Zweckentfremdung von Wohnraum: Rechtslage und aktuelle Entscheidung zur Umnutzung von Ferienwohnungen in Berlin
Mit Urteil vom 20. Januar 2025 hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin (Az. 6 L 160/24) im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens zur Zulässigkeit der Umwandlung ehemaliger Ferienwohnungen in regulären Wohnraum Stellung bezogen. Die Entscheidung befasst sich mit den gesetzlichen Anforderungen an die Nutzungsänderung nach dem Berliner Zweckentfremdungsverbots-Gesetz (ZwVbG) und der Auslegung behördlicher Verwaltungspraxis sowie deren Auswirkungen auf Wohnungsanbieter, Investoren und Eigentümer in der Bundeshauptstadt.
Hintergrund: Zweckentfremdung von Wohnraum in Berlin
Gesetzliche Grundlagen
Die zweckwidrige Nutzung von Wohnraum – insbesondere als Kurzzeitunterkunft oder Ferienwohnung – unterliegt in Berlin seit Einführung des ZwVbG (2014, mehrfach novelliert) einer umfassenden Regulierung. Ziel der Regelungen ist es, den angespannten Wohnungsmarkt vor weiterem Verlust von Mietwohnungen zu schützen. Die dauerhafte oder wiederholte Vermietung von Wohnraum an Touristen oder Geschäftsreisende ohne behördliche Genehmigung stellt demnach eine Zweckentfremdung dar und ist grundsätzlich untersagt (§ 2 ZwVbG).
Verwaltungsverfahren und Genehmigungserfordernisse
Wer bislang als Ferienwohnung genutzten Wohnraum zu regulären Wohnzwecken zurückführen möchte, muss regelmäßig ein entsprechendes Anzeige- oder Genehmigungsverfahren bei der zuständigen Bezirksverwaltung durchlaufen. Die Behörde prüft dabei unter anderem, ob für die vorherige Nutzung eine Genehmigung vorlag oder ob die Immobilie bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen entsprechend genutzt wurde. Maßgeblich ist zudem, ob mit der beabsichtigten Nutzung eine Wiederzuführung zum geschützten Wohnungsmarkt einhergeht.
Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Berlin
Sachverhalt
Im verhandelten Fall war die Antragstellerin Eigentümerin einer Immobilie, die seit mehreren Jahren als Ferienwohnung angeboten worden war. Auf Antrag sollte die Nutzung künftig wieder regulären Wohnzwecken dienen. Die zuständige Berliner Behörde sah hierfür formale Hürden: Sie bewertete die frühere Nutzung ohne ausdrückliche Genehmigung als rechtswidrig und verweigerte eine positive Nutzungsbestätigung beziehungsweise Anzeige der Zweckänderung.
Zentrale Streitpunkte
Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob die Rückumwandlung einer ehemals zu touristischen Zwecken genutzten Wohnfläche in herkömmlichen Wohnraum von einer gesonderten behördlichen Zustimmung abhängig gemacht werden darf – insbesondere wenn die bisherige Nutzung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach. Strittig war zudem, ob die Antragstellerin einen subjektiven Anspruch auf die Wiedereinführung der Wohnnutzung geltend machen konnte und wie die Verwaltungspraxis unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes zu beurteilen ist.
Entscheidung und Begründung des VG Berlin
Das VG Berlin gab der Antragstellerin mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung zum Wohnraumschutz in Berlin Recht. Das Gericht begründete, dass eine erneute Zufuhr zum Wohnungsmarkt nach Ende der illegalen Zweckentfremdung grundsätzlich zuzulassen sei, sofern keine schutzwürdigen Belange entgegenstehen. Die Rückführung in den geschützten Wohnungsmarkt diene vielmehr dem Gesetzeszweck des ZwVbG, der eine Stabilisierung und Ausweitung des regulären Wohnraumangebots bezwecke.
Behördliche Einwände, die sich ausschließlich auf das Fehlen einer früheren Genehmigung stützen, seien demnach unbeachtlich, soweit durch den Wechsel zur Wohnnutzung keine neue Zweckentfremdung eintritt. Vielmehr komme eine Untersagungsermächtigung gemäß § 5 ZwVbG lediglich bei tatsächlicher (weiterer) Zweckentfremdung in Betracht. Vor diesem Hintergrund wies das Gericht die ablehnende Haltung der Bezirksverwaltung zurück und betonte die positive Wirkung der Wohnraumzuführung für den lokalen Markt.
Bedeutung der Entscheidung und Auswirkungen für die Praxis
Rechtssicherheit für Eigentümer und Investoren
Die Entscheidung stärkt die Position von Eigentümern und potenziellen Investoren, die unrechtmäßig als Ferienwohnungen genutzte Objekte wieder der normalen Wohnnutzung zuführen möchten. Die Verwaltungsgerichte verdeutlichen damit, dass die Wiedereinführung von Wohnraum nicht von vorangegangenen Verstößen gegen das Zweckentfremdungsrecht dauerhaft ausgeschlossen werden kann, solange die gesetzlichen Voraussetzungen und der Bestandsschutz eingehalten werden.
Verwaltungspraxis und mögliche Folgefragen
Für die Praktikabilität der Wohnraumsicherung und die Effizienz der behördlichen Kontrolle resultiert aus der Entscheidung, dass Rückführungen in den Wohnungsmarkt vorrangig zu behandeln sind. Dadurch können unzulässige Leerstände oder Blockierungen von Wohnraum minimiert werden.
Gleichzeitig weist die Entscheidung darauf hin, dass Einzelfälle sorgfältig zu würdigen sind, insbesondere im Hinblick auf nachwirkende Missbrauchstatbestände oder baurechtliche Hindernisse. Auch kann die rechtliche Beurteilung in anderen Bundesländern oder Kommunen abweichend geregelt sein, da landes- und ortsrechtliche Besonderheiten erhebliche Relevanz erlangen.
Weitere rechtliche Überlegungen und laufende Entwicklungen
Der Ausbau des Wohnraums und die Stärkung des Mieterschutzes bleiben zentrale gesellschafts- und wohnungspolitische Herausforderungen. Vor dem Hintergrund angesichts sich ständig weiterentwickelnder Rechtsprechung ist es geboten, die aktuelle Gesetzeslage und Verwaltungspraxis fortlaufend im Blick zu behalten.
Einschlägige Verfahren befinden sich teilweise noch in höheren Instanzen oder sind in anderen Bundesländern anhängig. Die Unschuldsvermutung zugunsten Beteiligter bleibt stets gewahrt. Die Darstellung orientiert sich an der veröffentlichten Entscheidung (Quelle: VG Berlin, Urteil vom 20.01.2025, Az. 6 L 160/24, abrufbar unter https://urteile.news/VG-Berlin_6-L-16024_Zufuehrung-von-Ferienwohnungen-zu-Wohnzwecken~N34713).
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass rechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Zweckentfremdung von Wohnraum vielschichtig sind und von regional unterschiedlichen Rahmenbedingungen geprägt sein können. Bei individuellen Fragen zur aktuellen Rechtslage oder zu konkret geplanten Nutzungsänderungen stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal Rechtsanwälte gerne zur Verfügung.