Begriff und allgemeine Definition des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts
Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts ist ein zentrales Konzept im Zivilrecht. Er bezeichnet den endgültigen und rechtlich wirksamen Zustand, in dem die am Rechtsgeschäft beteiligten Parteien alle erforderlichen Willenserklärungen abgegeben haben und das Rechtsgeschäft damit zustande gekommen ist. In der alltäglichen und wirtschaftlichen Praxis handelt es sich hierbei häufig um Vertragsabschlüsse, aber auch einseitige Rechtsgeschäfte wie Testamentserrichtungen werden unter diesem Begriff erfasst.
Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts bildet die Grundlage für das Entstehen von Rechten und Pflichten zwischen den beteiligten Parteien. Die Vorschriften hierzu finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), sie sind aber auch für andere Rechtsgebiete maßgeblich.
Voraussetzungen für den Abschluss eines Rechtsgeschäfts
Willenserklärung
Zentrale Voraussetzung für den Abschluss eines Rechtsgeschäfts ist die Abgabe mindestens einer Willenserklärung. Eine Willenserklärung ist eine auf die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges gerichtete Äußerung.
Bei zweiseitigen Rechtsgeschäften, insbesondere bei Verträgen, ist erforderlich, dass mindestens zwei Willenserklärungen – Angebot und Annahme – vorliegen. Bei einseitigen Rechtsgeschäften, wie etwa einer Kündigung oder einem Testament, genügt hingegen eine Willenserklärung.
Übereinstimmende Willenserklärungen bei Verträgen
Ein Vertrag kommt gemäß § 145 ff. BGB durch die Konsensbildung zwischen Angebot und Annahme zustande. Das Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die einem anderen der Vertragsschluss so angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrages nur noch von dessen Einverständnis abhängt.
Die Annahme muss rechtzeitig und inhaltlich mit dem Angebot übereinstimmend erfolgen. Ein abänderndes oder verspätetes Angebot gilt als neues Angebot. Die Annahme kann ausdrücklich, konkludent oder durch Schweigen erfolgen, soweit das Gesetz oder eine Vereinbarung dies zulässt.
Geschäftsfähigkeit
Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts setzt die Geschäftsfähigkeit der handelnden Personen voraus. Gemäß §§ 104 ff. BGB gibt es unterschiedliche Stufen der Geschäftsfähigkeit, insbesondere die volle Geschäftsfähigkeit ab Vollendung des 18. Lebensjahres und die beschränkte Geschäftsfähigkeit bei Minderjährigen.
Formvorschriften
Für den Abschluss eines Rechtsgeschäfts können bestimmte gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Formvorschriften bestehen (z. B. Schriftform, notarielle Beurkundung). Die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form führt regelmäßig zur Nichtigkeit gemäß § 125 BGB, sofern nicht ausnahmsweise ein Heilungstatbestand greift.
Arten von Rechtsgeschäften und deren Abschluss
Einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte
- Einseitige Rechtsgeschäfte erfordern lediglich eine Willenserklärung (z. B. Auslobung, Testament).
- Mehrseitige Rechtsgeschäfte, insbesondere Verträge, bedürfen mindestens zweier übereinstimmender Willenserklärungen.
Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte
Rechtsgeschäfte können weiter unterteilt werden in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte. Verpflichtungsgeschäfte sind auf die Begründung von Rechten und Pflichten gerichtet (z. B. Kaufvertrag), während Verfügungsgeschäfte unmittelbar auf die Veränderung bestehender Rechte (z. B. Eigentumsübertragung) zielen.
Der Abschluss dieser Geschäfte folgt jeweils eigenen rechtlichen Anforderungen.
Wirksamkeit des Abschlusses
Wirksamwerden und Zugang der Willenserklärung
Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts tritt grundsätzlich mit Zugang der Annahme beim Anbietenden ein, sofern keine abweichenden Abreden bestehen. Bei Abwesenheit ist die Willenserklärung zugegangen, sobald sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und ihm unter normalen Umständen zur Kenntnis genommen werden kann.
Anfechtung und Widerruf
Auch bei einem abgeschlossenen Rechtsgeschäft bestehen Möglichkeiten der Anfechtung oder des Widerrufs. Die Anfechtung führt zur Rückwirkung der Nichtigkeit, wenn bei der Willenserklärung ein Irrtum, eine arglistige Täuschung oder eine Drohung vorlag (§ 119 ff. BGB). Der Widerruf ist dort möglich, wo das Gesetz ein Widerrufsrecht vorsieht (z. B. Verbraucherverträge).
Sonderregelungen und Ausnahmefälle
Schwebende Unwirksamkeit
Insbesondere bei der Beteiligung beschränkt geschäftsfähiger Personen ist ein abgeschlossener Vertrag solange schwebend unwirksam, bis die erforderliche Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter erfolgt (§ 108 BGB).
Bedingungen und Befristungen
Rechtsgeschäfte können auch unter Bedingungen oder mit einer Befristung abgeschlossen werden. Die aufschiebende oder auflösende Bedingung (§ 158 BGB) sowie die Befristung (§ 163 BGB) beeinflussen das Wirksamwerden oder die Beendigung des Rechtsgeschäfts erheblich.
Rechtsfolgen des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts
Mit dem wirksamen Abschluss eines Rechtsgeschäfts entstehen die vorgesehenen rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien. Bei Verträgen ist dies regelmäßig die Entstehung von Ansprüchen und Pflichten (z. B. Kaufpreiszahlung und Übereignung). Weiterhin können sich Schadensersatzpflichten bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung ergeben.
Internationales Privatrecht und grenzüberschreitende Sachverhalte
Bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften ist die Frage nach dem anwendbaren Recht zu klären. In der Europäischen Union regelt insbesondere die Rom I-Verordnung das anzuwendende Vertragsrecht. Im internationalen Kontext sind gegebenenfalls zudem weitere Abkommen, wie das UN-Kaufrecht (CISG), zu berücksichtigen.
Literatur und weiterführende Hinweise
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar
- Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar
- Münchener Kommentar zum BGB
Zusammenfassend ist der Abschluss eines Rechtsgeschäfts das zentrale Bindeglied für die Entstehung rechtlicher Beziehungen. Er unterliegt diversen Anforderungen und kann in einer Vielzahl von Formen auftreten. Die Einhaltung der gesetzlichen und gegebenenfalls vereinbarten Bestimmungen sichert nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Häufig gestellte Fragen
Welche Formvorschriften sind beim Abschluss eines Rechtsgeschäfts zu beachten?
Für den Abschluss eines Rechtsgeschäfts ist die Einhaltung bestimmter Formvorschriften gesetzlich vorgeschrieben, sofern diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Im deutschen Recht unterscheidet man grundsätzlich zwischen der gesetzlichen Schriftform (§ 126 BGB), der notariellen Beurkundung (§ 128 BGB), der öffentlichen Beglaubigung (§ 129 BGB) und der Textform (§ 126b BGB). Die Nichteinhaltung einer gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschrift führt in der Regel zur Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts (§ 125 BGB). Typische Beispiele sind Immobilienkaufverträge, die zwingend notariell beurkundet werden müssen, und Bürgschaftserklärungen, die der Schriftform bedürfen. Auch gesellschaftsrechtliche Verträge, Eheverträge oder letztwillige Verfügungen unterliegen besonderen Formerfordernissen. Es ist daher essentiell, vor Abschluss eines Rechtsgeschäfts zu prüfen, welche Formvorschrift zwingend einzuhalten ist, um die Wirksamkeit des Geschäftes sicherzustellen.
Unter welchen Voraussetzungen kommt ein Vertrag zustande?
Ein Vertrag als zentrales Rechtsgeschäft kommt grundsätzlich durch zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen, nämlich Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB), zustande. Das Angebot muss inhaltlich ausreichend bestimmt und verbindlich sein, während die Annahme fristgerecht und vorbehaltlos erfolgen muss. Rechtsgeschäftliche Bindung entsteht erst, wenn beide Willenserklärungen inhaltlich übereinstimmen (Konsens). Im Falle von Abweichungen oder verspäteter Annahme liegt entweder kein Vertrag oder ein neues Angebot vor. Daneben ist die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten (§§ 104 ff. BGB) sowie die Rechtmäßigkeit und mögliche Sittenwidrigkeit (§ 134, § 138 BGB) des Vertragsinhaltes zu beachten. Fehlen diese Voraussetzungen, ist der Vertrag entweder nichtig oder anfechtbar.
Wie kann ein Rechtsgeschäft wirksam angefochten werden?
Die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts setzt einen gravierenden Willensmangel voraus, z. B. im Falle eines Inhalts-, Erklärungs- oder Übermittlungsirrtums (§ 119 BGB) oder der arglistigen Täuschung beziehungsweise widerrechtlichen Drohung (§ 123 BGB). Die Anfechtung ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner zu erklären (§ 143 BGB). Es gelten strenge Fristen: Bei Täuschung oder Drohung muss die Anfechtung innerhalb eines Jahres ab Kenntnis erfolgen, bei anderen Irrtümern „unverzüglich“ (§ 121 BGB). Mit erfolgreicher Anfechtung gilt das Rechtsgeschäft rückwirkend als von Anfang an nichtig (§ 142 BGB), sogenannte Ex-tunc-Wirkung. Daraus ergeben sich Rückabwicklungsansprüche gemäß den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB).
Welche Rolle spielt die Geschäftsfähigkeit beim Abschluss eines Rechtsgeschäfts?
Die Geschäftsfähigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften. Voll geschäftsfähig sind nach deutschem Recht grundsätzlich nur natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt sind (§ 104 ff. BGB). Minderjährige ab dem 7. Lebensjahr sind beschränkt geschäftsfähig und benötigen für die meisten Rechtsgeschäfte die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Rechtsgeschäfte, die ohne diese Zustimmung abgeschlossen werden, sind schwebend unwirksam (§ 108 BGB), werden jedoch bei nachträglicher Genehmigung wirksam. Personen, die dauerhaft geisteskrank sind oder eine entsprechende gerichtliche Betreuung haben, können ganz oder teilweise geschäftsunfähig sein, was die Nichtigkeit ihrer Willenserklärungen zur Folge hat (§ 105 BGB).
Was ist bei der Vertretung im Rahmen eines Rechtsgeschäfts zu beachten?
Ein Rechtsgeschäft kann auch durch einen Vertreter ausgeführt werden (§ 164 ff. BGB). Vorausgesetzt ist, dass der Vertreter im Rahmen einer bestehenden und wirksam erteilten Vertretungsmacht handelt, sei es durch Vollmacht, Gesetz oder organschaftliche Vertretung. Fehlt die erforderliche Vertretungsmacht, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich schwebend unwirksam, bis es vom Vertretenen genehmigt wird (§ 177 BGB). Der Vertreter handelt im Namen des Vertretenen, sodass unmittelbar der Vertretene berechtigt und verpflichtet wird, nicht jedoch der Vertreter selbst. Es ist zu beachten, dass bestimmte höchstpersönliche Rechtsgeschäfte, wie zum Beispiel Eheschließungen oder letztwillige Verfügungen, nicht vertretbar sind (§ 1311 BGB, § 2064 BGB).
Welche Bedeutung hat die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts?
Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts bedeutet, dass das Geschäft von Anfang an, also ex tunc, als nichtig anzusehen ist und somit keine Rechtswirkungen entfalten kann (§ 138, § 134 BGB). Gründe hierfür können Rechtswidrigkeit, Sittenwidrigkeit oder Formmängel sein. Im Gegensatz dazu ist ein anfechtbares Rechtsgeschäft zunächst wirksam, kann aber durch eine wirksame Anfechtung rückwirkend beseitigt werden (§ 142 BGB). Die Unterscheidung ist entscheidend für die Abwicklung der mit dem Geschäft verbundenen Leistungen, insbesondere Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht. Zudem ergibt sich eine erhöhte Rechtssicherheit erst nach Ablauf möglicher Anfechtungsfristen oder der ausdrücklichen Bestätigung nichtiger oder anfechtbarer Geschäfte.
Wie wirken sich gesetzliche Verbote auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts aus?
Gesetzliche Verbote (§ 134 BGB) führen grundsätzlich zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, wenn das fragliche Geschäft unter Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot abgeschlossen wird. Ein Beispiel hierfür ist das sogenannte Schwarzarbeitsverbot (§ 1 SchwarzArbG) oder das Verbot von Insidergeschäften nach dem Wertpapierhandelsgesetz. Ob das gesamte Geschäft oder nur ein Teil hiervon betroffen ist, hängt vom Schutzzweck der jeweiligen Norm ab. Ausnahmen bestehen, wenn das Gesetz trotz Verbots die Wirksamkeit ausdrücklich festlegt oder die Norm nur eine Ordnungsvorschrift enthält. Die Folgen der Nichtigkeit betreffen auch etwaige Rückabwicklungsansprüche und die Frage der Restwirksamkeit oder Teilnichtigkeit des Rechtsgeschäfts.