Korrekturen bei Schadensersatzansprüchen des Vermieters: Farbige Wandanstriche und unwirksame Regelungen zu Schönheitsreparaturen
Das Amtsgericht Hanau hat mit Urteil vom 15.09.2023 (Az. 32 C 265/23 [19]) eine praxisrelevante Entscheidung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch Vermietende nach Beendigung des Mietverhältnisses getroffen. Im Zentrum der gerichtlichen Auseinandersetzung stand die Frage, in welchem Umfang Vermietende von ihren ehemaligen Mieterinnen und Mietern Ersatzansprüche verlangen können, wenn das Mietobjekt in auffälligen Farben gestrichen zurückgegeben wird und zugleich eine unwirksame Klausel zu Schönheitsreparaturen im Vertrag enthalten ist.
Ausgangslage: Farbliche Gestaltung der Mieträume bei Rückgabe
Im vorliegenden Fall verließ die Mietpartei die Mietwohnung mit Wänden in auffälligen, kräftigen Farben, darunter Marineblau, Mintgrün und Lila. Der Mietvertrag enthielt eine Klausel, nach der die Mieterinnen und Mieter zur Durchführung sämtlicher Schönheitsreparaturen verpflichtet gewesen wären. Nach Rückgabe des Objekts verlangte der Vermieter Ersatz der Malerkosten für das Überstreichen sämtlicher Wände, argumentierend, dass durch die farbliche Gestaltung ein zusätzlicher Aufwand für die Herstellung des ursprünglichen Zustands entstanden sei.
Rechtliche Bewertung der Schönheitsreparaturenklausel
Das Amtsgericht prüfte zunächst die Wirksamkeit der im Mietvertrag formularmäßig vorgesehenen Schönheitsreparaturenklausel. Dabei verneinte es deren Wirksamkeit, da der Mietvertrag offenbar eine sogenannte „Starre Fristenregelung“ enthielt, welche nach ständiger Rechtsprechung unwirksam ist. Die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen lag somit bei Rückgabe der Mietsache nicht mehr allein bei der Mietpartei, sondern verblieb bei der Vermieterschaft.
Auswirkungen der Unwirksamkeit auf Ersatzansprüche
Da die Klausel zu Schönheitsreparaturen als unwirksam gewertet wurde, konnte die Vermieterseite keine pauschale Übernahme der Malerkosten von der Ausziehenden verlangen. Dennoch stellte das Gericht klar, dass eine Verpflichtung zur neutralen Rückgabe bestünde, sofern die Verwendung ungewöhnlich markanter Farben die Weitervermietbarkeit des Objekts erheblich erschwert. Im Einzelfall sind daher Differenzierungen vorzunehmen.
Ersatzansprüche bei Rückgabe in dunklen oder knalligen Farben
Das Amtsgericht führte aus, dass ein Schadensersatz dann begründet sein kann, wenn die Mieträume in so markanten oder dunklen Farben gestrichen werden, dass das Erfordernis einer Renovierung bei einem Mieter*innenwechsel über das bei normalen Gebrauch hinausgehende Maß steigt. Dies wird insbesondere dann angenommen, wenn ein „üblicher“ Anstrich (z. B. in Weiß oder dezenten Farbtönen) die Weitervermietung sofort ermöglichen würde, wohingegen intensive Farbabweichungen eine Zwischenrenovierung erforderlich machen.
Bemessung des Umfangs des zu leistenden Ersatzes
Konkret begrenzte das Gericht einen Ersatzanspruch allerdings auf die Mehrkosten, welche aufgrund der außergewöhnlichen Farbwahl entstehen. Es sprach der Vermieterseite lediglich einen reduzierten Schadenersatzanspruch in Höhe der zusätzlichen Kosten für den erhöhten Aufwand beim Überstreichen der bunten Farben zu. Die vollständigen Kosten für eine Neuanstrich sämtlicher Wände – wie möglicherweise bei einer wirksamen Schönheitsreparaturenklausel entstanden – wurden nicht zugesprochen.
Bedeutung für die Praxis: Verträge und Abwicklung von Mietverhältnissen
Die Entscheidung macht deutlich, in welch hohem Maße die konkrete Ausgestaltung von Vertragsklauseln und die individuelle Nutzung einer Mietsache maßgeblichen Einfluss auf nachgelagerte Ersatzansprüche haben. So bleibt eine Rückbaupflicht auf einen vermietungsfähigen Zustand hinsichtlich auffälliger Farbgestaltungen bestehen, ohne jedoch die Grenzen des § 535 BGB sowie der Maßgaben des Bundesgerichtshofs für Renovierungsklauseln zu überschreiten. Mit Blick auf die Vielzahl von Standard- und Individualmietverträgen ist Mietvertragsparteien zu raten, insbesondere die Regelungen zu Schönheitsreparaturen einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, um potenzielle Auseinandersetzungen bei der Rückgabe zu vermeiden.
Weiterführende Hinweise und rechtliche Unsicherheiten
Die Entscheidung bezieht sich auf einen Einzelfall und hebt hervor, dass stets die Umstände des Falles individuell zu würdigen sind. Mietparteien auf beiden Seiten sollten beachten, dass auch konkludente oder mündliche Vereinbarungen, Umgang mit Gebrauchsspuren sowie spezifische Anforderungen an den Zustand der Mietsache bei Vertragsende Einfluss auf etwaige Schadensersatzforderungen haben können.
Quellenangabe
Die dargestellte Sachverhaltsdarstellung und Würdigung basiert auf dem veröffentlichten Urteil des Amtsgerichts Hanau (Az. 32 C 265/23 [19]), abrufbar unter https://urteile.news/AG-Hanau_32-C-26523_Geringerer-Schadensersatz-des-Vermieters-fuer-farbige-Waende-bei-unwirksamer-Schoenheitsreparaturenklausel~N35411. Die weiteren Ausführungen berücksichtigen den aktuellen Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur bis Juni 2024.
Bei Unsicherheiten in Bezug auf die Gestaltung und Auslegung mietvertraglicher Regelungen sowie der Wahrnehmung und Abwicklung von Schadensersatzansprüchen empfiehlt es sich, auf eine fundierte rechtliche Beratung zurückzugreifen. Die Rechtsanwälte von MTR Legal stehen hierbei mit umfangreicher Erfahrung gern für weiterführende Informationen zur Verfügung.