Legal Lexikon

Abschlag


Begriff und rechtliche Grundlagen des Abschlags

Der Abschlag ist ein in verschiedenen Rechtsgebieten gebräuchlicher Begriff, der einen Teilbetrag bezeichnet, der vor der vollständigen Fälligkeit einer Forderung oder im Verlauf eines Abrechnungszeitraums gezahlt wird. Typischerweise wird ein Abschlag als vorläufige oder anteilige Leistung behandelt, die auf eine endgültig abzurechnende Gesamtforderung angerechnet wird.

Die rechtliche Bedeutung des Abschlags erstreckt sich insbesondere auf das Werkvertragsrecht, das Mietrecht, das Energiewirtschaftsrecht, das Bauvertragsrecht sowie weitere Vertragsverhältnisse, in denen Leistungs- und Zahlungsabwicklungen in Teilleistungen geregelt werden. Im Folgenden werden die verschiedenen Ausgestaltungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Konsequenzen der Abschlagszahlung eingehend beschrieben.


Abschlag im Werkvertragsrecht

Definition und rechtlicher Rahmen

Im Werkvertragsrecht gemäß §§ 631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) steht dem Auftragnehmer grundsätzlich das Recht zu, nach dem Fortschritt der Arbeiten Teilzahlungen zu verlangen. Der sog. Abschlag wird dabei als vorläufige Vergütung für bereits erbrachte und nachgewiesene Teilleistungen gewährt. Eine endgültige Abrechnung erfolgt mit Fertigstellung des Werks.

Gesetzliche Grundlagen

  • Nach § 632a BGB ist der Unternehmer eines Werkvertrags berechtigt, für nachweislich vertragsgemäß erbrachte Leistungen einen Abschlag zu verlangen.
  • Die Höhe des Abschlags bemisst sich nach dem Wert der jeweils erbrachten Teilleistung.
  • Die Regelungen sind dispositiv; das bedeutet, abweichende vertragliche Vereinbarungen sind zulässig.

Zweck und Bedeutung

Der Abschlag dient dem Schutz des Auftragnehmers, indem er Liquiditätsengpässe im Verlauf umfangreicher oder langfristiger Projekte verhindert. Zugleich ermöglicht er dem Besteller, die Zahlung an die tatsächlich erbrachte Leistung zu koppeln und das Risiko von Überzahlungen zu reduzieren.

Rechtsfolgen und Besonderheiten

  • Die Abschlagszahlung stellt keine Anerkennung der endgültigen Höhe der Vergütung oder der ordnungsgemäßen Leistungserbringung dar.
  • Einbehalte oder Mängelrechte am Abschlagsbetrag sind in engen Grenzen zulässig, insbesondere bei nachweisbaren Mängeln der bereits erbrachten Teilleistung.
  • Im Werkvertragsrecht des BGB und im Bauvertragsrecht nach VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) bestehen teils spezielle Regelungen zur Fälligkeit, Nachweisführung und zum Sicherungseinbehalt bei Abschlägen.

Abschlag im Baurecht und bei Bauverträgen

Abschlagszahlungen gemäß VOB/B

Im Baurecht sind Abschlagszahlungen regelmäßig in Verträgen nach VOB/B verankert. § 16 VOB/B regelt dabei umfassend Anspruch, Fälligkeit und Abwicklung von Abschlagsrechnungen.

  • Auftragnehmer können nach Maßgabe des Baufortschritts Abschläge für nachgewiesene Leistungen verlangen.
  • Die VOB/B sieht vor, dass die Zahlung regelmäßig innerhalb einer bestimmten Frist nach Eingang der prüfbaren Aufstellung zu erfolgen hat.
  • Sicherheitsretentionen, etwa durch Einbehalte für Gewährleistungsansprüche, sind zulässig und praxisüblich.

Rechtswirkungen bei Mängeln

Liegt ein Mangel in der Teilleistung vor, kann der Auftraggeber einen angemessenen Teilbetrag zurückhalten. Der Umfang dieses Zurückbehaltungsrechts richtet sich nach der Schwere des Mangels.


Abschlag im Mietrecht und Verbraucherverträgen

Bedeutung im Mietrecht

Im Mietrecht ist mit Abschlag häufig die monatlich im Voraus zu zahlende Betriebskostenvorauszahlung gemeint. Diese wird insbesondere bei Nebenkostenabrechnungen für Wohn- und Gewerberaummietverhältnisse erhoben.

  • Der Mieter zahlt monatlich einen Abschlag auf die voraussichtlichen Betriebskosten, die im Rahmen der jährlichen Betriebskostenabrechnung exakt abgerechnet werden.
  • Überzahlungen werden im Rahmen der Abrechnung erstattet, Unterzahlungen nachgefordert.

Relevanz bei Verbraucherverträgen

Eine besondere Ausprägung findet der Abschlag in Verbraucherverträgen, etwa im Energieversorgungsrecht:

  • Energieversorgungsunternehmen fordern von Verbrauchern monatliche Vorauszahlungen (Abschläge), die auf die voraussichtlichen Energiekosten angerechnet und später exakt abgerechnet werden (§ 40 Abs. 2 EnWG).
  • Die Höhe des Abschlags orientiert sich am mutmaßlichen Verbrauch und ist regelmäßig anpassbar.

Abschläge im Steuerrecht

Im Steuerrecht bezeichnet Abschlag eine Vorauszahlung auf eine zu erwartende Steuerlast.

  • Beispiele: Einkommensteuervorauszahlungen, Körperschaftsteuervorauszahlungen, Umsatzsteuervorauszahlungen.
  • Zweck ist die gleichmäßige Belastung des Steuerpflichtigen während des Erhebungszeitraums.
  • Die endgültige Steuerlast wird nach Ablauf des Kalenderjahres ermittelt; etwaige Überzahlungen werden erstattet, Nachzahlungen gefordert.

Abschlagsrechnung und rechtliche Anforderungen

Anforderungen an Abschlagsrechnungen

Ein Abschlag wird meist im Rahmen einer Abschlagsrechnung geltend gemacht. Rechtliche Anforderungen sind:

  • Präzise Leistungsbeschreibung
  • Nachweis des Leistungsfortschritts oder der abgerechneten Teilleistung
  • Genaue Bezifferung des geforderten Betrags
  • Angabe der vertraglichen oder gesetzlichen Anspruchsgrundlage

Folgen bei Zahlungsverzug

Bleibt der Schuldner einer berechtigten Abschlagsrechnung säumig, greifen die allgemeinen Verzugsregeln. Insbesondere können für verspätete Abschlagszahlungen Verzugszinsen sowie etwaige Kosten für Mahnverfahren beansprucht werden.


Rechtliche Einordnung des Abschlags

Abgrenzung zu anderen Zahlungsarten

  • Vorauszahlung: Zahlung erfolgt vor Beginn der Leistungserbringung – der Abschlag hingegen nach erbrachter Teilleistung.
  • Schlusszahlung: Endgültige Abrechnung und Ausgleich der Gesamtforderung nach vollständiger Leistungserbringung.

Widerruf und Rückforderung

Falsch berechnete oder zu hohe Abschläge können nach abschließender Abrechnung vom Schuldner zurückgefordert werden. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Saldierung bei Überzahlungen.


Zusammenfassung und Bedeutung in der Praxis

Der Abschlag ist ein vielseitig eingesetztes Rechtsinstrument zur interimsmäßigen Zahlung auf eine endgültig zu ermittelnde Forderung. Seine rechtliche Ausgestaltung ist eng an die jeweiligen Vertragsverhältnisse und gesetzlichen Rahmenbedingungen geknüpft. Die Nutzung von Abschlagszahlungen erhöht die Planungssicherheit, Liquidität und Transparenz für beide Vertragsparteien und ist aus dem öffentlichen und privaten Wirtschaftsleben nicht wegzudenken.


Literatur und weiterführende Quellen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): §§ 631 ff., insbesondere § 632a
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B): § 16
Energiewirtschaftsgesetz (EnWG): § 40
Musterverträge des Deutschen Mieterbunds
* Steuerrechtliche Richtlinien zu Vorauszahlungen

Diese Zusammenstellung bietet einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Aspekte des Begriffs Abschlag und dessen praktische Relevanz in den zentralen Rechtsgebieten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen gelten für den Abschlag bei Werkverträgen?

Die rechtlichen Grundlagen für den Abschlag bei Werkverträgen finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), genauer in § 632a BGB. Danach hat der Unternehmer, sofern nichts anderes vereinbart ist, einen Anspruch auf Zahlung von Abschlagszahlungen für bereits vertragsgemäß erbrachte Leistungen. Grundlage ist, dass der Werkunternehmer die Teilleistung tatsächlich und vertragsgemäß erbracht hat, dass also ein entsprechender Bautenstand oder Fertigungsstand vorliegt. Der Auftraggeber muss keine Abschlagszahlung leisten, wenn er geltend machen kann, dass die Leistung mit wesentlichen Mängeln behaftet ist. Der Zweck der gesetzlich vorgesehenen Abschlagszahlungen besteht darin, dem Unternehmer eine laufende Finanzierung der Bau- oder Werkleistung zu ermöglichen. Die Höhe des Abschlags richtet sich grundsätzlich nach dem Wert der jeweils erbrachten Leistung; Pauschalen oder feste Raten sind ebenfalls zulässig, wenn diese vertraglich vereinbart wurden. Bei öffentlichen Auftraggebern greifen darüber hinaus die spezifischen Regelungen der VOB/B, sofern deren Anwendung ausdrücklich vereinbart wurde.

Können Abschlagszahlungen verweigert oder gemindert werden?

Aus rechtlicher Sicht kann der Besteller eine Abschlagszahlung gemäß § 632a Abs. 1 Satz 3 BGB zurückhalten oder mindern, wenn die bereits erbrachte Teilleistung mit wesentlichen Mängeln behaftet ist. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht also nur, falls es konkrete und erhebliche Beanstandungen bezüglich der Leistung gibt. Geringfügige Mängel berechtigen in der Regel nicht zur vollständigen Verweigerung der Abschlagszahlung, sondern rechtfertigen lediglich eine anteilige Kürzung, die den Wert der Beeinträchtigung widerspiegelt. Der Besteller muss die Mängel darlegen und beweisen können. Im Falle eines Streits obliegt es dem Gericht, die Wesentlichkeit der Mängel und die daraufhin berechtigte Kürzungshöhe zu bewerten. Kommt es zu unberechtigten Abschlagsforderungen oder Nichtzahlungen, stehen dem Unternehmer bzw. dem Besteller entsprechende Interessenwahrungsinstrumente wie außergerichtliche Mahnungen, Leistungsverweigerungsrechte oder ggf. die Klage offen.

Wie ist der Ablauf einer rechtssicheren Abschlagsanforderung?

Rechtlich gesehen muss der Unternehmer dem Besteller für jede Abschlagszahlung eine prüfbare Abrechnung bzw. Abschlagsrechnung zukommen lassen. Diese muss die erbrachte (Teil-)Leistung transparent und nachvollziehbar auflisten, sodass der Besteller die Berechtigung der Forderung prüfen kann. Die Abrechnung sollte die genaue Bezeichnung der Leistungen, die Mengen, die Einheitspreise und den Wert der jeweiligen Teilleistung enthalten. Bei Streit über die Prüffähigkeit hat der Unternehmer nachzubessern. Erst nach Vorlage einer prüffähigen Abrechnung beginnt die gesetzliche Frist zur Zahlung zu laufen. Üblicherweise ist der Abschlag spätestens 30 Tage nach Zugang der prüffähigen Rechnung fällig, sofern nichts anderes vereinbart wurde (§ 271 BGB, ggf. Zahlungsfristen nach VOB/B oder Individualvertrag beachten). Rechtsfolgen verspäteter Zahlung sind Verzug und daraus resultierende Verzugszinsen.

Gibt es eine Pflicht zur Sicherheitsleistung bei der Auszahlung von Abschlägen?

Die gesetzlichen Regelungen (§ 632a Abs. 3 BGB) sehen vor, dass der Besteller das Recht hat, bei Abschlagszahlungen eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Dies dient dem Schutz des Bestellers für den Fall, dass die erbrachten Teilleistungen später doch noch Mängel aufweisen oder die Gesamtvertragsleistung nicht wie vereinbart fertiggestellt wird. Die Sicherheit kann z.B. in Form einer Bürgschaft einer Bank oder eines anderen Kreditinstituts gestellt werden. Die Höhe der Sicherheitsleistung darf 5 % des Wertes der jeweiligen Teilleistung nicht überschreiten. Diese Regelung findet vor allem bei Bauverträgen Anwendung und kann vertraglich ausgeschlossen oder abgeändert werden. Wird eine Sicherheit verlangt, ist deren Stellung Voraussetzung für die Auszahlungsverpflichtung des Abschlags.

Wie wirken sich Mängel auf bereits geleistete Abschlagszahlungen aus?

Sind bereits gezahlte Abschlagsbeträge für Leistungen erfolgt, die sich später als mangelhaft herausstellen, hat der Besteller grundsätzlich das Recht, eine entsprechende Minderung oder Rückforderung des überzahlten Betrags geltend zu machen. Diese Rückforderungsmöglichkeit ergibt sich aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht (§§ 812 ff. BGB, § 634 Nr. 4 BGB). Der Besteller kann im Rahmen der Schlussrechnung gegenrechnen und dadurch einen Ausgleich verlangen. Zudem bleibt dem Besteller bis zur ordnungsgemäßen Mängelbeseitigung das Recht vorbehalten, weitere Zahlungen entsprechend zu kürzen und bestehende Sicherheiten mit einem Zurückbehaltungsrecht gem. § 641 Abs. 3 BGB einzubehalten.

Was ist bei Abschlägen im Insolvenzfall zu beachten?

Kommt es während der Vertragsabwicklung zum Insolvenzverfahren eines der Vertragspartner, gelten besondere rechtliche Regelungen. Ist der Unternehmer insolvent, kann der Besteller gem. § 649 BGB kündigen und muss künftige Abschlagszahlungen nur noch für tatsächlich erbrachte und mängelfreie Teilleistungen leisten. Bereits geleistete Abschläge für nicht vollendete oder mangelhafte Leistungen können Insolvenzforderungen sein. Umgekehrt kann der Unternehmer im Insolvenzfall des Bestellers Abschlagsforderungen als Insolvenzforderung anmelden und ggf. über die Insolvenztabelle realisieren. Im Rahmen der Werklohnklage ist hierbei genau zwischen Masseforderung (nach Verfahrenseröffnung) und Insolvenzforderung (vor Verfahrenseröffnung) zu differenzieren. Das Insolvenzrecht sieht zudem in § 119 InsO Anfechtungsmöglichkeiten von Abschlagszahlungen vor, sofern diese beispielsweise im Vorfeld der Insolvenz „unzulässig“ bzw. benachteiligend erfolgten.

Welche Besonderheiten gelten bei der Vereinbarung von Abschlägen im Bauvertrag?

Im Bauvertragsrecht – insbesondere im Anwendungsbereich der VOB/B (Verdingungsordnung für Bauleistungen) – gibt es eigene Abschlagsregelungen (§ 16 VOB/B), die häufig an die Stelle der BGB-Regelungen treten, sofern die VOB/B wirksam vereinbart wurde. Danach sind die Abschläge regelmäßig nach dem tatsächlichen Wertzuwachs der erbrachten Bauleistungen zu bemessen. Die Abrechnungsmodalitäten, Prüffristen, Sicherheitsleistungen und die Abwehrmöglichkeit bei Mängeln sind zwar ähnlich ausgestaltet wie im BGB, mitunter aber zugunsten der Bauherren oder Auftragnehmer präzisiert oder erweitert. Wichtig ist, dass im Bauvertrag individuelle Regelungen formuliert werden können, deren Wirksamkeit jedoch den AGB-rechtlichen Vorgaben unterliegt und einer Inhaltskontrolle standhalten muss. Auch nach Fertigstellung und Schlusszahlung bleiben die Rechte auf Gewährleistung und Mängelbeseitigung nach BGB oder VOB/B bestehen.