Aufklärungspflicht des Verkäufers über Bleileitungen bei Immobilienveräußerung: Folgen und Hintergründe
Beim Erwerb von Immobilien ist die Beschaffenheit der Versorgungseinrichtungen von zentraler Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf die Qualität der Trinkwasserinstallation. Nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Lübeck (Az. 2 O 231/23; Urteil vom 12.08.2025) hat der Verkäufer einer Wohnimmobilie die Pflicht, den Käufer über die Verwendung von Bleirohren in der Trinkwasserversorgung zu informieren. Das Gericht stützte sich dabei auf die vertragliche Aufklärungspflicht sowie die bestehenden gesundheitlichen Risiken, die mit Bleileitungen einhergehen.
Gesundheitliche und rechtliche Relevanz von Bleileitungen
Gesundheitsrisiken durch Blei im Trinkwasser
Blei in der Trinkwasserinstallation stellt ein gravierendes Gesundheitsrisiko dar. Selbst geringe Mengen können insbesondere bei Kindern, Schwangeren und älteren Menschen zu schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Die heute einschlägige Trinkwasserverordnung (TrinkwV) sieht daher eng gefasste Grenzwerte für Blei im Trinkwasser vor und untersagt im Neubau die Nutzung von Bleirohren.
Gesetzliche Vorgaben und Verkehrssicherungspflichten
Die Verwendung von Bleileitungen ist nicht nur gesundheitlich problematisch, sondern birgt auch rechtliche Konsequenzen. Der Eigenheimbesitzer ist gemäß TrinkwV verpflichtet, sicherzustellen, dass das abgegebene Trinkwasser den gesetzlichen Grenzwerten entspricht. Bei Überschreitung der Grenzwerte besteht eine Handlungspflicht; gegebenenfalls muss eine Sanierung der Leitung erfolgen. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich auch auf die Information potentieller Erwerber über bestehende Risiken und Mängel.
Verschärfte Aufklärungspflicht für Immobilienverkäufer
Verdeckte Sachmängel und arglistiges Verschweigen
Bleirohre im Trinkwassersystem stellen einen verborgenen Mangel dar, der für Laien ohne besondere fachliche Kenntnisse nicht erkennbar ist. Verkäufer, die über die Existenz solcher Leitungen Kenntnis haben, müssen Kaufinteressenten unaufgefordert darauf hinweisen. Unterlassen sie die Offenbarung, so kann – wie das LG Lübeck bestätigte – von einem arglistigen Verschweigen eines Sachmangels ausgegangen werden. Das kann zur Folge haben, dass vertraglich vereinbarte Haftungsausschlüsse durchbrochen werden.
Rückabwicklung und Schadensersatzansprüche
Käufer, denen wesentliche Umstände wie die Existenz von Bleileitungen verschwiegen wurden, können auf Grundlage des gesetzlichen Gewährleistungsrechts (492 ff. BGB) sowohl auf Rückabwicklung des Kaufvertrags als auch auf Ersatz des entstandenen Schadens klagen. Ein solcher Mangel ist insbesondere dann erheblich, wenn er die Nutzung des Kaufgegenstands in erheblicher Weise beeinträchtigt und dem Erwerber zusätzliche Kosten für die Beseitigung auferlegt.
Praktische Auswirkungen für die Vertragsgestaltung und Due Diligence
Bedeutung für die Vertragsparteien
Für Verkäufer ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, sämtliche ihnen bekannten Tatsachen, die den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Immobilie nachhaltig beeinflussen können, offenzulegen. Auf Käuferseite steigert sich die Bedeutung einer sorgfältigen technischen Prüfung im Rahmen der Due Diligence, auch und gerade im Hinblick auf die vorhandene Hausinstallation.
Immobilienrechtliche Besonderheiten
Im Handelsrecht, Gesellschaftsrecht oder im Rahmen größerer Transaktionen, wie dem Erwerb von Portfolien oder Beteiligungen, spielt diese Aufklärungspflicht eine zentrale Rolle für die rechtliche und wirtschaftliche Bewertung von Transaktionen. Im internationalen Kontext sind zudem unterschiedliche Standards und landesspezifische Regelungen zu berücksichtigen.
Weiterführende Überlegungen und Hinweise
Die Entscheidung des Landgerichts Lübeck fügt sich in eine Vielzahl von Urteilen ein, die die Aufklärungs- und Informationspflichten der Vertragsparteien beim Immobilienkauf genauer konturieren. Sie verdeutlicht, dass die ordnungsgemäße Offenlegung relevanter Umstände integraler Bestandteil eines jeden Immobilienkaufs ist und rechtliche wie wirtschaftliche Risiken minimiert.
Für weitergehende Fragen zu Pflichten und Risiken rund um die rechtssichere Gestaltung von Immobilienkaufverträgen, Maßnahmen im Zusammenhang mit Sachmängeln oder zum Umgang mit technischen Risiken bei Immobilientransaktionen richten Verantwortliche aus Unternehmen, institutionelle Investoren sowie vermögende Privatpersonen ihre Anliegen gerne an die Rechtsanwälte von MTR Legal.