Begriff und Bedeutung der Absage von Veranstaltungen
Die Absage von Veranstaltungen bezeichnet die Entscheidung des Veranstalters, eine geplante und meist bereits angekündigte Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen. Die Gründe hierfür reichen von höherer Gewalt über behördliche Verbote bis hin zu wirtschaftlichen Erwägungen oder organisatorischen Problemen. Die rechtlichen Konsequenzen einer Veranstaltungsabsage sind vielschichtig und betreffen sowohl die Beziehung zwischen Veranstalter und Besucher als auch vertragliche und versicherungsrechtliche Aspekte.
Rechtliche Grundlagen der Veranstaltungsabsage
Zivilrechtliche Vertragsbeziehungen
Die Durchführung oder Absage einer Veranstaltung ist maßgeblich durch zivilrechtliche Bestimmungen geprägt. Kommt durch den Erwerb eines Tickets ein Vertrag zwischen Besucher und Veranstalter zustande, stellt die Absage grundsätzlich eine Nichterfüllung einer vertraglichen Hauptpflicht dar. Dies hat verschiedene Rechtsfolgen:
Rückabwicklung des Vertrages
Gemäß § 323 BGB (Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung) erlischt durch die Absage die Pflicht zur Leistung auf beiden Seiten. In der Regel entsteht dadurch ein Anspruch des Besuchers auf Rückerstattung des Ticketpreises. Weitergehende Schadensersatzansprüche sind möglich, jedoch an das Verschulden des Veranstalters geknüpft.
Schadensersatz bei Verschulden
Schadensersatzforderungen, etwa für vergebliche Anreise- oder Übernachtungskosten, kommen nur bei einem schuldhaften Verhalten des Veranstalters in Betracht (§§ 280 ff. BGB). Ist die Absage dem Veranstalter nicht anzulasten, etwa bei Eintritt von höherer Gewalt, besteht zumeist allein das Recht auf Rückerstattung des Eintrittspreises.
Absage wegen Höherer Gewalt
Höhere Gewalt (force majeure) ist ein zentraler Begriff bei der Absage von Veranstaltungen. Darunter versteht man ein von außen kommendes, unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht abwendbar ist – etwa Naturkatastrophen, Pandemien oder behördlich angeordnete Veranstaltungsverbote.
Rechtliche Folgen
Wird eine Veranstaltung infolge höherer Gewalt abgesagt, entfallen beiderseitige Leistungspflichten (§ 275 BGB). Der Besucher hat Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen, weitergehende Schadensersatzansprüche bestehen in der Regel nicht. Besondere Beachtung finden hierbei die AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) des Veranstalters, die mögliche Regelungen zu unwägbaren Risiken enthalten können. Nach neuerer Rechtsprechung müssen solche Klauseln einer strengen Inhaltskontrolle standhalten und dürfen die Rechte des Besuchers nicht unangemessen beschränken.
Absage aufgrund behördlicher Anordnung
Oftmals sehen gesetzliche Vorschriften oder behördliche Auflagen vor, dass Veranstaltungen untersagt werden können, beispielsweise nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Rahmen des Gesundheits- oder Infektionsschutzes.
Rechtsfolgen
Im Falle einer behördlichen Absage gilt regelmäßig dasselbe wie bei höherer Gewalt: Der Vertrag wird rückabgewickelt, Anspruch auf Schadensersatz besteht nicht, sofern der Veranstalter die Absage nicht verschuldet hat. Teilweise greifen hier auch besondere Ausnahmeregelungen, etwa bei Großereignissen.
Vertragliche Regelungen und AGB
Das Vertragsverhältnis zwischen Veranstalter und Besucher lässt sich durch individuell ausgehandelte Verträge und vorformulierte AGB gestalten. Häufig finden sich dort Klauseln, die Rechte und Pflichten im Absagefall konkretisieren.
Wirksamkeit von Absageklauseln
AGB-Klauseln, die im Absagefall den Rückzahlungsanspruch ausschließen oder Beschränkungen für Schadensersatz vorsehen, unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Sie sind unwirksam, wenn sie den Besucher unangemessen benachteiligen, insbesondere wenn sie ohne triftigen Grund die Rückzahlung verweigern.
Versicherungsrechtliche Aspekte
Veranstalter sichern sich häufig gegen Ausfälle durch spezielle Veranstaltungsversicherungen ab. Hierzu zählen beispielsweise Ausfallversicherungen, die bei Absage durch bestimmte, im Vertrag definierte Ursachen eintreten.
Versicherungsfälle
Typische Versicherungsfälle sind unvorhersehbare, plötzliche Ereignisse wie Krankheit von Hauptakteuren, Witterungsbedingungen oder behördliche Absagen. Nicht versicherungsfähig sind regelmäßig Risiken, die durch planbares oder eigenes Verschulden entstehen.
Versicherungsschutz und Regress
Im Falle der Versicherungsleistung ist zu klären, ob die Versicherung nur den Veranstalter oder auch die Besucher schützt. In der Regel steht die Versicherungssumme ausschließlich dem Veranstalter zu, der jedoch weiterhin zur Rückzahlung gegenüber den Besuchern verpflichtet ist.
Öffentlich-rechtliche und Datenschutzrechtliche Aspekte
Veranstaltungsabsage und öffentliche Sicherheit
Die Behörden haben im Rahmen ihrer Aufgaben zur Gefahrenabwehr das Recht, Veranstaltungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung abzusagen. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind im Polizeigesetz der Länder, im Versammlungsgesetz und weiteren spezialgesetzlichen Regelungen zu finden.
Datenschutz und Informationspflichten
Im Zusammenhang mit der Absage sind Veranstalter verpflichtet, die Betroffenen unverzüglich und in geeigneter Weise zu informieren (§ 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. Art. 13 DSGVO). Die Erhebung und Verarbeitung von Daten im Zusammenhang mit der Absage muss stets datenschutzkonform erfolgen.
Besonderheiten bei internationalen Veranstaltungen
Bei grenzüberschreitenden Veranstaltungen ist nicht nur das nationale Recht, sondern ggf. auch ausländisches Recht sowie Regelungen der Europäischen Union zu beachten (z. B. Pauschalreiserichtlinie). Zuständig für die rechtliche Abwicklung können Gerichte verschiedener Staaten sein, je nach Sitz des Veranstalters und Widerrufsbelehrung.
Fazit
Die Absage von Veranstaltungen berührt zahlreiche Rechtsgebiete und wirft komplexe Fragen im Vertrags-, Schadensersatz-, Versicherungs- und öffentlichen Recht auf. Besucher haben im Regelfall Anspruch auf Erstattung des Eintrittspreises, weitergehende Ansprüche hängen von den Umständen der Absage und vertraglichen Regelungen ab. Besonders bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die Angabe zu Gründen der Absage, die Einhaltung von Informationspflichten und eine transparente Kommunikation gegenüber allen Beteiligten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Ansprüche haben Ticketkäufer bei Absage einer Veranstaltung?
Im Falle der Absage einer Veranstaltung stehen Ticketkäufern grundsätzlich Ansprüche auf Rückerstattung des Ticketpreises zu. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu Leistungsstörungen im Vertragsrecht, insbesondere aus § 326 BGB (Freigewordene Gegenleistung bei Ausschluss der Leistungspflicht). Da der Veranstalter die geschuldete Hauptleistung (Durchführung der Veranstaltung) nicht erbringt, entfällt die Gegenleistungspflicht des Besuchers – also die Zahlung des Ticketpreises. In der Praxis heißt das: Käufer erhalten vom Veranstalter oder dem autorisierten Ticketvermittler den vollen Ticketpreis zurück. Weitere Ansprüche, etwa auf Ersatz von bereits angefallenen Fahrt- oder Übernachtungskosten, bestehen dagegen nur, wenn den Veranstalter ein Verschulden trifft, etwa wenn die Absage vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Ist die Absage unvermeidbar, beispielsweise aufgrund höherer Gewalt, so beschränkt sich der Erstattungsanspruch regelmäßig auf den reinen Ticketpreis.
Muss der Ticketkäufer eine Rückabwicklung aktiv einleiten oder geschieht dies automatisch?
Grundsätzlich obliegt es dem Veranstalter beziehungsweise dem Ticketdienstleister, die Rückabwicklung der gezahlten Ticketpreise einzuleiten. Viele Anbieter informieren Kunden proaktiv per E-Mail oder über die jeweilige Vertriebsplattform und bieten Anweisungen zur Rückerstattung an. Die Rückzahlung erfolgt in der Regel auf das ursprünglich verwendete Zahlungsmittel. Sollte binnen eines angemessenen Zeitraums keine Kontaktaufnahme oder Erstattung erfolgen, muss der Ticketkäufer selbst aktiv werden und seine Ansprüche gegenüber dem Veranstalter oder Vermittler geltend machen. Es empfiehlt sich, die entsprechenden Unterlagen wie Kaufbelege oder Bestätigungs-E-Mails aufzubewahren, um den Anspruch nachweisen zu können.
Welche Fristen müssen bei der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen eingehalten werden?
Die Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückerstattung des Ticketpreises beträgt nach § 195 BGB grundsätzlich drei Jahre. Die Frist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Ticketkäufer von diesem erfahren hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erfahren können. Wird die Veranstaltung beispielsweise im Mai 2024 abgesagt und der Käufer erhält davon Kenntnis, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2024 und endet mit Ablauf des 31.12.2027. Innerhalb dieser Zeit muss der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden, andernfalls erlischt er. Für eine außergerichtliche Geltendmachung empfiehlt sich dennoch eine möglichst zeitnahe Anspruchserhebung.
Welche rechtlichen Folgen ergeben sich bei einer Absage wegen höherer Gewalt?
Absagen aufgrund höherer Gewalt (z. B. Naturkatastrophen, Pandemien, behördliche Verbote) stellen besondere Fälle dar. Hier kann weder der Veranstalter noch der Ticketkäufer für die Nichterfüllung des Vertrags verantwortlich gemacht werden, weshalb das Rücktrittsrecht sowie der Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises grundsätzlich erhalten bleibt. Darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche des Ticketkäufers, beispielsweise auf Ersatz von Reise- oder Übernachtungskosten, sind in der Regel ausgeschlossen, da kein Verschulden des Veranstalters vorliegt. Veranstalter sind verpflichtet, jegliche bereits erhaltenen Zahlungen, abzüglich etwaiger nicht erstattungsfähiger Gebühren (sofern diese rechtlich einwandfrei vereinbart wurden), zurückzuzahlen.
Gilt der Rückerstattungsanspruch auch für Gebühren und Vorverkaufsentgelte?
Die Rückzahlungspflicht umfasst in der Regel den reinen Ticketpreis. Ob zusätzlich gezahlte Vorverkaufsgebühren, Systemgebühren oder Versandkosten zu erstatten sind, hängt vom jeweiligen Vertragsverhältnis und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ab. Nach Rechtsprechung verschiedener Gerichte muss grundsätzlich die gesamte geleistete Zahlung rückerstattet werden, sofern für die Absage keine Leistungen erbracht wurden. Ausnahmen können bei tatsächlich entstandenen und eindeutig als solche ausgewiesenen Versandkosten (z. B. für postalische Zusendung der Tickets) bestehen. Servicegebühren können dann einbehalten werden, wenn in den AGB transparent dargelegt ist, dass diese Gebühr eine Vergütung für die Vermittlung darstellt und unabhängig von der Durchführung der Veranstaltung anfällt.
Können Veranstalter stattdessen Gutscheine ausgeben?
In pandemiebedingten Ausnahmefällen, insbesondere während der Covid-19-Pandemie, waren Betreiber zeitweilig durch gesetzliche Sonderregelungen berechtigt, anstelle direkter Rückerstattung Gutscheine auszugeben. Diese Gutscheinregelungen unterlagen engen gesetzlichen Vorgaben und galten nur befristet. Mittlerweile besteht in deutschen und europäischen Rechtsordnungen grundsätzlich wieder das Prinzip der Geld-zurück-Garantie. Das heißt: Der Veranstalter kann Ticketkäufern nicht einseitig Gutscheine – anstelle der Erstattung des Geldbetrags – aufzwingen. Ein Gutschein kann dem Ticketkäufer lediglich als freiwillige Alternative angeboten werden; die Annahme erfolgt auf rein freiwilliger Basis.
Steht dem Kunden zusätzlich Schadenersatz zu, wenn ihm durch die Absage weitere Kosten entstanden sind?
Ein zusätzlicher Anspruch auf Schadenersatz für weitergehende Kosten wie Hotels, Anreise oder Verdienstausfall setzt voraus, dass der Veranstalter die Absage der Veranstaltung schuldhaft, also mit Vorsatz oder Fahrlässigkeit, verursacht hat. Wird die Veranstaltung dagegen aus Gründen abgesagt, die außerhalb seines Verantwortungsbereichs liegen (z. B. höhere Gewalt), scheiden solche Ansprüche regelmäßig aus. Im Einzelfall ist die Prüfung komplex und hängt maßgeblich von den konkreten Umständen sowie vom Inhalt der vertraglichen Nebenabreden ab. Grundsätzlich besteht ohne Verschulden keine Pflicht zur Übernahme zusätzlicher Kosten durch den Veranstalter.