Festival-Token und ihre Rücktauschbarkeit – Rechtsrahmen und aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
Hintergrund: Digitale Zahlungssysteme auf Festivals
Im Kontext moderner Großveranstaltungen greifen Festivalbetreiber verstärkt auf digitale Bezahlsysteme zurück. Besucher können Guthaben („Token“) erwerben, das ausschließlich für Käufe auf dem Veranstaltungsgelände nutzbar ist. Im Gegenzug wird vielfach ein Rücktausch der nicht verbrauchten Token nach Ende des Festivals angeboten, regelmäßig unter bestimmten zeitlichen, betragsmäßigen oder sonstigen Einschränkungen.
Diese Praxis wirft zentrale Fragen im Hinblick auf die Zulässigkeit von Rücktauschbeschränkungen, die Verbraucherrechte und die Grenzen der Vertragsfreiheit auf – gerade im Spannungsfeld zwischen innovativen Geschäftsmodellen und dem Schutz privater Veranstaltungsteilnehmer.
Gerichtliche Entscheidung des OLG Düsseldorf
Mit Urteil vom 7. November 2023 (Az.: I-20 U 9/24) hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf Gelegenheit, die Rechte von Festivalbesuchern im Rahmen von Beschränkungen des Rücktausches digitaler Token näher zu konkretisieren. Die Entscheidung erging im Zusammenhang mit einem Festivalveranstalter, der Auszahlungen lediglich bis zur Höhe von 50 Euro ermöglichte und Rücktauschansprüche ferner an eine mehrtägige Frist knüpfte.
Kernpunkte der gerichtlichen Überprüfung
Das Gericht prüfte wesentliche Aspekte der Rücktauschvereinbarungen insbesondere im Lichte der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und der einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Zahlungsdiensterecht. Im Vordergrund stand die Frage, inwieweit eine nachträgliche Auszahlung nicht genutzter Token durch AGB wirksam eingeschränkt werden kann, ohne gegen Vorschriften des Verbraucherschutzes oder der Vertragsparität zu verstoßen.
Ferner befasste sich das OLG mit der Abgrenzung zwischen der Ausgabe von Token auf Guthabenbasis und den strengen Maßstäben an Zahlungsdienste. Maßgeblich für die richterliche Prüfung war dabei vor allem, ob ein Rücktausch der von Verbrauchern erworbenen Token grundsätzlich uneingeschränkt zuzulassen ist oder Beschränkungen – etwa aus Gründen der Praktikabilität, Betrugsprävention oder Kalkulationssicherheit des Veranstalters – legitimiert werden können.
Zulässigkeit von Rücktauschbeschränkungen
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass eine Begrenzung der Rücktauschbarkeit von Token auf einen Maximalbetrag – in der Entscheidung 50 Euro – grundsätzlich zulässig ist. Ausschlaggebend war insbesondere, dass der Erwerb und Einsatz der Token im Kontext einer Veranstaltung mit klar umrissener zeitlicher und örtlicher Eingrenzung stattfindet. Die wirtschaftliche Funktion dieser Token unterscheidet sich demnach maßgeblich von klassischen Zahlungsmitteln oder e-Geld-Produkten, die einer umfassenden Rücktauschpflicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) unterlägen.
Zudem erkannte das OLG an, dass den Veranstaltern ein berechtigtes Interesse daran zukommt, den Verwaltungsaufwand und das Ausfallrisiko im Zusammenhang mit Rückbuchungen zu beschränken. Die Grenze ziehe sich allerdings dort, wo unangemessene Benachteiligungen der Nutzer entstehen würden, etwa durch weitreichende oder überraschende Beschränkungen, über die nicht hinreichend klar informiert wurde.
Differenzierte Einordnung: Grenzen der Vertragsfreiheit und Verbraucherschutz
Abgrenzung zwischen Zahlungsdiensten und Veranstaltungs-Token
Nach den Feststellungen des OLG handelt es sich bei Festival-Token nicht um reguliertes E-Geld, sofern eine Nutzung ausschließlich im Rahmen der jeweiligen Veranstaltung, ohne Einbindung in ein übergeordnetes Zahlungssystem, erfolgt. Dies begrenzt die aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen der Veranstalter. Nichtsdestotrotz bleiben die Vorgaben des BGB zur Wirksamkeit von AGB und zur angemessenen Information der Vertragspartner uneingeschränkt anwendbar.
Informationspflichten und Transparenz
Von zentraler Bedeutung ist die Transparenz der verwendeten Regelungen. Soweit Rücktauschgrenzen und Fristen hinreichend klar und verständlich in den Vertragsunterlagen kommuniziert werden, begegnet deren Zulässigkeit nach Auffassung des OLG Düsseldorf keinen grundsätzlichen Bedenken. Dies knüpft insbesondere daran an, dass Besucher bereits beim Erwerb der Token in die spezifische Systematik des Veranstaltungsbezugs eingebunden und entsprechend aufgeklärt werden müssen.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung stärkt die Möglichkeit von Veranstaltern, praktikable Lösungen zur Abwicklung von Zahlungsströmen auf Festivals umzusetzen. Gleichzeitig betont sie jedoch, dass die Grenzen der Vertragsfreiheit dort liegen, wo Verbraucher unangemessen benachteiligt werden oder ihre Informationsrechte verletzt sind. Betreiber solcher Systeme sind gehalten, die Einbindung von Rücktauschbegren-zungen unter dem Gesichtspunkt der Transparenz und Angemessenheit fortlaufend zu evaluieren.
Schlussbemerkung
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf schafft für Unternehmen im Veranstaltungssektor wichtigen Orientierungsrahmen, lässt jedoch offen, wo im Einzelfall die Schwelle zur unangemessenen Benachteiligung überschritten wird. Dies unterstreicht, wie bedeutsam eine differenzierte vertragliche Gestaltung und die sorgfältige Balance zwischen unternehmerischen Interessen und Verbraucherschutz sind. Für Unternehmen, die in diesem Kontext rechtliche Klarheit suchen, kann eine fundierte Prüfung der Vereinbarungen und Systeme geboten sein. Bei vertiefenden Fragen rund um die Gestaltung von Token-Systemen, AGB und Rücktauschmodalitäten steht Ihnen MTR Legal gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. weiterführende Informationen finden Sie unter Rechtsberatung im Vertragsrecht.