Definition und Begriffsklärung des Arrestgrundes
Der Arrestgrund ist ein zentrales Element des deutschen Zivilprozessrechts und bezeichnet die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Gericht den Arrest – eine vorläufige Sicherungsmaßnahme zur Erhaltung von Vermögensrechten – anordnen kann. Der Arrestgrund ist in § 917 der Zivilprozessordnung (ZPO) für den dinglichen Arrest und in § 918 ZPO für den persönlichen Arrest geregelt.
Im weiteren Sinne versteht man unter Arrestgrund die Tatsache oder die tatsächlichen Umstände, die eine Besorgnis rechtfertigen, ohne eine sofortige Sicherung könnten die Durchsetzung des Anspruchs oder dessen Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert werden. Der Arrestgrund bildet somit das rechtliche Fundament für jede Arrestanordnung und dient dem Schutz des Gläubigers vor nachteiligen Veränderungen im Vermögen des Schuldners.
Gesetzliche Grundlagen
§ 917 ZPO – Dinglicher Arrest
§ 917 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass der dingliche Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung oder wegen einer Forderung, die in eine Geldforderung übergehen kann, zulässig ist, wenn zu besorgen ist, dass ohne die Arrestanordnung die Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
§ 918 ZPO – Persönlicher Arrest
§ 918 ZPO normiert den persönlichen Arrest, der zur Sicherung der Vollstreckung von Ansprüchen auf Abgabe einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verhängt werden kann, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Schuldner sich der Vollstreckung entziehen will.
Erfordernisse und Voraussetzungen des Arrestgrundes
Besorgnis der Vereitelung oder Erschwerung
Wichtigster Arrestgrund ist die Besorgnis der Vereitelung oder erheblichen Erschwerung der späteren Zwangsvollstreckung. Es genügt, wenn auf Grund konkreter Tatsachen die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass der Schuldner Maßnahmen ergreifen wird, die die Durchsetzung des titulierten Anspruchs vereiteln oder erschweren könnten.
Konkrete Beispiele für diese Besorgnis sind etwa das Verschleudern von Vermögenswerten, die Verlagerung von Vermögen ins Ausland, die drohende Zahlungsunfähigkeit oder das Verschleiern von Vermögenswerten.
Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht
Das Vorliegen eines Arrestgrundes muss der Antragsteller schlüssig darlegen und gemäß § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen. Es reicht nicht aus, allgemeine Vermutungen zu äußern; vielmehr müssen Tatsachen vorgetragen werden, die eine konkrete Wahrscheinlichkeit der Gefahr ergeben.
Arrestgrund und materiell-rechtlicher Anspruch
Zu unterscheiden ist der Arrestgrund vom Arrestanspruch. Während der Arrestanspruch das zu sichernde materielle Recht bezeichnet, stellt der Arrestgrund die besondere Gefährdungslage dar, die die Anordnung der Sicherungsmaßnahme rechtfertigt.
Bedeutung des Arrestgrundes in der Praxis
Dem Arrestgrund kommt in der gerichtlichen Entscheidungspraxis erhebliche Bedeutung zu. Eine richterliche Arrestanordnung ist nur dann rechtmäßig, wenn das Gericht sowohl den Arrestanspruch als auch den Arrestgrund eindeutig bejaht. Liegt der Arrestgrund nicht vor oder wird er nicht ausreichend glaubhaft gemacht, ist der Antrag auf Arrest abzuweisen.
Die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung des Arrestgrundes sind in der Rechtsprechung mitunter streng. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass Gerichte insbesondere bei Kontobewegungen, Vermögensverschiebungen oder drohendem Verlust fassbarer Vermögensgegenstände einen Arrestgrund annehmen können.
Arten des Arrestes und deren spezifische Arrestgründe
Dinglicher Arrest
Beim dinglichen Arrest wird insbesondere darauf abgestellt, ob die Durchsetzung einer Geldforderung gefährdet ist. Typische Arrestgründe sind hier das Veräußern oder Übertragen von Vermögenswerten, bevor ein vollstreckbarer Titel erlangt wird.
Persönlicher Arrest
Beim persönlichen Arrest steht im Vordergrund, dass der Schuldner versucht, sich persönlich durch Flucht oder Unauffindbarkeit der Vollstreckung zu entziehen. Hierfür sind konkrete Hinweise, etwa unerklärte Abwesenheit oder Verlegungen des Wohnsitzes, als Arrestgrund ausreichend.
Unterschied zu anderen Sicherungsinstrumenten
Der Arrestgrund ist vom Verfügungsgrund im Verfahren der einstweiligen Verfügung zu unterscheiden. Während der Arrestgrund eine abstrakte Gefährdung der Zwangsvollstreckung ausreicht, erfordert der Verfügungsgrund eine Eil- oder Dringlichkeitssituation bezüglich eines bestimmten Anspruchs.
Im Unterschied zur Sicherungshypothek, zur Sicherungsübereignung oder zum Pfändungspfandrecht setzt der Arrest als gerichtliche Maßnahme stets einen besonderen Arrestgrund voraus, der auf einer konkreten Gefährdungslage basiert.
Verfahren und Ablauf der Arrestanordnung
Arrestantrag
Ein Arrestantrag muss sowohl den Arrestgrund als auch den zu sichernden Anspruch konkret bezeichnen und die Tatsachen für die Gefährdungslage nachvollziehbar darlegen.
Glaubhaftmachung
Die Tatsachen, die für das Vorliegen des Arrestgrundes sprechen, sind glaubhaft zu machen. Zulässige Mittel der Glaubhaftmachung sind beispielsweise eidesstattliche Versicherungen, Urkunden oder Zeugenaussagen.
Gerichtliche Entscheidung
Das Gericht prüft eigenständig, ob ein Arrestgrund gegeben ist, und kann bei erfolgreichem Arrestantrag den Arrest durch Arrestbefehl anordnen. Der Arrestbefehl ist sofort wirksam und kann auch ohne mündliche Verhandlung ergehen, sofern Eilbedürftigkeit besteht.
Aufhebung und Wegfall des Arrestgrundes
Mangelt es nach der Anordnung des Arrestes an einem fortbestehenden Arrestgrund, kann der Schuldner nach § 926 Abs. 1 ZPO beantragen, dass der Arrest aufgehoben wird. Gelingt es dem Schuldner, die behauptete Gefährdungslage zu widerlegen oder zu beseitigen (zum Beispiel durch Sicherheitsleistung), besteht der Arrestgrund nicht mehr und die Sicherungsmaßnahme ist aufzuheben.
Rechtsschutz und Rechtsmittel
Gegen die Anordnung oder Ablehnung eines Arrestes ist die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO statthaft. Der Arrestgrund unterliegt der vollen richterlichen Überprüfung im Beschwerdeverfahren. Die Entscheidung fällt nach Aktenlage ohne erneute mündliche Verhandlung, außer das Gericht hält eine solche für erforderlich.
Zusammenfassung
Der Arrestgrund ist die unverzichtbare Voraussetzung für die Anordnung eines gerichtlichen Arrestes im deutschen Zivilprozessrecht. Er konkretisiert die Gefahr, dass ohne sofortige Sicherung eine Zwangsvollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung und die enge Auslegung durch die Gerichte gewährleisten, dass der Arrest als erhebliche Einschränkung der Rechte des Schuldners nur in tatsächlich bedrohlichen Situationen zulässig ist.
Häufig gestellte Fragen
Wann wird ein Arrestgrund im deutschen Recht angenommen?
Ein Arrestgrund wird grundsätzlich angenommen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass ohne den Arrest die Durchsetzung des künftigen Vollstreckungsanspruchs gefährdet erscheint. Dies ist gemäß § 917 Abs. 2 ZPO insbesondere dann der Fall, wenn zu besorgen ist, dass der Schuldner Maßnahmen ergreift, um die spätere Vollstreckung zu erschweren oder unmöglich zu machen. Klassische Beispiele sind die beabsichtigte Verlagerung von Vermögenswerten ins Ausland, das Verschleiern oder Veräußern von Vermögen, um so der künftigen Vollstreckung zu entgehen. Der Gläubiger muss konkrete Tatsachen darlegen und glaubhaft machen, die den Arrestgrund begründen. Eine bloße Besorgnis oder allgemeine Vermutung reicht nach ständiger Rechtsprechung nicht aus. Der Arrestgrund dient dabei ausschließlich dem Sicherungszweck und ist von etwaigen materiell-rechtlichen Ansprüchen strikt zu trennen.
Welche Nachweise sind für den Arrestgrund erforderlich?
Der Antragsteller trägt die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für das Vorliegen eines Arrestgrundes. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung richten sich nach § 294 ZPO. Das bedeutet, der Gläubiger muss schlüssig Tatsachen vortragen und diese durch Beweismittel wie eidesstattliche Versicherungen, Urkunden oder Zeugen glaubhaft machen. Absolute Beweissicherheit ist nicht erforderlich, aber substanzielle und konkrete Hinweise, dass beispielsweise Vermögen verschoben werden soll oder bereits Maßnahmen zur Vermögensverschleierung ergriffen wurden, sind nötig. Indizien genügen, wenn sie den Schluss auf eine Gefährdung der Vollstreckung rechtfertigen.
Wie unterscheidet sich der Arrestgrund bei dinglichem und persönlichem Arrest?
Beim dinglichen Arrest (§ 916 ZPO) bezieht sich der Arrestgrund auf die Sicherung des Anspruchs auf Geld oder geldwerte Forderungen und setzt voraus, dass die Vollstreckung durch Vermögensverschiebungen gefährdet ist. Im Gegensatz dazu betrifft der persönliche Arrest (§ 927 ZPO) die Freiheit der Person, etwa zur Sicherung eines Anspruchs auf Herausgabe einer Person oder Leistung. Hier ist der Arrestgrund gegeben, wenn zu erwarten ist, dass sich die Person dem Verfahren oder der Vollstreckung entziehen möchte, zum Beispiel durch Flucht oder Untertauchen. Die rechtlichen Maßstäbe zur Glaubhaftmachung sind jedoch in beiden Fällen vergleichbar streng.
Welche Rolle spielt der Arrestgrund im Verhältnis zur Hauptsache?
Der Arrestgrund ist vom Arrestanspruch, der sich auf die Hauptsache bezieht, abzugrenzen. Während der Arrestanspruch sich auf das materielle Recht stützt und die Gläubigerposition begründet, betrifft der Arrestgrund nur das Bedürfnis nach vorläufigem Rechtsschutz, also die Gefahr der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Zwangsvollstreckung. Die gerichtliche Prüfung bezieht sich ausdrücklich auf beide Voraussetzungen. Selbst wenn der Arrestanspruch vorliegt, muss das Gericht den Arrestgrund eigenständig und unabhängig prüfen und feststellen.
Ist der Arrestgrund auch bei behördlichen oder öffentlichen Schuldnern erforderlich?
Grundsätzlich gilt der Arrestgrund auch bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Schuldner. Allerdings wird anerkannt, dass bei derartigen Schuldnern die Gefahr der Vermögensverschiebung bzw. der Vereitelung der Zwangsvollstreckung regelmäßig ausgeschlossen ist, da diese kraft Gesetzes einer geordneten Finanzverwaltung unterliegen. Deshalb ist ein Arrest gegen Behörden oder Gemeinwesen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen mit besonderen, konkreten Anhaltspunkten für einen Arrestgrund zulässig.
Wie verhält sich der Arrestgrund im internationalen Kontext?
Bei internationalen Sachverhalten (beispielsweise mit Schuldnern, die Vermögen ins Ausland verbringen könnten oder ihren Sitz im Ausland haben) kommt dem Arrestgrund häufig erhöhte Bedeutung zu. Die Rechtsprechung verlangt in diesen Fällen indizielle Anhaltspunkte oder eine konkrete Gefahr, dass aufgrund fehlender oder erschwerter Vollstreckungsmöglichkeiten im Ausland der Arrest zur Sicherung notwendig ist. Der Gläubiger muss also insbesondere darlegen, warum im Ausland keine gleichwertige Sicherung des künftigen Vollstreckungsanspruchs möglich ist.
Werden Arrestgründe im Familienrecht gesondert bewertet?
Im Rahmen des Familienrechts, insbesondere bei Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsansprüchen, kann ein Arrestgrund unter erleichterten Voraussetzungen angenommen werden, da erfahrungsgemäß häufiger die Gefahr besteht, dass Vermögenswerte den Zugriffsmöglichkeiten entzogen werden. Dennoch müssen auch in diesen Verfahren konkrete Umstände glaubhaft gemacht werden, die auf eine Gefährdung der Vollstreckung schließen lassen. Gerichte tragen dem häufig durch eine besonders schnelle und summarische Prüfung im Eilverfahren Rechnung.