Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Vertragsrecht»Abtretungsverbot

Abtretungsverbot


Begriffsdefinition und Rechtsgrundlagen des Abtretungsverbots

Das Abtretungsverbot bezeichnet im deutschen Zivilrecht eine vertragliche oder gesetzliche Regelung, durch welche die Abtretung (Zession) einer Forderung durch den Gläubiger an einen Dritten ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Ein Abtretungsverbot hat maßgeblichen Einfluss auf die Übertragbarkeit von Forderungen und stellt ein bedeutsames Element im Schuldrecht dar.

Gesetzliche Grundlage für das Abtretungsverbot ist § 399 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welcher verschiedene Formen und Wirkungen des Abtretungsverbots regelt.


Gesetzliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch

§ 399 BGB: Ausschluss der Abtretung

Gemäß § 399 BGB kann der Gläubiger eine Forderung grundsätzlich an einen Dritten abtreten, sofern diese nicht durch Vereinbarung zwischen den Parteien oder durch Gesetz ausgeschlossen ist. Der Gesetzestext lautet:

Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.

Gesetzliche Abtretungsverbote

In bestimmten Fällen sieht das Gesetz selbst Abtretungsverbote vor. Beispiele hierfür sind:

  • § 613 Satz 2 BGB: Arbeitsentgeltansprüche, soweit sie gesetzlich nicht abtretbar sind.
  • § 850c ZPO: Beschränkungen der Übertragbarkeit und Verpfändbarkeit von pfändungsfreien Lohn- und Gehaltsforderungen.
  • Sondervorschriften im Sozial-, Handels- und Wettbewerbsrecht.

Vertragliche Abtretungsverbote

Gestaltung und Wirksamkeit

Vertragliche Abtretungsverbote werden regelmäßig in Verträgen aller Art – etwa Kauf-, Werk-, Miet- oder Darlehensverträgen – vereinbart. Sie dienen dem Interesse des Schuldners, etwaige Übertragungen an unbekannte Dritte zu verhindern und die ursprünglichen Vertragsbeziehungen zu wahren. Ein solches Abtretungsverbot bedarf keiner besonderen Form und kann ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden.

Typische Formulierungen sind beispielsweise:

  • „Die Abtretung von Forderungen ist ausgeschlossen.“
  • „Die Abtretung bedarf der vorherigen Zustimmung des Schuldners.“

Wirkung gegenüber Dritten (§ 354a HGB)

Im Handelsrecht existieren Ausnahmen; so ist nach § 354a Handelsgesetzbuch (HGB) eine vertragliche Abtretungsbeschränkung im unternehmensbezogenen Verkehr unwirksam gegenüber Dritten, sofern es sich um Geldforderungen handelt, es sei denn, der Dritte war bei Abschluss der Abtretung über das Verbot informiert.


Rechtsfolgen eines Abtretungsverbots

Innenverhältnis: Wirksamkeit zwischen den Vertragsparteien

Wird trotz eines wirksamen Abtretungsverbots eine Forderung abgetreten, ist diese Abtretung im Verhältnis zum ursprünglichen Schuldner und Gläubiger grundsätzlich unwirksam. Der Schuldner kann die Leistung weiterhin mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger erbringen (§ 399, § 401 BGB).

Außenverhältnis: Schutz des Schuldners

Der Schuldner ist berechtigt, die Leistung an den ursprünglichen Gläubiger zu erbringen. Hat er allerdings von der Abtretung und dem Fehlen eines wirksamen Abtretungsverbots Kenntnis, kann die Erfüllung an den neuen Gläubiger Pflicht werden, sofern dies den Vereinbarungen widerspricht.

Schadensersatz bei unzulässiger Abtretung

Wird eine Forderung entgegen einem vertraglichen Abtretungsverbot abgetreten, kann der Schuldner unter Umständen Schadensersatz verlangen, sofern ihm hieraus ein Nachteil entstanden ist (§ 280 I BGB).


Ausnahmen und Durchbrechungen

Zwingende gesetzliche Abtretungsverbote

Eine Abtretung ist zwingend ausgeschlossen, wenn die Erbringung der Leistung nur an eine bestimmte, von den Parteien vorgesehene Person möglich ist (sogenannte höchstpersönliche Leistungen, z. B. bei Unterhaltsansprüchen, Schadensersatzansprüchen wegen immateriellen Schadens).

Ausnahme im Unternehmensverkehr

Im unternehmerischen Geschäftsverkehr kann nach § 354a HGB auch bei vereinbarten Abtretungsverboten eine Abtretung von Geldforderungen erfolgen, um die Verkehrsfähigkeit dieser Forderungen zu gewährleisten. Der Schuldner kann jedoch mit dem Einwand des Abtretungsverbots gegenüber dem neuen Gläubiger auftreten, wenn dieser hiervon Kenntnis hatte.


Abtretungsverbot und Sicherungsrechte

Auswirkungen auf Sicherungsabtretungen (Zessionen)

Abtretungsverbote sind insbesondere bei der Sicherungsabtretung bedeutend, etwa im Kreditwesen. Banken und Kreditinstitute fordern häufig Sicherungsabtretungen von Forderungen ihrer Kunden. Besteht allerdings ein Abtretungsverbot, ist eine solche Sicherungsabtretung grundsätzlich unwirksam, wenn nicht anderweitige gesetzliche Regelungen eingreifen.

Bedeutung für Factoring und Forderungshandel

Im Factoring (Forderungsverkauf) sind Abtretungsverbote entscheidend, da sie die Übertragbarkeit von Forderungen auf den Factor beschränken können. Viele Factoringgesellschaften prüfen daher, ob Abtretungsverbote existieren und verlangen gegebenenfalls deren Aufhebung vor dem Forderungserwerb.


Praktische Bedeutung und Kritik

Funktionsweise

Abtretungsverbote bieten gerade im B2B-Verkehr (Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen) einen gewissen Schutz des Schuldners vor unerwünschten Forderungsübergängen, können aber zugleich die Flexibilität und Besicherungsmöglichkeiten auf Seiten des Gläubigers einschränken. Aufgrund der Bedeutung der Forderungsübertragbarkeit in der modernen Wirtschaft ist der Anwendungsbereich von Abtretungsverboten in bestimmten Branchen eingeschränkt.

Kritik und Reformbemühungen

In der Praxis wird teilweise kritisiert, dass Abtretungsverbote als Instrument zum Schutz vor Drittschuldnern missbraucht werden können und den freien Handel mit Forderungen (z. B. im Rahmen von Inkasso, Factoring oder der Kreditwirtschaft) erschweren. Im europäischen Kontext gibt es Bestrebungen, die Übertragbarkeit von Forderungen zu erleichtern und Abtretungsverbote stärker zu beschränken, um den Forderungsverkehr zu fördern.


Zusammenfassung

Das Abtretungsverbot ist ein zentraler Begriff des deutschen Schuldrechts und betrifft sowohl gesetzliche wie auch vertragliche Regelungen zur Übertragbarkeit von Forderungen. Es dient dem Schutz des Schuldners, beeinflusst jedoch maßgeblich die Verkehrsfähigkeit von Forderungen und ist daher von hoher Bedeutung in zahlreichen Geschäftsbereichen. Die Differenzierung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Abtretungsverboten sowie zahlreiche Ausnahmen und die Durchbrechung im Handelsrecht machen eine genaue Einzelfallprüfung erforderlich.


Siehe auch

  • Forderungsabtretung (Zession)
  • Sicherungszession
  • Factoring
  • § 399 BGB
  • § 354a HGB

Literatur

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Kommentar)
  • Münchener Kommentar zum BGB
  • Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Weblinks

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsfolgen hat ein wirksam vereinbartes Abtretungsverbot für die Vertragsparteien?

Ein wirksam vereinbartes Abtretungsverbot hat zur Folge, dass die abtretbare Forderung, auf die sich das Verbot bezieht, grundsätzlich nicht rechtswirksam auf einen Dritten übertragen werden kann (§ 399 Var. 2 BGB). Die Vertragsparteien sind in diesem Fall daran gebunden, dass die Forderung ausschließlich zwischen ihnen bestehen bleibt und nicht an außenstehende Dritte weitergegeben werden darf. Versucht der Gläubiger dennoch, die Forderung entgegen dem Abtretungsverbot abzutreten, ist diese Abtretung in der Regel nichtig. Eine Ausnahme kann lediglich dann bestehen, wenn das Abtretungsverbot nur schuldrechtlich, und nicht dinglich wirkt, d. h. wenn die Übertragung zwar möglich ist, aber gegenüber dem Schuldner als vertragswidrig angesehen wird. In Bezug auf die Parteien führt ein schuldrechtlich wirksames Abtretungsverbot dazu, dass der Zessionar keine Rechte gegen den Schuldner aus der abgetretenen Forderung geltend machen kann. Auch eventuelle Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Abtretungsverbots können zwischen den Vertragsparteien entstehen, wenn das Verbot missachtet wird. Daneben dient das Verbot dem Schutz des Schuldners, der damit vor einer ungewollten Veränderung des Gläubigers geschützt wird.

In welchen Fällen ist ein Abtretungsverbot gesetzlich zulässig oder sogar vorgeschrieben?

Abtretungsverbote sind nach deutschem Recht grundsätzlich zulässig und häufig in Verträgen vorgesehen, um die Übertragbarkeit bestimmter Forderungen einzuschränken. Sie sind insbesondere in Bereichen zu finden, in denen persönliche Leistungen oder ein besonderes Vertrauensverhältnis von Bedeutung sind, wie z. B. bei Arbeitslohnforderungen oder bestimmten Mietansprüchen. Darüber hinaus sieht das Gesetz in § 399 BGB ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Abtretbarkeit durch Vereinbarung auszuschließen. In Sonderfällen ist das Abtretungsverbot sogar zwingend vorgeschrieben, etwa bei höchstpersönlichen Ansprüchen im Familien- und Erbrecht (z. B. Rentenansprüche gem. § 53 SGB I). Allerdings ist ein genereller Ausschluss der Abtretung gesetzlich eingeschränkt, etwa wenn die Forderung aus einem Handelsgeschäft herrührt und der Schuldner ein Kaufmann ist, wobei § 354a HGB Abtretungsverbote in Bezug auf Geldforderungen für unwirksam erklärt. Ebenso gibt es gesetzliche Einschränkungen im Verbraucherschutz, z.B. nach § 308 Nr. 9 BGB, die den umfassenden Ausschluss der Abtretung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagen.

Hat ein Abtretungsverbot auch Wirkung gegenüber Dritten, insbesondere bei einer Zwangsvollstreckung?

Nach deutschem Recht unterscheidet man zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Abtretungsverbot. Ein rein schuldrechtliches Abtretungsverbot wirkt grundsätzlich nur zwischen den Parteien des zugrunde liegenden Schuldverhältnisses und nicht gegenüber Dritten. Dagegen entfaltet ein dingliches Abtretungsverbot Wirkung auch gegenüber Dritten, so dass die Forderung nicht wirksam abgetreten werden kann. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung kann jedoch ein rein schuldrechtliches Abtretungsverbot keine durchsetzbare Sperrwirkung entfalten, weil das Vollstreckungsgericht und der Vollstreckungsgläubiger nicht an schuldrechtliche Vereinbarungen gebunden sind, die nicht ins Grundbuch oder ein Register eingetragen sind. Bei einem gesetzlichen oder wirksam vereinbarten dinglichen Abtretungsverbot kann die Forderung aber selbst im Wege der Zwangsvollstreckung nicht abgetreten werden, sondern bleibt beim ursprünglichen Gläubiger. Somit ist die Frage stets im Einzelfall differenziert zu betrachten, insbesondere im Hinblick auf die Art des Abtretungsverbots und dessen dingliche oder lediglich schuldrechtliche Wirkung.

Kann ein Abtretungsverbot nachträglich aufgehoben oder abgeändert werden?

Ein Abtretungsverbot kann grundsätzlich nachträglich aufgehoben oder abgeändert werden, wenn alle Vertragsparteien, die das Verbot vereinbart haben, einverstanden sind. In der Regel bedarf es hierfür einer entsprechenden Änderungsvereinbarung oder eines Aufhebungsvertrags, der von allen betroffenen Parteien unterzeichnet werden muss. Die Aufhebung des Abtretungsverbots kann ausdrücklich erfolgen, indem eine bestimmte Klausel ersetzt oder gestrichen wird, oder konkludent, wenn die Parteien durch ihr Verhalten deutlich machen, dass das Verbot nicht mehr gelten soll. Im Zweifel empfiehlt sich aus Beweisgründen stets eine schriftliche Fixierung. Zu beachten ist allerdings, dass ein gesetzliches Abtretungsverbot, das beispielsweise bei höchstpersönlichen Forderungen besteht, nicht durch Vereinbarung der Parteien aufgehoben werden kann.

Wie wirkt sich ein Abtretungsverbot im Rahmen der Insolvenz eines Gläubigers aus?

Kommt es im Rahmen einer Insolvenz des ursprünglichen Gläubigers zu einem Abtretungsverbot, so hat dies auch im Insolvenzverfahren Bedeutung. Besteht ein wirksames Abtretungsverbot mit dinglicher Wirkung gemäß § 399 Var. 2 BGB, dann kann der Insolvenzverwalter diese Forderung nicht an Dritte übertragen, da sie unveräußerlich ist. Hingegen kann bei einem rein schuldrechtlichen Abtretungsverbot, das lediglich die Vertragsparteien bindet, der Insolvenzverwalter unter bestimmten Umständen die Forderung dennoch abtreten, insbesondere wenn dies im Interesse der Gläubigergesamtheit liegt. Die Einzelheiten richten sich danach, ob das Abtretungsverbot gemäß § 400 BGB (Geldforderungen bei Handelsgeschäften) oder anderen Spezialvorschriften durchbrochen werden kann. Betroffene Gläubiger müssen im Insolvenzfall stets prüfen, welche Reichweite das Abtretungsverbot hat und ob es auch den Insolvenzverwalter bindet.

Welche Anforderungen gelten für die Formulierung eines wirksamen Abtretungsverbots?

Für die Wirksamkeit eines Abtretungsverbots ist grundsätzlich keine besondere Form vorgeschrieben; es kann schriftlich, mündlich oder sogar konkludent vereinbart werden. Allerdings empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit eine schriftliche Vereinbarung. Der Inhalt des Abtretungsverbots sollte klar und eindeutig sein, das heißt, es muss erkennbar sein, auf welche Forderungen sich das Verbot bezieht und ob von einem absoluten oder nur einem schuldrechtlichen Abtretungsverbot ausgegangen werden soll. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist insbesondere auf die Vorgaben des § 354a HGB sowie des § 308 Nr. 9 BGB zu achten, die bei Geldforderungen und im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Beschränkungen für Abtretungsverbote vorsehen. Zudem sollten die Parteien darauf achten, ob das Verbot etwaige gesetzliche Regelungen aushebelt oder einschränkt, was im Zweifel zur Unwirksamkeit der Klausel führen kann.

Wann ist ein Abtretungsverbot nach § 354a HGB unwirksam?

Nach § 354a HGB ist ein Abtretungsverbot unwirksam, soweit es sich um eine Geldforderung aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft handelt. Das bedeutet, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr Geldforderungen auch dann abgetreten werden können, wenn vertraglich zwischen den Parteien ein Abtretungsverbot vereinbart wurde. Dadurch soll die Mobilisierung von Forderungen und insbesondere die Möglichkeit, diese als Kreditsicherheit zu verwenden (z. B. Factoring), erleichtert werden. Zu beachten ist jedoch, dass dies nur für Geldforderungen gilt und nur bei beiderseitigen Handelsgeschäften zwischen Kaufleuten. Für andere Arten von Forderungen oder bei Verträgen außerhalb des Handelsrechts kann das Abtretungsverbot wirksam bleiben. In jedem Fall bleibt der Schuldner durch Leistung an den bisherigen Gläubiger geschützt, wenn ihm die Abtretung nicht angezeigt wurde.