Verwaltungsgericht Berlin: Sperrung der Plattformen Pornhub und YouPorn in Deutschland bleibt vorerst bestehen
Das Verwaltungsgericht Berlin hat jüngst durch zwei Beschlüsse (Az.: VG 32 L 25/25 und VG 32 L 26/25) bestätigt, dass die in Deutschland verfügte Netzsperre gegen die international bekannten Plattformen Pornhub und YouPorn weiterhin Bestand hat. Die Entscheidung des Gerichts ist Teil eines vielschichtigen Diskurses an der Schnittstelle zwischen Jugendmedienschutz, internationalem Datenschutz und der grenzüberschreitenden Regulierung von Internetangeboten im Bereich der Erwachsenenunterhaltung.
Hintergrund der Sperrmaßnahmen
Entwicklungen im Jugendmedienschutz
Ausgangspunkt des Verfahrens war die Einschätzung, dass beide betroffenen Onlineportale minderjährigen Nutzenden einen ungehinderten Zugriff auf Inhalte ermöglichen, welche nach Auffassung der zuständigen Medienanstalten entwicklungsbeeinträchtigend oder jugendgefährdend sein könnten. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) als regulierende Aufsichtsstelle hatte zahlreiche Maßnahmen zur Alterskontrolle überprüft und kam im Ergebnis zu der Auffassung, dass die von den Portalen implementierten Verfahren nicht den Anforderungen des deutschen Jugendschutzrechts (§ 24 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, JMStV) genügen würden.
Durchsetzung über Netzsperren
Mangels freiwilliger Umsetzung wirksamer Zugangsbeschränkungen sahen sich die Behörden veranlasst, den Weg über Netzsperren zu wählen. Hierbei wurden Internet-Service-Provider verpflichtet, den Zugang zu den jeweiligen Domains für deutsche Nutzerinnen und Nutzer zu beschränken. Dieser Schritt ist insbesondere deshalb rechtlich bedeutsam, da er unmittelbar in den Internetverkehr und das allgemeine Kommunikationsverhalten eingreift, was eine genaue Abwägung zwischen Jugendschutzinteressen und dem Grundrecht auf Informationsfreiheit erforderlich macht.
Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin
Rechtliche Würdigung der Netzsperren
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in seiner aktuellen Entscheidung die Rechtmäßigkeit der verhängten Netzsperren vorläufig bestätigt. Nach Ansicht des Gerichts überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse am Schutz Minderjähriger vor ungeeigneten Inhalten gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Plattformbetreiber sowie den Informationsinteressen volljähriger Nutzerinnen und Nutzer.
Weiter wurde ausgeführt, dass andere, weniger eingriffsintensive Maßnahmen zur Erreichung des Jugendschutzziels im konkreten Fall nicht zur Verfügung stünden oder keinen vergleichbaren Effekt erwarten ließen. Auch europarechtliche Erwägungen, insbesondere im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, stünden der Maßnahme im konkreten Einzelfall nicht entgegen, solange der Zweck des Jugendschutzes nicht unverhältnismäßig verfolgt werde und die erforderliche Verhältnismäßigkeit weiterhin gewahrt bleibt.
Die Rolle des Eilverfahrens
Es handelt sich bei den vorliegenden Beschlüssen um Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz. Somit handelt es sich nicht um eine abschließende Entscheidung im Hauptsacheverfahren, sondern um eine vorläufige Regelung, die bis zur endgültigen Klärung der streitigen Rechtsfragen Bestand haben soll. Insbesondere steht es den Betreiberinnen der betroffenen Websites noch offen, ihren Anspruch auf gerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren weiterzuverfolgen.
Europäische und internationale Rechtsdimension
Herausforderungen grenzüberschreitender Regulierung
Die Regulierung pornografischer Inhalte im Internet birgt eine Vielzahl von Herausforderungen, nicht zuletzt, weil eine Vielzahl der einschlägigen Diensteanbieter ihren Sitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Anwendung und Durchsetzbarkeit deutscher Standards im Ausland stößt nicht selten an tatsächliche und rechtliche Grenzen. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass Sperrmaßnahmen mittels sogenannter Umgehungstechnologien (z. B. VPN-Diensten) umgangen werden könnten, was den Nutzen der Maßnahmen aus regulatorischer Sicht in Frage stellt.
Zusammenspiel mit europäischen Vorgaben
Am Rande ist zu erwähnen, dass die aktuellen Maßnahmen auch unter dem Blickwinkel des europäischen Medienrechts und internationalen Datenschutzrechts einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen sind. Hier kommt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach europäischem Recht besondere Bedeutung zu.
Ausblick: Laufende Entwicklungen und Bedeutung für betroffene Wirtschaftsbeteiligte
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin stellt keine abschließende Klärung im komplexen Spannungsfeld zwischen Jugendschutz, Grundrechten und wirtschaftlicher Betätigung im Internet dar. Die möglichen Auswirkungen der Entscheidung auf die Einordnung von Zugangsbeschränkungen für Internetdienstleister, aber auch für Medienunternehmen und Investoren, reichen über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus und betreffen zahlreiche Akteure im digitalen Marktumfeld der Bundesrepublik Deutschland. Ob und inwieweit die nunmehr bestätigten Netzsperren im Hauptsacheverfahren Bestand haben werden oder durch übergeordnete Gerichte überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden, bleibt abzuwarten.
Hinweis auf fortlaufende Verfahren und Unschuldsvermutung
Abschließend sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verfahren noch nicht abschließend entschieden sind und sowohl von Seiten der Plattformbetreiber als auch der Aufsichtsbehörden weitere rechtliche Schritte erfolgen können. Die Unschuldsvermutung und die Beachtung aller prozessualen Rechte der Beteiligten bleiben selbstverständlich unberührt.
Sollten sich für Unternehmen, Investoren oder sonstige Beteiligte aus den hier skizzierten Entwicklungen rechtliche Fragestellungen ergeben, empfiehlt es sich, einen fachkundigen rechtlichen Beistand auszuwählen, um die Auswirkungen individuell zu prüfen und die weiteren Entwicklungen angemessen zu begleiten. Die Rechtsanwälte von MTR Legal stehen mit internationaler und branchenübergreifender Erfahrung gerne diskret zur Verfügung.