OLG Frankfurt: Prüfpflichten von Hostprovidern im Meta-Fall Hirschhausen Diät

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OLG Frankfurt am Main konkretisiert Prüfpflichten von Hostprovidern am Beispiel der Meta-Plattform im Fall „Hirschhausen-Diät“

Hintergrund des Verfahrens

Im Rahmen einer vielbeachteten Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am 12. März 2025 (Az. 16 W 10/25) die Rechtslage zu den Prüfpflichten von Hostprovidern weiter geschärft. Im Mittelpunkt stand dabei die Plattform Meta – vormals Facebook -, bei der aus Anlass der Verbreitung von irreführender Werbung um die sogenannte „Hirschhausen-Diät“ Fragen hinsichtlich der Verantwortlichkeit und Prüfpflichten gegenüber rechtswidrigen Drittinhalten aufkamen. Dieses Verfahren ist ein Beispiel für die fortlaufende Entwicklung der Rechtsprechung im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Schutz betroffener Personen vor rechtsverletzenden Inhalten.

Maßgeblicher Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens war die Werbung eines Dritten auf dem Online-Auftritt von Meta, die sich die Bekanntheit eines prominenten Arztes zu eigen machte, um für vermeintliche Diätprodukte zu werben. Nach Darstellung des Antragstellers, dessen Namen und Bildnisse für die Werbung missbräuchlich verwendet wurden, lag darin eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten und eine Irreführung von Verbrauchern. Nachdem Meta über die angebliche Rechtsverletzung informiert worden war, wurden Maßnahmen zum Entfernen der beanstandeten Werbung eingeleitet, dennoch blieb streitig, ob ausreichende Vorkehrungen getroffen wurden, um eine weitere Verbreitung ähnlicher Inhalte zu unterbinden.

Die Verantwortung von Hostprovidern: Grundlagen und Abgrenzung

Rolle und Funktion von Hostprovidern

Hostprovider stellen Infrastruktur und Speicherplatz für Inhalte Dritter zur Verfügung, ohne diese Inhalte aktiv zu kontrollieren oder redaktionell zu bearbeiten. Ihre Haftung für rechtsverletzende Fremdinhalte ist regelmäßig auf die sogenannte Störerhaftung beschränkt und tritt erst dann ein, wenn der Hostprovider Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt und dennoch untätig bleibt.

Prüfpflichten nach Kenntniserlangung

Das OLG Frankfurt betonte in seiner Entscheidung die differenzierte Ausgestaltung der Prüfpflichten. Nach geltender Rechtsprechung ist nicht jede Kenntnisnahme eines rechtswidrigen Inhalts mit einer weitergehenden Überwachungspflicht verbunden. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Je offensichtlicher und gravierender die Rechtsverletzung ist, desto intensiver sind die Prüf- und Handlungspflichten des Hostproviders ausgestaltet. Im vorliegenden Fall wurde insbesondere auf das wiederholte Auftauchen gleichartiger Werbeinhalte und die damit verbundene erhöhte Gefährdung Bezug genommen.

Prognose- und Verhinderungsmaßnahmen

Das Gericht führte weiterhin aus, dass einem Hostprovider nach konkreter Kenntniserlangung nicht nur die Entfernung des einzelnen beanstandeten Inhalts obliegt, sondern auch zu prüfen ist, ob gleichartige Verstöße künftig zu erwarten sind. In einem solchen Fall sind zumutbare Maßnahmen zur Verhinderung weiterer vergleichbarer Rechtsverletzungen zu ergreifen. Diese können – je nach technischen Möglichkeiten und Praktikabilität – etwa Filtermaßnahmen oder eine erhöhte manuelle Kontrolle beinhalten. Gleichzeitig darf hierdurch das Geschäftsmodell und die Infrastruktur des Providers nicht unverhältnismäßig belastet werden. Eine Komplettüberwachung aller Nutzerbeiträge wurde jedoch ausdrücklich abgelehnt.

Schutz der Persönlichkeitsrechte und Meinungsfreiheit

Das OLG Frankfurt am Main betonte die Notwendigkeit einer sorgfältigen Interessenabwägung zwischen dem berechtigten Schutz der Persönlichkeitsrechte und der Freiheit der Kommunikation auf Online-Plattformen. Die Richterinnen und Richter stellten klar, dass weder eine vollständige Abschottung noch eine vollumfängliche Kontrolle von Drittinhalten als rechtlich geboten anzusehen ist. Vielmehr erfordert die fortschreitende Digitalisierung eine kontinuierlich angepasste Balance unterschiedlicher Rechtepositionen.

Auswirkungen für Betreiber von Online-Plattformen

Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat weitreichende praktische Konsequenzen für sämtliche Betreiber von Internetplattformen, insbesondere für global agierende Unternehmen wie Meta. Sie unterstreicht, dass Hostprovider nicht erst ab behördlicher Anordnung, sondern bereits auf glaubhaft gemachte Hinweisgeber reagieren müssen. Zugleich wird deutlich, dass die zumutbaren Überwachungsmaßnahmen stets einzelfallbezogen und unter Berücksichtigung der Plattformgröße, der Anzahl der Beiträge sowie der IT-Strukturen zu bestimmen sind.

Für Unternehmen bedeuten diese Leitlinien erhöhte Anforderungen an interne Compliance-Prozesse, insbesondere im Bereich des Monitorings und der Bearbeitung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte. Auch Investoren und Stakeholder sind gehalten, die Fortentwicklung der Rechtslage in diesem Bereich aufmerksam zu verfolgen, da Fragen der Plattformhaftung unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen entfalten können.

Laufendes Verfahren und Rechtsentwicklung

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verfahren zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Die Ausführungen des OLG Frankfurt erfolgen vor dem Hintergrund der bestehenden Gesetzeslage, insbesondere des Telemediengesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs. Die Entscheidung ist damit Teil eines fortdauernden Prozesses der Rechtsfortbildung, in dessen Verlauf weitere Klarstellungen möglich erscheinen.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.03.2025, Az. 16 W 10/25


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