Auswirkungen von außergewöhnlichen Störungen auf Mietverträge: Entscheidung des Landgerichts Koblenz
Das Landgericht Koblenz hatte sich unlängst mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie sowie des Ukraine-Kriegs eine Anpassung langfristiger Mietverträge über Gewerberäume gemäß § 313 BGB rechtfertigen können. Gegenstand war die Klage eines gewerblichen Mieters, der unter Berufung auf gestiegene Betriebskosten und erhebliche Umsatzeinbußen eine Anpassung des Mietvertrags verlangte.
Sachverhalt und Klagebegehren
Der Kläger hatte bereits vor Beginn der Pandemie einen gewerblichen Mietvertrag für eine Betriebsimmobilie abgeschlossen. Nach Ausbruch der Pandemie und dem späteren Kriegsgeschehen in der Ukraine sah er sich sowohl einem erheblichen Rückgang seiner Einnahmen als auch deutlich erhöhten Nebenkosten ausgesetzt. Der Mieter machte geltend, aufgrund der außergewöhnlichen Belastungen sei eine Fortführung der vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar. Er stützte sich dabei auf § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) und begehrte eine gerichtliche Anpassung des Mietzinses.
Würdigung durch das Landgericht Koblenz
Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage
Das Landgericht prüfte die Voraussetzungen eines Anpassungsanspruchs besonders eingehend. Der Gesetzgeber verlangt nach § 313 BGB, dass sich Umstände, welche zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nachträglich schwerwiegend verändert haben, wodurch beide Parteien – insbesondere der betroffene Vertragspartner – an der ursprünglichen vertraglichen Bindung festzuhalten nicht mehr zumutbar wäre. Dabei genügt es grundsätzlich nicht, dass sich die äußeren Umstände lediglich in einem für den allgemeinen Geschäftsverkehr typischen Rahmen verändern.
Zurückweisung des Anpassungsbegehrens
Das Gericht bewertete die Pandemiefolgen sowie die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts als Einschränkungen, die grundsätzlich den allgemeinen Lebensrisiken zuzuordnen seien. Solche gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen und Marktschwankungen lägen im unternehmerischen Risikobereich und könnten für sich genommen keinen Anspruch auf Vertragsänderung begründen. Aus der Urteilsbegründung ergibt sich, dass eine drohende oder tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Belastung aus unerwarteten globalen Entwicklungen nicht zwingend dazu führt, dass das Festhalten am ursprünglichen Vertrag als unzumutbar angesehen werden kann.
Begründung der Entscheidung
Abwägung unternehmerischer Risiken
Nach Auffassung des Gerichts war zu berücksichtigen, dass längerfristige Mietverhältnisse typischerweise eine Risikozuordnung voraussetzen. Die Parteien hätten bei Vertragsschluss regelmäßig in Kauf zu nehmen, dass Marktsituationen schwanken und Betriebskosten steigen oder Umsätze einbrechen können. Besondere externe Ereignisse wie Pandemien oder politische Krisen führten – so das Landgericht – nicht ohne Weiteres zu einer Verschiebung dieser Risikoverteilung, sofern nicht gerade die Geschäftsgrundlage im Kern betroffen ist.
Keine substanzielle Veränderung der Vertragsgrundlage
Letztlich sah das Gericht die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung als nicht erfüllt an. Weder die COVID-19-Pandemie noch der Ukraine-Krieg hätten das vertraglich vorausgesetzte Gleichgewicht in einer Weise erschüttert, die es zwingend erforderlich machen würde, die Miete neu festzulegen. Die Klage auf Anpassung wurde daher abgewiesen (Landgericht Koblenz, Urteil vom 24.03.2025, Az. 14 O 278/24).
Bedeutung für die Vertragsparteien
Die gerichtliche Entscheidung unterstreicht, dass es für Anpassungsansprüche nach § 313 BGB hohe Hürden gibt, insbesondere bei langfristigen Mietverhältnissen im gewerblichen Bereich. Wirtschaftliche Einbußen oder erhöhte Belastungen infolge weltweiter Krisen genügen regelmäßig nicht, um eine nachträgliche Veränderung der ursprünglichen Vertragsbedingungen zwangsweise durchzusetzen.
Für Unternehmen, Investoren und Vermögensinhaber spielen Risikoverteilung und Vertragsfestigkeit eine zentrale Rolle. Sollten Unsicherheiten oder Fragen hinsichtlich bestehender oder geplanter Mietverträge und deren Anpassungsmöglichkeiten bestehen, ist eine präzise Prüfung erforderlich. Nähere Informationen zur rechtlichen Gestaltung und Prüfung von Immobilienverträgen bietet die Kanzlei MTR Legal Rechtsanwälte unter dem Bereich Rechtsberatung im Immobilienrecht.