Tiefgaragenstellplatz mit Rückwärtsfahrpflicht bei Ein- und Ausfahrt

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Anspruch auf mangelfreien Stellplatz beim Erwerb eines Tiefgaragenstellplatzes: Aktuelle Entwicklungen aus der Rechtsprechung

Das Kammergericht Berlin hat mit seiner Entscheidung vom 30. Mai 2024 (Az.: 21 U 138/24, nicht rechtskräftig) zu den Anforderungen an die Beschaffenheit von Tiefgaragenstellplätzen Stellung genommen. Im Kern geht es um die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein Stellplatz als mangelhaft im Sinne des Kaufrechts einzuordnen ist, wenn er ausschließlich durch Rückwärtsfahren erreichbar oder verlassbar ist. Dieses Urteil bietet neue Ansatzpunkte zur rechtlichen Einordnung der sogenannten „Nutzbarkeit“ von Stellplätzen und hat über den Einzelfall hinaus Bedeutung für Verkäufer und Erwerber von Immobilien, Bauträger sowie Investoren.

Mangelfreiheit und vertraglich geschuldete Beschaffenheit

Gemäß § 434 BGB schuldet der Veräußerer eines Stellplatzes dem Käufer grundsätzlich eine Beschaffenheit, die sowohl im Vertrag vereinbart wurde als auch die übliche Brauchbarkeit nach dem Vertragszweck gewährleistet. Die Gebrauchstauglichkeit eines Stellplatzes ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann beeinträchtigt, wenn der Käufer den Stellplatz nicht so nutzen kann, wie es nach den Verkehrsüblichkeiten und berechtigten Käufererwartungen zu erwarten war.

Rückwärtsfahren – bloßer Umstand oder erhebliches Hindernis?

Im konkreten Fall war maßgeblich, ob ein Stellplatz in einer Tiefgarage, der ausschließlich rückwärts angefahren oder verlassen werden kann, wegen dieses Umstands einen Sachmangel darstellt. Das Gericht differenzierte zwischen Situationen, in denen das Rückwärtsfahren schlicht mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden ist, und solchen, in denen objektive Erschwernisse über das übliche Maß hinausgehen. Die bloße Tatsache, einen Stellplatz rückwärts ansteuern zu müssen, stellt laut Kammergericht nicht per se einen Sachmangel dar. Erst wenn die Zugangsmöglichkeiten derart beeinträchtigt sind, dass die Nutzbarkeit faktisch ausgeschlossen oder unzumutbar eingeschränkt wird – beispielsweise durch baulich bedingte Enge, ungewöhnliche Fahrzeugmaße oder unzumutbare Rangiermanöver – könnte im Einzelfall ein Mangel bejaht werden.

Maßstab: Durchschnittsfahrer und übliche Fahrzeugmaße

Das Kammergericht stellte ebenso klar, dass bei der Beurteilung der Tauglichkeit nicht auf subjektive Fähigkeiten oder Präferenzen einzelner Erwerber abzustellen ist. Vielmehr ist als Maßstab der durchschnittliche Nutzer einer Tiefgarage und ein durchschnittlich großes, gängiges Fahrzeug heranzuziehen. Individuelle Besonderheiten wie etwaige Unsicherheiten beim Rückwärtsfahren oder die Nutzung von Fahrzeugen überdurchschnittlicher Größe sind nur dann relevant, wenn sie nach objektiven Kriterien den Schutzzweck der Vorschriften berühren.

Bauliche Normen und Sonderfälle

Die Entscheidung hebt zudem hervor, dass sich auch durch die Einhaltung technischer Vorschriften oder DIN-Normen (zum Beispiel der Stellplatzverordnung) die Mangelfreiheit nicht notwendigerweise indiziert ergibt. Vielmehr sind diese lediglich ein, wenn auch bedeutsamer, Anhaltspunkt bei der Bestimmung, aber nicht abschließend. Ebenso vermag die Angabe in Lageplänen oder Grundrissen nicht ohne Weiteres einen konkreten Beschaffenheitsvereinbarung zu begründen – entscheidend bleibt die Gesamtbetrachtung des Vertragsinhalts und der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten.

Bedeutung für die Vertragsabwicklung und Haftungsvermeidung

Für Erwerber und Veräußerer ergibt sich aus dem Beschluss des Kammergerichts, dass die Ausgestaltung des Vertrages über Stellplätze präzise auf die tatsächlichen Gegebenheiten und Nutzungsverhältnisse abstellen sollte. Besondere Obacht ist auf die Beschreibung der Anlage, Hinweise auf Ein- und Ausfahrtsmöglichkeiten sowie auf Besonderheiten bei der Nutzung zu richten. Die Entscheidungen des Einzelfalls hängen maßgeblich von der tatsächlichen Ausgestaltung, der möglichen Nutzung durch den Referenznutzer und dem Maß der Abweichung von der Üblichkeit beziehungsweise Zumutbarkeit ab.

Für Bauträger, Projektentwickler und Investoren ist der aktuelle Rechtsstand Anlass, die Planung und Beschreibung von Stellplätzen sowie die Vertragsgestaltung sorgfältig zu überprüfen, um Auseinandersetzungen wegen behaupteter Sachmängel zu vermeiden. Käufer wiederum sollten die örtlichen Gegebenheiten auf tatsächliche Nutzbarkeit hin überprüfen, da der rechtliche Schutz abhängig von der objektiven Brauchbarkeit im jeweiligen Einzelfall bemessen wird.


Das Urteil beleuchtet wichtige Grundsätze zur Sachmangelhaftung bei Immobilienerwerb und unterstreicht, wie entscheidend die konkrete Ausgestaltung und tatsächliche Nutzbarkeit von Stellplätzen sind. Für weitergehende rechtliche Fragestellungen oder bei Unsicherheiten hinsichtlich konkreter Vertragsgestaltungen stehen die Anwälte von MTR Legal Rechtsanwälte für eine individuelle Prüfung und Bewertung gerne zur Verfügung.

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