Hintergrund der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main
Mit Urteil vom 31. Juli 2025 (Az.: 4 O 114/24) hat das Landgericht Frankfurt am Main zu den gesetzlichen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen über den Online-Verkauf von Kraftfahrzeugen Stellung genommen. Insbesondere wurde entschieden, dass weder die Aufnahme einer Telefonnummer noch detaillierte Informationen zu den Rücksendekosten des Fahrzeugs in die Widerrufsbelehrung zwingend vorgeschrieben sind.
Diese Entscheidung berührt zentrale Aspekte der Gestaltung von Verbraucherinformationen im Bereich des digitalen Handels mit Fahrzeugen. Unternehmen, die Automobile online vertreiben, sehen sich häufig mit komplexen Vorgaben konfrontiert, die sich aus nationalen und europäischen Vorschriften ergeben.
Gesetzliche Rahmenbedingungen der Widerrufsbelehrung
Grundlagen der Informationspflichten
Nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und der europäischen Verbraucherrechterichtlinie müssen Unternehmer Verbrauchern wesentliche Informationen zur Verfügung stellen, sofern ein Vertrag im Fernabsatz geschlossen wird. Dazu zählt grundsätzlich eine Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher Art, Ablauf sowie die Rechtsfolgen des Widerrufsrechts verständlich darlegt.
Das Gesetz sieht hierbei insbesondere vor, dass der Unternehmer dem Verbraucher „seinen Namen, die Anschrift, an die Beschwerden gerichtet werden können, sowie gegebenenfalls eine Telefonnummer, eine Faxnummer und eine E-Mail-Adresse“ zur Verfügung stellen muss. Die Erwähnung der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung selbst ist jedoch nach Auffassung des LG Frankfurt am Main keine zwingende Voraussetzung für deren Wirksamkeit.
Kosten der Rücksendung bei Rücktritt vom Fahrzeugkauf
Ein häufig diskutierter Punkt sind die potenziellen Kosten, die Verbrauchern bei der Rückgabe eines Fahrzeugs entstehen können. Nach § 357 Abs. 6 BGB trägt grundsätzlich der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung, wenn er hierüber ordnungsgemäß informiert wurde. Während bei typischen Versandgütern Angaben zu den Rücksendekosten Bestandteil der Widerrufsbelehrung sind, ist dies beim Verkauf von Kraftfahrzeugen im Fernabsatz nicht mit derselben Selbstverständlichkeit erforderlich. Das liegt unter anderem an den besonderen Modalitäten der Rückgabe von Fahrzeugen, beispielsweise aufgrund des Gewichts, der Größe und der organisatorischen Herausforderungen bei einem ortsfesten Produkt.
Das Gericht stellte klar, dass der Gesetzgeber für Kraftfahrzeuge keine zwingende Verpflichtung zur Angabe eines konkreten Rücksendebetrags vorsieht. Für ausreichend erachtet es eine Information des Verbrauchers darüber, dass er generell die Rücksendekosten zu tragen hat, sofern keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde.
Auswirkungen für die Praxis des Autohandels und den Verbraucherschutz
Abwägung der Informationsinteressen
Unternehmen im Fahrzeughandel profitieren durch die Klarstellung des Gerichts, dass im Rahmen der Widerrufsbelehrung keine über das gesetzlich Geforderte hinausgehenden Angaben erforderlich sind. Dies dient einer Verschlankung der Pflichtinformationen, verringert das Abmahnrisiko und verhindert eine potentielle Überfrachtung der Belehrung, die zu deren Unverständlichkeit führen könnte.
Gleichzeitig bleibt das Schutzniveau des Verbrauchers gewahrt, da die Kernaussagen der Belehrung zur Ausübung des Widerrufsrechts und zur Kostentragungspflicht für Rücksendungen weiterhin deutlich adressiert sein müssen. Die Entscheidung lässt jedoch offen, inwieweit Unternehmer aus Transparenzgründen freiwillig zusätzliche Kontaktmöglichkeiten oder Hinweise zu den Rückgabemodalitäten geben können. Insbesondere in grenzüberschreitenden Vertragsverhältnissen oder bei Nutzung digitaler Kommunikationswege können weitergehende Angaben eine kundenorientierte Gestaltung fördern.
Rechtsprechung im europäischen Kontext
Die Entscheidung des LG Frankfurt am Main ist im Kontext der Rechtsprechung zu Verbraucherschutzrechten bei Fernabsatzgeschäften zu sehen. Auch auf europäischer Ebene ist klar anerkannt, dass die Informationspflichten im Online-Handel wirtschaftlich angemessen ausgestaltet sein sollen. Eine übermäßige Belastung des Unternehmers mit detaillierten und für das jeweilige Produkt nicht passenden Belehrungen wird vermieden, gleichzeitig aber auf einen fairen Interessenausgleich hingewirkt.
Gerade im Automobilsektor erwächst daraus ein spezifischer Regelungsbedarf, denn Rücksendungen von Fahrzeugen stellen in organisatorischer Hinsicht eine erhebliche Herausforderung dar. Aufgrund der hohen Rücksendekosten ist die genaue Kenntnis über die Kostentragung im Streitfall oft ein zentraler Punkt. Dennoch sind detaillierte Kostenschätzungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses – beispielsweise wegen schwankender Transportpreise – im Regelfall nicht gefordert.
Bedeutung für Unternehmer und Verbraucher
Mit Blick auf etwaige Haftungsfragen und potenzielle Abmahnungen ist für den Unternehmer entscheidend, sich an den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben zu orientieren. Für Verbraucher bedeutet die Entscheidung, dass sie sich auf die wesentlichen Informationen in der Widerrufsbelehrung verlassen können und nicht durch eine Vielzahl optionaler Angaben verwirrt werden. Im Bereich des Fahrzeughandels sollte bei Unsicherheit jedoch stets sorgfältig geprüft werden, ob die individuelle Gestaltung der Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen angemessen entspricht.
Hinweis zu laufenden Verfahren und Quellenlage
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ist maßgeblicher Gegenstand dieses Beitrags. Rechtsmittel oder eine höchstrichterliche Klärung bleiben ausdrücklich vorbehalten. Die Ausführungen basieren auf der Entscheidung (Az.: 4 O 114/24) und der öffentlich zugänglichen Berichterstattung, insbesondere auf urteile.news.
Kontaktmöglichkeit bei rechtlichen Fragen
Angesichts der komplexen Anforderungen an die Gestaltung von Widerrufsbelehrungen im Online-Fahrzeughandel kann im Einzelfall die Prüfung abweichender Sachverhalte erforderlich sein. Unternehmen und Privatpersonen, die vertiefende Fragen zur Einhaltung der Informationspflichten oder zur Ausgestaltung von Rückabwicklungsprozessen haben, finden bei MTR Legal Rechtsanwälte einen qualifizierten Ansprechpartner für wirtschaftsrechtliche Belange.