Schiedsverfahren: Formelle Anforderungen an die Gültigkeit von Schiedssprüchen im Lichte des OLG Frankfurt-beschlusses vom 28.03.2023
Die Bedeutung formeller Anforderungen in Schiedsverfahren wird regelmäßig unterschätzt, obwohl sie eine zentrale Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen darstellen. Insbesondere zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.03.2023, Az.: 26 Sch 14/22), wie streng Gerichte die Anforderungen an die Unterzeichnung eines Schiedsspruchs sowie an die ordnungsgemäße Dokumentation etwaiger Verhinderungsgründe handhaben. Aus dem entschiedenen Fall ergeben sich praxisrelevante Implikationen, die sowohl Parteien als auch Schiedsgerichte zu besonderer Sorgfalt anhalten.
Grundsatz der gemeinsamen Unterzeichnung
Schiedssprüche müssen nach § 1054 Abs. 1 S. 1 ZPO von allen Mitgliedern des Schiedsgerichts unterzeichnet werden. Dieser Grundsatz unterstreicht die kollektive Verantwortung des gesamten Schiedsgerichts für die Entscheidung. Eine Ausnahme ist nur vorgesehen, wenn ein Schiedsrichter tatsächlich verhindert ist und dies im Schiedsspruch ausdrücklich und nachvollziehbar begründet wird. Die Rechtsprechung betont, dass die Unterschriften nicht bloß formeller Natur sind, sondern als wichtiges Element der Willensbildung fungieren. Unterbleibt eine erforderliche Unterschrift, ist der gesamte Schiedsspruch grundsätzlich nichtig, sofern kein hinreichender Verhinderungsvermerk vorliegt.
Notwendigkeit individueller Dokumentation
Der Verhinderungsvermerk erfüllt nur dann seine Funktion, wenn aus ihm klar hervorgeht, weshalb ein Schiedsrichter seine Unterschrift nicht leisten konnte. Allgemeine, nichtssagende Formulierungen oder nachträgliche Erklärungen reichen hierfür nicht aus. Die Dokumentation muss vielmehr aus dem Schiedsspruch selbst oder zumindest durch eindeutige Bezugnahmen erkennbar werden. Im Fall des OLG Frankfurt war lediglich angegeben, einer der Schiedsrichter sei aus gesundheitlichen Gründen verhindert gewesen – eine Begründung, die das Gericht als nicht ausreichend erachtete.
Auswirkungen mangelhafter Form
Die Nichtbeachtung dieser Formvorschriften hat gravierende Konsequenzen. Wird ein Schiedsspruch ohne Unterzeichnung durch sämtliche Schiedsrichter und ohne ausreichenden Verhinderungsvermerk erlassen, ist er formunwirksam und entfaltet keine rechtliche Bindungswirkung. Somit kann die Vollstreckbarerklärung eines solchen Schiedsspruchs nach § 1060 ZPO von staatlichen Gerichten versagt werden. Ebenso ist ein auf dessen Grundlage geführtes staatliches Verfahren angreifbar. Diese Rechtsfolge steht im Einklang mit der grundsätzlichen Intention, die Rechtssicherheit im Schiedsverfahren zu gewährleisten.
Folgen für nationale und internationale Schiedsverfahren
Besonders relevant ist diese Rechtsprechung auch im Kontext grenzüberschreitender Streitigkeiten. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche hängt maßgeblich davon ab, dass die ihnen zugrundeliegenden formellen Voraussetzungen im Ursprungsstaat beachtet wurden. Defizite, wie ein fehlender Verhinderungsvermerk oder eine nicht ordnungsgemäße Unterzeichnung, können im internationalen Kontext daher zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Infolge der engen Verzahnung verschiedener Rechtsordnungen im Wirtschaftsverkehr müssen Schiedsgerichte wie Parteien die Einhaltung dieser Formalien strikt überprüfen.
Praxistaugliche Hinweise zur Fehlervermeidung
Auch wenn an dieser Stelle keine konkreten Vorgehensweisen oder Strategien ausgeführt werden, zeigt der Blick der Rechtsprechung eindrücklich, wie wichtig es ist, die formalen Hürden im Schiedsverfahren von Beginn an in den Blick zu nehmen. Vor allem Unternehmen, Investoren oder vermögende Privatpersonen sollten bei Schiedsverfahren nicht nur auf das materielle Ergebnis, sondern auch auf die formale Absicherung der Entscheidung achten. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, ist der Schiedsspruch rechtlich angreifbar, was unter Umständen ein erhebliches wirtschaftliches Risiko bedeutet.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Frankfurt unterstreicht erneut, dass formelle Fehler im Schiedsverfahren nicht nachträglich geheilt werden können. Für Parteien des Schiedsverfahrens gilt es daher, schon im laufenden Verfahren auf eine vollständige und nachvollziehbare Dokumentation zu achten. Angesichts komplexer nationaler und internationaler Regelwerke kann im Einzelfall eine rechtliche Prüfung der Wirksamkeit eines Schiedsspruchs geboten sein.
Für weitere Informationen und bei rechtlichen Fragen zum Thema Schiedsverfahren und zur Wirksamkeit von Schiedssprüchen stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal Ihnen als bundesweit und international tätige Wirtschaftskanzlei gerne zur Verfügung.