Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen sorgt für fairen Wettbewerb

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Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen – Neue Impulse für einen ausgewogenen Wettbewerb

Der Erlass und die fortlaufende Novellierung von Tariftreuegesetzen auf Bundes- und Landesebene nehmen in Deutschland einen festen Platz innerhalb der öffentlichen Auftragsvergabe ein. Ziel ist es, die Chancengleichheit aller Marktteilnehmer sicherzustellen und Sozialdumping im staatlich gesteuerten Beschaffungswesen entgegenzuwirken. Das neue Tariftreuegesetz des Bundes setzt hierbei Akzente: Es verpflichtet Auftragnehmer, bei der Erfüllung öffentlicher Aufträge die einschlägigen Tarifverträge zu berücksichtigen und orientiert sich an übergeordneten sozialpolitischen sowie europarechtlichen Zielsetzungen.

Rechtliche Grundlagen und aktuelle Entwicklung

Die Rechtsgrundlage der Tariftreuegesetze findet sich, je nach Zuständigkeitsbereich, sowohl im bundesweit geltenden Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Mindestentlohnung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge als auch in unterschiedlichen Ausprägungen in den Vergabegesetzen der Länder. Wesentliche Zielsetzung ist die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen durch das Unterlaufen von Tarifverträgen und gesetzlichen Mindeststandards, insbesondere bei der Beauftragung von Subunternehmern und in grenzüberschreitenden Sachverhalten.

Im Zuge der aktuellen Gesetzesinitiative sieht die Bundesregierung vor, dass öffentliche Auftraggeber, insbesondere Bund, Länder und Kommunen, Leistungen künftig bevorzugt an Firmen vergeben, die mindestens den jeweils tarifvertraglich festgelegten Lohn zahlen. Das Gesetz differenziert in Bezug auf die Anwendungsbereiche und baut auf einem gestuften Modell auf, welches die branchen- und regionenspezifische Tarifbindung als Vergabekriterium implementiert.

Praktische Auswirkungen auf Unternehmen und Auftraggeber

Anforderungen an Bieter

Öffentliche Auftraggeber sind angehalten, in ihren Vergabeunterlagen klare Tariftreueklauseln zu formulieren. Von Unternehmen, die sich an Ausschreibungen beteiligen, wird verlangt, die Einhaltung der einschlägigen Tarifverträge zu versichern und nachvollziehbar darzulegen. Die Kontrolle erfolgt regelmäßig über Eigenerklärungen, wird jedoch stichprobenartig und im Verdachtsfall vertieft geprüft. Verstöße gegen die Tariftreuepflichten können zum Ausschluss vom Vergabeverfahren oder zu Sanktionen im laufenden Vertragsverhältnis führen.

Bedeutung für die Praxis

Die Neuregelungen verfolgen das Ziel, einen fairen Wettbewerb zu fördern und qualitativ hochwertige sowie sozial verantwortliche Dienstleistungen sicherzustellen. Unternehmen müssen neben der sorgfältigen Kalkulation ihrer Angebote auch sicherstellen, dass eingesetzte Subunternehmer und Nachunternehmer die Tariftreuepflichten einhalten. Die praktische Umsetzung kann im Einzelfall Heraus­for­derun­gen bergen, etwa wenn die Tarifbindung und die relevante Tarifanwendung in multilokal aufgestellten Bieter­konsortien oder bei ausländischen Unternehmen festgestellt werden müssen. Die Bundesregierung betont, dass sämtliche Vorgaben im Einklang mit den einschlägigen unions- und vergaberechtlichen Bestimmungen erfolgen.

Herausforderungen, Chancen und rechtlicher Prüfrahmen

Abgrenzungs- und Auslegungsfragen

Im Zuge der Anwendung des neuen Gesetzes stehen Unternehmen und öffentliche Auftraggeber vor Herausforderungen bei der Bestimmung des maßgeblichen Tarifvertrags, etwa bei konkurrierenden Tarifverträgen. Auch die Auslegung der Anforderungen an Nachunternehmer – insbesondere mit Sitz im Ausland – kann komplex sein. Für transnationale Konstellationen ist zu berücksichtigen, dass das Primärrecht der Europäischen Union und die Rechtsprechung des EuGH vergaberechtliche Spielräume begrenzen.

Rechtsschutz und Kontrolle

Der Gesetzgeber verankert Kontrollmechanismen zur Sicherstellung der Einhaltung, etwa über behördliche Nachprüfungsbefugnisse und die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren im Vergaberecht. Bieter können sich im Falle einer aus ihrer Sicht unzutreffenden Anwendung oder fehlerhaften Berücksichtigung der Tariftreuepflichten durch den Auftraggeber auf die zur Verfügung stehenden vergaberechtlichen Rechtsbehelfsverfahren stützen.

Wirtschaftspolitische Einordnung

Die Tariftreuepflicht ist nicht nur ein Instrument zur Sicherung angemessener Lohn- und Arbeitsbedingungen, sondern dient auch dem Erhalt von Wettbewerbsneutralität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Gerade angesichts der zunehmenden Internationalisierung der Beschaffungsmärkte und der Integration von Subunternehmerstrukturen will der Gesetzgeber soziale Mindeststandards nachhaltig sichern.

Ausblick

Das Inkrafttreten und die fortschreitende Umsetzung tariftreuebezogener Vergaberegelungen werden weiterhin wesentliche Themen in der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Diskussion darstellen. Die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall ist von zahlreichen Faktoren abhängig, darunter die jeweilige branchenspezifische Tarifbindung und die Verwaltungspraxis öffentlicher Auftraggeber. Anpassungen und Präzisierungen durch die Rechtsprechung und die Fachaufsicht sind zu erwarten, insbesondere mit Blick auf offene Auslegungsfragen und Schnittstellen zum europäischen Vergaberecht.

Für Unternehmen und Institutionen, die sich mit öffentlichen Ausschreibungen und der Einhaltung arbeits- und vergaberechtlicher Vorschriften befassen, entsteht dadurch ein umfassender Prüfungs- und Anpassungsbedarf. Sollten im Zusammenhang mit tariftreuebezogenen Anforderungen Rechtsfragen auftreten oder Unsicherheiten bestehen, können wir als MTR Legal Rechtsanwälte individuell über das weitere Vorgehen informieren.

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