Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Definition und Bedeutung
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts stellt. Sie regeln standardisierte und wiederkehrende Abläufe des Erwerbs von Waren oder Dienstleistungen und werden insbesondere im unternehmerischen Geschäftsverkehr eingesetzt. AGB dienen der Rationalisierung und Vereinheitlichung von Vertragsschlüssen. Sie sind Bestandteil vieler Verträge im Geschäfts- und Verbraucheralltag und gewinnen im Zeitalter des E-Commerce zunehmend an Bedeutung.
Rechtsgrundlage
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen in Deutschland sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 305 bis 310 BGB geregelt. Die Vorschriften gelten sowohl für Verträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Verbraucherverträge) als auch – mit gewissen Einschränkungen – für Verträge zwischen Unternehmen.
§ 305 BGB – Einbeziehung von AGB
Gemäß § 305 BGB gelten AGB als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Partei einer anderen im Rahmen des Vertragsabschlusses stellt. Es ist nicht erforderlich, dass die Bedingungen mehrfach tatsächlich verwendet wurden; die Absicht der Mehrfachverwendung genügt.
§ 305a BGB – Besondere Arten von AGB
§ 305a BGB regelt bestimmte Arten von Klauseln, deren Wirksamkeit ausdrücklich gesetzlich festgelegt ist, zum Beispiel bei Fahrplanangaben im öffentlichen Verkehr.
§§ 306 bis 309 BGB – Inhaltskontrolle
Diese Vorschriften regeln die Prüfung von Klauseln, von der Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen (§ 306) über Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit (§§ 307-309).
§ 310 BGB – Anwendungsbereich
§ 310 BGB differenziert zwischen Verbraucherverträgen und Verträgen zwischen Unternehmen und nimmt Einschränkungen beziehungsweise Erweiterungen der Anwendbarkeit sowie Ausnahmen vor.
Einbeziehung von AGB in Verträge
Voraussetzungen der Einbeziehung
Damit AGB wirksam in einen Vertrag einbezogen werden, müssen sie dem Vertragspartner bei Vertragsschluss entweder ausdrücklich zur Kenntnis gebracht werden oder es muss auf sie eindeutig hingewiesen werden (§ 305 Abs. 2 BGB). Der Verwender muss dem Vertragspartner die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme verschaffen, etwa durch Aushang oder Beifügung. Der Vertragspartner muss mit der Geltung der AGB einverstanden sein. Insbesondere im Online-Handel reicht ein deutlich sichtbarer Hinweis auf die AGB und die Abrufbarkeit der Bestimmungen.
Ausnahmen
AGB finden keine Anwendung, wenn sie individuell zwischen den Parteien ausgehandelt wurden (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB) oder wenn sie nach Vertragsschluss gestellt werden.
Inhaltskontrolle
Die Inhaltskontrolle sichert die Transparenz und Angemessenheit der Vertragsbedingungen. Sie erfolgt in drei Stufen:
Transparenzgebot (§ 307 BGB)
Klauseln müssen klar und verständlich formuliert sein. Unklare oder mehrdeutige Bestimmungen sind unwirksam.
Unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB)
Klauseln dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, eingeschränkt werden.
Klauselverbote (§§ 308, 309 BGB)
Bestimmte Klauseln sind generell unwirksam. Beispiele hierfür sind unangemessen lange Vertragsbindungen (§ 309 Nr. 9 BGB) oder überraschende und nicht erwartbare Regelungen.
Rechtsfolgen unwirksamer AGB-Klauseln
Sind einzelne Bestimmungen der AGB unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam; an die Stelle der unwirksamen Klausel tritt die gesetzliche Regelung (§ 306 BGB). Eine sogenannte „geltungserhaltende Reduktion“, also die Anpassung der Klausel auf ein zulässiges Maß, findet grundsätzlich nicht statt.
Internationale Aspekte von AGB
Anwendbarkeit im internationalen Rechtsverkehr
Im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr ist zu prüfen, welches Recht Anwendung findet. Häufig kommt das UN-Kaufrecht (CISG) zur Anwendung, dessen Regelungen zu Allgemeine Geschäftsbedingungen von den nationalen Vorschriften abweichen können. Ebenso ist die Rom I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008) zur Bestimmung des anwendbaren Rechts von Bedeutung.
Verbraucherschutz im EU-Kontext
Die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen harmonisiert die AGB-Kontrolle in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie verpflichtet zur nationalen Umsetzung eines wirksamen Schutzsystems gegen missbräuchliche Vertragsbedingungen.
Typische Inhalte von AGB
- Zahlungsbedingungen und Fälligkeit
- Lieferkonditionen
- Eigentumsvorbehalt
- Gewährleistung und Haftungsbeschränkung
- Gerichtsstandvereinbarungen
- Salvatorische Klauseln
Diese Inhalte müssen stets den Vorgaben der gesetzlichen Regelungen, insbesondere der AGB-Kontrolle, entsprechen.
Ausschluss und individuelle Gestaltung
Individuell ausgehandelte Vertragsbedingungen gehen den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Insbesondere im B2B-Bereich besteht die Möglichkeit, die Anwendung gesetzlicher Vorgaben zu modifizieren, soweit keine speziellen Schutzvorschriften entgegenstehen.
Speicherung und Beweislast
Der Verwender von AGB trägt die Darlegungs- und Beweislast für deren wirksame Einbeziehung in den Vertrag. Daher ist es ratsam, Nachweise über die Bekanntgabe und die konkrete Vereinbarung der AGB im Streitfall vorlegen zu können.
Bedeutung und Risiken
Allgemeine Geschäftsbedingungen erleichtern die Abwicklung von Massengeschäften, sind jedoch auch risikobehaftet. Unwirksame Klauseln können zu Rechtsstreitigkeiten führen oder Wettbewerbsverstöße nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) begründen. Insbesondere im Verbraucherbereich sind transparente und faire Geschäftsbedingungen essentiell, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten.
Dieser Beitrag bietet eine umfassende und strukturierte Übersicht zu Begriff, Funktion und rechtlichen Rahmenbedingungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im deutschen Recht und internationalen Kontext.
Häufig gestellte Fragen
Müssen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) immer schriftlich vorliegen?
Im rechtlichen Kontext besteht keine generelle Pflicht, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) schriftlich zu verfassen. Nach deutschem Recht, insbesondere gemäß § 305 ff. BGB, können AGB auch mündlich vereinbart werden. Allerdings ist zu beachten, dass bei mündlicher Übermittlung erhebliche Beweisschwierigkeiten auftreten können. Im elektronischen Geschäftsverkehr und insbesondere bei Fernabsatzverträgen verlangt der Gesetzgeber jedoch, dass dem Vertragspartner die AGB in einer Art und Weise zur Verfügung gestellt werden, die es ihm ermöglicht, deren Inhalt zu speichern und unverändert wiederzugeben (§ 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB). Für Verbraucherverträge besteht meist zudem eine Impressumspflicht nach § 312c BGB, weshalb die Schriftform – beziehungsweise zumindest die Textform – faktisch unerlässlich ist. Bei nachträglichen Streitigkeiten über die Einbeziehung und den Inhalt der AGB ist die nachweisbare Bereitstellung, etwa in schriftlicher oder elektronischer Form, entscheidend und aus Beweisgründen dringend anzuraten.
Wann werden AGB wirksam in einen Vertrag einbezogen?
AGB werden nur dann Bestandteil eines Vertrages, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Das bedeutet zunächst, dass der Verwender der AGB ausdrücklich auf die Geltung der AGB hinweisen muss, und zwar grundsätzlich vor oder spätestens bei Vertragsschluss (§ 305 Abs. 2 BGB). Dies kann durch einen klaren Hinweis im Angebot, im Bestellprozess oder auf einer Auftragsbestätigung geschehen. Der Vertragspartner muss zudem die Möglichkeit haben, in zumutbarer Weise von dem Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen (z. B. durch Aushang, Übermittlung oder als Download auf einer Webseite). Zuletzt muss der Vertragspartner der Geltung der AGB zustimmen. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, gelten die AGB entweder gar nicht oder ausschließlich der individuelle Vertragsinhalt. Darüber hinaus gibt es im internationalen Rechtsverkehr und im Handelsrecht Sonderregelungen, die teilweise von diesen Grundsätzen abweichen können.
Welche gesetzlichen Grenzen gibt es bei der Gestaltung von AGB?
Die inhaltliche Ausgestaltung von AGB ist nicht völlig frei, sondern unterliegt strengen gesetzlichen Beschränkungen. Die wesentlichen Prüfungen erfolgen anhand der §§ 307 bis 309 BGB. AGB-Klauseln dürfen keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellen (§ 307 BGB), dürfen keine überraschenden Klauseln enthalten und müssen klar und verständlich formuliert sein. Außerdem sind bestimmte Regelungen stets unwirksam, beispielsweise der völlige Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit oder bestimmte Verkürzungen gesetzlicher Gewährleistungsrechte (§ 309 BGB). Besonders verbraucherschützende Normen, wie das Transparenzgebot und das Verbot überraschender Klauseln, schränken die Gestaltung weiter ein. Im Falle einer Unwirksamkeit einzelner Klauseln bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, es sei denn, das Festhalten am Vertrag würde eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen (§ 306 BGB).
Gelten AGB automatisch auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern?
Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern, dem sogenannten B2B-Bereich (Business-to-Business), gelten grundsätzlich die gleichen einbeziehungsrechtlichen Voraussetzungen wie im Verbrauchergeschäft. Auch hier müssen AGB vor Vertragsschluss wirksam einbezogen werden. Allerdings werden die Maßstäbe für die inhaltliche Kontrolle häufig nicht so streng angelegt wie im Bereich Verbraucherrechte; das Transparenzgebot bleibt aber bestehen. In der Praxis werden AGB im unternehmerischen Rechtsverkehr auch vielfach stillschweigend akzeptiert, ein Umstand, den Gerichte bei langjährigen Geschäftsbeziehungen durchaus anerkennen. Dennoch gibt es keinen Automatismus – die AGB müssen dem Vertragspartner auch im geschäftlichen Verkehr zumindest zur Kenntnis gebracht werden, damit sie Vertragsbestandteil werden. Außerdem entsteht im Handelsrecht manchmal ein sogenannter „AGB-Battle“, wenn beide Seiten eigene AGB verwenden, wobei dann spezielle Kollisionsregeln zur Anwendung kommen.
Welche Folgen hat die Unwirksamkeit einzelner AGB-Klauseln?
Ist eine einzelne Klausel einer AGB unwirksam, bleibt gemäß § 306 BGB der übrige Vertrag im Grundsatz weiterhin gültig. Die unwirksame Klausel wird durch die entsprechende gesetzliche Regelung ersetzt (sogenannte geltungserhaltende Reduktion findet im AGB-Recht nicht statt). Es besteht jedoch die Ausnahme, dass der gesamte Vertrag dann als nichtig zu behandeln ist, wenn das Festhalten an dem Vertrag auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei bedeuten würde. In diesem Fall tritt die sogenannte Gesamtnichtigkeit ein. Der Verwender der AGB trägt stets das Risiko, dass eine oder mehrere Klauseln von Gerichten als unwirksam beurteilt werden, was in der Praxis dazu führt, dass AGB regelmäßig auf ihre aktuelle Rechtskonformität überprüft werden sollten.
Können Kunden nach Vertragsschluss die Geltung von AGB widerrufen?
Nach Abschluss eines Vertrages ist ein nachträglicher Widerruf der Einbeziehung der AGB durch den Kunden rechtlich ausgeschlossen, außer es handelt sich um spezielle gesetzlich geregelte Widerrufs- oder Rücktrittsrechte (z. B. im Fernabsatzgeschäft nach §§ 355 ff. BGB). Die Einbeziehung der AGB ist verbindlich, sofern sie nach den gesetzlichen Voraussetzungen wirksam erfolgte. Lediglich bei Unkenntnis oder bei Verstoß gegen Transparenz- oder Überrumpelungsverbot kann sich der Kunde nachträglich gegen bestimmte Klauseln wehren oder diese erfolgreich angreifen. Ein „einseitiger Widerruf“ oder die selektive Ablehnung einzelner AGB-Bestimmungen ist im Regelfall jedoch nicht möglich.
Worin besteht der Unterschied zwischen individuell ausgehandelten Vertragsbedingungen und AGB?
Nach deutschem Recht werden AGB als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen verstanden (§ 305 Abs. 1 BGB), die eine Partei der anderen bei Vertragsschluss stellt. Individuell ausgehandelte Einzelabsprachen, also solche, bei denen über Inhalt und Bedeutung tatsächlich verhandelt wurde, gehen hingegen den AGB vor und unterliegen nicht der strengen AGB-Kontrolle (§ 305b BGB). Immer dann, wenn eine Vertragsbedingung individuell ausgehandelt wurde, wird sie isoliert von den AGB geregelt und gilt auch bei Widersprüchen zwischen AGB und Einzelabsprachen vorrangig. Prüfungsmaßstab ist also, ob der Vertragspartner auf Inhalt und Zustandekommen einer bestimmten Klausel wirklichen Einfluss nehmen konnte oder ob diese lediglich als Teil eines vorformulierten Vertrags vorgelegt wurde.
Diese Zusammenstellung bietet einen umfassenden Einblick in die wichtigsten rechtlichen Fragen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie sie im Alltag von Unternehmen und Verbrauchern regelmäßig auftreten.