Begriff und rechtliche Grundlagen des Abschlussprüfers
Ein Abschlussprüfer ist eine natürliche Person oder eine Gesellschaft, die nach den gesetzlichen Vorschriften mit der Prüfung von Jahresabschlüssen, Konzernabschlüssen und Lageberichten von Unternehmen beauftragt wird. Die Tätigkeit des Abschlussprüfers ist im deutschen Recht umfassend normiert und im Rahmen verschiedener Gesetze, insbesondere im Handelsgesetzbuch (HGB), im Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (WPO) sowie im Aktiengesetz (AktG) geregelt. Darüber hinaus gelten europarechtliche Vorgaben für den Bereich der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse.
Bestellung und Zulassung des Abschlussprüfers
Voraussetzungen zur Bestellung
Abschlussprüfer werden grundsätzlich durch das zuständige Organ des zu prüfenden Unternehmens bestellt. Bei Kapitalgesellschaften obliegt die Bestellung gemäß § 318 Abs. 1 HGB regelmäßig dem Aufsichtsrat oder der Gesellschafterversammlung. Zulässig als Abschlussprüfer sind ausschließlich Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Buchprüfungsgesellschaften, die nach § 319 HGB zur Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen befähigt und zugelassen sind.
Besondere Vorschriften für bestimmte Unternehmen
Für Unternehmen von öffentlichem Interesse, insbesondere börsennotierte Gesellschaften, bestehen hinsichtlich der Auswahl, Bestellung und Rotation des Abschlussprüfers zusätzliche Anforderungen nach der EU-Abschlussprüferrichtlinie sowie der Abschlussprüferaufsichtsverordnung (APrVO).
Aufgaben und Pflichten des Abschlussprüfers
Prüfungsauftrag
Der Hauptauftrag des Abschlussprüfers besteht in der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§ 317 HGB). Dazu prüft der Abschlussprüfer insbesondere, ob die Rechnungslegung den gesetzlichen, satzungsmäßigen sowie sonstigen Vorschriften entspricht und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zutreffend dargestellt ist.
Unabhängigkeit und Unbefangenheit
Abschlussprüfer unterliegen nach § 319 HGB sowie Art. 22 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 strengen Anforderungen an Unabhängigkeit und Unbefangenheit. Besondere Konstellationen, z. B. wirtschaftliche, persönliche oder familiäre Beziehungen zum zu prüfenden Unternehmen, führen zu einem Ausschluss oder zu einem Verbot der Mandatsannahme.
Verschwiegenheitspflicht
Der Abschlussprüfer ist zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 43 WPO). Diese Pflicht umfasst sämtliche im Rahmen der Abschlussprüfung erlangten Kenntnisse über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Mandanten und gilt auch über das Ende der Tätigkeit hinaus.
Berichtspflicht
Nach abgeschlossener Prüfung ist vom Abschlussprüfer ein schriftlicher Prüfungsbericht gemäß § 321 HGB zu erstellen. Der Bericht hat detaillierte Aussagen zum Ablauf, zu den Ergebnissen der Prüfung und zu festgestellten Unregelmäßigkeiten zu enthalten. Zugleich wird ein Prüfungsvermerk bzw. Bestätigungsvermerk (umgangssprachlich: „Testat“) erstellt – dieser gibt Auskunft über das Prüfungsergebnis und kann, je nach Feststellungen, uneingeschränkt oder eingeschränkt, versehen oder versagt werden.
Haftung des Abschlussprüfers
Der Abschlussprüfer haftet gegenüber dem Unternehmen für Schäden, die aus schuldhafter Verletzung seiner Pflichten resultieren. Die Haftung ist im Wesentlichen in § 323 HGB geregelt und richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Zivilrechts. Speziell für Abschlussprüfer bestehen Haftungsbeschränkungen hinsichtlich der Höhe, wobei für vorsätzlich verursachte Schäden eine unbeschränkte Haftung besteht. Für fahrlässig verursachte Schäden bei der Prüfung mittelgroßer und großer Unternehmen ist die Haftung auf eine bestimmte Summe pro Prüfungsauftrag begrenzt.
Überwachung und öffentliche Aufsicht über Abschlussprüfer
Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS)
Die Überwachung der ordnungsgemäßen Berufsausübung von Abschlussprüfern erfolgt durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die APAS ist insbesondere für die Zulassung, Registrierung, laufende Überwachung und Disziplinarmaßnahmen zuständig und sichert Prüfungsqualität sowie Einhaltung berufsständischer Vorgaben.
Qualitätssicherung und Inspektionen
Der Abschlussprüfer, insbesondere wenn er Unternehmen von öffentlichem Interesse prüft, unterliegt neben der externen Kontrolle durch die APAS besonderen Qualitätssicherungssystemen (§ 55b WPO). Dazu gehören regelmäßige Inspektionen der Prüfungsqualität sowie Verpflichtungen zur Teilnahme an berufsständischen Fortbildungsmaßnahmen.
Ausschluss- und Rotationserfordernisse
Gesetzliche Vorschriften verbieten es, dass Abschlussprüfer über einen zu langen Zeitraum hinweg das gleiche Unternehmen prüfen. Für Unternehmen von öffentlichem Interesse schreibt die EU-Verordnung eine turnusmäßige Rotation nach maximal zehn Jahren vor, wobei unter bestimmten Umständen eine Verlängerung möglich ist.
Abschlussprüfer im internationalen Kontext
Die Tätigkeit von Abschlussprüfern ist in den Rechtsordnungen vieler Staaten durch international anerkannte Standards geprägt. Die International Standards on Auditing (ISA) bestimmen maßgeblich die Vorgehensweise bei der Abschlussprüfung und werden zunehmend auch in deutscher Praxis berücksichtigt, insbesondere bei der Prüfung kapitalmarktorientierter Unternehmen.
Zusammenfassung und Bedeutung des Abschlussprüfers
Der Abschlussprüfer übernimmt eine zentrale Funktion im Wirtschaftsleben, indem er durch unabhängige und qualifizierte Prüfung der Rechenschaftslegung von Unternehmen das Vertrauen von Anteilseignern, Gläubigern und der Öffentlichkeit in die Integrität und Transparenz der Unternehmensführung stärkt. Die gesetzlichen Regelungen bieten einen klaren Rahmen für die Durchführung der Prüfung, die Sicherstellung der Unabhängigkeit und die Überwachung der ordnungsgemäßen Berufsausübung. Die Tätigkeit des Abschlussprüfers bleibt aufgrund fortlaufender rechtlicher Entwicklungen und wachsender europäischer Integration weiterhin Gegenstand gesetzgeberischer Anpassungen.
Häufig gestellte Fragen
Wer darf im rechtlichen Sinne als Abschlussprüfer bestellt werden?
Nach deutschem Recht dürfen Abschlussprüfer nur natürliche Personen sein, die als Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer öffentlich bestellt und somit zur Durchführung von Abschlussprüfungen berechtigt sind (§ 319 Abs. 1 HGB). Darüber hinaus dürfen auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als juristische Personen tätig werden, sofern sie nach dem Gesetz über eine entsprechende Zulassung und Bestellung verfügen. Insbesondere bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE – Public Interest Entities) gelten erweiterte Anforderungen, wie z.B. die Unabhängigkeit des Prüfers nach §§ 319, 319a HGB sowie die spezifischen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 zur Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse. Diese stellen sicher, dass der Abschlussprüfer keine unzulässigen wirtschaftlichen, persönlichen oder geschäftlichen Beziehungen zum geprüften Unternehmen unterhält und die für die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung notwendigen Voraussetzungen erfüllt werden. Darüber hinaus besteht eine Pflicht zur Eintragung in das Berufsregister bei der zuständigen Wirtschaftsprüferkammer. Nur so ist die Tätigkeit als gesetzlicher Abschlussprüfer im Sinne des Handelsgesetzbuchs zulässig.
Wie erfolgt die rechtliche Bestellung des Abschlussprüfers?
Die Bestellung des Abschlussprüfers ist in §§ 318, 319 HGB gesetzlich geregelt. Grundsätzlich erfolgt die Bestellung durch das für die Gesellschaft zuständige Organ, in der Regel durch die Hauptversammlung bei Aktiengesellschaften bzw. die Gesellschafterversammlung bei Kapitalgesellschaften. Bei Unternehmen, die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, geschieht dies häufig auf Vorschlag des Aufsichtsrats. Die Bestellung muss spätestens bis zum Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen, das der Prüfung unterliegt. Kommt es zu keiner ordnungsgemäßen Bestellung, so kann das zuständige Gericht, in der Regel das Amtsgericht am Sitz der Gesellschaft, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten den Abschlussprüfer bestellen (§ 318 Abs. 1 S. 3 HGB). Die Bestellung ist wirksam zu dokumentieren und muss dem Prüfer sowie ggf. der Berufsaufsicht mitgeteilt werden. Unerlässliche Voraussetzung für eine rechtlich wirksame Bestellung ist die Einhaltung sämtlicher Unabhängigkeits- und Ausschlussgründe nach § 319 HGB.
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann ein Abschlussprüfer von seiner Tätigkeit entbunden werden?
Ein Abschlussprüfer kann gemäß § 318 Abs. 6 HGB von seinem Amt entbunden werden, wenn dies aus wichtigem Grund erforderlich erscheint. Ein wichtiger Grund kann beispielsweise in einem Interessenkonflikt, Befangenheit oder Verstößen gegen die Berufspflichten liegen. Der Antrag auf Entbindung kann von der zu prüfenden Gesellschaft oder dem Abschlussprüfer selbst beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden. Das Gericht entscheidet nach Anhörung aller Beteiligten. Die Entbindung entbindet nicht von bisherigen Prüfungs- und Berichtspflichten, sondern erstreckt sich nur auf die künftige Tätigkeit. Wurde der Abschlussprüfer von der Hauptversammlung (bzw. dem zuständigen Organ) abberufen, so prüft das Gericht im Streitfall, ob ein wichtiger Grund gemäß der gesetzlichen Vorgaben vorliegt.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers?
Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers ist ein zentrales rechtliches Kriterium, das in § 319 HGB und entsprechenden EU-Richtlinien detailliert geregelt ist. Demnach darf ein Prüfer weder in persönlichen, wirtschaftlichen noch finanziellen Beziehungen zur geprüften Gesellschaft stehen, die geeignet wären, seine Unabhängigkeit zu gefährden. Konkret dürfen Abschlussprüfer keine Anteile an der prüfenden Gesellschaft halten, keine Positionen in Organen der Gesellschaft innehaben und keine vertraglichen Beziehungen pflegen, die über das übliche Maß hinausgehen. Angehörige des Prüfers oder Mitglieder der Prüfungsgesellschaft unterliegen denselben Einschränkungen. Für Unternehmen von öffentlichem Interesse bestehen noch strengere Vorgaben, einschließlich einer verpflichtenden Rotation des verantwortlichen Prüfungsleiters nach spätestens sieben Jahren und einer Unvereinbarkeit bestimmter Beratungs- und Prüfungsleistungen.
Welche rechtlichen Folgen hat eine fehlerhafte Bestellung des Abschlussprüfers?
Eine fehlerhafte Bestellung des Abschlussprüfers – etwa durch Verstoß gegen Unabhängigkeitsvorschriften, fehlende fachliche Qualifikation oder formelle Fehler im Bestellungsverfahren – kann zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Bestellung führen. Aus rechtlicher Sicht ist das Prüfungsergebnis eines nicht wirksam bestellten Abschlussprüfers unwirksam, der festgestellte Jahresabschluss und Lagebericht gelten als nicht geprüft im Sinne der §§ 316 ff. HGB. Daraus resultieren haftungsrechtliche Konsequenzen für die Organe der Gesellschaft und gegebenenfalls die Verpflichtung zur Nachholung einer ordnungsgemäßen Prüfung. Zudem kann es zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen durch die BaFin oder die Wirtschaftsprüferkammer kommen, und gegen die verantwortlichen Personen können ordnungswidrigkeiten- oder strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden.
Wie lange darf ein Abschlussprüfer im selben Unternehmen tätig sein?
Gemäß § 319a HGB und Art. 17 der EU-Abschlussprüfungsverordnung besteht für Unternehmen von öffentlichem Interesse eine Rotation der Abschlussprüfer. Der verantwortliche Prüfungsleiter muss spätestens nach sieben Jahren wechseln. Die Prüfungsgesellschaft darf höchstens zehn Jahre für dieselbe Gesellschaft tätig sein; in bestimmten Fällen ist eine Verlängerung um bis zu 20 weitere Jahre mit öffentlicher Ausschreibung beziehungsweise bis zu 24 Jahre (bei gemeinsamer Prüfung mit einem weiteren Prüfer) möglich. Für nicht-öffentliche Unternehmen gilt keine gesetzlich geregelte Höchstlaufzeit, jedoch wird auch hier zur Sicherstellung der Unabhängigkeit ein regelmäßiger Wechsel empfohlen, wobei einzelne Branchenregelungen zu beachten sind. Ziel ist die Vermeidung von Interessenkonflikten und die Sicherstellung einer objektiven Prüfungsdurchführung gemäß den gesetzlichen Vorschriften.
Welche rechtlichen Pflichten hat ein Abschlussprüfer im Hinblick auf die Berichterstattung?
Abschlussprüfer unterliegen detaillierten gesetzlichen Pflichten bezüglich der Berichterstattung, die in den §§ 321, 322 HGB geregelt sind. Sie sind verpflichtet, einen umfassenden Prüfungsbericht zu erstellen, der die Prüfungshandlungen, deren Ergebnisse sowie die Beurteilung der Rechnungslegung, der Buchführung und des Lageberichts dokumentiert. Der Bestätigungsvermerk ist gesondert zu erteilen und muss eventuelle Einschränkungen, Versagungen oder Hinweise begründen. Die Berichte sind dem gesetzlichen Vertreter der zu prüfenden Gesellschaft vorzulegen und für Prüfungen in bestimmten Gesellschaftstypen auch dem Aufsichtsgremium (z.B. Aufsichtsrat) zugänglich zu machen. Bei schwerwiegenden Verstößen, etwa Verdacht auf strafbare Handlungen, besteht nach § 321 Abs. 4a HGB eine gesonderte Mitteilungspflicht an das Aufsichtsorgan. Des Weiteren können straf- oder zivilrechtliche Haftungsfolgen entstehen, wenn der Prüfer seine Berichtspflichten schuldhaft verletzt.