Begriffserläuterung: AGG Hopper
Der Begriff AGG Hopper beschreibt eine Person, die Arbeitsverhältnisse oder Bewerbungsprozesse systematisch dazu nutzt, potenzielle Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anzuzeigen und daraus materielle Vorteile zu ziehen. Die Bezeichnung leitet sich von den englischen Begriffen „to hop“ (springen) und „AGG“ (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) ab und verweist auf das gezielte „Springen“ von Stelle zu Stelle mit dem Ziel, Entschädigungen gemäß AGG geltend zu machen.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), am 18. August 2006 in Kraft getreten, soll Diskriminierungen im Arbeitsleben sowie beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen verhindern bzw. beseitigen. Das Gesetz verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§ 1 AGG).
Schutzzweck des AGG
Das AGG verfolgt das Ziel, sicherzustellen, dass niemand aus den genannten Gründen benachteiligt wird. Um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, sieht das Gesetz umfangreiche Klagerechte und Entschädigungsansprüche für Betroffene vor.
Funktionsweise und Motivation von AGG Hoppern
AGG Hopper bewerben sich häufig wissentlich auf Stellenanzeigen, die bereits formale Fehler oder potenziell diskriminierende Inhalte aufweisen. Nach einer Ablehnung machen sie Entschädigungsansprüche geltend, oft mit der Begründung, sie seien aufgrund eines durch das AGG geschützten Merkmals ungerecht behandelt worden. In vielen Fällen fehlt jedoch ein ernsthaftes Interesse an dem jeweiligen Arbeitsplatz.
Typische Handlungsweise
- Bewerbung mit Fokus auf formale Fehler in Stellenausschreibungen
- Dokumentation des Bewerbungsprozesses als mögliche Beweisgrundlage
- Klage oder außergerichtliche Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach Ablehnung
- Mehrfache Wiederholung des Vorgehens bei unterschiedlichen Arbeitgebern
Rechtliche Bewertung des AGG Hoppers
Die Tätigkeit von AGG Hoppern befindet sich im Spannungsfeld zwischen dem durch das AGG geschützten Diskriminierungsschutz und dem Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilrecht (§ 242 BGB). Gerichte prüfen daher detailliert, ob der Anspruch des Bewerbers tatsächlich besteht oder rechtsmissbräuchlich geltend gemacht wurde.
Rechtsmissbrauch und Treu und Glauben
Nach § 242 BGB ist die Geltendmachung eines Anspruchs ausgeschlossen, wenn er rechtsmissbräuchlich erfolgt. Die Rechtsprechung hat festgelegt, dass Personen, die sich ohne ernsthaftes Beschäftigungsinteresse lediglich zum Zwecke einer Entschädigungszahlung bewerben, keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG haben.
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG):
Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach klargestellt, dass das AGG keine Anspruchsgrundlage für sogenannte AGG Hopper bietet, sofern ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nachgewiesen werden kann (z.B. BAG, 13.10.2011 – 8 AZR 608/10). Entscheidend ist stets, ob tatsächlich ein berechtigtes Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bestand.
Beweislast
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Bewerber lediglich als AGG Hopper agiert, trägt grundsätzlich der Arbeitgeber. Indizien für ein fehlendes echtes Bewerbungsinteresse können zahlreiche gleichlautende Bewerbungen mit gleichem Inhalt, das Fehlen von Qualifikationen sowie Wortlautauszüge aus dem AGG in der Bewerbung sein.
Anspruchsausschluss bei AGG Hoppern
Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG ist ausgeschlossen, wenn der Bewerber nachweislich kein ernstes Interesse an der Beschäftigung hatte. Die Rechtsprechung verlangt eine Einzelfallprüfung, wobei insbesondere das Verhalten des Bewerbers im Zusammenhang mit dessen sonstigen Bewerbungsaktivitäten betrachtet wird.
Relevante Rechtsprechung
Im Zusammenhang mit AGG Hoppern sind folgende Urteile maßgeblich:
- BAG, Urteil vom 13.10.2011 – 8 AZR 608/10:
Kein Entschädigungsanspruch bei fehlendem Beschäftigungsinteresse.
- BAG, Urteil vom 11.8.2016 – 8 AZR 406/14:
Systematische Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen stellt Rechtsmissbrauch dar.
- EuGH, Urteil vom 28.7.2016 – C-423/15 („Kratzer“):
Europarechtliche Bestätigung der BAG-Rechtsprechung, dass Missbrauch der Rechte aus Gleichbehandlungsrichtlinien keine Ansprüche begründet.
Maßnahmen gegen AGG Hopper
Empfehlungen für Arbeitgeber
- Sorgfältige Formulierung von Stellenausschreibungen
Vermeidung diskriminierender Formulierungen und Einhaltung des AGG.
- Dokumentation des Bewerbungsprozesses
Um sich im Streitfall effektiv verteidigen zu können, sollte insbesondere das Verfahren und der Umgang mit Bewerbungen dokumentiert werden.
- Prüfung der Bewerbermotivation
In Verdachtsfällen sollte geprüft werden, ob objektive Hinweise auf fehlendes ernsthaftes Interesse vorliegen.
Prävention
Arbeitgebern wird geraten, regelmäßige Schulungen zum AGG durchzuführen und Bewerbungsabläufe zu standardisieren, um Anhaltspunkte für rechtsmissbräuchliche Bewerbungen frühzeitig zu erkennen.
Zusammenfassung
Der Begriff AGG Hopper kennzeichnet Personen, die systematisch Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verfolgen, ohne ein tatsächliches Interesse an der angebotenen Stelle zu haben. Die Rechtsprechung sieht in diesem Verhalten einen Rechtsmissbrauch, der zum Verlust von Entschädigungsansprüchen führt. Arbeitgeber sind gehalten, Stellenausschreibungen AGG-konform zu gestalten und Bewerbungsprozesse sorgfältig zu dokumentieren, um sich im Streitfall entsprechend verteidigen zu können. Die Rechtsprechung bietet einen klaren Rahmen zur Abwehr missbräuchlicher Ansprüche, verlangt aber im Einzelfall eine genaue Überprüfung des Bewerberverhaltens.
Häufig gestellte Fragen
Was ist ein AGG-Hopper und wie wird dieser rechtlich definiert?
Ein AGG-Hopper ist eine Person, die systematisch AGG-Rechtsverletzungen (vor allem aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – AGG) geltend macht, ohne tatsächlich ein ernsthaftes Interesse an der ausgeschriebenen Stelle oder Leistung zu haben. Juristisch betrachtet handelt es sich dabei um Bewerber oder Anspruchsteller, deren vorrangiges Ziel es ist, Entschädigungs- oder Schadensersatzforderungen nach § 15 AGG durch gezielte Testbewerbungen zu erzwingen. Solche Bewerbungen zeichnen sich durch fehlendes echtes Erwerbsinteresse sowie durch eine Vielzahl von Bewerbungen, insbesondere bei Unternehmen, die bekanntermaßen gegen das AGG verstoßen (z. B. durch diskriminierende Stellenanzeigen), aus. Die Rechtsprechung, etwa das Bundesarbeitsgericht (BAG), qualifiziert AGG-Hopper regelmäßig so, dass ihnen der gesetzliche Entschädigungsanspruch nach dem AGG versagt bleibt, da das Gesetz den Schutz vor Diskriminierung im Erwerbsleben gewährleisten und keine reinen „Abkassierer“ schützen will.
Wie erkennt die Rechtsprechung einen AGG-Hopper?
Die Rechtsprechung beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wann eine Person als AGG-Hopper einzustufen ist. Wesentliche Indizien sind unter anderem die Anzahl und Gestaltung der Bewerbungen sowie deren objektiver Gehalt. Wenn beispielsweise ein Bewerber sich in sehr kurzer Zeit systematisch auf zahlreiche Stellen bewirbt und dabei stets auf (vermeintliche) Diskriminierungen verweist, ohne tatsächlich an einer Einstellung interessiert zu sein (z. B. Bewusstes Offenlegen nicht ausreichender Qualifikationen), wird regelmäßig AGG-Hopping unterstellt. Zudem werden Indizien wie bereits zuvor erstrittene Entschädigungszahlungen, identisch formulierte Bewerbungen und fehlende ernsthafte Nachfassaktionen (z. B. Nachfragen zum Stand der Bewerbung) herangezogen. Die Gerichte prüfen dabei stets den Einzelfall umfassend im Lichte der Gesamtumstände.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen einem Unternehmen bei einer Klage eines AGG-Hoppers?
Grundsätzlich haben Unternehmen – auch bei einer Klage durch einen AGG-Hopper – das AGG einzuhalten. Das bedeutet, dass jede Diskriminierung rechtswidrig wäre und grundsätzlich einen Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch nach § 15 AGG auslösen könnte. Erkennt das Gericht jedoch, dass der Anspruchsteller als AGG-Hopper einzustufen ist, wird der Anspruch in der Regel wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) abgelehnt. Um sich rechtlich abzusichern, ist es für Unternehmen dennoch essenziell, auf diskriminierungsfreie Stellenausschreibungen und transparente Auswahlprozesse zu achten, da die Beweispflicht teilweise beim Arbeitgeber liegt. Sollte ein Unternehmen den Vorwurf des AGG-Hopping vermuten, muss dies im Prozess substantiiert und mit Belegen (z. B. Bewerbungsverhalten) untermauert werden.
Besteht überhaupt Anspruch auf Entschädigung, wenn der Bewerber ein AGG-Hopper ist?
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben sogenannte AGG-Hopper keinen Anspruch auf Entschädigung oder Schadensersatz nach § 15 AGG, weil der eigentliche Sinn und Zweck des Gesetzes – der Diskriminierungsschutz von ernsthaft arbeitssuchenden Personen – verfehlt wird. Der Missbrauch der zivilrechtlichen Klageinstrumente zur reinen Gewinnerzielung wird als unzulässig angesehen. Das BAG stellt hierfür vornehmlich auf das fehlende Interesse an dem ausgeschriebenen Arbeitsplatz ab. Dennoch muss stets im Einzelfall geprüft werden, ob das Vorbringen des Unternehmens substantiiert genug ist, um die Rechtsmissbräuchlichkeit zu belegen.
Wie sollten sich Unternehmen im Umgang mit (vermeintlichen) AGG-Hoppern verhalten?
Unternehmen sollten in allen Bewerbungsverfahren sorgfältig das AGG einhalten und jede Diskriminierung, auch unbeabsichtigte, vermeiden. Sobald der Verdacht auf einen AGG-Hopper besteht, empfiehlt es sich, das Bewerbungsverhalten und die Motivation des Bewerbers detailliert zu dokumentieren. Im Klagefall müssen Indizien gesammelt und im Verfahren vorgetragen werden (z. B. systematische Bewerbungen, mangelndes Interesse an der Position, zahlreiche gerichtliche Geltendmachungen). Ein restriktiver, aber dennoch rechtlich transparenter Umgang verhindert sowohl die Gefahr von Schadensersatzansprüchen als auch das Entstehen kostenintensiver Gerichtsverfahren.
Gibt es gerichtliche Präzedenzfälle zum Thema AGG-Hopper?
Ja, insbesondere das Bundesarbeitsgericht (z. B. BAG, Urteil vom 13.10.2011 – 8 AZR 608/10) und nachgeordnete Instanzgerichte haben sich mehrfach mit AGG-Hopping befasst. Die Gerichte entschieden wiederholt, dass rein zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen eingereichte Bewerbungen einen Rechtsmissbrauch darstellen und daher keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG begründen. Für die Praxis ist dabei wesentlich, dass stets auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist und keine generelle Vermutung zugunsten oder zulasten des Anspruchstellers besteht. Die Rechtsprechung ist insgesamt restriktiv gegenüber AGG-Hoppern, stellt aber auch klar, dass echte Diskriminierungen weiterhin vom Schutzzweck des AGG umspannt sind.
Welche Nachweispflichten treffen die Parteien im Klageverfahren wegen angeblicher AGG-Hopping-Bewerbungen?
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren obliegt es dem Arbeitgeber, Umstände vorzutragen und – soweit möglich – zu beweisen, dass der Bewerber ein AGG-Hopper ist und somit rechtsmissbräuchlich handelt. Dies kann z. B. durch Vorlage von Massenbewerbungen, gleichlautenden Schreiben oder dem Nachweis fehlender ernsthafter Auseinandersetzung mit der ausgeschriebenen Stelle erfolgen. Demgegenüber muss der Bewerber darlegen, dass ein echtes Interesse am Erhalt der ausgeschriebenen Position bestand und keine missbräuchliche Intention vorlag. Im Zweifelsfall obliegt die finale Beweiswürdigung dem Gericht, welches die Umstände des Einzelfalls abwägt.