreitung der Auschwitz-Lüge in Deutschland strafbar?
Ja, die Verbreitung der sogenannten Auschwitz-Lüge – also die Leugnung oder grobe Verharmlosung des Holocausts – ist in Deutschland gemäß § 130 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar. Dieser Paragraf stellt es unter Strafe, öffentlich oder in einer Versammlung, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art (insbesondere Völkermord) zu leugnen, zu billigen oder zu verharmlosen. Der Begriff „Auschwitz-Lüge“ bezeichnet in erster Linie die Leugnung der systematischen Ermordung von Juden und anderen Gruppen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz während des Zweiten Weltkriegs. Die Strafbarkeit umfasst auch die Verbreitung entsprechender Inhalte in Druckwerken, online oder durch sonstige Kommunikationsmittel. Die Tat kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.
Gibt es Ausnahmen von der Strafbarkeit, etwa im wissenschaftlichen Kontext?
Das Gesetz sieht Ausnahmen vor, insbesondere im Zusammenhang mit wissenschaftlicher Forschung oder künstlerischer Betätigung, wenn diese nicht geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. Nach § 130 Abs. 5 StGB ist die Tat nicht strafbar, wenn sie der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. Allerdings ist eine enge Abwägung geboten: Sobald die Äußerung oder Veröffentlichung geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (etwa durch das Anheizen antisemitischer Ressentiments oder die Relativierung der NS-Verbrechen in der Öffentlichkeit), greift die Ausnahme nicht mehr, und die Strafbarkeit bleibt bestehen. Wissenschaftler und Journalisten sind daher gehalten, bei der Veröffentlichung historisch sensibler Themen größte Sorgfalt und Distanz zu wahren.
Welche Rolle spielt das Grundrecht auf Meinungsfreiheit bei der Bewertung der Auschwitz-Lüge?
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes ist ein hohes Gut – jedoch nicht schrankenlos. Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen insbesondere in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch der § 130 StGB gehört, sowie in den Vorschriften zum Schutze der persönlichen Ehre und des Jugendschutzes. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat in mehreren Entscheidungen bestätigt, dass die Leugnung historisch bewiesener Tatsachen, wie des Holocausts, nicht vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Vielmehr stellt sie eine falsche Tatsachenbehauptung dar, die insbesondere wegen ihres gesellschaftlich gefährdenden Potentials und der Verletzung der Würde der Opfer geächtet und unter Strafe gestellt werden darf.
Wie wird der Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens im Zusammenhang mit der Auschwitz-Lüge bewertet?
Die Störung des öffentlichen Friedens nach deutschem Strafrecht ist immer dann gegeben, wenn die Leugnung, Billigung oder Verharmlosung des Holocausts geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsordnung erheblich zu erschüttern, die Gesellschaft gegen bestimmte Bevölkerungsteile aufzuhetzen oder nach außen ein Klima der Unsicherheit und Angst zu schaffen. Die Gerichte legen dabei häufig einen objektiven Maßstab an: Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich Unruhe entstanden ist, sondern ob die Äußerung generell geeignet ist, den öffentlichen Frieden nachhaltig zu beeinträchtigen. Bei der Auschwitz-Lüge ist diese Eignung aufgrund des Bezuges zu den nationalsozialistischen Unrechtshandlungen in aller Regel zu bejahen.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Verbreitung der Auschwitz-Lüge?
Die Strafandrohung für Verstöße gegen § 130 Abs. 3 StGB sieht sowohl Freiheitsstrafe als auch Geldstrafe vor. Im Regelfall wird die Tat mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Das Gericht bemisst die konkrete Strafe unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, der Reichweite der Verbreitung, einer möglichen Wiederholungsgefahr und des Grades der Gefährdung des öffentlichen Friedens. Bei schweren Fällen (insbesondere bei systematisch betriebener Propaganda oder umfassender Verbreitung der Lüge) kann die Strafe an der gesetzlichen Höchstgrenze liegen.
Ist die Leugnung des Holocausts im Internet ebenfalls strafbar?
Ja, die Verbreitung der Auschwitz-Lüge ist auch im Internet ausdrücklich strafbar. Dies gilt sowohl für eigene Veröffentlichungen auf Websites, in sozialen Netzwerken oder Foren, als auch für das Teilen oder Weiterverbreiten entsprechender Inhalte. Das Medium ist dabei unerheblich; entscheidend ist die Öffentlichkeit der Verbreitung sowie deren Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens. Das Telemediengesetz und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ergänzen zudem die Verpflichtung von Plattformbetreibern, entsprechende Inhalte zu entfernen und gegebenenfalls an die Strafverfolgungsbehörden zu melden.
Gibt es ähnliche Strafvorschriften auch in anderen europäischen Ländern?
Zahlreiche europäische Länder haben vergleichbare Gesetze gegen die Leugnung oder Verharmlosung des Holocausts erlassen. Dies wird unter anderem durch den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rats der Europäischen Union befördert, der die Mitgliedstaaten zur Kriminalisierung rassistischer und fremdenfeindlicher Handlungen und Äußerungen – einschließlich der Holocaustleugnung – verpflichtet. Gesetze unterscheiden sich in ihrer Ausgestaltung und Strafandrohung, wirken aber in ähnlich restriktiver Weise gegen die öffentliche Verbreitung von Holocaustleugnungen. Beispiele hierfür finden sich etwa in Österreich, Frankreich, Belgien, Polen und weiteren Staaten.