Neue Anforderungen an digitale Kündigungsbuttons: Urteil gegen Sky Deutschland
Kontext der gesetzlichen Neuregelungen zu Kündigungen im elektronischen Geschäftsverkehr
Bereits seit Juli 2022 verpflichtet § 312k BGB Unternehmen, im Falle von Dauerschuldverhältnissen mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr eine Funktion bereitzustellen, die eine einfache und unmissverständliche Kündigung ermöglicht. Ziel des Gesetzgebers war und ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Hürden oder Intransparenz beim Beenden langfristiger Vertragsverhältnisse zu schützen und gleichzeitig Unternehmen zu einer transparenten Gestaltung ihrer Online-Kundenbereiche zu animieren.
Entscheidung des LG München I: Gestaltung des Sky-Kündigungsbuttons unzulässig
Das Landgericht München I befasste sich mit der Kündigungsfunktion der Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co. KG (Urteil vom 16.11.2023, Az. 12 O 4127/23, Quelle: urteile.news). Nach Auffassung der Richter genügte die Gestaltung des Kündigungsbuttons auf dem von Sky bereitgestellten Kundenportal nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Dem Unternehmen wurde konkret untersagt, weiterhin einen Kündigungsprozess anzubieten, bei dem wesentliche Informationen erst nach Bestätigung zusätzlicher Seiten oder Auswahlmöglichkeiten durch den Verbraucher sichtbar wurden.
Anforderungen an den Kündigungsbutton und die nachgelagerte Bestätigungsseite
Von besonderer Bedeutung ist, dass der Kündigungsbutton – der sogenannte „Kündigen”-Button – unmittelbar im eingeloggten Kundenbereich einfach auffindbar und als solcher eindeutig beschriftet sein muss. Das Gericht stellte fest, dass eine Trennung des eigentlichen Buttons und der vollständigen Information zur Vertragsbeendigung auf mehrere aufeinanderfolgende Seiten nicht den Anforderungen des § 312k Abs. 2 BGB entspricht. Insbesondere dürfen keine weiteren Schritte zwischengeschaltet werden, durch die der Kündigungswille der Kunden verzögert oder die Ausübung des Kündigungsrechts erschwert wird.
Benennungs- und Sichtbarkeitsgebot
Das Gesetz fordert, dass der Button wörtlich oder eindeutig mit „Vertrag hier kündigen” oder einer gleichwertigen Formulierung zu versehen ist. Ein Verweis auf Unterseiten („Kündigungsmöglichkeiten”) reicht nach Ansicht der Münchener Richter nicht aus. Der Verbraucher muss unmittelbar erkennen können, wie und wo er seinen Vertrag beenden kann, ohne dass zusätzliche Hürden entstehen. Die Funktionalität und Sichtbarkeit des Buttons sind dabei ebenso entscheidend wie dessen eindeutige Benennung.
Auswirkungen auf Unternehmen und die Gestaltung digitaler Kündigungsprozesse
Die Entscheidung des LG München I verschärft die Anforderungen an digitalisierte Kundenschnittstellen für Unternehmen branchenübergreifend. Vertragsanbieter sind gehalten, ihre bestehenden Online-Portalstrukturen zu überprüfen und sicherzustellen, dass Verbraucher ungehindert, schnell und ohne die zumutbare Schwelle überschreitende Interaktionsk askaden kündigen können. Das Urteil steht im Kontext zunehmender regulatorischer Erwartungen an Fairness und Transparenz im E-Commerce, insbesondere im Verbraucherrecht.
Rechtsfolge bei Verstößen: Unzulässigkeit und Haftungsrisiken
Das Landgericht betont, dass Verstöße gegen § 312k BGB nicht nur wettbewerbswidrig sind, sondern auch Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und gegebenenfalls Schadensersatz begründen können. Unternehmen, die ihren digitalen Kündigungsprozess nicht anpassen oder die Anforderungen nicht einhalten, setzen sich einem erheblichen Risiko für Abmahnungen und gerichtliche Inanspruchnahme aus. Die verschärfte Haftung gilt, unabhängig davon, ob ein tatsächlicher Kündigungswille vereitelt wurde. Allein die Erschwerung oder Intransparenz der Kündigung ist rechtlich maßgeblich.
Bedeutung des Urteils für den Wirtschafts- und IT-Sektor
Die Entscheidung des LG München I konkretisiert die bislang zum Teil umstrittenen Anforderungen aus § 312k BGB und liefert wichtige Leitlinien für die Gestaltung von Online-Kundenbereichen. Unternehmen im Telekommunikations-, Medien-, Entertainment- und weiteren Dienstleistungssektoren sollten dieses Urteil aufmerksam analysieren, um Prozessrisiken und Folgekosten zu vermeiden. Parallel dazu bleibt zu beobachten, wie sich die Rechtsprechung zu digitalen Kündigungsmöglichkeiten weiterentwickelt. Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen; eine höchstrichterliche Klärung steht noch aus (Stand: 21.11.2023, siehe urteile.news).
Gerade vor dem Hintergrund sich ständig ändernder technisch-rechtlicher Anforderungen im Vertriebs- und IT-Recht empfiehlt es sich, bestehende Verträge und digitale Prozesse regelmäßig auf Konformität zu überprüfen und aktuelle Entwicklungen im Blick zu behalten. Unternehmen, Investoren und vermögende Privatpersonen, die Fragen zur praktischen Umsetzung, zu Innovationsmöglichkeiten oder zu branchenbezogenen Besonderheiten haben, finden vertiefte Unterstützung in der Rechtsberatung im IT-Recht von MTR Legal.