Prozesskostenhilfe bei Klage auf Entfernung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Rechtliche Rahmenbedingungen und aktuelle Entscheidung
Die Entfernung einer Abmahnung aus den Personalakten stellt im Arbeitsrecht regelmäßig einen wichtigen Streitpunkt zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dar. Besonders relevant wird dieser Anspruch, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. In einem aktuellen Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Az.: 26 Ta 223/24, Entscheidung vom 10. Juni 2024) wurde die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine derartige Klage näher beleuchtet. Dieser Beitrag analysiert die rechtlichen Aspekte und beleuchtet die Auswirkungen des Urteils für künftige Rechtsstreitigkeiten.
Hintergrund des Verfahrens
Im Zentrum des Verfahrens stand eine Arbeitnehmerin, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses die Entfernung einer während der Anstellung erteilten Abmahnung aus den Personalunterlagen verlangte. Die Arbeitgeberin lehnte dieses Ansinnen ab. Vor dem zuständigen Arbeitsgericht beantragte die Klägerin zunächst Prozesskostenhilfe, der jedoch mit Verweis auf mangelnde Erfolgsaussicht der Klage nicht entsprochen wurde. Die Beschwerde führte nun vor dem Landesarbeitsgericht zur Überprüfung dieser Entscheidung.
Anspruch auf Entfernung der Abmahnung gemäß § 242 BGB und § 17 Abs. 2 DSGVO
Fortbestehendes Rechtsschutzinteresse
Ein zentraler Aspekt war die Frage, ob ein legitimes Rechtsschutzinteresse an der Entfernung der Abmahnung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht. Nach gefestigter Rechtsprechung kann ein solches Interesse weiterhin gegeben sein, beispielsweise zur Vermeidung einer negativen Beurteilung bei künftigen Bewerbungen oder wenn das Arbeitszeugnis auf die Personalakte gestützt wird. Die fortdauernde Speicherung personenbezogener Daten in Form von Abmahnungen berührt zudem datenschutzrechtliche Vorgaben, insbesondere aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), sodass auch aus diesem Blickwinkel eine Löschung gefordert werden kann.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen
Das Landesarbeitsgericht prüfte die Erfolgsaussichten der Klage anhand der §§ 241 ff. BGB und zog § 242 BGB für den Anspruch auf Entfernung heran. Weiterhin sind die Vorschriften der DSGVO hinsichtlich der Löschung bzw. Berichtigung personenbezogener Daten zu beachten. Die rechtliche Beurteilung ist dabei stets einzelfallabhängig.
Prüfungsmaßstab bei Prozesskostenhilfe
Erfolgsaussicht der Klage
Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 114 ZPO, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Die summarische Prüfung durch das Gericht verlangt hier keine abschließende Klärung sämtlicher Rechtsfragen oder Tatsachen.
Substantiierungserfordernis und Darlegungslast
Das Landesarbeitsgericht stellte klar, dass der Antragsteller einer Klage auf Entfernung einer Abmahnung insbesondere dann hinreichende Erfolgsaussichten darlegt, wenn substantiiert vorgetragen wird, weshalb die Abmahnung unzutreffend sei oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an der weiteren Aufbewahrung bestehe. Hier verwies das Gericht auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Arbeitgeber spätestens auf richterlichen Hinweis konkretisieren muss, aus welchem Grunde eine Aufbewahrung der Abmahnung weiterhin erforderlich sein könnte.
Korrekte verfahrensrechtliche Handhabung
Entscheidend war zudem, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren nicht mit denselben strengen Maßstäben wie bei der Entscheidung in der Hauptsache geführt wird. Das Landesarbeitsgericht befand, dass das Erstgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Klage überspannt habe, indem es die Substantiierungslast der Arbeitnehmerin zu hoch angesetzt hatte.
Praktische Auswirkungen für die arbeitsrechtliche Praxis
Die Entscheidung unterstreicht, dass Arbeitnehmer auch nach Ende eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich ein fortbestehendes berechtigtes Interesse an der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte geltend machen können. Weiterhin macht der Beschluss deutlich, dass die Hürden zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe in solchen Fällen nicht überspannt werden dürfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn datenschutzrechtliche Aspekte und das Interesse an einem unbeeinträchtigten beruflichen Fortkommen eine Rolle spielen.
Arbeitgeber sind gut beraten, bei der Speicherung und etwaigen Weitergabe von Abmahnungen im Rahmen von Bewerbungs- oder Zeugnisverfahren die Interessen der ehemaligen Beschäftigten sorgfältig zu wahren. Eine routinemäßige Ablehnung von Löschungs- oder Entfernungsbegehren kann in der gerichtlichen Überprüfung eher nachteilig beurteilt werden. Aufseiten der Arbeitnehmer empfiehlt sich ein präziser Vortrag zu den Gründen, weshalb die weitere Speicherung der Abmahnung nicht mehr notwendig oder sogar schädlich ist.
Quellenhinweis und laufende Verfahren
Bei der dargestellten Entscheidung handelt es sich um ein laufendes beziehungsweise abgeschlossenes gerichtliches Verfahren, das auf der öffentlich zugänglichen Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (Az.: 26 Ta 223/24 vom 10.06.2024) basiert. Weitere prozessuale Schritte sind- wie in vergleichbaren Verfahren üblich- stets einzelfallabhängig. Die allgemeinen Grundsätze können auf ähnliche Fallkonstellationen sinngemäß angewendet werden, ersetzen jedoch keine individuelle rechtliche Prüfung.
Sollten Sie zu den dargestellten Themen Fragen oder Beratungsbedarf haben, stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal deutschlandweit für eine vertrauliche Kontaktaufnahme zur Verfügung.