Schadensersatzanspruch bei Gebrauchtwagenkauf im Abgasskandal

News  >  Intern  >  Schadensersatzanspruch bei Gebrauchtwagenkauf im Abgasskandal

Arbeitsrecht-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte
Steuerrecht-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte
Home-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte
Arbeitsrecht-Anwalt-Rechtsanwalt-Kanzlei-MTR Legal Rechtsanwälte

Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zu Schadensersatzansprüchen im Dieselskandal

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hat mit Urteil vom 26.11.2019 (Az.: 17 U 44/19) für die Rechte von Käufern von Gebrauchtfahrzeugen mit unzulässiger Abschalteinrichtung wegweisende Klarheit geschaffen. Die Entscheidung betrifft den sogenannten Dieselskandal, der seit Jahren erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf die Automobilindustrie sowie auf Fahrzeugerwerber hat.

Im zugrundeliegenden Fall wurde einer Käuferin eines gebrauchten Fahrzeugs mit manipuliertem Dieselmotor Schadensersatz zugesprochen. Hintergrund war die Verwendung einer Software, welche die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten im regulären Straßenbetrieb nicht dauerhaft sicherstellte.

Entscheidungsrelevante Sachverhalte

Bereits im Jahr 2015 wurde erstmalig bekannt, dass mehrere Fahrzeughersteller Dieselautos mit Vorrichtungen ausgeliefert hatten, die die Abgasreinigung auf Prüfständen aktivierten, im normalen Straßenbetrieb jedoch reduzierten oder deaktivierten. Die Europäische Union sieht derartige Abschalteinrichtungen grundsätzlich als unzulässig an (vgl. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007).

Im konkreten Fall hatte die Klägerin ein betroffenes Fahrzeug im Vertrauen auf die Einhaltung geltender Emissionsvorschriften und ohne Kenntnis der manipulierten Software erworben. Sie begehrte vom Fahrzeughersteller Ersatz des erlittenen Schadens, insbesondere den Rücktritt vom Kaufvertrag und die Rückabwicklung des Kaufs.

Zentrale rechtliche Erwägungen des Gerichts

Ansprüche aus §§ 826, 31 BGB (Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung/Organhaftung)

Das Gericht führte aus, dass das in Verkehr bringen eines Fahrzeugs mit manipulierter Software als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu werten sei. Maßgeblich war die Feststellung, dass durch die Verwendung der Software das Risiko bestand, dass das betroffene Fahrzeug die Zulassung verliert, an Wert verliert oder Betriebsbeschränkungen unterliegt.

Darüber hinaus bekräftigte das OLG, dass eine Haftung der Hersteller auch dann greifen kann, wenn der Erwerb des Fahrzeugs – wie hier – als Gebrauchtwagen erfolgt ist. Insbesondere trägt der Hersteller hierfür die Verantwortung und wird im Rahmen von § 31 BGB für das Verhalten seiner Organmitglieder und leitenden Angestellten einstandspflichtig.

Unkenntnis des Käufers und Kausalität

Die Käuferin war beim Erwerb des Fahrzeugs uninformiert hinsichtlich der Manipulation. Das OLG befand, dass das Vertrauen des Käufers in die Rechtmäßigkeit und Gesetzeskonformität der Produkte verletzt wurde. Die vorsätzliche Täuschung des Herstellers war somit ursächlich für die Kaufentscheidung.

Rückabwicklung und Anrechnung von Nutzungen

Das Urteil stellt klar, dass der Geschädigte gegen Erstattung des Kaufpreises und unter Anrechnung einer angemessenen Nutzungsentschädigung für die bereits gefahrenen Kilometer das manipulierte Fahrzeug zurückgeben kann.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil ist von erheblicher Relevanz für Privatpersonen, Unternehmen sowie institutionelle Investoren, welche von Manipulationen im Zusammenhang mit Diesel-Fahrzeugen betroffen sind. Insbesondere stärkt die Entscheidung die Rechtsposition von Gebrauchtwagenkäufern, da sie verdeutlicht, dass Ansprüche nicht auf den Erstkäufer beschränkt sind. Eine Verjährung kann im Einzelfall, stichwortabhängig, unterschiedlich zu bewerten sein; dies gilt es zu prüfen.

Auswirkungen auf weitere Verfahren

Das Urteil ist Teil einer deutschlandweiten Rechtsprechung, in der Gerichte dem Käufer von mit Abschalteinrichtungen versehenen Dieselfahrzeugen in zahlreichen Fällen Schadensersatzansprüche zugestehen. Es handelt sich um eine Entscheidung in einer komplexen, weiterhin in Entwicklung befindlichen Rechtslage. In vergleichbaren Fällen kann stets eine individuelle rechtliche Prüfung erforderlich werden, da etwa die genaue Art der Software, der Verkaufszeitpunkt und etwaige Verjährungsfristen verschiedene Aspekte der Anspruchslage betreffen.

Offene Fragen und laufende Verfahren

Die Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein ist Teil einer Vielzahl von anhängigen und abgeschlossenen Gerichtsverfahren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere durch den Bundesgerichtshof (BGH) und den Europäischen Gerichtshof (EuGH), bleibt weiterhin dynamisch. Die Unschuldsvermutung gilt zugunsten der betroffenen Unternehmen, solange keine abschließenden Entscheidungen vorliegen.

Fazit

Das OLG Schleswig-Holstein setzte einen weiteren Meilenstein im Umgang mit Schadensersatzforderungen im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal. Die Entscheidung unterstreicht, dass auch Käufer von Gebrauchtwagen in den Schutzbereich gesetzlicher Vorschriften einbezogen werden, sofern sie unwissentlich Fahrzeuge mit illegalen Abgasvorrichtungen erwerben.

Bei weitergehenden rechtlichen Fragestellungen rund um den Erwerb manipulierter Fahrzeuge, mögliche Ansprüche oder die Bewertung individueller Sachverhalte im Kontext von Schadensersatz- und Rückabwicklungsforderungen stehen die Rechtsanwälte bei MTR Legal für eine fundierte Einschätzung zur Verfügung.

Sie haben ein rechtliches Anliegen?

Reservieren Sie Ihre Beratung – Wählen Sie Ihren Wunschtermin online oder rufen Sie uns an.
Bundesweite Hotline
Jetzt erreichbar

Jetzt Rückruf buchen

oder schreiben Sie uns!