Haftung für Mieten nach Auszug aus der Ehewohnung – Entscheidung des OLG Oldenburg
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat sich im Beschluss vom 01.07.2021 (Az.: 13 UF 22/21) mit der Frage der fortbestehenden Haftung für Mietzahlungen nach dem Auszug eines Ehegatten aus der ehemals gemeinsam genutzten Ehewohnung auseinandergesetzt. Die Entscheidungsgründe beleuchten, in welchem Umfang ein ausgezogener Mieter weiterhin für Mietforderungen gegenüber dem Vermieter einstehen muss und welche Konsequenzen sich daraus zwischen den Ehegatten ergeben können.
Hintergrund des Falles
Dem Verfahren lag die Situation zugrunde, dass beide Ehegatten einen gemeinsamen Mietvertrag für die Ehewohnung abgeschlossen hatten. Nach Trennung verließ einer der Ehegatten die Wohnung, während der andere weiterhin in der Wohnung verblieb. Die fortlaufenden Mietzahlungen wurden dabei nur teilweise geleistet, was zu offenen Forderungen des Vermieters führte.
Die zentrale rechtliche Fragestellung war, ob der ausgezogene Ehegatte weiterhin gesamtschuldnerisch gegenüber dem Vermieter für ausstehende Mietzahlungen haftet und welche Ausgleichsrechte im Innenverhältnis der Eheleute bestehen.
Rechtliche Einordnung der Mietschuld nach Auszug
Gesamtschuldnerische Haftung gegenüber dem Vermieter
Im mietvertraglichen Verhältnis bleibt jeder Mieter einer Wohnung grundsätzlich so lange gesamtschuldnerisch haftbar, wie er als Vertragspartner im Mietverhältnis geführt wird – unabhängig davon, ob er die Wohnung tatsächlich noch nutzt. Dies gilt auch bei einer Trennung der Eheleute und unabhängig vom tatsächlichen Auszug eines Ehegatten, sofern der Mietvertrag nicht anderslautende Regelungen trifft oder keine einvernehmliche Entlassung aus dem Mietverhältnis erfolgte.
Der Auszug allein begründet daher keine automatische Entlassung aus der mietvertraglichen Verpflichtung. Ein Anspruch auf Entfernung aus dem Mietvertrag besteht nur, wenn sämtliche Vertragsparteien, einschließlich des Vermieters, dem zustimmen.
Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten
Im Innenverhältnis zwischen den bisherigen Mietern steht die Frage im Raum, ob und in welchem Umfang eine Pflicht zum Ersatz der Mietaufwendungen nach dem Auszug besteht. Nach Ansicht des OLG Oldenburg ist zunächst zu prüfen, ob der in der Wohnung verbleibende Ehegatte zur alleinigen Nutzung der Wohnung berechtigt ist. Im Zeitraum ab der Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung liegt das Augenmerk insbesondere auf der tatsächlichen Nutzung: Die Partei, die in der Wohnung verbleibt, trägt grundsätzlich allein die Lasten der Wohnungsnutzung, sofern keine anderweitigen Absprachen bestehen.
Der ausgezogene Ehegatte kann sich somit im Innenverhältnis in der Regel darauf berufen, für die Zeit nach seinem Auszug keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr aus der Wohnung gezogen zu haben. Ein vollständiger Freistellungsanspruch ist jedoch nur gegeben, wenn keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden oder besondere soziale Gründe – insbesondere Kindeswohlbelange – zu einer anderen Bewertung führen.
Entscheidungsgründe des OLG Oldenburg
Das Gericht hat klargestellt, dass der Vermieter weiterhin berechtigt bleibt, offene Mietforderungen von jedem Vertragspartner, also auch vom ausgezogenen Ehegatten, im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung einzufordern. Eine interne Ausgleichspflicht kann jedoch auf denjenigen übergehen, der die Wohnung weiterhin bewohnt und genutzt hat.
In dem vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall lag keine abweichende Vereinbarung der Parteien vor. Daher bestand seit dem Auszug des einen Ehegatten ein Anspruch auf internen Ausgleich der gezahlten Miete zugunsten des ausgezogenen Partners, soweit dieser nach dem Auszug Mietzahlungen geleistet hatte.
Bedeutung für Trennungs- und Scheidungsauseinandersetzungen
Die Entscheidung des OLG Oldenburg unterstreicht, dass die mietvertraglichen Verpflichtungen nach geltendem Recht unabhängig vom Auszug einer Partei fortbestehen, solange der Mietvertrag nicht entsprechend angepasst wird. Für Ehegatten, Investoren oder Immobiliengesellschaften ist es daher von zentraler Bedeutung, die jeweiligen mietvertraglichen Regelungen und deren Auswirkungen auf bestehende Zahlungsansprüche im Blick zu behalten.
Bei Unklarheiten in Bezug auf Haftungsfragen oder gesellschaftsrechtliche Verflechtungen nach Trennung oder Scheidung empfiehlt sich eine individuell angepasste rechtliche Einordnung, insbesondere um langfristige finanzielle bzw. haftungsrechtliche Risiken zu vermeiden.
Sofern Sie vertiefende Fragen zu den rechtlichen Folgen aus Mietverhältnissen nach Trennung oder anderen scheidungsnahen Regelungen haben, kann eine qualifizierte Rechtsberatung bei Scheidung durch MTR Legal für Ihr Unternehmen, Ihre Investition oder Ihre persönlichen Belange sinnvoll sein. Weiterführende Informationen hierzu finden Sie unter Rechtsberatung bei Scheidung.