Schenkungsteuer: Steuerklasse I auch bei biologischem Vater anwendbar

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Schenkungsteuerliche Einordnung von Zuwendungen des biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters

Das Finanzgericht Kassel hat mit Urteil vom 27.11.2016 (Az.: 1 K 1507/16) einen wichtigen Impuls für die schenkungsteuerliche Behandlung von Zuwendungen in Patchwork-Konstellationen gegeben: Auch wenn der schenkende Vater rechtlich nicht als Elternteil gilt, kann unter bestimmten Voraussetzungen dennoch die günstigere Steuerklasse I im Rahmen der Schenkungsteuer zur Anwendung kommen, sofern das biologische Eltern-Kind-Verhältnis zweifelsfrei feststeht.

Gesetzliche Grundlagen der Schenkungsteuer

Die Schenkungsteuer orientiert sich gem. § 15 ErbStG am Verwandtschaftsverhältnis zwischen Zuwendendem und Erwerber. Die Steuerklasse I gewährt dabei nahe Angehörigen, wie insbesondere Kindern, Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern, signifikant höhere Freibeträge und niedrigere Steuersätze. Für weiter entfernte Verwandte oder nicht verwandte Begünstigte gelten die Steuerklassen II und III, die steuerlich ungünstigere Konditionen mit sich bringen.

Schwierigkeit bei biologischer, aber nicht rechtlicher Vaterschaft

Klassischerweise setzt die Einordnung in die Steuerklasse I ein rechtlich anerkanntes Eltern-Kind-Verhältnis voraus – entweder durch Geburt innerhalb einer bestehenden Ehe, Vaterschaftsanerkennung oder entsprechende gerichtliche Feststellung. Dennoch entstehen im Alltag immer häufiger Konstellationen, in denen das biologische Elternteil keine rechtliche Elternstellung innehat, etwa weil eine andere Person als rechtlicher Elternteil registriert ist.

Entscheidungsinhalt des Finanzgerichts Kassel

Das Finanzgericht Kassel hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der biologische, nicht jedoch rechtliche Vater seinem Kind zu Lebzeiten eine umfangreiche Schenkung zukommen ließ. Das zuständige Finanzamt hatte zunächst die Steuerklasse II angewandt, da dem Schenkenden die rechtliche Vaterschaft fehlte. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens konnte das Bestehen einer biologischen Vaterschaft jedoch durch ein anerkanntes Abstammungsgutachten zweifelsfrei belegt werden.

Das Finanzgericht kam zu dem Schluss, dass die Gesetzesauslegung auch im Lichte der tatsächlichen, biologischen Verwandtschaft vorzunehmen ist. Liegt eine eindeutig nachweisbare, biologische Eltern-Kind-Beziehung vor, können die Vergünstigungen der Steuerklasse I für Schenkungen Anwendung finden, auch wenn das gesetzliche Elternverhältnis – beispielsweise aufgrund abweichender Eintragungen im Geburtenregister – formal nicht besteht.

Begründung und Bedeutung für die Praxis

Die Ausweitung der Steuerklasse I auf Konstellationen biologischer, aber nicht rechtlicher Vaterschaft berücksichtigt den Normzweck der Begünstigung familiärer Leistungen. Die finanzielle Entlastung des leiblichen Elternteils soll nicht an formalen Hürden scheitern, sofern die tatsächlichen verwandtschaftlichen Bande nachgewiesen sind. Damit wird der Grundsatz der Steuergerechtigkeit gestärkt und auch den veränderten Familienstrukturen Rechnung getragen.

Allerdings bleibt festzuhalten, dass die Nachweispflicht für das Bestehen der biologischen Vaterschaft in vollem Umfang beim Begünstigten liegt. Ein bloßer Hinweis auf das tatsächliche Zusammenleben reicht nicht aus; gefordert wird der Nachweis durch ein gerichtsfestes Gutachten oder eine anderweitig unanfechtbare Anerkennung.

Mögliche Auswirkungen und Bewertungen

Dieses Urteil könnte in ähnlichen Sachverhaltskonstellationen als wichtige Entscheidungsgrundlage dienen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Finanzverwaltung und weitere Finanzgerichte nicht zwingend an die ausgeurteilte Rechtsauffassung gebunden sind und je nach Einzelfall weitergehende Prüfungen erforderlich werden können. Insbesondere in Fällen, in denen Zweifel an der Abstammung bestehen oder konkurrierende Elternrechte Dritter betroffen sind, können komplexe und umfangreiche Prüfungsprozesse ausgelöst werden.

Ausblick und weiterführende Hinweise

Das Urteil stärkt die Rechte von Kindern gegenüber ihren biologischen, jedoch nicht rechtlich anerkannten Elternteilen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die weitere Entwicklung bleibt zu beobachten – revisionsrechtliche oder gesetzgeberische Anpassungen können nicht ausgeschlossen werden. Zudem sollten die Potentiale und Grenzen einer entsprechenden steuerlichen Gestaltung immer im Lichte der individuellen Familienstruktur und rechtlichen Rahmenbedingungen betrachtet werden.

Kontaktmöglichkeit

Für vertiefende Fragen oder eine individuelle Prüfung möglicher Steuerklassen bei unklaren Verwandtschaftsverhältnissen können sich Interessierte an die rechtskundigen Ansprechpartner bei MTR Legal Rechtsanwälte wenden. Hier stehen fundierte Kenntnisse im Erb- und Steuerrecht zur Verfügung, um die sich häufig überschneidenden Aspekte im Spannungsfeld von Familien- und Steuerrecht zu beleuchten.

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