Definition und Grundlagen der akzessorischen Rechte
Akzessorische Rechte sind Rechtspositionen, deren Bestehen, Umfang und Durchsetzbarkeit in rechtlicher Abhängigkeit zu einem anderen Recht (Hauptrecht) stehen. Sie sind unselbstständige Nebenrechte, die erst infolge des Bestehens eines Hauptrechts in das Leben treten und mit dessen Wegfall in der Regel ebenfalls erlöschen. Akzessorische Rechte treten insbesondere im Zusammenhang mit Sicherungsrechten und Nebenrechten im Schuldverhältnis auf.
Charakteristika akzessorischer Rechte
Akzessorische Rechte weisen folgende wesentliche Merkmale auf:
- Abhängigkeit: Das akzessorische Recht existiert ausschließlich in Verbindung mit einem bestimmten Hauptrecht, oft einer Hauptforderung.
- Automaticität: Änderungen im Bestand oder Umfang des Hauptrechts wirken sich unmittelbar auf das akzessorische Recht aus.
- Sicherungsfunktion: Häufig dienen akzessorische Rechte der Absicherung des Hauptrechts oder dessen Durchsetzung.
Rechtliche Einordnung und Systematik
Die Einordnung akzessorischer Rechte erfolgt im Zivilrecht, insbesondere im Schuldrecht, Sachenrecht und Sicherungsrecht. Sie sind abzugrenzen von selbstständigen Rechten (nicht-akzessorisch), deren Bestehen unabhängig von anderen Rechten ist.
Typische Beispiele akzessorischer Rechte
Bürgschaft (§§ 765 ff. BGB)
Die Bürgschaft ist das klassische Beispiel eines akzessorischen Rechts. Der Bürge verpflichtet sich gegenüber dem Gläubiger für die Erfüllung einer Verbindlichkeit des Hauptschuldners einzustehen. Das Bestehen und der Umfang der Bürgschaft richten sich nach der gesicherten (Haupt-)Forderung.
Hypothek (§§ 1113 ff. BGB)
Auch die Hypothek ist akzessorisch ausgestaltet. Sie sichert eine fällige oder künftige Forderung und besteht nur, solange diese Forderung besteht. Erlöschen, Reduzierung oder Änderung der Hauptforderung wirken sich auf die Hypothek aus.
Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB)
Pfandrechte an beweglichen Sachen und Rechten sind ebenfalls akzessorisch. Sie setzen das Bestehen einer zu sichernden Forderung voraus und bleiben nur solange bestehen, wie diese Forderung besteht.
Nebenrechte (§ 401 BGB)
Typische Nebenrechte wie Zinsen, Vertragsstrafen oder Sicherheiten gelten als akzessorisch; sie können nach § 401 BGB im Rahmen einer Abtretung gemeinsam mit der Hauptforderung auf den Erwerber übergehen.
Rechtsfolgen und Auswirkungen der Akzessorietät
Übertragung und Abtretung
Bei einer Abtretung (Zession) eines akzessorischen Rechts folgt dieses automatisch dem Hauptrecht. Dies bedeutet, dass mit der Übertragung der Hauptforderung regelmäßig auch das akzessorische Sicherungsrecht – beispielsweise eine Bürgschaft oder ein Pfandrecht – übergeht.
Erlöschen
Das Erlöschen des Hauptrechts zieht das akzessorische Recht zwingend mit sich. Wird ein Darlehen vollständig beglichen, erlöschen entsprechende Bürgschaft, Hypothek oder Pfandrecht automatisch.
Umfang der Haftung
Die Haftung aus einem akzessorischen Recht kann niemals größer sein als diejenige aus dem gesicherten Hauptrecht. Sie ist in Bestand, Umfang und Fälligkeit stets an das Hauptrecht geknüpft.
Akzessorietät im internationalen Kontext
Akzessorische Rechte sind im deutschen Recht besonders ausgeprägt, finden sich jedoch auch in vergleichbaren Rechtsordnungen wie etwa im österreichischen und schweizerischen Recht. Die Grundfunktion – Sicherung bzw. Verstärkung eines Hauptrechts – bleibt dabei erhalten, Unterschiede ergeben sich jedoch häufig im Bereich der Rechtsfolgen bei Änderung oder Erlöschen des Hauptrechts.
Unterschiede zu selbstständigen (abstrakten) Rechten
Im Gegensatz zu akzessorischen Rechten bestehen selbstständige – sogenannte abstrakte – Rechte unabhängig vom Hauptrecht. Klassisches Beispiel hierfür ist die Grundschuld, die vom Bestehen einer Forderung unabhängig ist (Abstraktionsprinzip im Grundstücksrecht).
Zusammenfassende Bewertung
Akzessorische Rechte sind ein tragendes Strukturmerkmal des Zivilrechts und unerlässlich für zahlreiche praxisrelevante Rechtsinstitute im deutschen Recht. Sie gewährleisten die enge Bindung zwischen Sicherung und gesicherter Forderung sowie deren rechtliche Einheit. Das Prinzip der Akzessorietät beeinflusst Übertragbarkeit, Bestand und Durchsetzbarkeit zahlreicher Rechte im Schuld- und Sachenrecht maßgeblich und bildet die Basis für ein ausgewogenes Sicherungssystem.
Hinweise zur Literatur
Zur weiteren Vertiefung empfiehlt sich die Lektüre der gesetzlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 398-401, 761, 1113 ff., 1204 ff. BGB, sowie einschlägige Kommentare und Lehrbücher im Zivilrecht.
Häufig gestellte Fragen
Wann erlöschen akzessorische Rechte?
Akzessorische Rechte erlöschen grundsätzlich mit dem Wegfall oder Untergang der Hauptforderung, an die sie gebunden sind. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Akzessorietät: Solange die Hauptforderung besteht, bleibt das akzessorische Recht erhalten. Erlischt beispielsweise die Hauptforderung durch Erfüllung (§ 362 BGB), Aufrechnung (§ 389 BGB), Erlass (§ 397 BGB) oder Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB), so erlischt auch das akzessorische Recht automatisch. Es bedarf hierfür keiner zusätzlichen Erklärung oder sonstigen Handlung. Auch bei einem Gläubigerwechsel, wie etwa im Wege der Abtretung, bleibt das akzessorische Recht grundsätzlich bestehen und folgt der Forderung. Umgekehrt bleibt das Recht jedoch nicht eigenständig, sondern ist stets abhängig von Bestand und Umfang der Hauptforderung; eine isolierte Geltendmachung nach deren Wegfall ist daher nicht möglich. Spezialgesetze, wie etwa das Schuldverschreibungsgesetz, können hiervon abweichende Regelungen enthalten; insoweit ist jeweils eine genaue Prüfung erforderlich.
Inwiefern beeinflussen Einreden gegen die Hauptschuld die Ausübung akzessorischer Rechte?
Einreden, die sich gegen die Hauptforderung richten, wirken sich direkt auf das akzessorische Recht aus. Kann beispielsweise der Schuldner der Hauptverbindlichkeit eine Einrede wie Verjährung (§ 214 BGB), Stundung oder Anfechtung geltend machen, so kann er diese auch dem Inhaber des akzessorischen Rechts, etwa einem Bürge oder Hypothekengläubiger, entgegenhalten. Das akzessorische Recht kann somit nicht unabhängig von der rechtlichen Bestandssituation der Hauptforderung verwertet werden. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie Sonderregelungen im Bereich der Hypothek (§ 1138 BGB), bei denen ein gutgläubiger Erwerber unter Umständen eine unbelastete Rechtsstellung erlangen kann. Grundsätzlich gilt aber: Die Einreden „haften“ der Forderung an und durchdringen, kraft gesetzlicher Bindung, das akzessorische Recht in gleichem Maße.
Wie werden akzessorische Sicherheiten übertragen?
Die Übertragung akzessorischer Sicherheiten richtet sich nach der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung des Sicherungsrechts und folgt grundsätzlich der Hauptforderung. Dies bedeutet beispielsweise, dass bei einer Abtretung einer gesicherten Forderung (§§ 398 ff. BGB) das akzessorische Recht, etwa eine Bürgschaft (§ 401 BGB) oder eine Hypothek (§ 1153 Abs. 1 BGB), automatisch und ohne gesonderte Verfügung auf den neuen Gläubiger übergeht. Voraussetzung ist dabei, dass das Recht noch besteht und die gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine isolierte Übertragung des akzessorischen Rechts ohne die Hauptforderung ist hingegen ausgeschlossen, da seine Existenz und Wirksamkeit untrennbar an das Schicksal der gesicherten Forderung geknüpft ist.
Welche Unterschiede bestehen zwischen akzessorischen und abstrakten Rechten?
Akzessorische Rechte zeichnen sich durch ihre Abhängigkeit von einer konkreten Hauptforderung aus; ihr Bestehen, ihr Umfang sowie ihr Erlöschen richten sich stets nach dem Bestand dieser Forderung. Typische Beispiele sind Bürgschaft, Hypothek oder Pfandrecht. Abstrakte Rechte hingegen, wie die Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB), bestehen unabhängig von einer zugrundeliegenden Forderung. Sie können isoliert bestellt, abgetreten oder geltend gemacht werden, ohne dass eine konkrete Verbindlichkeit bestehen muss. Während also akzessorische Rechte nur zusammen mit der Hauptforderung existieren (Akzessorietät), sind abstrakte Rechte rechtlich verselbstständigte Sicherungsinstrumente, die einer separaten Sicherungsabrede bedürfen, etwa über eine Sicherungsgrundschuld.
Kann das akzessorische Recht in seinem Bestand von der Hauptforderung abweichen?
Nein, das akzessorische Recht kann in seinem Bestand, Umfang und Bestandteilen niemals von der Hauptforderung abweichen. Die Akzessorietät bewirkt, dass alle Modifikationen der Hauptforderung – etwa Erlass, Teilverbesserung, Verzinsung oder Teilzahlung – unmittelbar auf das akzessorische Recht durchschlagen. Tritt beispielsweise bei der Hauptforderung eine Stundung oder Teilerlass ein, reduziert oder modifiziert sich das akzessorische Recht automatisch in gleichem Maße. Selbst Nebenrechte (wie Zinsen, Vertragsstrafen oder Kosten) haften dem akzessorischen Recht nur insoweit an, als sie von der Hauptschuld umfasst sind.
Haben akzessorische Rechte Vorrang vor später entstandenen dinglichen oder obligatorischen Rechten?
Akzessorische Rechte genießen ihren Rang aus dem Zeitpunkt der Entstehung der gesicherten Hauptforderung beziehungsweise der Bestellung des Sicherungsrechts. Im deutschen Recht gilt der sogenannte Prioritätsgrundsatz („wer zuerst kommt, mahlt zuerst“). Das bedeutet, dass ein frühzeitig entstandenes akzessorisches Sicherungsrecht im Regelfall Vorrang gegenüber später entstehenden gleich- oder andersartigen Sicherungen erhält. Bei konkurrierenden Sicherungsrechten, etwa mehreren Hypotheken, richtet sich der Rang nach dem Zeitpunkt der Eintragung oder, bei der Bürgschaft, nach dem Abschluss des Bürgschaftsvertrags. Allerdings können in Sonderkonstellationen, etwa bei gesetzlichen Rangänderungen oder Sicherungsabtretungen, abweichende Regelungen gelten.
Welche Bedeutung haben akzessorische Rechte in der Insolvenz des Hauptschuldners?
Im Insolvenzverfahren des Hauptschuldners sichern akzessorische Rechte die bevorrechtigte Stellung ihres Inhabers. Sie gewähren dem Sicherungsnehmer (z.B. Pfandgläubiger, Hypothekengläubiger, Bürge) ein Absonderungsrecht gemäß §§ 49 ff. InsO, welches bedeutet, dass er bevorzugt aus dem Sicherungsobjekt (z.B. Grundstück, bewegliche Sache) befriedigt wird. Die Akzessorietät bewirkt hierbei, dass das Recht fortbesteht, solange eine Insolvenzforderung besteht. Wird die Forderung durch den Sicherungsgegenstand ganz oder teilweise erfüllt, reduziert sich das akzessorische Recht entsprechend. Hat der Gläubiger nachrangige Sicherungen, so erfasst die Insolvenzquote des Hauptschuldners auch die restliche, nicht durch das akzessorische Recht realisierte Forderung. Besondere Vorschriften greifen bei der Insolvenzanfechtung, etwa wegen Gläubigerbenachteiligung, und führen mitunter zur Rückgewähr des Sicherungsrechts.