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Assumption

Begriff und Grundverständnis der Assumption

Assumption bezeichnet im Rechtskontext die Übernahme einer rechtlichen Position, Pflicht oder eines Risikos durch eine Person oder Organisation. Der englische Begriff wird in verschiedenen Rechtsgebieten verwendet und kann – je nach Zusammenhang – die Übernahme von Schulden, vertraglichen Pflichten, Haftungsrisiken oder Gewährleistungen meinen. In kontinentaleuropäischen Systemen entspricht dies häufig der Schuldübernahme, Vertragsübernahme, Risikoübernahme oder einer Freistellungsvereinbarung. Im Kern geht es darum, dass eine Partei ausdrücklich oder konkludent die Verantwortung für bestimmte Verpflichtungen oder Gefahren trägt.

Abgrenzung und Terminologie

Common-Law-Kontext und kontinentaleuropäische Entsprechungen

In Rechtsordnungen mit englischsprachiger Prägung wird Assumption in klar voneinander abzugrenzenden Konstellationen genutzt: Assumption of Debt (Übernahme einer Schuld), Assumption of Contract (Fortführung/Übernahme eines Vertrags), Assumption of Risk (Risikoübernahme) sowie Assumption of Liabilities (Übernahme von Verbindlichkeiten, etwa in Unternehmenstransaktionen). Kontinentaleuropäische Entsprechungen sind insbesondere Schuldübernahme, Vertragsübernahme oder die Einwilligung in ein Risiko mit haftungsrechtlichen Folgen.

Übersetzungen und nahe Begriffe

Je nach Kontext lassen sich folgende Übersetzungen zuordnen: Assumption of Debt = Schuldübernahme; Assumption of Contract = Vertragsübernahme bzw. Fortführung eines Vertrags; Assumption of Risk = Risikoübernahme; Assumption of Liabilities = Übernahme von Verbindlichkeiten. Nahe Begriffe sind Abtretung (Assignment), Novation (Vertragsneubegründung mit Parteiwechsel) und Freistellung (Indemnity/Hold Harmless).

Typische Anwendungsfelder

Häufig kommt Assumption vor bei Kreditverträgen (Übernahme eines Darlehens), Miet- und Lieferverträgen (Übernahme laufender Verpflichtungen), Unternehmenstransaktionen (Übernahme ausgewählter Verbindlichkeiten), Haftungsausschlüssen und -beschränkungen (insbesondere bei Veranstaltungen und sportlichen Aktivitäten) sowie in insolvenznahen Situationen (Fortführung oder Übertragung von Verträgen).

Hauptanwendungsfälle

Schuldübernahme (Assumption of Debt/Loan Assumption)

Beteiligte, Struktur und Wirkung

Bei der Schuldübernahme tritt ein Dritter als neuer Schuldner für eine bestehende Verbindlichkeit ein. Dies kann die ursprüngliche Schuldnerstellung ersetzen (befreiend) oder neben ihr bestehen (kumulativ). Die Wirkung betrifft regelmäßig auch Nebenrechte und -pflichten, etwa Zinsen und Sicherheiten, soweit sie der übernommenen Schuld zugeordnet sind.

Formen der Schuldübernahme

Unterschieden werden interne Abreden zwischen altem und neuem Schuldner sowie Übernahmen mit Einbindung des Gläubigers. Die befreiende Schuldübernahme setzt üblicherweise eine klare Vereinbarung über den Schuldnerwechsel voraus. Kumulative Modelle sehen ein Nebeneinander von Alt- und Neuschuldner vor, wodurch sich die Gläubigerposition verändern kann.

Sicherheiten und Nebenrechte

Die Frage, ob Sicherheiten fortbestehen oder neu bestellt werden, richtet sich nach der Ausgestaltung der Übernahme und den getroffenen Vereinbarungen. Teilweise ist vorgesehen, dass Sicherheiten mit der Schuld „mitwandern”, teilweise ist eine gesonderte Regelung erforderlich.

Vertragsübernahme und Vertragsfortführung (Assumption of Contract)

Parteiwechsel, Zustimmung und Abgrenzung

Die Übernahme eines Vertrags bedeutet die Fortführung desselben Vertrags mit einem neuen Vertragspartner. Sie ist von der Abtretung einzelner Ansprüche (Assignment) und der Novation (Neubegründung eines Vertrags mit Parteiwechsel) abzugrenzen. Häufig bedarf der Parteiwechsel der Zustimmung der verbleibenden Partei, insbesondere wenn persönliche Leistungspflichten betroffen sind.

Besonderheiten in insolvenznahen Situationen

Bei wirtschaftlichen Krisen und Insolvenzverfahren kann die Fortführung oder Übertragung laufender Verträge eine zentrale Rolle spielen. Assumption und gegebenenfalls anschließende Weitergabe (Assignment) strukturieren, welche Verträge bestehen bleiben, übernommen oder beendet werden. Maßgeblich sind die vertraglichen Regelungen und die einschlägigen Verfahrensgrundsätze.

Risikoübernahme (Assumption of Risk)

Haftungsbegrenzung durch Einwilligung

Die Risikoübernahme beschreibt die bewusste Einwilligung in bestimmte Gefahren und kann die Haftung der anderen Partei einschränken. Typische Fälle betreffen sportliche Aktivitäten, Veranstaltungen oder Testumgebungen, bei denen das Risiko vertraglich erläutert und akzeptiert wird.

Grenzen der Wirksamkeit

Grenzen ergeben sich aus allgemeinen Grundsätzen zum Schutz vor unangemessener Benachteiligung und zur Transparenz. Zudem sind bestimmte Haftungstatbestände in vielen Rechtsordnungen nur eingeschränkt disponibel. Die Wirksamkeit hängt von Verständlichkeit, Erkennbarkeit und dem konkreten Risikoprofil ab.

Assumption bei Garantien und Gewährleistungen

Übernahme spezifischer Pflichten

In Verträgen kann eine Partei ausdrücklich bestimmte Haftungen und Gewährleistungspflichten übernehmen. Dies umfasst häufig die Zusage, für bestimmte Mängel oder Rechtspositionen einzustehen, sowie die Verantwortlichkeit für daraus resultierende Ansprüche.

Assumption im Unternehmens- und Transaktionsrecht

Asset Deal, Share Deal und „Assumed Liabilities”

Bei Unternehmenstransaktionen werden im Asset Deal gezielt Vermögenswerte und ausgewählte Verbindlichkeiten übernommen („assumed liabilities”). Im Share Deal verbleiben Verbindlichkeiten grundsätzlich im Zielunternehmen, die wirtschaftliche Verantwortung geht durch den Anteilserwerb auf den Erwerber über. Welche Pflichten tatsächlich übernommen werden, ergibt sich aus der Transaktionsstruktur und den vertraglichen Zuweisungen.

Form und Nachweis

Schriftform, Transparenz und Auslegung

Assumption-Regelungen sind regelmäßig schriftlich ausgestaltet. Klarheit über Inhalt, Umfang und Zeitpunkt der Übernahme erleichtert die Auslegung und Durchsetzung. Unklare oder pauschale Klauseln können zu Auslegungsrisiken führen.

Drittwirkung und Zustimmung

Wirkt die Assumption in die Rechtsstellung Dritter (etwa eines Gläubigers) hinein, kann eine ausdrückliche Zustimmung erforderlich sein. Ohne Zustimmung kann die Übernahme in bestimmten Konstellationen lediglich interne Wirkung zwischen den beteiligten Parteien entfalten.

Internationaler Kontext und Rechtswahl

Assumption-Klauseln unterliegen dem jeweils anwendbaren Recht. Im grenzüberschreitenden Verkehr beeinflussen Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarungen, wie die Übernahme beurteilt und durchgesetzt wird.

Wirkungen und Rechtsfolgen

Haftungsumfang, Fälligkeit und Einreden

Die Übernahme kann den Haftungsumfang erweitern oder beschränken. Relevant sind Fälligkeit, Verjährung und Einreden, die der neue Schuldner geltend machen kann. Ob Einreden des ursprünglichen Schuldners fortgelten, richtet sich nach der konkreten Gestaltung der Übernahme.

Sicherheiten und Garantien

Sicherheiten und Garantien können mit der übernommenen Verpflichtung verbunden sein. Ob sie fortbestehen, erlöschen oder neu zu bestellen sind, ergibt sich aus dem Vertragsgefüge und der Art der Assumption.

Steuer- und bilanzielle Aspekte

Die Übernahme von Verpflichtungen kann Auswirkungen auf Bewertung, Bilanzierung und steuerliche Einordnung haben. Maßgeblich sind die vertraglichen Regelungen und die anwendbaren Rechnungslegungsgrundsätze.

Abgrenzungen und typische Missverständnisse

Assumption vs. Assignment vs. Novation

Assignment zielt auf die Übertragung einzelner Rechte oder Pflichten, Novation auf die Neubegründung eines Vertragsverhältnisses mit Parteiwechsel. Assumption bezeichnet demgegenüber die Übernahme von Pflichten oder Risiken innerhalb des bestehenden Gefüges, kann aber mit Assignment oder Novation kombiniert werden.

Assumption vs. Indemnity (Freistellung)

Die Freistellung verpflichtet zur Erstattung oder Abwendung bestimmter Nachteile, ohne zwingend die Hauptschuld zu übernehmen. Assumption verlagert die Primärverpflichtung selbst, während Indemnity sekundär absichert.

Assumption vs. Risikoakzeptanz

Die Risikoakzeptanz beschränkt Haftung durch Einwilligung in vorhersehbare Gefahren. Sie ist keine Übernahme einer fremden Schuld, sondern ein Einverständnis mit einem bestimmten Gefahrenniveau, oft mit Haftungsbegrenzung zugunsten der anderen Partei.

Praxisrelevante Vertragsbausteine (ohne Handlungsanweisungen)

Assumption Clause

Klauseln zur Assumption definieren Gegenstand, Umfang, Zeitpunkt, Bedingungen und etwaige Gegenleistungen der Übernahme.

Hold Harmless/Release/Waiver

Haftungsbezogene Klauseln regeln Freistellung, Haftungsverzicht oder Risikoakzeptanz und grenzen diese von einer echten Übernahme der Primärpflichten ab.

Listen und Anlagen

Aufstellungen zu übernommenen Pflichten („assumed liabilities”) oder ausgeschlossenen Positionen („excluded liabilities”) schaffen Transparenz über den Umfang der Assumption.

Internationale Besonderheiten

Die Beurteilung von Assumption hängt stark von der Rechtsordnung ab. In englischsprachigen Systemen sind die Begriffe scharf konturiert und vertraglich weit verbreitet. In kontinentaleuropäischen Ordnungen bestehen häufig spezielle Regelungen zur Wirksamkeit von Schuld- und Vertragsübernahmen sowie zur Haftungsbegrenzung. Im grenzüberschreitenden Kontext ist die genaue Begrifflichkeit für Auslegung und Durchsetzung entscheidend.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Assumption

Was bedeutet Assumption im rechtlichen Sinn?

Assumption ist die Übernahme einer Pflicht, Verbindlichkeit oder eines Risikos durch eine Partei. Je nach Kontext geht es um Schuldübernahme, Vertragsfortführung, Risikoakzeptanz oder die Übernahme von Verbindlichkeiten in Transaktionen.

Worin unterscheidet sich Assumption of Debt von Assignment und Novation?

Assumption of Debt verlagert die Schuld auf einen neuen oder einen zusätzlichen Schuldner. Assignment überträgt einzelne Rechte oder Pflichten, ohne zwingenden Parteiwechsel des gesamten Vertrags. Novation ersetzt einen Vertrag durch einen neuen mit geänderter Parteienkonstellation.

Ist für eine Assumption die Zustimmung des Gläubigers erforderlich?

Bei der Übernahme einer Hauptschuld ist die Zustimmung des betroffenen Gläubigers häufig maßgeblich, insbesondere wenn der ursprüngliche Schuldner aus der Haftung entlassen werden soll. Ohne Zustimmung kann die Wirkung auf das Innenverhältnis beschränkt sein.

Welche Auswirkungen hat eine Assumption auf Sicherheiten?

Der Umgang mit Sicherheiten hängt von der Ausgestaltung der Übernahme ab. Teilweise folgen Sicherheiten der übernommenen Verpflichtung, teilweise sind neue Sicherheiten oder gesonderte Vereinbarungen erforderlich.

Ist eine Freistellung dasselbe wie eine Assumption?

Nein. Die Freistellung betrifft die Erstattung oder Abwendung von Schäden oder Kosten, während die Assumption die Primärpflicht selbst übernimmt. Beide Konzepte können nebeneinander bestehen.

Welche Rolle spielt Assumption in der Insolvenz?

In insolvenznahen Situationen betrifft Assumption die Fortführung oder Übertragung ausgewählter Verträge und Verpflichtungen. Dadurch wird geklärt, welche Verpflichtungen bestehen bleiben und von wem sie getragen werden.

In welchen Verträgen ist Assumption besonders verbreitet?

Häufig findet sich Assumption in Kredit-, Miet-, Liefer- und Lizenzverträgen, in Transaktionsdokumenten sowie in Haftungsklauseln bei Veranstaltungen und sportlichen Aktivitäten.