Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Auftragsverwaltung

Auftragsverwaltung


Begriff und Grundlagen der Auftragsverwaltung

Die Auftragsverwaltung ist ein zentraler Begriff im öffentlichen Recht Deutschlands und bezeichnet die Wahrnehmung von Aufgaben im Auftrag eines anderen Verwaltungsträgers. Sie ist insbesondere im Zusammenhang mit dem kooperativen Föderalismus von Bedeutung, wobei ein hoheitlicher Verwaltungsträger Aufgaben nach Weisung und im Namen eines anderen Trägers ausführt. Die rechtlichen Grundlagen und Erscheinungsformen der Auftragsverwaltung sind vielfältig und eng mit der Verfassungsstruktur der Bundesrepublik Deutschland sowie spezialgesetzlichen Regelungen verknüpft.


Rechtliche Einordnung der Auftragsverwaltung

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Die wesentlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Auftragsverwaltung finden sich im Grundgesetz, insbesondere in den Artikeln 85 bis 87 GG. Zu unterscheiden ist die Auftragsverwaltung insbesondere von der Bundesverwaltung (etwa Art. 86, 87 GG) und der Landesverwaltung (Art. 83 GG).

Artikel 85 GG – Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder als Auftragsangelegenheit

Der Artikel 85 GG regelt die typische Form der Auftragsverwaltung: Die Bundesgesetze werden durch die Landesbehörden im Auftrag des Bundes ausgeführt. Dabei handeln die Länder nicht in eigener Angelegenheit, sondern führen die Aufgabe nach Weisung und unter Aufsicht des Bundes durch. Wesentliche Merkmale dabei sind:

  • Weisungsrecht des Bundes: Der Bund kann den Ländern allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen und im Einzelfall Weisung geben (§ 85 Abs. 3 GG).
  • Aufsicht des Bundes: Zur Durchsetzung seiner Weisungen kann der Bund im Wege der Rechts- und Fachaufsicht auf die Länder einwirken.

Abgrenzung zu anderen Verwaltungsformen

Während bei der mittelbaren Bundesverwaltung die Länder eigene Angelegenheiten im eigenen Namen führen (Art. 83 GG), agieren die Länder im Rahmen der Auftragsverwaltung als Erfüllungsgehilfe des Bundes. Die verantwortliche Verwaltung bleibt dem Bund zugeordnet, der auch gegenüber Dritten als Verwaltungsträger auftritt.

Einfachgesetzliche Regelungen

Neben den verfassungsrechtlichen Regelungen finden sich spezialgesetzliche Ausgestaltungen der Auftragsverwaltung, zum Beispiel

  • im Bundeswahlgesetz (Organisation und Durchführung von Wahlen),
  • im Personenstandsgesetz (Führung der Personenstandsregister),
  • im Straßenverkehrsgesetz (Zulassung von Kraftfahrzeugen).

Merkmale und Rechtsfolgen der Auftragsverwaltung

Organisatorische und funktionale Ausgestaltung

In der Auftragsverwaltung bedient sich ein Verwaltungsträger (z. B. Bund) der Organe eines anderen Verwaltungsträgers (z. B. Land). Die Aufgaben werden jedoch im Namen und nach Weisung des Auftraggebers wahrgenommen. Das Weisungsrecht erstreckt sich hierbei sowohl auf allgemeine Verwaltungsvorschriften als auch auf Einzelanweisungen.

Handeln im Namen des Auftraggebers

In der äußeren Rechtsbeziehung tritt stets der Auftraggeber, also regelmäßig der Bund, den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber auf. Die handelnden Landesbehörden erlassen Verwaltungsakte im Namen des Bundes, etwa Bundesverwaltungsakte.

Verantwortlichkeit und Rechtsschutz

Für rechtswidriges Handeln im Rahmen der Auftragsverwaltung haftet grundsätzlich der Auftraggeber. Rechtsschutz wird dementsprechend regelmäßig gegenüber dem Auftraggeber gesucht. Die Weisungsbefugnis ermöglicht es dem Auftraggeber, unmittelbaren Einfluss auf die Handlungsweise des Auftragnehmers zu nehmen, was wiederum für die Herrschaftsverantwortlichkeit entscheidend ist.


Typische Anwendungsbereiche der Auftragsverwaltung

Beispiele aus Bund-Land-Verhältnis

Typische Bereiche der Auftragsverwaltung im Verhältnis zwischen Bund und Ländern sind:

  • Durchführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts,
  • Bundeswahlen und Volkszählungen,
  • Führerschein- und Zulassungsrecht.

Kommunale Auftragsverwaltung

Auch zwischen Ländern und Kommunen kommt Auftragsverwaltung vor, wenn eine Gemeinde oder ein Landkreis eine Aufgabe für das Land wahrnimmt. Dies ist in den Kommunalverfassungen und den Landesverwaltungsgesetzen geregelt.


Abgrenzung zur mittelbaren Verwaltung und zur Beleihung

Die Auftragsverwaltung ist von anderen Formen der Aufgabenübertragung zu unterscheiden:

  • Mittelbare Staatsverwaltung: Hier erledigen Länder ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich und im eigenen Namen.
  • Beleihung Dritter: Einzelne Hoheitsaufgaben werden auf juristische Personen des Privatrechts übertragen, etwa TÜV-Prüfungen oder Ausweisstellen der Kammern.

Die Abgrenzung erfolgt nach dem Kriterium der Verantwortung und des Auftretens nach außen.


Rechtsfolgen bei fehlerhafter Auftragsverwaltung

Fehlerfolgen und Rechtsschutz

Fehler bei der Aufgabenwahrnehmung in der Auftragsverwaltung können zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Verwaltungsakte führen. Der Rechtsschutz richtet sich grundsätzlich gegen den Auftraggeber, da dieser als Verwaltungsträger agiert. Insbesondere fehlerhafte Weisungen oder Missachtung von Verwaltungsvorschriften können zu Verwaltungsstreitigkeiten führen.

Staatshaftung

Für Pflichtverletzungen haftet grundsätzlich der Auftraggeber. Im Bund-Land-Verhältnis ergibt sich so im Falle einer staatsrechtlichen Streitigkeit ein Bund-Länder-Streit gemäß Art. 93 Absatz 1 Nr. 3 GG.


Bedeutung der Auftragsverwaltung im föderalen Verwaltungssystem

Die Auftragsverwaltung bildet ein wesentliches Bindeglied im föderalen System Deutschlands. Sie sichert eine einheitliche Durchführung von Bundesgesetzen, wahrt jedoch zugleich den föderalen Charakter durch die Beteiligung der Länder an der Ausführung des Bundesrechts. Die Auftragsverwaltung trägt damit zur Kohärenz und Ausgewogenheit des bundesstaatlichen Verwaltungsaufbaus bei.


Zusammenfassung

Die Auftragsverwaltung ist ein vielschichtiges Instrument des deutschen Verwaltungsrechts, das maßgeblich die Kooperation zwischen den Ebenen der Verwaltung prägt. Ihre Ausgestaltung bestimmt das Verhältnis zwischen Weisungsgebundenheit einerseits und administrativer Eigenverantwortung andererseits. Ihre rechtliche Verankerung im Grundgesetz und Vielzahl an spezialgesetzlichen Regelungen machen die Auftragsverwaltung zu einem entscheidenden Baustein für die Umsetzung staatlicher Aufgaben in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorgaben sind bei der Auftragsvergabe zu beachten?

Bei der Auftragsvergabe – insbesondere im unternehmerischen Kontext und in der öffentlichen Verwaltung – sind eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben zu beachten. Zentrale Aspekte umfassen das Vertragsrecht gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) sowie gegebenenfalls die Regelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) bei Kaufleuten. Bei öffentlichen Auftraggebern gelten zusätzlich die Vorgaben des Vergaberechts (insbesondere GWB, VgV und UVgO in Deutschland), welche europaweite und nationale Transparenz-, Gleichbehandlungs- sowie Wettbewerbsgrundsätze vorschreiben. Daraus resultiert unter anderem die Pflicht zur Ausschreibung ab bestimmten Schwellenwerten, die Beachtung von Fristen sowie Dokumentations- und Nachweispflichten. Zudem müssen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen (DSGVO, BDSG) beachtet werden, insbesondere bezüglich der Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte. Die Einhaltung tariflicher und sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen, wie bei der Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer, ist ebenfalls zwingend. Vertragsgestaltungen sollten explizit Leistungsumfang, Fristen, Vergütung, Haftungsregelungen und Kündigungsmöglichkeiten regeln, um späteren rechtlichen Auseinandersetzungen vorzubeugen.

Welche Dokumentationspflichten bestehen bei der Auftragsverwaltung rechtlich?

Die rechtlichen Dokumentationspflichten bei der Auftragsverwaltung sind je nach Branche und Art des Auftraggebers unterschiedlich ausgestaltet. Grundsätzlich erfordern §§ 238, 257 HGB sowie § 147 AO für Kaufleute und Unternehmen eine lückenlose Dokumentation aller geschäftsrelevanten Vorgänge, einschließlich der Aufträge und ihrer Abwicklung, über einen Zeitraum von mindestens sechs bis zehn Jahren. Bei öffentlichen Auftraggebern verlangt das Vergaberecht eine umfassende Dokumentation sämtlicher Schritte des Vergabeverfahrens sowie aller relevanten Entscheidungen, um eine rechtmäßige und nachvollziehbare Auswahl zu gewährleisten und einer möglichen Nachprüfung standzuhalten. Auch datenschutzrechtlich (Art. 5 DSGVO) müssen Verarbeitungsvorgänge dokumentiert werden. Die Dokumentation hat dabei manipulationssicher, geordnet und jederzeit zugänglich zu erfolgen, um im Falle von Streitigkeiten oder Prüfungen als Beweismittel zu dienen. Verstöße gegen Dokumentationspflichten können zu Beweisnachteilen oder Bußgeldern führen.

Welche besonderen Anforderungen gelten beim Einsatz von Subunternehmern aus rechtlicher Sicht?

Wird ein Subunternehmer beauftragt, ergeben sich besondere rechtliche Anforderungen. Zunächst muss das Hauptvertragsverhältnis regeln, inwieweit Subunternehmer eingeschaltet werden dürfen. Häufig sind Zustimmungsvorbehalte des Auftraggebers vorgesehen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind insbesondere das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und das Mindestlohngesetz (MiLoG) zu beachten, um Scheinselbstständigkeit und Entgeltunterschreitungen zu vermeiden. Auch haftet grundsätzlich der Hauptauftragnehmer für die Einhaltung von Arbeitsschutz-, Sozialversicherungs- und Steuerpflichten durch den Subunternehmer (§ 13b UStG, § 28e SGB IV). Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist zu prüfen, ob eine Auftragsverarbeitung vorliegt, dann sind Verträge nach Art. 28 DSGVO abzuschließen. Vergaberechtlich kann die Eignung des Subunternehmers nachgewiesen werden müssen. Zudem sollte die Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch entsprechende vertragliche Regelungen geschützt werden.

Welche Folgen hat die fehlerhafte Auftragsverwaltung aus rechtlicher Sicht?

Eine fehlerhafte Auftragsverwaltung kann erhebliche rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Werden beispielweise Prozesse oder Fristen im Rahmen der Auftragsvergabe missachtet, kann dies zur Unwirksamkeit des Vertragsschlusses führen oder – im Falle öffentlicher Aufträge – Nachprüfungsverfahren und Schadensersatzansprüche von Bietern nach sich ziehen. Werden Dokumentations- oder Aufbewahrungspflichten missachtet, drohen finanzielle Sanktionen, gegebenenfalls auch steuerrechtliche Nachteile und Beweisprobleme in Streitfällen. Verstößt die Auftragsverwaltung gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, können Datenschutzbehörden Bußgelder verhängen oder es drohen zivilrechtliche Ansprüche der Betroffenen. Im Umgang mit Subunternehmern kann eine mangelhafte Einbindung oder Kontrolle zu Haftungsdurchgriff und gesamtschuldnerischer Haftung führen. Schließlich kann auch eine fehlerhafte Rechnungsstellung strafrechtlich (z.B. Steuerhinterziehung, Betrug) relevant werden.

Welche Vorgaben gelten für die elektronische Auftragsverwaltung?

Die elektronische Auftragsverwaltung unterliegt strengen rechtlichen Anforderungen. Nach § 14b UStG sowie § 147 AO müssen elektronische Geschäftsvorfälle und Dokumente über definierte Zeiträume revisionssicher gespeichert werden. Die GoBD („Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form“) legen zusätzlich die Anforderungen an Unveränderbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Sicherung von Daten fest. Elektronische Vergabeverfahren (E-Vergabe) sind bei öffentlichen Aufträgen nach § 97 GWB und VgV zwingend vorgeschrieben und setzen auf rechtssichere Kommunikationswege und elektronische Signaturen. Die Einhaltung der DSGVO bei der Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten ist verpflichtend. Zudem müssen Systeme den Zugriff nur autorisierten Personen erlauben, und bei Cloudlösungen ist die Speicherung im Einklang mit europäischen Datenschutzstandards zu gewährleisten. Bei Nichteinhaltung drohen Bußgelder und Nachteile in Rechtsstreitigkeiten.

Welche Besonderheiten sind bei grenzüberschreitender Auftragsverwaltung zu beachten?

Bei grenzüberschreitender Auftragsverwaltung sind in erster Linie die jeweiligen nationalen und europäischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Das betrifft insbesondere das anzuwendende Vertragsrecht (z. B. UN-Kaufrecht – CISG – für Warenkäufe, verschiedene Optionen bei der Rechtswahlklausel), steuerrechtliche Bestimmungen (z. B. umsatzsteuerliche Registrierungspflichten, Reverse-Charge-Verfahren), arbeitsrechtliche Regelungen (u. a. Entsendung von Mitarbeitern nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und die Pflicht zur Einhaltung des Zielstaatsrechts), sowie exportkontrollrechtliche und zollrechtliche Vorgaben. Im Datenschutzbereich ist bei Übermittlung in Drittländer die DSGVO einzuhalten, insbesondere bezüglich geeigneter Garantien (Standardvertragsklauseln, Angemessenheitsbeschlüsse). Im Vergaberecht ist zu beachten, ob internationale Abkommen (z. B. GPA) einschlägig sind. Fehler bei der Beachtung dieser Regelwerke können zu Vertragshindernissen, Bußgeldern und Verboten führen.

Inwiefern ist die Archivierung von Auftragsunterlagen rechtlich geregelt?

Die Archivierung von Auftragsunterlagen ist in Deutschland umfassend gesetzlich geregelt. So verpflichten insbesondere § 257 HGB (Handelsgesetzbuch) und § 147 AO (Abgabenordnung) Kaufleute und Unternehmen, handels- und steuerrechtlich relevante Unterlagen – darunter auch Auftragsdokumente, Verträge, Lieferscheine und relevante Korrespondenz – für Zeiträume von sechs bis zu zehn Jahren ordnungsgemäß und unveränderbar zu archivieren. Die Aufbewahrungsfristen beginnen jeweils mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem das Dokument erstellt wurde. Die Archivierung kann physisch oder elektronisch erfolgen, wobei die Integrität und Lesbarkeit über den gesamten Zeitraum hinweg gesichert sein muss (GoBD). Öffentliche Aufträge unterliegen zudem spezifischen vergaberechtlichen Dokumentations- und Archivierungspflichten, wie in der VgV geregelt. Verstöße können steuerliche Nachteile, Bußgelder und Beweisprobleme nach sich ziehen. Bei datenschutzrechtlichen Aspekten ist darauf zu achten, dass personenbezogene Daten nach Ablauf der gesetzlichen Fristen unverzüglich gelöscht werden müssen, sofern keine weiteren Rechtfertigungsgründe bestehen.