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Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet


Begriff und Rechtsgrundlagen der Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet

Die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet ist ein zentraler Begriff des deutschen Staats- und Migrationsrechts. Er bezeichnet den Prozess der Einreise, Aufnahme und gegebenenfalls Integration von deutschen Staatsangehörigen, die sich zuvor überwiegend außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes (insbesondere in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, Ost- und Südosteuropa oder der ehemaligen Sowjetunion) aufgehalten haben und nun in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln. Die Aufnahme erfolgt unter Berücksichtigung spezieller gesetzlicher Regelungen, insbesondere im Kontext des historischen Hintergrunds von Aussiedlern und Spätaussiedlern sowie im Einklang mit dem Grundgesetz und dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG).

Historische Entwicklung

Die Aufnahme von Deutschen aus dem Ausland in das Bundesgebiet hat ihre historischen Wurzeln in den Folgen des Zweiten Weltkriegs, der Verschiebung von Grenzen und der Migration deutscher Minderheiten besonders aus Osteuropa. Die Politik der Bundesrepublik Deutschland war es über Jahrzehnte, Deutschen unabhängig von ihrem bisherigen Aufenthaltsort die Möglichkeit einzuräumen, in die Bundesrepublik aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren.

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Artikel 116 Grundgesetz

Der grundlegende verfassungsrechtliche Ankerpunkt ist Artikel 116 des Grundgesetzes (GG). Dieser legt fest:

„Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist (…) auch, wer als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in den Gebieten außerhalb des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 aufgenommen worden ist.“

Mit dieser Regelung wird die rechtliche Zurechnung von Personen aus ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten zum deutschen Staatsvolk bestimmt und ihr Aufnahmeanspruch geregelt.

Aufnahmegesetzliche Konkretisierungen

Das Grundgesetz begründet zwar den Rechtsstatus, die konkreten Durchführungsvorschriften zur Aufnahme sind in Spezialgesetzen enthalten, insbesondere im Bundesvertriebenengesetz (BVFG).

Gesetzliche Regelungen der Aufnahme

Bundesvertriebenengesetz (BVFG)

Das Bundesvertriebenengesetz regelt die aufnahme-, aufenthalts- und integrationsrechtlichen Gegebenheiten für Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler. Es differenziert insbesondere zwischen:

  • Vertriebenen (vgl. § 1 BVFG)
  • Aussiedlern und Spätaussiedlern (§§ 4, 7, 27 BVFG)

Aufnahmeverfahren

Der maßgebliche Aufnahmeprozess für Spätaussiedler ist in §§ 27 ff. BVFG geregelt. Die erforderliche Voraussetzung ist die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit sowie eine entsprechende formelle Antragstellung auf Aufnahme bei den zuständigen deutschen Behörden (Bundesverwaltungsamt).

Zentrale Inhalte des Aufnahmeverfahrens sind:

  • Nachweis der deutschen Volkszugehörigkeit (z.B. anhand von Sprachkenntnissen, Abstammung, Bekenntnis zur deutschen Sprache und Kultur)
  • Nachweis der Benachteiligung oder Diskriminierung im Herkunftsland
  • Durchführung eines Aufnahmeverfahrens einschließlich Prüfungen und Einreisegenehmigung („Aufnahmebescheid“)
  • Übersiedlung ins Bundesgebiet nach Erteilung des Aufnahmebescheids

Rechtsstatus nach der Aufnahme

Nach der Aufnahme werden Spätaussiedler sowie deren Ehegatten und Abkömmlinge Deutschen im Sinne des Grundgesetzes gleichgestellt. Sie erhalten sämtliche staatsbürgerlichen Rechte sowie integrationsrechtliche Leistungen.

Weitere gesetzliche Grundlagen

Neben dem BVFG gibt es weitere einschlägige Rechtsgrundlagen, etwa:

  • Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG): Regelt die Erlangung und den Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit.
  • AufenthG (Aufenthaltsgesetz): Soweit es sich bei aufgenommenen Personen (Ehegatten, Kindern) um Nichtdeutsche handelt, regelt das AufenthG ggf. begleitende Aufenthaltsfragen.
  • Sozialgesetzbuch II/III/XII: Normiert Sozial- und Integrationsleistungen für aufgenommene Deutsche.

Verfahrensrechtliche Aspekte

Ablauf des Aufnahmeverfahrens

Der Aufnahmeprozess von Deutschen ins Bundesgebiet gliedert sich im Wesentlichen in folgende Schritte:

  1. Antragstellung: Betroffene stellen einen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler oder Deutscher im Sinne von § 4 BVFG bei den deutschen Auslandsvertretungen oder direkt beim Bundesverwaltungsamt.
  2. Prüfung: Die deutschen Behörden prüfen die Voraussetzungen (Volkszugehörigkeit, Nachweise, Integrationsfähigkeit).
  3. Erteilung einer Aufnahmebescheinigung: Wird das Verfahren erfolgreich abgeschlossen, erhalten die Betroffenen eine Aufnahme- bzw. Einreisewilligungsbescheinigung.
  4. Einreise: Die Einreise erfolgt in der Regel visafrei nach Deutschland, gegebenenfalls unterstützt durch spezielle Aufnahmeeinrichtungen.
  5. Meldung und Registrierung: In Deutschland erfolgt die Registrierung bei der zuständigen Behörde sowie die Ausstellung der entsprechenden Dokumente.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Gegen ablehnende Entscheidungen besteht die Möglichkeit des Widerspruchs und der gerichtlichen Überprüfung, insbesondere vor den Verwaltungsgerichten. Maßgebliche Streitfragen betreffen häufig die Auslegung und den Nachweis der deutschen Volkszugehörigkeit sowie die Anerkennung von Härtefällen.

Sonderregelungen und einschlägige Problemstellungen

Familiennachzug und Beteiligung von Familienangehörigen

Insbesondere im Rahmen der Spätaussiedleraufnahme sind Ehegatten und Abkömmlinge in den Aufnahmeprozess einbezogen, sofern die Voraussetzungen nach §§ 7, 27 BVFG erfüllt sind. Diese Regelungen dienen der Wahrung von Familienzusammenführungen und sehen für nachgezogene Angehörige vereinfachte Verfahrenswege vor.

Nachträgliche Aufnahme und Härtefallregelungen

Besondere Einzelfallregelungen betreffen den nachträglichen Zuzug von deutschen Familienangehörigen, die ggf. zunächst im Herkunftsland verbleiben mussten. Zudem gibt es für außergewöhnliche Härtefälle eine spezialisierte Einzelfallprüfung.

Diskriminierungs- und Verfolgungsnachweis

Gerade bei Spätaussiedlern ist regelmäßig nachzuweisen, dass sie einer spezifischen Benachteiligung im Herkunftsstaat ausgesetzt waren und sich zu ihrer deutschen Volkszugehörigkeit bekannt haben.

Verlust und Wiedererlangung des Aufnahmeanspruchs

Der Aufnahmeanspruch kann unter bestimmten Umständen erlöschen, z.B. durch den endgültigen Verzicht auf die deutsche Volkszugehörigkeit oder längere Absenz vom Bundesgebiet. Das Verfahren zur Wiedererlangung orientiert sich wiederum an den Vorgaben des Staatsangehörigkeitsgesetzes und des BVFG.

Integrationsrechtliche Folgen

Rechtsstellung nach der Aufnahme

Mit erfolgter Aufnahme genießen die betroffenen Personen, sofern sie die deutsche Staatsangehörigkeit innehaben oder erwerben, die vollen Rechte und Pflichten nach dem Grundgesetz, einschließlich Wahlrecht und Zugang zu sozialen Leistungen.

Integrationshilfen und Fördermaßnahmen

Zur Unterstützung der Eingliederung stehen aufgenommene Deutsche spezielle Leistungen und Förderprogramme offen, darunter Integrationskurse, Sprachförderung, soziale Beratung und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen. Diese sind im SGB II und SGB III geregelt und werden teils von Bund, Ländern und Kommunen getragen.

Rechtsprechung zur Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet

Die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet ist Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene. Maßgebliche Entscheidungen betreffen u.a. die Auslegung der Voraussetzungen für die Anerkennung als Deutscher, die Reichweite des Diskriminierungsnachweises im Herkunftsland sowie die Anwendung der integrationsbezogenen Vorschriften.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Bundesvertriebenengesetz (BVFG)
  • Artikel 116 Grundgesetz
  • Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
  • Aufenthaltsgesetz (AufenthG)

Für vertiefende Betrachtungen und Kommentierungen empfehlen sich Standardwerke des Staatsangehörigkeitsrechts und der Vertriebenengesetzgebung sowie die Veröffentlichungen des Bundesverwaltungsamts und einschlägiger wissenschaftlicher Institute.


Zusammenfassung:
Die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet ist ein vielschichtiger rechtlicher Vorgang, der insbesondere im Kontext des historischen Erbes der Bundesrepublik Deutschland zu betrachten ist. Ihre gesetzlichen Grundlagen liegen im Grundgesetz und insbesondere im Bundesvertriebenengesetz, das die genauen Modalitäten und Verfahrensschritte der Aufnahme sowie den rechtlichen Status der Betroffenen detailliert regelt. Integrationsrechtliche Folgewirkungen sind umfassend ausgestaltet und werden durch spezifische Förderprogramme flankiert. Das Thema bleibt durch seine gesellschaftliche und rechtliche Bedeutung weiterhin aktuell und ist Gegenstand fortlaufender rechtlicher Weiterentwicklung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet?

Die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet ist vornehmlich im Grundgesetz (insbesondere Artikel 116 GG) sowie im Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) geregelt. Maßgeblich ist hierbei vor allem, dass Deutsche im Sinne des Grundgesetzes einen Anspruch auf Einreise und dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet besitzen. Hierzu zählen nicht nur Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch sogenannte Statusdeutsche, etwa Spätaussiedler gemäß § 4 BVFG. Weitere relevante Regelungen finden sich im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) sowie im Freizügigkeitsgesetz/EU für Deutsche mit weiterer Unionsbürgerschaft. Die Bundesrepublik darf jedoch ausnahmsweise Einreisebeschränkungen nach § 11 und § 12 Aufenthaltsgesetz aussprechen, wenn schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen, wobei bei Deutschen sehr enge verfassungsrechtliche Grenzen bestehen.

Welche Behörden sind für das Aufnahmeverfahren zuständig?

Für das Aufnahmeverfahren von deutschen Staatsangehörigen, die sich im Ausland aufhalten und in das Bundesgebiet zurückkehren möchten, sind primär die deutschen Auslandsvertretungen zuständig. Bei Spätaussiedlern oder deren Angehörigen erfolgt das Aufnahmeverfahren über das Bundesverwaltungsamt (BVA) in Köln. Nach erfolgreicher Aufnahme stellt dieses eine Aufnahmebescheinigung aus, die zur Einreise berechtigt. Nach Einreise sind die örtlichen Meldebehörden sowie je nach Anliegen die Ausländerbehörden bzw. Bürgerämter für weitere Anträge, wie etwa die Ausstellung von Identitätsdokumenten oder die Einbürgerung von Familienangehörigen, zuständig. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen beteiligten Behörden ist im Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt.

Unterliegen Deutsche bei der Einreise bestimmten Melde- oder Nachweispflichten?

Ja, Deutsche unterliegen nach dem Bundesmeldegesetz (BMG) grundsätzlich der Pflicht, sich innerhalb von zwei Wochen nach Einzug in eine Wohnung bei der zuständigen Meldebehörde anzumelden. Voraussetzung für die Meldung ist regelmäßig der Nachweis der Identität (Pass oder Personalausweis). Sogenannte Spätaussiedler müssen bei der Anmeldung die Aufnahmebescheinigung des BVA vorlegen. Weiterhin sind Deutsche verpflichtet, den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit nachzuweisen, insbesondere wenn Zweifel bestehen oder zusätzliche Leistungen beantragt werden (z. B. Einbürgerung von Familienangehörigen, Kindergeld). Hierfür dienen in der Regel der Reisepass, der Personalausweis oder ggf. eine von der zuständigen Behörde ausgestellte Staatsangehörigkeitsurkunde.

Gibt es rechtliche Einschränkungen oder Ablehnungsgründe bei der Aufnahme von Deutschen?

Die Aufnahme von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder deutschem Status im Sinne des GG darf grundsätzlich nicht verweigert werden, da das Staatsangehörigkeitsprinzip und die damit verbundenen Grundrechte – insbesondere das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Art. 11 GG – Anwendung finden. Lediglich in Ausnahmefällen können Maßnahmen wie Ausweisungen, Einreise- oder Aufenthaltsverbote nach § 11 und § 12 Aufenthaltsgesetz angeordnet werden, etwa bei erheblichen Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Diese Maßnahmen sind jedoch eng auszulegen und bedürfen strikter Begründung sowie gerichtlicher Nachprüfung. Für Spätaussiedler kann die Aufnahme nach § 5 BVFG verweigert werden, wenn sie insbesondere gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen haben oder Falschangaben im Aufnahmeverfahren gemacht wurden.

Wie ist das Verfahren für (Spät-)Aussiedler rechtlich geregelt?

Das Verfahren für (Spät-)Aussiedler ist detailliert im Bundesvertriebenengesetz (BVFG) festgelegt. Voraussetzung ist der Nachweis der deutschen Volkszugehörigkeit und das Vorliegen weiterer gesetzlich bestimmter Merkmale (§ 4 ff. BVFG, insbesondere Sprachkenntnisse und Integration). Der Antrag auf Aufnahme ist bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung oder direkt beim Bundesverwaltungsamt zu stellen. Nach Prüfung der Voraussetzungen stellt das BVA eine Aufnahmebescheinigung aus. Nach Einreise ins Bundesgebiet erhalten berechtigte Aussiedler und deren mitreisende Familienangehörige einen Vertriebenenausweis, der unter anderem den Zugang zu Integrationsleistungen und ggf. den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit regelt (§ 7 BVFG).

Welche besonderen Regelungen gelten für Kinder und Ehegatten von aufgenommenen Deutschen?

Kinder und Ehegatten von aufgenommenen Deutschen können nach Maßgabe der §§ 7, 8 BVFG ebenfalls aufgenommen werden, sofern sie im Zeitpunkt der Antragstellung Teil der häuslichen Gemeinschaft des Aufnahmeberechtigten sind. Für Ehegatten ist Voraussetzung, dass sie im Zeitpunkt der Aufnahme mit dem deutschen Antragsteller verheiratet sind. Kinder müssen zum überwiegenden Teil von der elterlichen Person gepflegt und erzogen werden oder minderjährig sein. In Ausnahmefällen ist eine Nachholung des Ehegatten- und Kindernachzugs möglich, sofern die familiäre Lebensgemeinschaft aus unverschuldeten Gründen nicht zeitgleich hergestellt werden konnte. Die rechtlichen Einzelheiten hierzu regelt das BVFG unter Einbeziehung familienrechtlicher Bestimmungen.

Welche Rechtsmittel stehen bei Ablehnung eines Aufnahmeersuchens zur Verfügung?

Wird ein Aufnahmeersuchen – etwa im Rahmen des Verfahrens für Spätaussiedler oder Statusdeutsche – abgelehnt, bestehen umfangreiche Rechtsmittelmöglichkeiten. Gegen Bescheide des Bundesverwaltungsamtes kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Bleibt der Widerspruch erfolglos, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsverfahren richtet sich dabei nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Bei Ablehnung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit besteht zudem die Möglichkeit von Eilanträgen im gerichtlichen Eilverfahren. Auch ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Überprüfungsantrag gemäß § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz ist möglich, sofern neue, bisher nicht bekannte Tatsachen dargelegt werden können.