OLG Frankfurt zur Bewertung der Minderheitsaktionäre bei Dyckerhoff AG

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OLG Frankfurt am Main erkennt Barabfindung bei Squeeze-out der Dyckerhoff AG als nicht angemessen an

Mit Beschluss vom 10. September 2020 (Az.: 21 W 121/15) hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main die Angemessenheit der Barabfindung im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-out bei der Dyckerhoff AG umfassend geprüft und sich dabei differenziert mit der Bewertungspraxis und den Schutzmechanismen für Minderheitsaktionäre auseinandergesetzt.

Ausgangspunkt: Squeeze-out bei der Dyckerhoff AG

Im Rahmen der Dyckerhoff AG-Transaktion wurden Minderheitsaktionäre im Zuge eines sogenannten Squeeze-out nach § 327a AktG gegen Zahlung einer Barabfindung aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Mehrheitsgesellschafterin bestimmte die Höhe der Barabfindung und bot den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären einen festgelegten Betrag für ihre Anteile. Mehrere ehemalige Aktionäre zweifelten die Angemessenheit dieser Abfindung an und begaben sich in das Spruchverfahren gemäß SpruchG, um eine gerichtliche Prüfung herbeizuführen.

Rechtlicher Schutz und Verfahren nach dem SpruchG

Das Spruchverfahren dient dazu, die Angemessenheit der Barabfindung und - sofern relevant - des Ausgleichs zu überprüfen. Hierbei wird ein unabhängiger Sachverständiger bestellt, um eine objektivierte Unternehmensbewertung vorzunehmen. Gemäß § 327b Abs. 1 AktG muss die angebotene Barabfindung dem „vollen Wert“ der Beteiligung zum Zeitpunkt der Hauptversammlung entsprechen.

Relevanz für Minderheitsaktionäre

Das OLG Frankfurt a. M. bestätigte, dass die angemessene Barabfindung den wirtschaftlichen Wert der Beteiligung zu spiegeln hat. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Minderheitsaktionäre durch einen Squeeze-out benachteiligt werden. Gerade im Kontext börsennotierter Gesellschaften ist der Schutz vor einer möglichen Unterbewertung durch Mehrheitsaktionäre ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers.

Konkretisierung der Bewertungsgrundsätze

Methoden der Unternehmensbewertung

Das OLG legte dar, dass für die Bewertung des Unternehmens in der Regel das Ertragswertverfahren oder das Discounted Cash Flow-Verfahren maßgeblich heranzuziehen sind. Diese Verfahren gewährleisten, dass sowohl die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens als auch eventuelle Sonderwerte sachgerecht in die Bewertung einfließen.

Überprüfung der Angemessenheit

Im Fall der Dyckerhoff AG war die Ausgangsbewertung unter anderem deshalb fraglich, weil der im Vorfeld veröffentlichte Börsenkurs deutlich über der angebotenen Barabfindung lag. Das OLG betonte, dass der durchschnittliche Börsenkurs eine Untergrenze für die Angemessenheit markieren kann, sofern der Kurs nicht durch Manipulation oder Sondersituationen verzerrt wurde.

Maßgeblichkeit des Börsenkurses

Besondere Bedeutung maß das Gericht dem Börsenkurs der Dyckerhoff-Aktie bei. Der durchschnittliche Aktienkurs der letzten drei Monate vor der Bekanntmachung des Squeeze-out war signifikant höher als die festgesetzte Barabfindung. Unregelmäßigkeiten, die eine Nichtberücksichtigung hätten rechtfertigen können, waren nicht festzustellen. Das OLG stufte die angebotene Barabfindung folglich als unzureichend ein.

Schutz der Minderheitsaktionäre und Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis

Die Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. verdeutlicht die hohe Relevanz des effektiven Minderheitenschutzes im Aktienrecht. Unternehmen, die ein Squeeze-out-Verfahren in Erwägung ziehen, müssen sich bewusst sein, dass die gerichtliche Kontrolle der Barabfindung streng gehandhabt wird. Die Festlegung orientiert sich nicht nur am inneren Wert des Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen Methoden, sondern wird auch anhand der realen Börsenkurse und sonstigen marktrelevanten Faktoren überprüft.

Gerade für institutionelle und private Investoren, die in Minderheitspositionen investieren, ist diese Rechtsprechung von zentraler Bedeutung. Sie signalisiert, dass das Spruchverfahren weiterhin ein effektives Instrument bleibt, um unzureichende Barabfindungen zu korrigieren und die Interessen von Minderheitsaktionären zu schützen.

Fortbestehende Rechtsunsicherheiten und Ausblick

Obwohl das OLG Frankfurt am Main in seinem Beschluss klare Leitlinien für die Bewertungspraxis vorgibt, bleibt das Spannungsfeld zwischen Unternehmensinteressen und Minderheitenschutz weiterhin bestehen. Die Frage, wie etwaige Sonderwerte oder künftige Marktveränderungen einzupreisen sind, wird auch künftig Gegenstand gerichtlicher und außergerichtlicher Auseinandersetzungen sein.

So unterliegt jedes Spruchverfahren einer individuellen Würdigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Unternehmens und der Kapitalmarktlage zum maßgeblichen Stichtag. Aktuelle Entwicklungen an den Kapitalmärkten, die zunehmende Komplexität von Geschäftsmodellen und der Einfluss von externen Faktoren wie beispielsweise Marktentwicklungen oder regulatorischen Veränderungen erhöhen zusätzlich die Anforderungen an eine sachgerechte und nachvollziehbare Unternehmensbewertung.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main im Zusammenhang mit der Dyckerhoff AG markiert einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung des aktienrechtlichen Minderheitenschutzes. Sie zeigt auf, dass Gerichte bei der Überprüfung von Barabfindungen eine rigorose Herangehensweise verfolgen und hierbei sowohl die bewertungsrechtlichen Grundsätze als auch die Börsenentwicklung umfassend in den Blick nehmen. Minderheitsaktionäre können dadurch auf einen wirksamen Rechtsschutz vertrauen, der eine faire Entschädigung im Falle eines Ausschlusses gewährleistet.

Hinweis auf Beratungsbedarf

In Anbetracht der Komplexität aktienrechtlicher Strukturmaßnahmen und der vielfach anspruchsvollen Bewertungsfragen kann es ratsam sein, bei Unsicherheiten zu den rechtlichen Rahmenbedingungen oder zur Bewertungspraxis eine individuelle Einordnung vornehmen zu lassen. Die Rechtsanwälte bei MTR Legal stehen Ihnen hierfür bei Bedarf zur Verfügung.

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