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Adoptionssachen


Begriff und rechtliche Einordnung von Adoptionssachen

Adoptionssachen bezeichnen im deutschen Recht sämtliche gerichtlichen und rechtlichen Verfahren, die die Annahme eines Kindes als Kind (Adoption) sowie deren Aufhebung oder Folgen betreffen. Sie sind eine besondere Unterart der sogenannten Kindschaftssachen und unterliegen den speziellen Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO), des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Gesetzliche Grundlage für Adoptionssachen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die materiellen Regelungen zur Adoption finden sich in den §§ 1741 ff. BGB. Hier werden die Voraussetzungen, das Verfahren und die rechtlichen Folgen der Adoption umfassend definiert. Insbesondere wird differenziert zwischen der Minderjährigenadoption (§§ 1741 bis 1766 BGB) und der Volljährigenadoption (§§ 1767 bis 1772 BGB).

FamFG – Verfahrensrechtliche Vorschriften

Das FamFG regelt im Siebten Buch, Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 (§§ 186 bis 199 FamFG) das Verfahren in Adoptionssachen und formuliert die besonderen Anforderungen an das gerichtliche Verfahren zur Annahme als Kind.

Internationale Regelungen

Bei internationalen Sachverhalten, wie etwa grenzüberschreitenden Adoptionen, sind zudem das Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ) sowie das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) maßgeblich.

Arten von Adoptionssachen

Minderjährigenadoption

Hierbei wird eine Person unter 18 Jahren als Kind angenommen. Nach deutschem Recht wird grundsätzlich nur die Volladoption (starke Adoption) vollzogen, bei der das Adoptivkind in vollem Umfang die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Adoptiveltern erlangt (§ 1754 BGB).

Voraussetzungen

  • Annahmefähiges Kind: Nur eine nach deutschem Recht annehmbare minderjährige Person.
  • Annehmende Person: Grundsätzlich mindestens 25 Jahre alt (§ 1743 BGB); Ehepaare können nur gemeinsam adoptieren.
  • Wohl des Kindes: Die Adoption muss dem Kindeswohl dienen und eine Eltern-Kind-Beziehung erwarten lassen.
  • Einwilligung: Voraussetzung ist weiterhin die Einwilligung der leiblichen Eltern und des Kindes (ab 14 Jahren).

Volljährigenadoption

Die Adoption eines Volljährigen ist ausnahmsweise möglich (§ 1767 BGB). Dabei kann zwischen einer sogenannten starken und einer schwachen Adoption differenziert werden. Die rechtlichen Wirkungen entsprechen jedoch nicht vollumfänglich denen der Minderjährigenadoption.

Voraussetzungen

  • Darlegung eines Eltern-Kind-Verhältnisses: Es muss bereits ein bestehendes, personenbezogenes Eltern-Kind-Verhältnis vorliegen oder begründbar sein.
  • Beachte: Die Rechtsfolgen betreffen beim Volljährigen grundsätzlich nur das Verhältnis zum Annehmenden und dem Adoptierenden.

Internationale Adoption

Hier gelten ergänzend die Regelungen des HAÜ und der §§ 187 ff. FamFG. Das internationale Adoptionsverfahren ist oft komplex und erfordert die Abstimmung mit ausländischen Behörden.

Verfahrensablauf in Adoptionssachen

Einleitung des Verfahrens

Das Adoptionsverfahren wird beim zuständigen Familiengericht angestoßen. Es handelt sich um einen sogenannten Antragsverfahren, das von den Annehmenden, den Eltern des Kindes oder durch das Jugendamt beantragt werden kann.

Beteiligte im Verfahren

Im Adoptionssachen-Verfahren sind regelmäßig folgende Personen / Institutionen zu beteiligen:

  • Annehmende Person(en)
  • Anzunehmende Person (Kind)
  • leibliche Eltern des Kindes
  • Jugendamt, das eine Stellungnahme abgibt (§ 189 FamFG)
  • gegebenenfalls Ergänzungspfleger oder Verfahrensbeistand

Rechte und Anhörung

Alle Beteiligten haben ein rechtliches Gehör. Insbesondere das minderjährige Kind (ab 14 Jahre), die leiblichen Eltern und das Jugendamt müssen umfassend angehört werden. Das Gericht prüft das Kindeswohl durch persönliche Anhörung des Kindes (§ 195 FamFG).

Entscheidung und Rechtskraft

Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Annahme wird mit Rechtskraft des Beschlusses wirksam (§ 197 FamFG). Gegen den Beschluss ist die Beschwerde gemäß § 59 FamFG eröffnet.

Wirkungen der Adoption

Mit Wirksamwerden besteht zwischen Adoptivkind und Adoptiveltern ein Eltern-Kind-Verhältnis mit allen persönlichen und vermögensrechtlichen Folgen. Die Verwandtschaftsverhältnisse zu den leiblichen Eltern erlöschen weitgehend (§ 1755 BGB).

Aufhebung und Anfechtung von Adoptionssachen

Eine bereits wirksame Adoption kann nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben werden (§ 1760 BGB), etwa bei schwerwiegenden Mängeln im Adoptionsverfahren oder fehlender Einwilligung. Die Anfechtung erfolgt nur innerhalb bestimmter Fristen und ist streng formgebunden.

Datenschutz und Geheimhaltung

Adoptionssachen unterliegen strengsten Datenschutzbestimmungen. Die Einsicht in Adoptionsakten ist nur unter den Vorgaben der §§ 63 ff. FamFG und nur für Berechtigte möglich. Adoptionsgeheimnis und Schutz der Persönlichkeitsrechte des Kindes und der abgebenden Eltern genießen oberste Priorität.

Häufige Fallgestaltungen und streitige Aspekte in Adoptionssachen

  • Einwilligungsproblematik: Streit um die Einwilligung der leiblichen Eltern, insbesondere bei fehlendem Kontakt oder unbekanntem Aufenthalt.
  • Adoption durch Stiefeltern: Besondere Regelungen gelten im Falle von Adoptionen durch einen neuen Ehepartner eines Elternteils.
  • Rückgängigmachung: Sehr selten, etwa bei Missbrauch des Adoptionsverhältnisses oder arglistiger Täuschung.

Bedeutung und gesellschaftlicher Stellenwert von Adoptionssachen

Adoptionssachen ermöglichen Kindern in schwierigen Lebenslagen die Integration in eine neue, stabile Familie. Sie tragen zum Kindeswohl und zur Schaffung verlässlicher Familienstrukturen bei, stellen aber zugleich hohe Anforderungen an gerichtliche Prüfung und den Schutz aller Beteiligten.


Fazit

Adoptionssachen sind ein vielschichtiger Bereich des deutschen Familienrechts, der umfangreiche materielle und verfahrensrechtliche Vorschriften mit strengem Fokus auf das Kindeswohl verbindet. Die Verfahren sind eng normiert, um sowohl dem individuellen Interesse der Kindesannahme als auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten umfassend gerecht zu werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche Gerichte sind in Adoptionssachen zuständig?

Für Adoptionssachen ist in Deutschland ausschließlich das Familiengericht zuständig (§ 23b Abs. 1 Nr. 2 GVG, §§ 186 ff. FamFG). Das Familiengericht ist Teil des Amtsgerichts am Wohnsitz des Annehmenden zur Zeit der Antragstellung. Bei Auslandsbezug oder mehreren Wohnsitzen kann sich die Zuständigkeit nach speziellen internationalen Vorschriften richten. Das gerichtliche Verfahren ist ein sogenanntes „Nichtstreitverfahren“ und unterliegt den besonderen Vorschriften des Familienverfahrensgesetzes (FamFG). In Adoptionssachen prüft das Gericht vor allem, ob die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 1741 ff. BGB) für die Annahme als Kind vorliegen und ob das Kindeswohl gewahrt ist. In fast allen Fällen schaltet das Gericht das Jugendamt während des Anhörungsverfahrens als sachverständige Stelle ein (§ 189 FamFG). Gegen Entscheidungen des Familiengerichts ist unter bestimmten Umständen die Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 58 FamFG) möglich.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Adoption nach deutschem Recht erfüllt sein?

Nach deutschem Recht sind in den §§ 1741 ff. BGB verschiedene Voraussetzungen für die Annahme als Kind geregelt. Zunächst müssen sowohl der Annehmende als auch das Kind antragsberechtigt sein. Der Annehmende muss mindestens 25 Jahre alt sein (§ 1743 BGB) und die Adoption darf nur ausgesprochen werden, wenn sie dem Wohl des Kindes dient (§ 1741 Abs. 1 BGB). Ehepaare können ein Kind nur gemeinsam adoptieren; Ausnahmen gelten bei biologischer Elternschaft eines Ehegatten (Stiefkindadoption). Bei unverheirateten Personen ist eine gemeinsame Adoption ausgeschlossen, es kann aber eine Einzelperson adoptieren. Die Einwilligung der leiblichen Eltern ist erforderlich (§ 1747 BGB), es sei denn, diese ist entbehrlich, etwa bei dauerhafter Unbekanntheit des Aufenthalts oder grober Pflichtverletzung gegenüber dem Kind. Das Kind selbst muss ab einem gewissen Alter (ab 14 Jahren) der Adoption zustimmen (§ 1746 Abs. 1 BGB). Zudem werden im Vorfeld umfangreiche Eignungsprüfungen und Beratungen durch die Adoptionsvermittlungsstelle durchgeführt.

Welche Rechtsfolgen ergeben sich durch eine Adoption?

Mit dem Beschluss des Familiengerichts zur Annahme wird das adoptierte Kind rechtlich so gestellt, als ob es ein leibliches Kind des Annehmenden wäre (§ 1754 Abs. 1 BGB). Sämtliche Rechtsbeziehungen zu den bisherigen Eltern und deren Verwandten erlöschen mit der Aussprache der Annahme, ausgenommen sind bestimmte Adoptionsformen wie die Erwachsenenadoption mit schwacher Wirkung. Das Adoptivkind erhält den Familiennamen des Annehmenden und hat die gleichen Erb- und Unterhaltsrechte wie jedes leibliche Kind. Die Möglichkeit zur Rückgängigmachung der Adoption ist äußerst eingeschränkt und nur unter engen Voraussetzungen (beispielsweise erhebliche Täuschung oder Zwang bei der Einwilligung) möglich (§§ 1760 ff. BGB).

Wie läuft das gerichtliche Adoptionsverfahren konkret ab?

Das gerichtliche Adoptionsverfahren beginnt mit einem schriftlichen Antrag beim zuständigen Familiengericht. Das Gericht fordert in der Regel eine Umgangs- und Eignungsüberprüfung sowie Stellungnahmen des Jugendamtes ein. Im weiteren Verlauf werden die Beteiligten angehört, darunter der Annehmende, das Kind (sofern altersgemäß möglich), etwaige leibliche Eltern und das Jugendamt. Während des Verfahrens prüft das Gericht eingehend, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ob das Kindeswohl durch die Adoption gefördert wird. Die Adoption darf nicht ausgesprochen werden, wenn „berechtigte Gründe“ dagegenstehen (§ 1741 Abs. 1 BGB). Nach umfassender Prüfung erlässt das Gericht einen Beschluss, der die Annahme wirksam werden lässt. Die Adoption wird mit Rechtskraft des Beschlusses wirksam und ist ab diesem Zeitpunkt im Geburtenregister zu beurkunden (§ 1752 BGB).

Welche Besonderheiten gelten bei Auslandsadoptionen?

Bei Auslandsadoptionen sind sowohl deutsche wie auch internationale und das Herkunftsland betreffende Vorschriften zu beachten. Maßgeblich sind hier die Regelungen des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (Haager Adoptionsübereinkommen – HAÜ) sowie die Vorschriften des Adoptionswirkungsgesetzes (AdWirkG). Eine Auslandsadoption ist in Deutschland nur rechtswirksam anerkannt, wenn sie mit dem Kindeswohl vereinbar ist und die Vermittlung über eine anerkannte Auslandsvermittlungsstelle erfolgt. Zudem muss das Bundesamt für Justiz in bestimmten Fällen die Anerkennung der ausländischen Entscheidung bestätigen. Erfolgt die Adoption ohne Einschaltung der vorgesehenen Stellen („unbegleitete Adoption“), kann dies zu massiven Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Eltern-Kind-Zuordnung und späteren Erbrechten führen.

Was versteht man unter einer Stiefkindadoption und welche rechtlichen Besonderheiten gibt es?

Unter der Stiefkindadoption versteht man die Annahme eines Kindes durch den neuen Ehepartner eines leiblichen Elternteils. Rechtlich hat diese Form der Adoption gewisse Erleichterungen: Die Altersgrenzen sind flexibler und die Zustimmungspflichten sind auf das noch bestehende Sorge- bzw. Umgangsrecht des leiblichen Elternteils und das betroffene Kind beschränkt. Der andere, nicht mit dem Annehmenden verheiratete, Elternteil muss in der Regel der Adoption zustimmen, es sei denn, dessen Zustimmung ist ausnahmsweise entbehrlich (z.B. bei Unauffindbarkeit oder grober Missachtung der Kindesinteressen). Die Stiefkindadoption führt dazu, dass die rechtlichen Beziehungen zum anderen leiblichen Elternteil erlöschen.

Können Erwachsene in Deutschland auch adoptiert werden?

Die Adoption von Erwachsenen ist nach §§ 1767 ff. BGB zulässig. Sie verfolgt regelmäßig andere Zwecke als die Minderjährigenadoption, vor allem die rechtliche Angleichung an familiäre oder wirtschaftliche Bindungen. Eine Erwachsenenadoption kann „stark“ (mit vollständigem Erlöschen bestehender Verwandtschaftsverhältnisse) oder „schwach“ (bloßes Hinzutreten zur bestehenden Familie) ausgesprochen werden. Voraussetzung ist stets ein berechtigtes Interesse, wie etwa die Herstellung eines Eltern-Kind-Verhältnisses, das in der Jugendzeit bereits bestanden hat. Der Adoptierende muss mindestens 21 Jahre alt sein. Eine Erwachsenenadoption darf nicht erfolgen, wenn überwiegend erbrechtliche oder steuerliche Motive im Vordergrund stehen (§ 1767 Abs. 1 BGB). Auch hier entscheidet das Familiengericht im Rahmen eines formalisierten Verfahrens und nach umfassender Prüfung.