Russischer Schiedsspruch gegen Eckes-Granini in Deutschland nicht anerkannt

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Vollstreckung russischer Schiedssprüche in Deutschland: Entscheidung des OLG Koblenz zu Eckes-Granini

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hatte sich im Frühjahr 2022 mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit russische Schiedssprüche in Deutschland für vollstreckbar erklärt werden können. Im Mittelpunkt stand dabei die Durchsetzbarkeit eines von einem russischen Schiedsgericht erlassenen Schiedsspruchs gegen die Eckes-Granini Gruppe. Die Entscheidung des Gerichts trägt angesichts zunehmender grenzüberschreitender Konflikte zwischen Unternehmen wichtige Aspekte zur Diskussion rund um Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedsurteile bei.

Hintergrund des Falls

Dem Verfahren lag ein Streit zwischen einem im Ausland ansässigen Unternehmen und Eckes-Granini zugrunde. Ein russisches Schiedsgericht hatte einen Schiedsspruch zu Lasten der deutschen Unternehmensgruppe erlassen. Daraufhin versuchte die obsiegende Partei, den Schiedsspruch in Deutschland gerichtlich für vollstreckbar erklären zu lassen.

Die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich in Deutschland grundsätzlich nach den Vorschriften des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (NYÜ). Demnach kann ein ausländischer Schiedsspruch grundsätzlich anerkannt und vollstreckt werden, sofern kein gesetzlich normierter Versagungsgrund eingreift.

Rechtliche Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen

Maßgebliche Normen und Grundsätze

Für die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche gelten insbesondere die §§ 1061 ff. ZPO unter Rückgriff auf das NYÜ. Wesentliche Prüfungspunkte sind zum einen die formelle Wirksamkeit des Schiedsspruchs und zum anderen das Nichtvorliegen von Versagungsgründen im Sinne von Art. V NYÜ. Letztere umfassen unter anderem Verstöße gegen den ordre public sowie Verfahrensmängel im Ursprungsland des Schiedsspruchs.

Zur Anwendung des ordre public-Vorbehalts

Im vorliegenden Fall prüfte das OLG Koblenz ausführlich, ob der ordre public (öffentliche Ordnung) der Bundesrepublik Deutschland der Anerkennung entgegensteht. Zentral war die Frage, ob im konkreten Verfahren die prozessualen Mindeststandards sowie rechtsstaatliche Grundsätze eingehalten wurden. Hierzu gehörte zum Beispiel die Bewertung, inwiefern die beklagte Partei tatsächlich ausreichend Gelegenheit zur Verteidigung im Schiedsverfahren hatte.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die grundlegenden Verfahrensrechte der betroffenen Partei verletzt worden waren. Insbesondere stellte es auf die eingeschränkte Möglichkeit zur sachgerechten Vorbereitung und Wahrnehmung der Verteidigungsrechte ab, etwa hinsichtlich der Vorladung und Anhörung im Schiedsverfahren. Die Wahrung beiderseitiger Gleichbehandlung sowie effektiver gerichtlicher Kontrolle wurde als wesentliches Element des deutschen und europäischen Rechts hervorgehoben.

Auswirkungen der aktuellen geopolitischen Entwicklungen

Sanktionen und völkerrechtliche Erwägungen

Das OLG Koblenz bezog – jenseits des konkret zu entscheidenden Einzelfalls – auch Stellung zu den Auswirkungen erfolgter internationaler Sanktionen und deren Bezug zu laufenden Schiedsverfahren. Insbesondere mit Blick auf die Beziehungen zwischen der EU und der Russischen Föderation nach dem Angriff auf die Ukraine werden mögliche Hindernisse bei der grenzüberschreitenden Kooperation wie auch Unsicherheiten bei der Durchsetzung russischer Schiedssprüche thematisiert. Diese Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung einer genauen Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen, zumal internationale Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hiervon ebenfalls tangiert sein können.

Rechtsstaatliche Mindeststandards

Die Entscheidung bekräftigt den vorherrschenden Standpunkt der deutschen Rechtsprechung, dass die gerichtliche Kontrolle ausländischer Schiedsverfahren einerseits Rechtsicherheit und Vorhersehbarkeit für internationale Handelspartner gewährleistet, andererseits jedoch keine Abstriche bei rechtsstaatlichen Mindestanforderungen gemacht werden dürfen.

Bedeutung der Entscheidung für die grenzüberschreitende Wirtschaft

Die Versagung der Vollstreckbarerklärung in dem näher erläuterten Einzelfall ist Ausdruck einer Abwägung zwischen der grundsätzlich geförderten Anerkennung internationaler Schiedssprüche und der konsequenten Wahrung der rechtsstaatlichen Ordnung. Für international agierende Unternehmen verdeutlicht das Urteil, dass jeder Versuch der Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in Deutschland einer umfassenden Prüfung unterliegt. Insbesondere bei Verfahren aus Staaten, deren Rechtsordnungen und Verfahren nicht immer als mit europäischen Standards kompatibel erachtet werden, bestehen erhöhte Anforderungen hinsichtlich Fairness und Transparenz im Verfahren.

Weiterführende Überlegungen und Handlungsbedarf

Offen bleibt mit Blick auf die aktuelle geopolitische Lage, wie sich Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren bei Schiedssprüchen aus bestimmten Drittstaaten weiterentwickeln werden. Nationale Gerichte werden auch künftig sorgfältig die Einhaltung internationaler wie nationaler Vorgaben prüfen. Unternehmen, Investoren und Vertragspartner sollten sich dieser Risiken bei der Vertragsgestaltung bewusst sein und entsprechende Entwicklungen beobachten.

Gerade bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten zwischen deutschen und russischen Unternehmen, aber auch im globalen Kontext, empfiehlt es sich, die Situation von Schiedsverfahren, Anerkennungs- und Durchsetzungsmechanismen sorgfältig im Blick zu behalten. Die MTR Legal Rechtsanwälte begleiten nationale und internationale Mandanten bei komplexen Fragen rund um Schiedsverfahren und deren Durchsetzbarkeit und stehen gerne für ein vertrauliches Gespräch zur Verfügung, sollten sich aus dem genannten Themenfeld rechtliche Fragestellungen ergeben.

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