Legal Lexikon

Abgeld


Begriff und Bedeutung des Abgelds

Das Abgeld (auch als Disagio oder Damnum bezeichnet) ist ein im Finanz- und Steuerrecht verwendeter Begriff, der einen Abzug vom Nennwert einer Forderung oder eines Wertpapiers beschreibt. Es handelt sich um einen Minderbetrag, der beim Abschluss eines Vertrags – insbesondere bei Krediten, Darlehen oder der Ausgabe von Wertpapieren – in Abzug gebracht wird. Das Abgeld stellt somit die Differenz zwischen dem Ausgabebetrag (Auszahlungskurs) und dem Rückzahlungsbetrag (Nennwert) dar.


Rechtliche Grundlagen des Abgelds

Zivilrechtliche Einordnung

Im Rahmen des Zivilrechts ist das Abgeld insbesondere bei der Darlehensvergabe und bei der Begebung von Schuldverschreibungen von Bedeutung. Gemäß § 488 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) schuldet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber den vollen Nennbetrag. Das Abgeld führt dazu, dass dem Darlehensnehmer lediglich ein um das Abgeld verminderter Geldbetrag ausgezahlt wird, er jedoch dennoch zur Rückzahlung des vollen Nennbetrags verpflichtet bleibt. Diese vertragliche Konstruktion muss ausdrücklich vereinbart werden.

Abgrenzung zu anderen Entgeltformen

Das Abgeld stellt keine gesonderte Gebühr oder Provision dar, sondern ist als Bestandteil der Zinsen oder als zusätzliches Entgelt für die Kapitalüberlassung zu qualifizieren. Es unterscheidet sich vom Aufgeld (Agio), bei welchem ein Aufschlag zum Nennwert zu zahlen ist. In finanzmathematischer Hinsicht erhöht das Abgeld den effektiven Zinssatz des gewährten Darlehens oder der begebenen Anleihe.


Abgeld im Bank- und Kapitalmarktrecht

Anwendung bei Krediten und Darlehen

Bei der Vergabe von Krediten kann zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber ein Abgeld vereinbart werden, das beim Auszahlungsbetrag einbehalten wird. Rechtlich ist dabei zu beachten, dass das Abgeld im effektiven Jahreszins ausgewiesen werden muss (§ 6 Preisangabenverordnung, PAngV), um die Transparenz für Verbraucher sicherzustellen. Ein überhöhtes Abgeld kann zur Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags gemäß § 138 BGB führen, wenn der effektive Zinssatz in einem auffälligen Missverhältnis zur vertraglich vereinbarten Leistung steht.

Bedeutung bei Wertpapieren

Auch bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen oder Anleihen ist das Abgeld ein gängiges Mittel, um die Attraktivität eines Wertpapiers zu erhöhen oder auf geänderte Marktgegebenheiten zu reagieren. Die rechtliche Zulässigkeit eines Abgelds bei Anleihen und Schuldverschreibungen ergibt sich aus den Emissionsbedingungen, die bei öffentlichen Angeboten gemäß Wertpapierprospektgesetz (WpPG) offen zu legen sind.


Steuerrechtliche Behandlung des Abgelds

Einkommensteuerrecht

Im deutschen Einkommensteuerrecht wird das Abgeld steuerlich unterschiedlich behandelt, abhängig davon, ob es sich um einen privaten oder betrieblichen Vorgang handelt. Beim Erwerber eines abgezinst ausgegebenen Wertpapiers gilt das Abgeld als Bestandteil der Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG) und ist steuerpflichtig. Gleiches gilt für das Damnum bei Darlehen, sofern es als Zinsaufwand wirtschaftlich einzuordnen ist.

Für Unternehmer ergibt sich im Rahmen des betrieblichen Bereichs (Betriebsvermögen) eine Aktivierungspflicht (§ 5 Abs. 1 EStG), wobei das Abgeld auf die Laufzeit des Kredits oder Wertpapiers verteilt und periodengerecht abgeschrieben wird.

Umsatzsteuerrecht

Das Abgeld ist aus umsatzsteuerlicher Sicht grundsätzlich nicht steuerbar, da Kreditgewährung als ein umsatzsteuerfreier Vorgang gemäß § 4 Nr. 8 UStG eingeordnet wird. Lediglich bei bestimmten Finanzierungsmodellen können Ausnahmen von dieser Regelung greifen.


Handelsrechtliche Aspekte

Gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) ist das Abgeld als Rechnungsabgrenzungsposten zu erfassen, wenn es als Ausgleichszahlung für längerfristige Kapitalüberlassung dient (§ 250 Abs. 3 HGB). Die periodengerechte Abgrenzung sorgt dafür, dass das Abgeld nicht sofort, sondern über die Laufzeit des Finanzinstruments gewinnmindernd berücksichtigt wird.


Verbraucherschutz und Informationspflichten

Pflicht zur Offenlegung

Nach §§ 491 ff. BGB besteht bei Verbraucherdarlehen eine umfassende Informationspflicht hinsichtlich der effektiven Kosten des Darlehens, einschließlich des Abgelds. Kreditgeber sind verpflichtet, das Abgeld transparent im Vertragsanbahnungsgespräch und in der Vertragsdokumentation auszuweisen, damit dem Verbraucher die tatsächliche Belastung erkennbar ist.

Sittenwidrigkeit und Wucher

Ein überhöhtes Abgeld kann, wie bereits ausgeführt, zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags führen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der effektive Jahreszins erheblich über dem marktüblichen Zinssatz bewegt und eine Ausnutzung der Unerfahrenheit, Zwangslage oder eingeschränkten Willensfreiheit des Vertragspartners vorliegt (§ 138 BGB, § 291 StGB).


Internationale Einordnung

Auch in anderen Rechtsordnungen ist das Konzept des Abgelds bekannt und verweist regelmäßig auf einen Auszahlungsabschlag beim Erwerb von Finanzinstrumenten oder bei der Kreditvergabe. Die steuerliche und zivilrechtliche Behandlung kann international variieren, folgt jedoch weitgehend ähnlichen Grundprinzipien wie im deutschen Recht.


Zusammenfassung

Das Abgeld ist ein zentraler Begriff des Finanz-, Steuer- und Zivilrechts und bezeichnet einen Einbehalt beim Auszahlungsbetrag von Krediten oder Wertpapieren. Rechtlich sind dabei die Zivilvertragsfreiheit, Informations- und Offenlegungspflichten sowie steuerliche und handelsrechtliche Vorschriften zu beachten. Die sachgemäße Behandlung und Buchführung des Abgelds stellt sicher, dass sowohl Gläubiger als auch Schuldner klar über die tatsächlichen Kosten und Verpflichtungen eines Finanzierungsvertrags informiert sind. Ein überhöhtes oder nicht offengelegtes Abgeld kann zu rechtlichen Konsequenzen bis hin zur Nichtigkeit des Vertrags führen.

Häufig gestellte Fragen

Wann findet das Abgeld im rechtlichen Kontext Anwendung?

Das Abgeld kommt im rechtlichen Kontext insbesondere bei der Ausgabe von Wertpapieren, wie etwa Aktien oder Anleihen, zur Anwendung. Hierbei bezieht sich das Abgeld auf den Betrag, um den der Ausgabepreis (Emissionskurs) einer Schuldverschreibung oder eines anderen Finanzinstruments unter dem Nennwert liegt. Nach deutschem Recht – insbesondere dem Aktiengesetz (AktG), aber auch dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) – ist hierbei klar geregelt, dass der Ausgabepreis unter Umständen das sogenannte Disagio enthalten darf, das jedoch bestimmten gesetzlichen Beschränkungen unterliegt. Bei der Kreditvergabe wird das Abgeld unter anderem im Zusammenhang mit dem Disagio besprochen, wobei besondere zivilrechtliche Vorschriften zur Zulässigkeit und Offenlegungspflicht greifen. In allen Fällen muss das Abgeld im Vertrag explizit ausgewiesen werden, um Rechtssicherheit zwischen den Parteien herzustellen und Transparenz zu gewährleisten.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei Vereinbarung eines Abgelds beachtet werden?

Für die Vereinbarung eines Abgelds sind insbesondere die Maßgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), des Handelsgesetzbuches (HGB) und, im Fall von Aktiengesellschaften, des Aktiengesetzes (AktG) einzuhalten. Beim Emissionsgeschäft verlangt das Gesetz beispielsweise, dass der geringere Ausgabebetrag explizit im Gesellschaftsvertrag oder Emissionsprospekt ausgewiesen sein muss. Zudem bestehen steuerrechtliche Mitteilungspflichten gemäß Einkommensteuergesetz (EStG). Die Rechtslage schreibt weiter vor, dass das Abgeld keinen sittenwidrigen Charakter haben darf; es darf insbesondere nicht dazu führen, dass Gläubigerschutzvorschriften missachtet werden. Auch die Einhaltung der Wohlverhaltenspflichten gegenüber den Anlegern ist zu berücksichtigen. Ein rechtswidrig vereinbartes Abgeld kann zur Nichtigkeit der betreffenden Rechtsgeschäfte führen.

Welche Informationspflichten bestehen im Hinblick auf das Abgeld?

Im Zusammenhang mit dem Abgeld bestehen umfangreiche Informationspflichten gegenüber Investoren und Vertragspartnern. Nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sind Emittenten verpflichtet, sämtliche Konditionen der Wertpapierausgabe einschließlich eines vorhandenen Abgelds im Verkaufsprospekt detailliert anzugeben. Auch im Kreditwesen besteht eine Offenlegungspflicht, die sich aus den Vorschriften über Verbraucherdarlehen (§§ 491 ff. BGB) ergibt. Ein Verstoß gegen die Informationspflichten kann zu Schadensersatzansprüchen sowie zur Anfechtbarkeit des Vertrages führen. Banken und Emittenten sind zudem gehalten, auf mögliche Auswirkungen des Abgelds auf die Gesamtrendite der Anlage oder die Effektivverzinsung hinzuweisen.

Gibt es rechtliche Einschränkungen hinsichtlich der Höhe des Abgelds?

Ja, die Höhe eines vereinbarten Abgelds unterliegt rechtlichen Einschränkungen. Insbesondere im Aktienrecht (§ 9 AktG) ist geregelt, dass der Ausgabebetrag einer Aktie den auf sie entfallenden anteiligen Nennwert nicht unterschreiten darf. Entsprechende Einschränkungen finden sich auch im Bereich der Kreditvergabe (z. B. § 138 BGB, Sittenwidrigkeit). Ein zu hohes Abgeld kann also sowohl gegen zwingende kapitalmarktrechtliche Vorgaben als auch gegen das Gebot der Angemessenheit und die Vorschriften zum Gläubigerschutz verstoßen. Zudem darf ein zu hohes Abgeld nicht zu einem Verstoß gegen steuerrechtliche Vorschriften führen, insbesondere im Hinblick auf die korrekte Bilanzierung und steuerliche Behandlung bei Unternehmen.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen gesetzliche Vorgaben zum Abgeld?

Wenn die gesetzlichen Vorgaben zum Abgeld nicht eingehalten werden, drohen verschiedene rechtliche Konsequenzen. Dazu zählen die Nichtigkeit von Verträgen oder einzelnen Vertragsklauseln (z. B. nach § 134 BGB bei Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot), Rückabwicklungsansprüche sowie gegebenenfalls Schadensersatzforderungen der benachteiligten Parteien. Darüber hinaus können aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen betroffene Unternehmen oder Institute erfolgen, wie etwa Bußgelder durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bei groben Verstößen kann bei Wertpapieremissionen auch die Strafbarkeit wegen Kapitalanlagebetrugs nach § 264a StGB in Betracht kommen.

Welche Rolle spielt das Abgeld im Rahmen von Steuerrecht und Bilanzierung?

Das Abgeld hat im Steuerrecht und bei der Bilanzierung eine besondere Bedeutung. Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes kann das Abgeld als Betriebsausgabe bzw. als Anschaffungskostenabzug gewertet werden. Bei Kreditverträgen führt das Abgeld (Disagio) regelmäßig zu einer Ratierlichen Verteilung auf die Laufzeit, sofern es einen gewissen Prozentsatz nicht übersteigt und betrieblich veranlasst ist (§ 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG). In der Bilanzierung nach Handelsrecht wird das Abgeld, abhängig vom Zusammenhang, entweder als Rechnungsabgrenzungsposten oder als negative Differenz ausgewiesen, und ist zudem in Anhang und Lagebericht zu erläutern.

Unterliegt das Abgeld besonderen aufsichtsrechtlichen Prüfungen?

Ja, das Abgeld unterliegt insbesondere bei der Emission von Finanzinstrumenten und im Kreditwesen den Prüfungen der Finanzaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank. Die Einhaltung formeller und materieller Anforderungen (insbesondere im Hinblick auf Transparenz, Gläubigerschutz und Marktintegrität) wird regelmäßig überwacht. Bei Emissionen ist die Dokumentation und Offenlegung des Abgelds zwingend im Prospekt erforderlich, dessen Billigung eine Voraussetzung für die öffentliche Platzierung darstellt. Auch bei der Kreditvergabe ist die ordnungsgemäße Behandlung und Verbuchung des Abgelds Gegenstand bankenaufsichtsrechtlicher Prüfungen und interner Revisionen.