Begriff und Rechtsnatur der Abstandszahlung
Die Abstandszahlung ist ein im deutschen Recht regelmäßig verwendeter Begriff zur Bezeichnung einer einmaligen Geldleistung, die im Rahmen vertraglicher oder gesetzlicher Beziehungen zur Ablösung eines Anspruchs, zur Aufgabe eines Rechts oder zur Beendigung eines bestehenden Verhältnisses geleistet wird. Die Zahlung dient dabei als Ausgleich für Nachteile oder als Gegenleistung für die Aufgabe bestimmter Rechte und Ansprüche. Die Rechtsgrundlagen und die rechtliche Behandlung der Abstandszahlung sind je nach Anwendungsbereich unterschiedlich ausgestaltet und zu prüfen.
Anwendungsbereiche der Abstandszahlung
Mietrecht
Im Mietrecht nimmt die Abstandszahlung eine bedeutende Rolle ein, insbesondere bei der Beendigung von Mietverhältnissen. Häufig wird eine solche Zahlung vereinbart, wenn der bisherige Mieter bereit ist, die Wohnung vorzeitig zu räumen oder auf bestimmte Rechte, wie den Kündigungsschutz, zu verzichten. Ebenso kann eine Abstandszahlung dafür gezahlt werden, dass Einbauten oder Ausstattungen vom Mieter zurückgelassen werden oder bestimmte Ansprüche geltend gemacht werden.
Abstandszahlung im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen
Wird zwischen Vermieter und Mieter ein Aufhebungsvertrag geschlossen, in dem vereinbart wird, dass der Mieter die Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt räumt, kann eine Abstandszahlung als Gegenleistung vereinbart werden. Rechtlich handelt es sich hierbei um eine schuldrechtliche Vereinbarung, die den zivilrechtlichen Vorschriften insbesondere der §§ 311 ff. BGB unterliegt. Es besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit, die jedoch durch gesetzliche Beschränkungen, wie zum Beispiel Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder gesetzliche Verbote, etwa nach dem Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermRG), begrenzt ist.
Abstandszahlung bei Wohnungsvermittlung
Das Wohnungsvermittlungsgesetz enthält Beschränkungen für Abstandszahlungen, insbesondere im Hinblick auf Leistungen an Wohnungsvermittler. Nach § 4 Abs. 1 WoVermRG ist es untersagt, von Wohnungssuchenden über die Vermittlungsprovision hinausgehende Zahlungen für die Vermittlung („Abstandszahlungen“) zu verlangen. Ausgenommen sind Zahlungen für vom Mieter gewollte bewegliche Gegenstände.
Steuerliche Aspekte
Abstandszahlungen im Mietrecht können steuerlich unterschiedliche Behandlungen erfahren, abhängig davon, ob sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus einem Gewerbebetrieb darstellen. Näheres dazu regelt das Einkommensteuerrecht. Für Vermietende können derartige Einnahmen steuerpflichtig sein.
Arbeitsrecht
Im Arbeitsverhältnis kann eine Abstandszahlung im Zusammenhang mit der Auflösung eines Arbeitsvertrages auftreten. Sie ist regelmäßig abzugrenzen von der Abfindung. Während die klassische Abfindung als Entschädigungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes gilt, bezeichnet Abstandszahlung meist die Bevorratung bestimmter Rechte – etwa für das Unterlassen von Kündigungsschutzklagen oder die Nichtgeltendmachung weiterer Lohnansprüche.
Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen
Es gelten die allgemeinen Grundsätze des Schuldrechts. Abstandszahlungen sind in Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen ausdrücklich zu regeln. Typischerweise besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung eines Abstands. Die Zahlung kann jedoch sozialversicherungs- und steuerpflichtige Einkünfte begründen.
Gesellschaftsrecht
Auch im Gesellschaftsrecht findet die Abstandszahlung Anwendung, etwa beim Ausscheiden eines Gesellschafters gegen eine einmalige Zahlung, ohne dass gesetzliche oder vertragliche Abfindungsansprüche bestünden. Die rechtliche Grundlage bildet hier die privatrechtliche Vereinbarung unter Beachtung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften und etwaiger steuerlicher Vorgaben.
Pacht- und Immobilienrecht
Im Bereich der Immobilienübertragung oder der Beendigung von Pachtverhältnissen dient die Abstandszahlung dazu, beispielsweise als Entgelt dafür, dass ein Pächter das Pachtobjekt vorzeitig räumt oder seine Rechte aufgibt. Grundsätzlich ist die Vertragspraxis maßgeblich, jedoch können Inhaltskontrollen nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) eine Rolle spielen.
Wirksamkeit und Unwirksamkeit von Abstandszahlungen
Sittenwidrigkeit und Wucher
Nach § 138 BGB ist eine Abstandszahlung nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt oder einen wucherischen Charakter aufweist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Grenze der Angemessenheit und die freie Willensentschließung des leistenden Teils erheblich überschritten wird.
Verbotene Abstandszahlungen
Insbesondere bei der Überlassung von Wohnraum können gesetzwidrige oder verbotene Abstandszahlungen im Sinne des § 134 BGB grundsätzlich nichtig sein (Bezug § 4 WoVermRG). Der Empfänger hat im Fall einer ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB eine Rückzahlungsverpflichtung.
Form, Durchsetzbarkeit und Beweislast
Formvorschriften
Für Abstandszahlungen gibt es regelmäßig keine gesetzlichen Formerfordernisse. Sie unterliegen den für das Grundgeschäft geltenden Formvorschriften (z.B. Schriftform bei Grundstücksgeschäften, § 311b BGB).
Durchsetzbarkeit
Die Durchsetzbarkeit richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Unwirksame Abstandszahlungen sind über Bereicherungsrecht, insbesondere §§ 812 ff. BGB, rückforderbar.
Beweislast
Im Streitfall trägt derjenige, der die Unwirksamkeit der Abstandszahlung behauptet, die Darlegungs- und Beweislast für die Nichtigkeitstatbestände (Sittenwidrigkeit, Gesetzesverstoß).
Rechtsprechung zur Abstandszahlung
Gerichte haben sich vielfach mit der Rechtmäßigkeit, Angemessenheit und Rückforderbarkeit von Abstandszahlungen befasst. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Schutz des wirtschaftlich Schwächeren, wie etwa Mietern oder Arbeitnehmern, zu. Zentrale Kriterien sind stets die Vertragsfreiheit und deren Schranken sowie die Anwendbarkeit spezieller Schutzvorschriften.
Literatur und Quellen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermRG)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Relevante Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Dieser Artikel bietet eine systematische, umfassende und rechtlich fundierte Darstellung des Begriffs Abstandszahlung und seiner unterschiedlichen Erscheinungsformen im deutschen Recht.
Häufig gestellte Fragen
Ist eine Vereinbarung über eine Abstandszahlung beim Mietverhältnis rechtlich zulässig?
Die rechtliche Zulässigkeit einer Abstandszahlung im Mietverhältnis hängt maßgeblich vom Gegenstand der Zahlung und der Ausgestaltung der Vereinbarung ab. Grundsätzlich ist eine Abstandszahlung eine Einmalzahlung des Mieters an den Vermieter oder an den bisherigen Mieter (z. B. beim Wechsel eines Mieters), damit dieser bestimmte Ansprüche aufgibt oder bestimmte Vermögenswerte überlässt, etwa den Verbleib von Einrichtungsgegenständen in der Wohnung. Nach deutschem Mietrecht gibt es für die Vereinbarung über Abstandszahlungen keine generelle gesetzliche Regelung, jedoch unterliegt sie strengen Grenzen des § 4a WoVermRG, des § 535 ff. BGB sowie dem Grundsatz der Sittenwidrigkeit aus § 138 BGB. Insbesondere wird eine Vereinbarung über eine Abstandszahlung dann für unwirksam erachtet, wenn sie in einem auffälligen Missverhältnis zur tatsächlichen Gegenleistung steht oder dem Mieter eine unangemessene Benachteiligung aufbürdet. Auch Mechanismen des Mieterschutzes wie das Verbot von überhöhten Ablösezahlungen (vgl. § 4 Abs. 2 WoVermRG) finden Anwendung. Die Rechtsprechung des BGH verlangt zudem eine genaue Bestimmbarkeit und Schriftform der Vereinbarung, damit diese rechtlich Bestand hat.
Welche typischen Gegenstände können Gegenstand einer Abstandszahlung sein?
Im rechtlichen Kontext umfasst die Abstandszahlung typischerweise die Übernahme beweglicher Sachen, die sich in einer Mietwohnung befinden und deren Überlassung von einem Nachmieter oder Erwerber gewünscht wird. Dazu zählen insbesondere Möbel, Küchen, Teppiche oder sonstige Einrichtungsgegenstände, die der bisherige Mieter angeschafft und eingebaut hat. Darüber hinaus kann die Zahlung auch mit der Zusage des Vormieters verbunden sein, die Wohnung zu einem bestimmten Termin zu räumen, etwa bei vorzeitigen Neuvermietungen. Grundsätzlich ausgeschlossen ist hingegen eine Abstandszahlung für vertraglich geschuldete Handlungen, wie die ordnungsgemäße Rückgabe der Wohnung oder den Auszug zum Mietende, da dies bereits aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis resultiert und keine zusätzliche Vergütung rechtfertigt. Ebenfalls nicht zulässig ist es, Abstandszahlungen für die bloße Wohnungsüberlassung oder im Zusammenhang mit gesetzlich nicht vorgesehenen Leistungen (z. B. Vermittlungsprovisionen durch den Vermieter) zu verlangen, da dies gegen zwingende mietrechtliche Vorschriften verstößt.
Wie wirkt sich eine sittenwidrige Abstandszahlung auf den Mietvertrag aus?
Beruht eine Abstandszahlung nach Auffassung der Gerichte auf einer sittenwidrigen Vereinbarung gemäß § 138 BGB, so ist die betreffende Regelung nichtig. Sittenwidrigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Betrag in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert der überlassenen Gegenstände steht, also eine deutliche Überhöhung vorliegt, oder der Mieter unter Ausnutzung einer Not- oder Drucksituation zur Zahlung genötigt wird. Die Nichtigkeit der Abstandszahlung führt nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrags, sondern lediglich zur Unwirksamkeit der betreffenden Vertragsklausel. Bereits gezahlte sittenwidrige Abstände können gemäß § 812 BGB vom Mieter zurückgefordert werden. Der Anspruch auf Rückabwicklung besteht allerdings nur, sofern nicht die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB („Verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten“) eingreift, was sorgfältig im Einzelfall geprüft werden muss.
Welche Formerfordernisse bestehen für eine Vereinbarung über eine Abstandszahlung?
Eine Abstandszahlung betreffend bewegliche Sachen sollte grundsätzlich schriftlich vereinbart werden, um etwaige Streitigkeiten über Umfang und Wert der zu übernehmenden Gegenstände zu vermeiden. Nach § 550 BGB unterliegen wesentliche mietvertragliche Änderungen bei Verträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr der Schriftform. Zwar ist eine Abstandszahlung selbst keine notwendige Bedingung für das Zustandekommen des Mietvertrags, jedoch empfiehlt sich die schriftliche Dokumentation aus Beweisgründen und um die klaren vertraglichen Verpflichtungen der Parteien festzulegen. Im Rahmen der Beurkundung sollte eine genaue Spezifikation der zu übergebenden Gegenstände sowie der Höhe und Fälligkeit der Zahlung erfolgen. Für bestimmte Abschlagsvereinbarungen (z. B. Ablöse für fest installierte Einbauten) gelten darüber hinaus die mietrechtlichen Formvorschriften, insbesondere wenn sie als Teil des Mietvertrags ausgestaltet werden.
Ist eine Abstandszahlung steuerlich relevant und wie wird sie behandelt?
Die steuerliche Behandlung einer Abstandszahlung richtet sich nach dem konkreten Inhalt und Zusammenhang des Rechtsgeschäfts. Erhält ein Mieter für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen eine Abstandszahlung, so stellt dies grundsätzlich einen steuerpflichtigen Veräußerungserlös dar. Handelt es sich beim Empfänger um eine Privatperson, kann eine etwaige Steuerpflicht (etwa aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG) bestehen, sofern zwischen Anschaffung und Verkauf der Gegenstände weniger als ein Jahr liegt. Bei gewerblichen Anbietern (z. B. bei gewerbsmäßiger Wohnungsvermietung oder Möbelüberlassung) dient die Abstandszahlung als Betriebseinnahme und ist entsprechend zu versteuern. Für den zahlenden Mieter wiederum kann die Zahlung, sofern berufsbedingt, als Werbungskosten absetzbar sein; Privatpersonen können die Kosten hingegen in der Regel nicht geltend machen. Es ist stets ratsam, die steuerlichen Auswirkungen mit einem Steuerberater individuell abzuklären.
Kann der Vermieter eine Abstandszahlung als Voraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrags verlangen?
Die Forderung einer Abstandszahlung durch den Vermieter als Bedingung für den Abschluss des Mietvertrags ist rechtlich problematisch und oft unzulässig. Nach § 4a Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermRG) besteht ein Verbot, vom Mieter über die Kaltmiete hinausgehende Leistungen für die Vermittlung oder Überlassung der Wohnung zu fordern. Einzige Ausnahme sind echte Gegenleistungen in Form von konkret bezeichneten beweglichen Sachen (etwa bei einer Küchenübernahme), sofern der verlangte Betrag dem Zeitwert entspricht. Die Erhebung einer Pauschale oder einer „Reservierungsgebühr“ für die bloße Mietvertragszusage oder Ausschluss anderer Interessenten ist dagegen sittenwidrig und gemäß § 134 BGB nichtig. Bei Zuwiderhandlung kann der Mieter gezahlte Beträge zurückverlangen; zudem drohen dem Vermieter ordnungsrechtliche Konsequenzen. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind solche Klauseln in Mietverträgen regelmäßig unwirksam und werden als unzulässige Umgehung des Legalitätsprinzips im Mietrecht angesehen.
Welche Möglichkeiten zur Rückforderung bestehen im Falle einer überhöhten Abstandszahlung?
Wurde eine Abstandszahlung durch den Mieter geleistet, deren Höhe den tatsächlichen Wert der übernommenen Gegenstände deutlich übersteigt, besteht ein Rückforderungsrecht nach § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung). Der Bereicherungsanspruch setzt voraus, dass keine rechtliche Grundlage für die überhöhte Zahlung bestand, etwa infolge der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung. Die Rückforderung ist an eine Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB gebunden, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den mehrere Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 BGB). Um die Rückforderung erfolgreich durchzusetzen, muss der Mieter beweisen, dass die vereinbarte und gezahlte Abstandszahlung im groben Missverhältnis zum tatsächlichen Wert steht. In der Praxis erfolgt die Bewertung häufig anhand von Gutachten zum Zeitwert der Gegenstände oder anhand von aktuellen Marktpreisen für vergleichbare Einrichtungsgegenstände. Eine außergerichtliche Einigung ist anzustreben; andernfalls steht dem Mieter der Rechtsweg offen.