Legal Lexikon

Abschlagszahlung


Begriff und rechtliche Einordnung der Abschlagszahlung

Die Abschlagszahlung ist ein Begriff aus dem Schuldrecht, welcher eine vorläufige Teilzahlung auf eine noch nicht abschließend abgerechnete Forderung beschreibt. Sie ist in verschiedenen Rechtsgebieten von hoher praktischer Relevanz, insbesondere im Bauvertragsrecht (§ 632a BGB), Werkvertragsrecht und dem öffentlichen Auftragswesen. Abschlagszahlungen dienen der Sicherung des Zahlungsempfängers für bereits erbrachte Leistungen, bevor das gesamte Schuldverhältnis abschließend abgerechnet wird.

Rechtliche Definition

Eine Abschlagszahlung ist eine regelmäßig im Vorfeld der Gesamtabrechnung geleistete, anteilige Vergütung für bereits erbrachte, jedoch noch nicht vollständig abgerechnete Leistungen. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in spezifischen gesetzlichen Regelungen sowie in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien.

Abgrenzung zur Vorauszahlung und Schlusszahlung

Im Unterschied zur Vorauszahlung wird die Abschlagszahlung erst nach zumindest teilweiser Leistungserbringung geschuldet und basiert auf einer konkret nachweisbaren Teilleistung. Die Schlusszahlung erfolgt dagegen nach vollständiger Leistungserbringung und endgültiger Abrechnung des Schuldverhältnisses.


Gesetzliche Grundlagen

BGB – Regelungen im Werkvertragsrecht

Nach § 632a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Unternehmer vom Besteller für eine nachgewiesene, vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung verlangen. Voraussetzung ist, dass die erbrachte Leistung den vertraglichen Qualitätsansprüchen entspricht und in ihrer Art und Menge prüffähig nachgewiesen werden kann.

Voraussetzungen für die Abschlagszahlung im Werkvertragsrecht

  • Nachweis der Teilleistung: Die Höhe der Abschlagszahlung bemisst sich nach dem Wert der tatsächlich erbrachten und nachgewiesenen Leistung.
  • Keine gravierenden Mängel: Liegt ein wesentlicher Mangel in der Teilleistung vor, kann die Abschlagszahlung verweigert oder angemessen gekürzt werden.

Bauvertragsrecht

Im Bauvertragsrecht nach BGB (§ 650e BGB) und in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) sind Abschlagszahlungen ebenfalls vorgesehen. Hier dienen sie insbesondere zur Liquiditätssicherung von Unternehmen während langer Bauvorhaben.

Abschlagszahlungen gemäß VOB/B

Gemäß § 16 Abs. 1 VOB/B kann der Auftragnehmer für die vertragsgemäß erbrachten und nachgewiesenen Leistungen einmal monatlich eine Abschlagszahlung verlangen. Die Voraussetzungen für die Prüf- und Fälligkeitsbestimmung regelt § 16 VOB/B im Detail.


Funktion und Zweck der Abschlagszahlung

Abschlagszahlungen haben die Funktion, das Liquiditätsrisiko des Auftragnehmers zu mindern, indem dieser für bereits erbrachte Leistungen eine vorläufige Vergütung erhält. Gleichzeitig sichern sie den Auftraggeber durch den Fortschrittsnachweis und die Möglichkeit, Zahlungen im Fall wesentlicher Mängel zurückzuhalten oder zu kürzen.

Bedeutung in der Praxis

Gerade in langanhaltenden Bauprojekten oder bei komplexen Dienstleistungen mit längerer Erfüllungsdauer ist die Abschlagszahlung ein zentrales Element der Leistungs- und Zahlungsabwicklung. Sie ermöglicht den reibungslosen Fortgang des Projektes und gibt beiden Vertragsparteien Planungssicherheit.


Gesetzliche Voraussetzungen und Schutzmechanismen

Prüfbarkeit der Forderung

Die Höhe und Fälligkeit der Abschlagszahlung erfordern eine präzise Aufschlüsselung der Teilleistung. Die prüfbare Rechnung beziehungsweise ein prüffähiges Aufmaß sind unerlässliche Voraussetzung.

Mängelvorbehalt

Der Auftraggeber ist berechtigt, bei festgestellten Mängeln Abschlagszahlungen teilweise oder ganz zurückzuhalten. Das Recht zur Nachbesserung und zur endgültigen Abrechnung bleibt hiervon unberührt.

Sicherheiten bei Abschlagszahlungen

Im Rahmen von Abschlagszahlungen kann der Auftraggeber nach § 632a Abs. 3 BGB eine Sicherheit, in der Regel in Form einer Bürgschaft, verlangen, die ihn im Falle von Mängeln oder Überzahlungen absichert.


Rechtsfolgen bei Nichtleistung oder Überzahlung

Leistungsverweigerung des Auftraggebers

Wird die prüfbare Teilleistung oder Qualität der Leistungen nicht ordnungsgemäß nachgewiesen, kann der Auftraggeber die Abschlagszahlung verweigern.

Ansprüche bei Überzahlung

Ergibt die Schlussabrechnung, dass durch Abschlagszahlungen der Werkunternehmer mehr erhalten hat als ihm zusteht, ist dieser zur Rückzahlung verpflichtet (§ 812 BGB, ungerechtfertigte Bereicherung).


Abschlagszahlung im öffentlichen Recht

Auch im öffentlichen Auftragswesen, etwa bei Bauaufträgen der öffentlichen Hand, sind Abschlagszahlungen weit verbreitet. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B, VOB/A) sowie die Haushaltsordnungen der Länder und des Bundes enthalten spezifische Regelungen zur Fälligkeit, Prüfung und Sicherung dieser Teilzahlungen.


Besteuerung und Buchhalterische Behandlung

Umsatzsteuer

Abschlagszahlungen unterliegen der Umsatzsteuerpflicht. Die Steuer entsteht mit Vereinnahmung der Abschlagszahlung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG); eine entsprechende Rechnung mit ausgewiesenem Umsatzsteuerbetrag ist auszustellen.

Bilanzierung

Sowohl beim Zahlungsempfänger als auch beim Auftraggeber sind Abschlagszahlungen als erhaltene bzw. geleistete Anzahlungen zu bilanzieren. Sie werden bei der Schlussrechnung mit dem endgültigen Rechnungsbetrag verrechnet.


Verjährung und Rechtsmittel

Verjährungsfristen

Ansprüche auf Abschlagszahlungen unterliegen den gleichen Verjährungsfristen wie die Hauptforderung, typischerweise der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Rechtsbehelfe

Sowohl der Anspruch auf Zahlung als auch die Einrede wegen Mängeln oder Überzahlung können gerichtlich geltend gemacht werden. Vorläufige Rechte und Pflichten bestehen bis zur endgültigen Schlussabrechnung und Zahlung.


Fazit

Die Abschlagszahlung ist ein zentrales Element des Schuldrechts mit weitreichender Bedeutung für das Bau- und Werkvertragswesen. Sie sichert die Liquidität der Vertragspartner während der Projektlaufzeit und schützt vor Überzahlungen oder Leistungsverzögerungen durch umfassende Nachweis-, Prüf- und Sicherungsmechanismen. Die gesetzlichen Regelungen stellen dabei einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten sicher.

Häufig gestellte Fragen

Ist eine Abschlagszahlung im Werkvertragsrecht gesetzlich vorgesehen?

Im deutschen Werkvertragsrecht ist die Möglichkeit der Abschlagszahlung gemäß § 632a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gesetzlich geregelt. Der Unternehmer kann demnach vom Besteller für bereits erbrachte vertragsgemäße Leistungen Abschlagszahlungen verlangen, auch wenn das Werk noch nicht vollendet ist. Dies setzt voraus, dass die Teilleistung vertragsgemäß erbracht wurde und für den Besteller einen objektiv prüfbaren Wert darstellt. Der Anspruch besteht grundsätzlich unabhängig von einer expliziten vertraglichen Vereinbarung, sofern keine abweichenden Regelungen getroffen wurden, etwa durch vertraglichen Ausschluss oder Modifizierung der gesetzlichen Vorschrift. Das Recht auf Abschlagszahlung dient dem Schutz des Unternehmers, der ansonsten die Finanzierung der eigenen Leistung bis zur Vollendung des Gesamtwerks alleine tragen müsste. Für Abschlagszahlungen im Baurecht gelten zusätzlich die Vorgaben der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B), sofern diese vertraglich einbezogen wurden.

Welche Voraussetzungen müssen für eine rechtlich zulässige Abschlagszahlung vorliegen?

Eine rechtlich zulässige Abschlagszahlung setzt voraus, dass eine „vertragsgemäße Leistung“ zumindest teilweise erbracht wurde und diese Teilleistung einen eigenen objektiven Wert darstellt, den der Besteller prüfen kann. Ein bloßer Materialvorrat oder vorbereitende Maßnahmen reichen in der Regel nicht aus; vielmehr muss ein abgrenzbarer Teilerfolg in der Herstellung des Werkes vorliegen. Weitere Voraussetzung ist, dass keine schwerwiegenden Mängel an der Teilleistung bestehen, die einer Abnahme entgegenstehen würden. Lediglich unwesentliche oder geringfügige Mängel beeinträchtigen den Abschlagszahlungsanspruch demgegenüber nicht. Die Höhe der Abschlagszahlung bemisst sich anhand des Wertes der erbrachten Teilleistung, nicht jedoch am Gesamthonorar oder am Zahlungsplan, sofern der Vertrag keine abweichende Regelung vorsieht.

Welche Rechte hat der Besteller bei Mängeln der abgeschlossenen Teilleistung?

Ergeben sich bei der Teilleistung, für die eine Abschlagszahlung verlangt wird, wesentliche Mängel, kann der Besteller die Zahlung ganz oder teilweise verweigern. Gemäß § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB ist das Leistungsverweigerungsrecht aber auf den Betrag beschränkt, der für die Beseitigung der Mängel erforderlich ist. Bestehen lediglich geringfügige Mängel, ist der Besteller zur Abschlagszahlung verpflichtet, kann aber unter Umständen einen angemessenen Betrag als Sicherheit zurückbehalten, um seine Gewährleistungsrechte abzusichern.

In welcher Form und zu welchem Zeitpunkt ist die Abschlagszahlung zu leisten?

Ein gesetzliches Formerfordernis für den Antrag auf Abschlagszahlung besteht grundsätzlich nicht. Häufig erfolgt die Anforderung mittels Abschlagsrechnung, die den Leistungsumfang, Leistungswert und gegebenenfalls den Stand der Werkleistungen ausweist. Um eine Abschlagszahlung verlangen zu können, muss der Unternehmer die erfolgte Teilleistung hinreichend dokumentieren und nachweisen. Die Fälligkeit der Abschlagszahlung tritt grundsätzlich unmittelbar mit Zugang der Abschlagsrechnung ein, es sei denn, der Vertrag sieht davon abweichende Regelungen vor. Im Baurecht kann nach VOB/B § 16 Abs. 1 die Abschlagszahlung erst nach Vorlage einer prüfbaren Aufstellung beansprucht werden.

Wie wirkt sich eine Abschlagszahlung auf die Schlussrechnung und das Gewährleistungsrecht aus?

Abschlagszahlungen stellen lediglich Teilzahlungen auf das abschließende Entgelt dar und entbinden weder den Unternehmer noch den Besteller von den zu diesem Zeitpunkt bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Rechten und Pflichten. Sie wirken sich mindernd auf die noch ausstehende Schlussrechnung aus, richten sich also nach dem Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen, der bereits teilgezahlt wurde. Die Gewährleistungsfrist beginnt nicht mit der Abschlagszahlung, sondern regelmäßig erst mit der Abnahme der Gesamtleistung. Der Unternehmer bleibt bis zur vollständigen Fertigstellung und Abnahme für Mängel im vollen Umfang verantwortlich.

Können Abschlagszahlungen vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt werden?

Die Parteien eines Werkvertrages haben prinzipiell die Möglichkeit, den gesetzlichen Anspruch auf Abschlagszahlungen vertraglich auszuschließen oder dessen Umfang einzuschränken. Ein vollständiger Ausschluss ist insbesondere im kaufmännischen Rechtsverkehr zulässig. Bei Verbraucherverträgen ist zu beachten, dass ein Ausschluss oder eine wesentliche Benachteiligung des Unternehmers oder des Bestellers der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterliegt und im Zweifel unwirksam sein kann, wenn wesentliche Vertragsgrundlagen unangemessen eingeschränkt werden. Es empfiehlt sich, entsprechende Regelungen ausdrücklich und transparent zu vereinbaren.

Welche Besonderheiten gelten bei Abschlagszahlungen im Verbraucherbauvertrag?

Beim Verbraucherbauvertrag (§ 650m BGB) ist die Möglichkeit von Abschlagszahlungen besonders geregelt. Der Unternehmer kann Abschlagszahlungen nur verlangen, wenn der entsprechende Wertzuwachs für den Besteller nachweisbar und nachprüfbar ist. Es besteht zudem eine Pflicht zur Vorlage einer prüfbaren Abrechnung. In diesem Zusammenhang kann der Besteller zur Sicherung eventueller Mängelrechte grundsätzlich zehn Prozent des Abschlagsbetrages zurückbehalten. Diese Regelung schützt den Verbraucher vor unangemessenen Vorleistungen und stellt sicher, dass der Wert der erbrachten Werkleistungen nachvollziehbar ist.